TE Vwgh Erkenntnis 1999/9/15 94/13/0245

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Veröffentlicht am 15.09.1999
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Index

32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;
50/01 Gewerbeordnung;
50/02 Sonstiges Gewerberecht;

Norm

EStG 1988 §2 Abs3;
EStG 1988 §22 Z1;
EStG 1988 §23 Z1;
GewO 1973 §2 Abs1 Z11;
GewRNov 1992 Art1 Z2;
GewStG §1 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der E F in W, vertreten durch Dr. Ernst Schmerschneider, Dr. Hilbert Aubauer, Dr. Peter Berethalmy, Dr. Karl Fritsche und Dr. Christiane Berethalmy-Deuretzbacher, Rechtsanwälte in Wien I, Rosenbursenstraße 8, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat V) vom 18. März 1994, Zl 6/3-3443/93-09, betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer 1991, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach der Beschwerde und dem ihr angeschlossenen angefochtenen Bescheid ist zwischen den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens die Rechtsfrage strittig, ob die Einkünfte der Beschwerdeführerin aus ihrer Tätigkeit als Psychotherapeutin als solche aus selbständiger Arbeit oder aus Gewerbebetrieb mit der Konsequenz von gegebenenfalls vorzuschreibender Gewerbesteuer zu beurteilen sind.

Während die Beschwerdeführerin nach dem Beschwerdevorbringen in einer Berufung gegen den Einkommen- und Gewerbesteuerbescheid 1991 die Ansicht vertrat, dass ihre Berufstätigkeit ab 1991 als selbständige Arbeit im Sinne des § 22 EStG 1988 einzustufen sei, und der Gesetzgeber es nur verabsäumt habe, die Änderung des Psychotherapiegesetzes im Einkommensteuergesetz in gleicher Weise nachzuvollziehen, stützte die belangte Behörde im angefochtenen, die Berufung abweisenden Bescheid im Wesentlichen auf § 22 Z 1 lit c EStG 1988, woraus sich ergebe, dass Einkünfte von Personen, deren Tätigkeit unter den Anwendungsbereich des Psychotherapiegesetzes falle, einkommensteuerlich nur dann als Einkünfte aus selbständiger Arbeit zu beurteilen seien, wenn die geistes- und naturwissenschaftlichen Universitätsstudien mit dem Hauptfach Psychologie abgeschlossen worden seien. Da der äußerste mögliche Wortsinn die Grenze jeder Auslegung darstelle, könne die Tätigkeit von unter den Anwendungsbereich des Psychotherapiegesetzes fallenden Personen nur dann zu freiberuflichen Einkünften im Sinne des EStG 1988 führen, wenn die im § 22 leg cit normierten Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen zunächst an den Verfassungsgerichtshof erhobene und von diesem nach Ablehnung deren Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof abgetretene Beschwerde erwogen:

Die Beschwerdeführerin stützt sich in ihren Beschwerdeausführungen für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof im Verweisungsweg zunächst auf § 1 Abs 2 Psychotherapiegesetz (BGBl Nr 361/1990), wonach der nicht im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses tätige Psychologe kraft gesetzlicher Bestimmung selbständig freiberuflich tätig sei. Der Gesetzgeber habe es lediglich unterlassen bzw übersehen, § 22 Z 1 EStG 1988 der neuen, von ihm selbst geschaffenen Rechtslage anzupassen.

Dazu ist zunächst auf die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes in seinem die Behandlung der gegenständlichen, zunächst an ihn gerichteten Beschwerde ablehnenden Beschluss vom 27. September 1994, B 1074/94, zu verweisen, wonach es (verfassungsrechtlich) nicht zu beanstanden ist, wenn der Materiengesetzgeber und der Steuergesetzgeber Berufszuordnungen nach anderen Kriterien vornehmen. Einfachgesetzlich betrachtet stellt sich allerdings die Frage nach der Bedeutung der im Psychotherapiegesetz ausdrücklich erwähnten freiberuflichen Tätigkeit des Psychotherapeuten bzw der Psychotherapeutin. Diese Frage wird aber unter Berücksichtigung des Umstandes beantwortet, dass das Psychotherapiegesetz durch die Gewerberechtsnovelle 1992 (BGBl Nr 29/1993) insofern in die Gewerbeordnung Eingang gefunden hat, als darin im § 2 Abs 1 Z 11 nunmehr auch die Tätigkeit der Psychotherapie und des psychologischen Berufes im Bereich des Gesundheitswesens vom Anwendungsbereich der Gewerbeordnung 1973 ausgenommen wurde (vgl auch das hg Erkenntnis vom 3. Februar 1973, 92/13/0296, betreffend einen Börsensensal). Für die Abgrenzung, ob eine Tätigkeit eine gewerbliche oder eine freiberufliche im abgabenrechtlichen Sinn ist, ist nicht entscheidend, ob die zu beurteilende Tätigkeit eine solche im Sinne der Gewerbeordnung oder anderer berufsrechtlicher Vorschriften ist (vgl das hg Erkenntnis vom 13. Mai 1992, 90/13/0293). Es ist daher weder zu erkennen, dass der Gesetzgeber gehalten gewesen wäre, das EStG 1988 dem Psychotherapiegesetz (aus dem Jahr 1990) "anzupassen" noch bieten sich Anhaltspunkte für die Annahme, dass eine solche Anpassung übersehen worden wäre.

In der Folge meint die Beschwerdeführerin in ihren Beschwerdeausführungen für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof (zum Teil im Widerspruch zu ihrer bis dahin im Verweisungweg vertretenen Rechtsansicht), da unter den gegebenen gesetzlichen Bestimmungen eine Besteuerung nach § 22 EStG 1988 unmöglich scheine und ihre Einkünfte auch unter keine andere Einkunftsart des § 2 Abs 3 EStG 1988 subsumierbar erscheine, seien diese in konsequenter Auslegung des Gesetzes nach seinem Wortlaut überhaupt nicht steuerbar. Damit übersieht die Beschwerdeführerin, dass die Abgabenbehörde die streitgegenständlichen Einkünfte schon im erstinstanzlichen Bescheid als Einkünfte aus Gewerbebetrieb beurteilt hatte, wogegen die Beschwerdeführerin nach dem Inhalt der Beschwerde nur die gebotene Beurteilung als Einkünfte aus selbständiger Arbeit einwandte. Dass in Bezug auf die zu beurteilende Tätigkeit der Beschwerdeführerin die Tatbestandsvoraussetzungen des § 23 EStG 1988 mit Ausnahme der (behaupteten) Qualifikation als selbstständige Arbeit nicht erfüllt seien (selbständige, nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnabsicht unternommen wird und sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt), wird in der Beschwerde nicht behauptet und ist auch vom Verwaltungsgerichtshof nicht zu erkennen. Es kann daher nicht als rechtswidrig beurteilt werden, wenn die belangte Behörde die Einkünfte der Beschwerdeführerin als nach dem EStG 1988 steuerbar und zwar als Einkünfte aus Gewerbebetrieb mit der Konsequenz auch einer Gewerbesteuerfestsetzung beurteilt hat.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die von der Beschwerdeführerin behaupteten Rechtsverletzungen nicht vorliegen, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 15. September 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1994130245.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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