TE Bvwg Beschluss 2018/10/8 W208 2205176-1

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Veröffentlicht am 08.10.2018
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Entscheidungsdatum

08.10.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
WG 2001 §2
WG 2001 §55 Abs6
WG 2001 §55 Abs7

Spruch

W208 2205176-1/6Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Dr. Ewald SCHWARZINGER im Verfahren über die Beschwerde vonXXXX, vertreten durch Rechtsanwälte MADER - STESKAL, 6600 REUTTE, Claudiastraße 8, gegen den Bescheid der Stellungskommission TIROL vom 27.06.2018, Zl:

P1486061/1-SteKo T/2018 betreffend Tauglichkeit zum Wehrdienst, beschlossen:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 55 Abs. 7 WehrG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (BF) wurde mit mündlich verkündetem Beschluss der Stellungskommission vom 22.06.2018 für TAUGLICH zur Ableistung des Wehrdienstes erklärt.

Dem BF wurde anlässlich der Verkündung eine vorformulierte Rechtsmittelverzichtserklärung vorgelegt, welche dieser unterschrieb.

Dieser Beschuss wurde mit Bescheid vom 27.06.2018 (zugestellt am 29.06.2018) auf Antrag des BF schriftlich ausgefertigt.

2. Mit Schreiben vom 12.07.2018 erhob der BF dagegen Beschwerde, welche am 07.09.2018 von der belangten Behörde (der Stellungskommission TIROL) - ohne von der Möglichkeit einer Beschwerdevorentscheidung Gebrauch zu machen - dem BVwG zur Entscheidung vorgelegt wurde. Die Beschwerde wurde im Wesentlichen mit der Unwirksamkeit der Rechtsmittelverzichtserklärung sowie dem Vorhandensein medizinischer Gründe für eine zumindest vorübergehende Untauglichkeit des BF begründet.

3. Mit Ladungen vom 03.10.2018 wurde eine Verhandlung im Gegenstand für den 27.11.2018 anberaumt.

4. Am 05.10.2018 stellte der BF einen näher begründeten Antrag auf aufschiebende Wirkung gemäß § 55 Abs. 7 WehrG beim BVwG.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der oa. Verfahrensgang und Sachverhalt ist unbestritten.

Es steht derzeit nicht fest, ob der Rechtsmittelverzicht frei von rechtserheblichen Willensmängeln erfolgt ist. Es steht derzeit nicht fest, ob die vom BF angeführten medizinischen Gründe zu einer allenfalls vorübergehenden Untauglichkeit hätten führen müssen. Zur Klärung dieser Umstände ist eine mündliche Verhandlung und die Vernehmung des BF sowie mehrerer Zeugen erforderlich, weil aus der Begründung des Bescheides nicht hervorgeht, unter welchen Umständen dem BF der mündliche Beschluss verkündet und was dem BF anlässlich der Unterschrift unter den Rechtsmittelverzicht mitgeteilt wurde. Weiters geht aus dem Bescheid nicht hervor, warum der BF trotz der festgestellten gesundheitlichen Einschränkungen beim Heben, Tragen, Laufen und Springen das Mindestmaß an Kraftanstrengung und Beweglichkeit aufweist, um die sonst bei der Leistung des Militärdienstes anfallenden Tätigkeiten und Übungen zu verrichten.

2. Beweiswürdigung:

Die mit dem Akt vorgelegten Unterlagen, sind nicht ausreichend aussagekräftig und teilweise widersprüchlich. Beispielsweise ist auf dem Formular "NIEDERSCHRIFT" nicht angekreuzt welche Beilagen beigeschlossen wurden, obwohl offenbar welche existieren. In der Niederschrift ist auch die Rede davon, dass dem BF erklärt worden sei, warum ihm trotz festgestellter Einschränkungen, das Bedienen einer Waffe und ein Mindestmaß an Kraftanstrengung und Beweglichkeit zugemutet werden kann, obwohl im schriftlichen Bescheid, diesbezüglich keine Begründung vorhanden ist und ebensowenig auf dem Statusblatt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Das WehrG enthält keine derartigen Bestimmungen, gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Gemäß § 55 Abs. 6 WehrG haben Beschwerden gegen Beschlüsse der Stellungskommission keine aufschiebende Wirkung. Das Verwaltungsgericht hat jedoch gemäß § 55 Abs. 7 WehrG, auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und dem Interesse der Partei mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Zu A)

Der BF sieht seine Interessen sinngemäß darin verletzt, dass er trotz gesundheitlicher Einschränkungen für "TAUGLICH" erklärt wurde und einberufen werden kann und dadurch weitere Gesundheitsschäden eintreten könnten. Es würde auch die Möglichkeit bestehen, dass noch vor einer Entscheidung des BVwG ein Einberufungsbefehl erfolge und die sechsmonatige Frist zur Abgabe einer Zivildiensterklärung (gerechnet von der Verkündung am 22.06.2018) dann schon abgelaufen wäre und er aufgrund der Sperrfrist des § 1 Abs 2 ZDG keine Zivildiensterklärung mehr abgeben könne. Der BF stehe zudem im letzten Jahr seiner Schulausbildung am Gymnasium.

Dem steht das öffentliche Interessen an einer effizienten Planung, raschen Einberufung und Ableistung des Grundwehrdienstes von tauglichen Stellungspflichtigen gegenüber, sodass diese als Soldaten der Einsatz- bzw. Milizorganisation zur Gewährleistung der militärischen Landesverteidigung und der weiteren verfassungsrechtlich festgelegten Aufgaben des Bundesheeres (§ 2 WehrG) zur Verfügung stehen.

Gemäß § 55 Abs. 6 WehrG kann das BVwG bei einer Abwägung der angeführten Interessen keine zwingenden öffentlichen Interessen erkennen, welche einer Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde entgegenstehen würden. Der allenfalls zeitlich begrenzte Ausfall eines einzigen Wehrpflichtigen für das Bundesheer ist verkraftbar, da sowohl im Friedens- als auch im Einsatzbetrieb immer mit Ausfällen zu rechnen ist und entsprechende Reserven einzuplanen sind. Demgegenüber stellen mögliche Gesundheitsschäden bei Einberufung eines gesundheitlich nicht zur Ableistung des Wehrdienstes geeigneten Soldaten einen unverhältnismäßigen Nachteil dar.

Es ist daher Aufschub zu gewähren.

Zu B) Zulässigkeit der Revision

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Soweit für das BVwG ersichtlich liegt zur Frage der aufschiebenden Wirkung gemäß § 55 Abs. 6 WehrG keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, Einberufungsbefehl, Gesundheitsrisiko,
Gesundheitszustand, Grundwehrdienst, Interessenabwägung,
öffentliches Interesse, Tauglichkeit, unverhältnismäßiger Nachteil

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W208.2205176.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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