TE Bvwg Beschluss 2018/10/25 W139 2206369-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.10.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

25.10.2018

Norm

BVergG 2006 §131
BVergG 2006 §291
BVergG 2006 §292 Abs1
BVergG 2006 §320 Abs1
BVergG 2006 §328
VwGG §25a Abs2 Z1
VwGG §30 Abs2
VwGG §30a Abs3
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W139 2206369-1/5E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Mag. Kristina HOFER über den Antrag der XXXX , vertreten durch Dr. Franz Gütlbauer, Dr. Siegfried Sieghartsleitner, Dr. Michael Pichlmair, Ing. MMag. Michael A. Gütlbauer Rechtsanwälte, Eisenhowerstraße 27, 4600 Wels, vom 15.10.2018:

Der ordentlichen Revision wird gemäß § 30 Abs. 2 iVm § 30a Abs. 3 VwGG die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Am 25.09.2018 brachte die XXXX (im Folgenden: Revisionswerberin) gegen die ihr per Telefax am 20.09.2018 im Vergabeverfahren "Verbandskläranlage Korneuburg, Errichtung 2. Ausbaustufe, Erweiterung auf 85.000 EW, maschinelle Ausrüstung und Schlosserarbeiten" mitgeteilte Ausscheidensentscheidung einerseits und eine allenfalls bereits ergangene bzw. binnen 15 Tagen ab Zustellung der angefochtenen Ausscheidensentscheidung ergehende Zuschlagsentscheidung andererseits einen Nachprüfungsantrag verbunden mit dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung (gerichtet u. a. auf die vorläufige Untersagung der Erteilung des Zuschlags) ein.

Das Bundesverwaltungsgericht wies den Antrag auf Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung mit Beschluss vom 03.10.2018, GZ: W139 2206369-1/2E ab.

2. Mit Schriftsatz vom 15.10.2018 brachte die Revisionswerberin eine ordentliche Revision gegen diesen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichtes ein. Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung führte die Revisionswerberin aus:

"Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass wir aufgrund des (wenngleich nicht bestands- bzw. rechtskräftigen) Ausscheidens unseres Angebotes keine Mitteilung der Zuschlagsentscheidung mehr erhalten und somit auch keine Möglichkeit mehr haben, die Zuschlagsentscheidung zu bekämpfen.

Mit dem angefochtenen Beschluss ist die Sperrwirkung des § 350 Abs. 5 BVergG 2018 (konkret insbesondere das vorübergehende Verbot, den Zuschlag zu erteilen) weggefallen.

Mit der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch den Verwaltungsgerichtshof werden wir die Rechtsposition vor Fassung des angefochtenen Beschlusses versetzt. Da dies gegenständlich zur (vorübergehenden) Wiederherstellung der genannten Sperrwirkung führt, ist der angefochtene Beschluss einem Vollzug im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG zugänglich (siehe VwGH 10.12.2017, AW 2007/04/0054).

Entgegenstehende zwingende öffentliche Interessen im Sinne der letztgenannten Bestimmung sind nicht ersichtlich. Interessen anderer Parteien sind nicht berührt. Der uns drohende Schaden bei Vollzug des angefochtenen Beschlusses wurde bereits aufgezeigt.

Der unverhältnismäßige Nachteil unsererseits ergibt sich daraus, dass wir als ausgeschiedene Bieterin Gefahr laufen, von der Zuschlagsentscheidung nicht verständigt zu werden (arg. "verbliebenen Bietern" gemäß § 131 BVergG 2006) und daher die Zuschlagsentscheidung nicht bekämpfen können, obwohl über die Ausscheidung unseres Angebotes noch nicht rechtskräftig entschieden wurde. Dieser unverhältnismäßige Nachteil unsererseits wird durch die Gewährung der aufschiebenden Wirkung bis zum Entscheidungszeitpunkt der belangten Behörde über die Rechtmäßigkeit der Ausscheidung hintangehalten.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG ist die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, insoweit ihr nicht zwingende öffentliche Interessen entgegen stehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung durch einen Dritten ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung liegen damit in concreto vor."

3. Mit Verfügung vom 16.10.2018 wurde der mitbeteiligten Partei die Revision, die, wie ausgeführt, mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung verbunden ist, mit der Aufforderung zugestellt, sich binnen einer Woche zu diesem Antrag zu äußern. Bis zum Ablauf der einwöchigen Frist langte keine Stellungnahme der mitbeteiligten Partei ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Rechtliche Beurteilung:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 2013/33 in der Fassung BGBl. I Nr. 2013/122, geregelt (§ 1 leg. cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 30 Abs. 2 VwGG lautet: "Bis zur Vorlage der Revision hat das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden."

Gemäß § 30a Abs. 3 VwGG hat das Verwaltungsgericht über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unverzüglich mit Beschluss zu entscheiden.

Gemäß Art 135 Abs 1 B-VG iVm § 2 VwGVG und § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Entscheidungen nach § 30a VwGG hat das Verwaltungsgericht durch den Einzelrichter zu treffen (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte², Praxiskommentar zum VwGVG, VwGG und VwGbk-ÜG, 2017, K 2. zu § 30a VwGG).

Eingangs ist festzuhalten, dass mit der Erlassung des angefochtenen Beschlusses die Sperrwirkung des § 350 Abs. 5 BVergG 2018 (fallbezogen das vorübergehende Verbot, den Zuschlag zu erteilen) weggefallen ist. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde zur Folge haben, dass die Revisionswerberin in die Rechtsposition vor Erlassung des angefochtenen Beschlusses versetzt werden würde. Da dies gegenständlich zur (vorübergehenden) Wiederherstellung der genannten Sperrwirkung führt, ist der angefochtene Beschluss sohin einem Vollzug im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG zugänglich.

Die Revisionswerberin macht als unverhältnismäßigen Nachteil geltend, dass sie als ausgeschiedene Bieterin Gefahr laufen würde, von der Zuschlagsentscheidung nicht verständigt zu werden (arg. "verbliebenen Bietern" gemäß § 131 BVergG 2006) und daher die Zuschlagsentscheidung nicht bekämpfen zu können, obwohl über die Ausscheidung ihres Angebotes, welches rechtswidrig erfolgt sei, noch nicht rechtskräftig entschieden worden sei. Der Revisionswerberin wäre entgegen der Auffassung der mitbeteiligten Partei der Zuschlag zu erteilen.

Die mitbeteiligte Partei sah davon ab, sich zur beantragten Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zu äußern.

Das Bundesverwaltungsgericht vertrat im angefochtenen Beschluss die Ansicht, dass die Erteilung des Zuschlags nicht unmittelbar bevorstehe, da sich das Vergabeverfahren im Stadium vor Bekanntgabe einer Zuschlagsentscheidung befinde und diese Entscheidung der Revisionswerberin als verbliebener Bieterin iSd § 131 Abs. 1 BVergG 2006 mitzuteilen wäre, weswegen der Antragstellerin beim derzeitigen Stand des Vergabeverfahrens jedenfalls kein unmittelbarer Schaden durch die Erteilung des Zuschlags drohen würde. Das Bundesverwaltungsgericht wies den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung sohin ab und ließ die Revision angesichts nicht einhelliger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu.

Bei Zutreffen der Ansicht der Revisionswerberin könnte der Revisionswerberin der aufgezeigte unverhältnismäßige Nachteil, nämlich der Verlust der Bekämpfbarkeit der Zuschlagsentscheidung in einem Stadium, in dem diese noch für nichtig erklärt werden kann, drohen. Demgegenüber hat die mitbeteiligte Partei keine zwingenden öffentlichen Interessen, die der begehrten Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstehen würden, benannt und sind solche dem Bundesverwaltungsgericht auch nicht bekannt. Diesbezüglich ist auch festzuhalten, dass die Sperrwirkung des § 350 Abs. 5 BVergG 2018 ausschließlich die Untersagung der Zuschlagserteilung betrifft, nicht aber sonstige Schritte der Verfahrensfortführung. Eine besondere Dringlichkeit der gegenständlichen Auftragsvergabe wurde im Übrigen bislang nicht dargetan und lässt sich auch nicht ersehen. Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass über den Zeitpunkt der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag hinaus eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht in Betracht kommt, weil die genannte Sperrwirkung eines Antrages auf einstweilige Verfügung mit der Entscheidung über den Nachprüfungsantrag endet.

Es war daher der Revision die aufschiebende Wirkung spruchgemäß zuzuerkennen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, Ausscheiden eines Angebotes,
Ausscheidensentscheidung, drohende Schädigung, einstweilige
Verfügung, Informationspflicht, Interessenabwägung, Mitteilung,
Nachprüfungsantrag, Nachprüfungsverfahren, nicht im Vergabeverfahren
verbliebener Bieter, öffentliche Interessen, ordentliche Revision,
Provisorialverfahren, Schaden, Sperrwirkung, unmittelbar drohende
Schädigung, Untersagung der Zuschlagserteilung, unverhältnismäßiger
Nachteil, unverhältnismäßiger wirtschaftlicher Nachteil,
Vergabeverfahren, Verständigungspflicht, Vollzugstauglichkeit,
Wegfall, Zuschlagsverbot für die Dauer des Nachprüfungsverfahrens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W139.2206369.1.01

Zuletzt aktualisiert am

02.01.2019
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten