TE Vwgh Erkenntnis 1999/9/21 99/08/0041

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Veröffentlicht am 21.09.1999
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
66/01 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz;

Norm

ASVG §227 Abs1 Z1;
ASVG §227 Abs3;
ASVG §231 Z2;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller und Dr. Sulyok als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, vertreten durch Dr. Hans Pernkopf, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Mölkerbastei 10, gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von Tirol vom 8. Februar 1999, Vd-4525/4, betreffend Beitragsentrichtung für Schul- und Studienzeiten gemäß § 227 Abs. 1 und 3 ASVG (mitbeteiligte Partei: R, Rechtsanwalt in S), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich des Zeitraums vom 1. März 1984 bis 30. Juni 1985 wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben; im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) hat der beschwerdeführenden Pensionsversicherungsanstalt Aufwendungen von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem in Beschwerde gezogenen, angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dem Antrag des Mitbeteiligten auf Beitragsentrichtung für Schul-, Studien- und Ausbildungszeiten gemäß § 227 Abs. 1 und 3 ASVG für Zeiträume von November 1970 bis Juni 1973 sowie von Oktober 1982 bis Juni 1988 (jeweils mit Unterbrechungen) stattgegeben. Die belangte Behörde stützte sich dabei auf Schulbesuchs- bzw. Studienbestätigungen des vom Mitbeteiligten besuchten Gymnasiums und der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde der Pensionsversicherungsanstalt.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, jedoch auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt beantragt "den angefochtenen Bescheid aufzuheben", wendet sich jedoch der Sache nach lediglich gegen die Anrechnung von im Zeitraum vom 1. Februar 1984 bis 13. September 1985 berücksichtigten Studienzeiten im Wesentlichen mit der Begründung, der Beschwerdeführer habe einer Versicherungsauskunft zufolge in diesem Zeitraum eine der Versicherungspflicht nach dem ASVG unterliegende Beschäftigung bei einem näher genannten Unternehmen ausgeübt, weshalb in diesem Zeitraum (unter Anwendung des § 231 Z. 2 ASVG) Beitragszeiten vorlägen, die den Ersatzzeiten vorgingen; insoweit lägen daher Ersatzzeiten im Sinne des § 227 Abs. 1 Z. 1 ASVG nicht vor. Die Anrechnung der Zeit vom Oktober 1984 bis Jänner 1985 sei überdies deshalb zu Unrecht erfolgt, weil der Mitbeteiligte im Wintersemester 1984/1985 nicht inskribiert gewesen sei.

Dieses Vorbringen ist insoweit berechtigt, als nach der aktenkundigen Universitätsbestätigung vom 28. August 1998 eine Inskription des Mitbeteiligten im Wintersemester 1984/1985 nicht bestätigt wird - freilich ohne, dass dem Mitbeteiligten dazu Parteiengehör gewährt worden wäre - sodass die Berücksichtigung dieses Zeitraums im Spruch des angefochtenen Bescheides einer Begründung entbehrt.

Aber auch das weitere Vorbringen, während eines Teils der von der belangten Behörde bei Festsetzung der Nachentrichtungszeiträume berücksichtigten Studienzeiten lägen Zeiten einer Versicherungspflicht des Mitbeteiligten vor, ist im verwaltungsgerichtlichen Verfahren insoweit zulässig, als die beschwerdeführende Partei mit Recht rügt, an diesem Vorbringen vor der belangten Behörde durch eine Verletzung des Parteiengehörs gehindert worden zu sein:

Die beschwerdeführende Pensionsversicherungsanstalt hatte mit Bescheid vom 10. September 1997 den Antrag des Beschwerdeführers mit der Begründung abgewiesen, dieser habe entsprechende Nachweise über Schul- und Studienzeiten nicht vorgelegt. Im Einspruchsverfahren hat die belangte Behörde (wie aus einem Aktenvermerk vor Einholung dieser Unterlagen vom 5. August 1998 hervorgeht: nach Rücksprache mit dem zuständigen Referenten der beschwerdeführenden Partei) Schul- und Studienunterlagen eingeholt und auf deren Grundlage - ohne der beschwerdeführenden Pensionsversicherungsanstalt dazu Parteiengehör zu gewähren - den angefochtenen Bescheid erlassen.

Dem Vorbringen der beschwerdeführenden Pensionsversicherungsanstalt über das Vorliegen von Pflichtversicherungszeiten kann auch Relevanz für das Verfahren nicht abgesprochen werden (zur Anwendung der §§ 231 und 232 ASVG bei verschiedenen Arten von einander überschneidenden Versicherungszeiten auch außerhalb des Leistungsverfahrens vgl. die jeweils Verfahren nach § 308 ASVG betreffenden hg Erkenntnisse vom 27. März 1990, Zl. 89/08/0047, und vom 23. April 1996, Zl. 93/08/0002)

Da somit nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde bei Berücksichtigung des nunmehrigen Beschwerdevorbringens der Pensionsversicherungsanstalt (gegebenenfalls nach Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens) zu einem anderen Ergebnis im Spruch ihres Bescheides gekommen wäre, war der angefochtene Bescheid - im Hinblick auf die zeitraumbezogene Trennbarkeit des Abspruchs der belangten Behörde - in dem aus dem Spruch ersichtlichen Zeitraum wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 3 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.

Im Übrigen war die - insoweit nicht weiter begründete - Beschwerde gem. § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 50 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. September 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999080041.X00

Im RIS seit

20.11.2000

Zuletzt aktualisiert am

23.04.2015
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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