TE Bvwg Erkenntnis 2018/10/15 W129 2183100-1

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Veröffentlicht am 15.10.2018
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Entscheidungsdatum

15.10.2018

Norm

BDG 1979 §74 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W129 2183100-1/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter DDr. Markus GERHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde von Rev. Insp. XXXX , vertreten durch RA Dr. Hermann RIEDER, gegen den Bescheid der Landespolizeidirektion XXXX vom 30.11.2017, GZ P6/56857/2017-PA, zu Recht:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG i. V.m. § 74 Abs. 1 BDG festgestellt, dass die Abwesenheit des Beschwerdeführers vom Dienst am 14.09.2017, in der Zeit von 07:00 Uhr bis zum Dienstende, als Sonderurlaub gilt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben vom 13.09.2017 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Gewährung eines Sonderurlaubes anlässlich des Todes seines Onkels im Ausmaß von einem Tag und zwar für den 14.09.2017. Der Onkel sei der Bruder seiner Mutter gewesen. Er sei zwar nicht in gerader Linie mit ihm verwandt gewesen, aber doch ein sonstiger naher Angehöriger.

2. Mit Dienstrechtsmandats vom 02.10.2017 wurde dem Beschwerdeführer der beantragte Sonderurlaub gemäß § 74 BDG 1979 für den 14.09.2017 nicht gewährt.

Begründend wurde im Wesentlichsten ausgeführt, dass die für die Teilnahme am Begräbnis des Onkels am 14.09.2017 unbedingt erforderliche Zeit als gerechtfertigte Abwesenheit vom Dienst gelte. Dies seien drei Stunden. Für die darüberhinausgehende Zeit könnten NZG, Minusstunden oder Erholungsurlaub konsumiert werden.

Beim Verstorbenen habe es sich um seinen Onkel gehandelt, daher um einen Verwandten in der Seitenlinie. Der BM.I-Erlass vom 23.10.2007 sei mit LPD-Dienstanweisung vom 25.06.2013, neu verlautbart worden und regle die einheitliche Vorgangsweise bei der Gewährung von Sonderurlauben. Dabei handle es sich lediglich um eine demonstrative Aufzählung. Unter Punkt. 6. c) sei in diesem Erlass die Möglichkeit für die Gewährung eines Sonderurlaubes bei Todesfällen im Ausmaß von einem Tag angeführt, sofern es sich dabei um den Tod naher Angehöriger handle, die mit dem Bediensteten nicht im gemeinsamen Haushalt leben würden.

Als nahe Angehörige iSd § 76 Abs. 2 BDG 1979 seien der Ehegatte und Personen anzusehen, die mit dem Beamten in gerader Linie verwandt seien, ferner Geschwister, Stief-, Wahl- und Pflegekinder sowie die Person, mit der der Beamte in Lebensgemeinschaft lebe.

Bei seinem Onkel handle es sich um einen Verwandten in der Seitenlinie. Da der Onkel nicht in den Kreis der nahen Angehörigen und auch nicht in den Kreis der sonstigen nahen Angehörigen falle, habe dem Ansuchen nicht stattgegen werden können.

3. Mit Schreiben vom 16.10.2017 erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Vorstellung.

4. Nach Durchführung eines Parteiengehörs wies die belangte Behörde den Antrag vom 13.09.2017 auf Gewährung von Sonderurlaub gemäß § 74 Abs. 3 BDG 1979 mit angefochtenen Bescheid ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass von der Dienstbehörde erwogen worden sei, dass es sich bei dem Ansuchen um Teilnahme an der Begräbnisfeierlichkeit grundsätzlich um einen wichtigen persönlichen oder familiären Grund handle. Er habe jedoch keine Gründe darlegen können, die die Dauer des beantragten Sonderurlaubes von einem Tag (Entfall eines Plandienstes im Ausmaß von 12 Stunden) rechtfertigen würde.

Eine Gewährung des beantragten Sonderurlaubes im Ausmaß von zwölf Plandienststunden sei somit nicht eine dem Anlass angemessene Dauer.

5. Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde und brachte im Wesentlichen vor, dass keine Interessensabwägung iSd Erkenntnisses des VwGH vom 08.06.1994 vorgenommen worden sei. Das Begräbnis des Onkels des Beschwerdeführers stelle ein Ereignis dar, welches - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - nicht in drei Stunden zu erledigen sei. Gerade dann, wenn es sich um einen nahen Angehörigen handle, würden Begräbnisse mehr Zeit in Anspruch nehmen, als dies durch das eigentliche Begräbnis und die Messe der Fall sei. Neben der Zu- und Abreise des Beschwerdeführers sei diesem auch zuzubilligen gewesen, dass ihm aufgrund des Ablebens des Onkels, insbesondere gegenüber der Mutter, familiäre und soziale Verpflichtungen entstehen würden, denen nicht in einem vorhersehbaren Zeitraum entsprochen werden könne. Die Dauer sei für den Anlass sehr wohl angemessen.

6. Mit Schreiben vom 12.01.2018 legte die belangte Behörde die Beschwerde sowie den bezughabenden Akt dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

7. Am 17.09.2018 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht eine mündliche Beschwerdeverhandlung durchgeführt, in der der gegenständliche Sachverhalt eingehend erörtert wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Schreiben vom 13.09.2017 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Gewährung eines Sonderurlaubes anlässlich des Todes seines Onkels im Ausmaß von einem Tag, und zwar für den 14.09.2017.

Von der belangten Behörde wurde eine Abwesenheit im Ausmaß von drei Stunden (12:30 bis 15:30 Uhr) als genehmigte Abwesenheit bewilligt.

Am 14.09.2017 fand das Begräbnis des Onkels statt. Das Begräbnis begann um 13:30 Uhr.

Die Familie des Beschwerdeführers pflegte einen engen Kontakt zur Familie des Verstorbenen. Der Onkel war der älteste Bruder von der Mutter des Beschwerdeführers. Seine Mutter ist fast 10 Jahre jünger als ihr Onkel. Der Onkel hat die Mutter gewissermaßen aufgezogen, weil deren Vater früh verstorben ist. Dieses nahe Verhältnis hat sich auch mit seiner Generation fortgesetzt. Der Onkel hatte keinen Führerschein. Er war eingetragenes FC WACKER-Mitglied, so wie der Beschwerdeführer. Der Onkel musste abgeholt werden und zu den Spielen gebracht werden. Dies hat der Beschwerdeführer immer wieder übernommen. Sie haben sich auch regelmäßig bei Familienfeiern gesehen.

Am Tag des Begräbnisses war der Beschwerdeführer einer der vier Sargträger.

Um 11:00 hat sich der Beschwerdeführer, seine Mutter, sein Vater, sein Bruder und dessen Lebensgefährtin, seine Ex-Frau und seine Kinder bei seiner Tante getroffen. Daher ist der Beschwerdeführer um 10:00 Uhr mit seinen Eltern von zu Hause weggefahren. Um 12:45 Uhr waren sie in der Aufbahrungshalle. Das eigentliche Begräbnis hat eineinhalb Stunden gedauert. Danach wurde in der Nähe des Friedhofes in ein Gasthaus zum Leichenschmaus geladen. Dort war er bis 19:00 Uhr anwesend.

Der Tod des Onkels hat den Beschwerdeführer emotional belastet.

Am 14.09.2017 hätte der Beschwerdeführer um 07:00 Uhr seinen Dienst beginnen müssen.

Eine Abwesenheit des Beschwerdeführers in der Arbeit wäre am 14.09.2017 organisatorisch möglich gewesen.

2. Beweiswürdigung:

Diese Feststellungen ergeben sich aus den unbedenklichen sowie nachvollziehbaren und daher glaubwürdigen Angaben des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Für den Beschwerdefall ist folgende Bestimmung des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979 (BDG 1979) von Bedeutung:

Sonderurlaub

§ 74. (1) Dem Beamten kann auf sein Ansuchen aus wichtigen persönlichen oder familiären Gründen oder aus einem sonstigen besonderen Anlaß ein Sonderurlaub gewährt werden.

(2) Für die Zeit des Sonderurlaubes behält der Beamte den Anspruch auf die vollen Bezüge.

(3) Der Sonderurlaub darf nur gewährt werden, wenn keine zwingenden dienstlichen Erfordernisse entgegenstehen, und darf die dem Anlaß angemessene Dauer nicht übersteigen.

(4) Die Gesamtdauer der für ein Kalenderjahr gewährten Sonderurlaube darf das Ausmaß der auf zwölf Wochen entfallenden regelmäßigen Dienstzeit des Beamten nicht übersteigen.

3.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 28.01.2013, GZ. 2012/12/0029, festgestellt, dass die Gewährung eines Sonderurlaubes nur bei Vorliegen nachstehend angeführter Voraussetzungen erfolgen kann:

"1. ein Antrag des Beamten auf Gewährung des Sonderurlaubs (zur Bedeutung desselben vgl. die hg. Erkenntnisse vom 3. Juni 1976, Zl. 2171/75, vom 25. September 1989, Zl. 89/12/0160 und vom 26. Februar 1992, Zl. 91/12/0049),

2. das Vorliegen eines wichtigen persönlichen oder familiären Grundes oder eines sonstigen besonderen Anlasses (allgemein zu allen drei Tatbestandsalternativen: Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. April 1986, Zl. 85/12/0085; jeweils beschwerdefallbezogen zur Tatbestandsvoraussetzung "besonderer Anlass": hg. Erkenntnisse vom 18. Mai 1981, Zl. 12/3257/80, vom 15. Juni 1981, Zl. 12/1311/80 und vom 23. September 1991, Zl. 91/12/0009),

3. Nicht-Entgegenstehen zwingender dienstlicher Interessen,

4.

kein Übersteigen der dem Anlass angemessenen Dauer (zu den unter

3.

und 4. genannten Voraussetzungen vgl. die ständige Rechtsprechung beginnend mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. September 1979, Zl. 1555/79 = Slg. 9930/A zum inhaltlich verwandten BDG 1977; zuletzt das Erkenntnis vom 23. September 1991, Zl. 91/12/0009) und

5. keine sonstigen gesetzlichen Hindernisse wie zum Beispiel die fehlende Verpflichtung zur Dienstleistung für diesen Zeitraum (z.B. wegen Erholungsurlaub bzw. Erkrankung: hg. Erkenntnis vom 17. Jänner 1979, Zl. 2191/78 = Slg. 9739/A; wegen angeordnetem Freizeitausgleich: hg. Erkenntnis vom 13. Februar 1980, Zl. 2649/79) oder das Vorliegen einer Nebentätigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. September 1991, Zl. 91/12/0009).

Ist auch nur eine der genannten Voraussetzungen nicht erfüllt, ist Sonderurlaub nicht zu gewähren; diesfalls besteht kein Ermessen der Dienstbehörde."

Im vorliegenden Fall liegt ein Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung von Sonderurlaub vor. Der belangten Behörde ist zunächst zuzubilligen, dass der Beschwerdeführer die wichtigen und persönlichen Gründe im Verwaltungsverfahren nicht ausführlich dargestellt hat. Angesichts dem nunmehr in der Verhandlung deutlich umfassender dargelegten Naheverhältnisses ist jedoch die Teilnahme am Begräbnis des verstorbenen Onkels als wichtiger persönlicher oder familiärer Grund im Sinne des § 74 Abs. 1 BDG zu qualifizieren (vgl. VwGH, 15.04.2005, GZ. 2004/12/0162).

Auch erscheint dem Gericht die beantragte Dauer von einem Tag dem Anlass nach als angemessen. Aufgrund des Naheverhältnisses leuchtet es dem Gericht ein, dass der Beschwerdeführer bereits vor Beginn des Begräbnisses der Familie mit Trost beistand und am - gesellschaftlich üblichen - Leichenschmaus teilnahm. Dabei ist zu berücksichtigen, dass ein Begräbnis eines Verwandten, zu dem ein enges Verhältnis bestand, eine psychische Belastung darstellt, die auch in den Stunden vor als auch nach dem Begräbnis andauert. Der Sonderurlaub von einen Tag erscheint dem Gericht daher als vertretbar.

Entgegenstehende zwingende dienstliche Interessen sind nicht hervorgekommen. Ebenso wenig gibt es Hinweise für das Vorliegen sonstiger gesetzlicher Hindernisse.

Soweit die die belangte Behörde im Dienstrechtsmandat auf einen BM.I-Erlass Bezug nimmt, ist Folgendes festzuhalten: Die internen Regelungen der belangten Behörde sind mangels Kundmachung im Bundesgesetzblatt für das Bundesverwaltungsgericht nicht verbindlich. Entscheidend ist vielmehr, ob die Teilnahme am Begräbnis des Schwagers der Beschwerdeführerin als wichtiger persönlicher oder familiärer Grund oder als sonstiger besonderer Anlass im Sinn des § 74 Abs. 1 BDG zu sehen ist.

Die Begründung des angefochtenen Bescheides ist auch nicht geeignet, eine bei Vorliegen der oben genannten Einstiegsvoraussetzungen zulässige Ermessensentscheidung zu tragen. Es fehlt jegliche Abwägung aller im Einzelfall relevanten öffentlichen (hier dienstlichen) und privaten Interessen.

Der Beschwerde war daher stattzugeben und festzustellen, dass die Abwesenheit des Beschwerdeführers vom Dienst am 14.09.2017, in der Zeit 07:00 Uhr bis Dienstende als Sonderurlaub im Sinne des § 74 Abs. 1 BDG zu qualifizieren ist.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

4.1. Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz (VwGG) hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Abwesenheit vom Dienst, Begründungsmangel, Familienangehöriger,
Sonderurlaub, wichtiger persönlicher Grund

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W129.2183100.1.00

Zuletzt aktualisiert am

02.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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