TE Vwgh Erkenntnis 1999/9/21 99/18/0300

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Veröffentlicht am 21.09.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 1997;
AVG §13a;
AVG §37;
AVG §56;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrG 1997 §36;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Bayjones und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, über die Beschwerde des OD, (geboren am 3. Dezember 1977), in Wien, vertreten durch Mag. Martin Hübner, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Reisnerstraße 12, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 19. Mai 1999, Zl. SD 439/99, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 19. Mai 1999 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen von Guinea, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei am 18. November 1997 illegal und ohne ein Dokument, das seine Identität einwandfrei hätte feststellen lassen, in das Bundesgebiet gelangt. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 26. März 1998 sei sein am 19. November 1997 gestellter Asylantrag gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (im Folgenden: AsylG) abgewiesen und seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Guinea gemäß § 8 leg. cit. für zulässig erklärt worden. Die dagegen erhobene Berufung sei vom unabhängigen Bundesasylsenat mit Bescheid vom 15. Mai 1998 als verspätet zurückgewiesen worden. Der Beschwerdeführer habe daraufhin am 6. Mai 1998 einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens eingebracht und diesen unter Vorlage einer Kopie eines Haftbefehls damit begründet, dass es neue Beweismittel gäbe. Anlässlich einer Untersuchung des vorgelegten Haftbefehls durch die kriminaltechnische Untersuchungsstelle der Bundespolizeidirektion Graz sei festgestellt worden, dass in dem Haftbefehl nachträglich das Geburtsdatum abgeändert worden sei und dieser insgesamt ein Fantasieprodukt darstelle. In weiterer Folge sei dem Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des Verfahrens mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 18. März 1999 keine Folge gegeben worden.

Der Beschwerdeführer, der seit seiner illegalen Einreise zu keinem Zeitpunkt über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt habe, sei am 16. April 1999 anlässlich einer Kontrolle angehalten und wegen Übertretung des Fremdengesetzes und des Meldegesetzes zur Anzeige gebracht worden. Bei seiner polizeilichen Einvernahme im Beisein einer Dolmetscherin habe der Beschwerdeführer, der zwar seit 23. Dezember 1998 an einer näher bezeichneten Adresse in Wien, Rechberggasse, polizeilich gemeldet sei, angegeben, seit drei oder vier Monaten unangemeldet in "Wien 10, in der Troststraße, Ordnungsnummer unbekannt" wohnhaft zu sein. An der von ihm polizeilich gemeldeten Adresse hätte er dagegen nie gewohnt.

Der Beschwerdeführer habe bei seiner Anhaltung lediglich S 92,-- bei sich gehabt. Vor der Erstbehörde habe er zu seinen Unterhaltsmitteln befragt, angegeben, derzeit über S 2.000,-- zu verfügen und von einem namentlich genannten Unternehmen für seine Tätigkeit als Werbemittelverteiler noch S 600,-- zu erhalten. Auch in der gegen den erstinstanzlichen Bescheid erhobenen Berufung verweise er darauf, dass der Besitz der Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhalts durch seine Tätigkeit als Werbemittelverteiler laufend gedeckt wäre. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs habe der Fremde die ihm zur Verfügung stehenden Unterhaltsmittel aus eigenem (initiativ) darzulegen. Mit dem bloßen Hinweis des Beschwerdeführers, dass er als Werbemittelverteiler tätig wäre, sei ein solcher Nachweis jedoch nicht erbracht, zumal er nicht einmal die Höhe eines angeblich regelmäßigen Einkommens habe nennen bzw. irgendwelche Nachweise dafür habe vorlegen können. Auch in der Berufung sei ein solcher Nachweis nicht erbracht worden. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, es wäre geradezu ein typisches Merkmal für Flüchtlinge, zunächst ohne Wohnsitz, Beschäftigung und Vermögen zu sein, schließe die Anwendung des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG nicht aus, zumal für die Erfüllung dieses Tatbestandes ein Verschulden nicht gefordert werde. Der genannte Tatbestand sei daher ohne Zweifel gegeben. Der Aufenthalt eines mittellosen Fremden gefährde jedenfalls die öffentliche Ordnung und wegen der generellen Gefahr strafbarer Handlungen auch die öffentliche Sicherheit im Sinn des § 36 Abs. 1 FrG, wobei noch von Bedeutung sei, dass der Beschwerdeführer vorschriftswidrig polizeilich gemeldet gewesen sei.

Da ein Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers weder geltend gemacht worden sei, noch tatsächlich vorliege, stünden die Bestimmungen der §§ 37 und 38 FrG der Erlassung des Aufenthaltsverbotes nicht entgegen. Ebenso gehe sein Einwand, dass er gegen den seinen Antrag auf Wiederaufnahme des Asylverfahrens abweisenden Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben habe, ins Leere, weil er nicht die Voraussetzungen des § 21 AsylG erfülle und zu keinem Zeitpunkt über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt habe.

In Anbetracht aller Umstände habe die belangte Behörde keinen Grund gesehen, von der Erlassung des Aufenthaltsverbots im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens abzusehen.

Die von der Erstbehörde vorgenommene Befristung des Aufenthaltsverbotes sei gerechtfertigt. Angesichts des aufgezeigten Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers könne ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbots maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch seinen Aufenthalt im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen des festgesetzten Zeitraumes erwartet werden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die Beschwerde macht geltend, dass der Beschwerdeführer wiederholt angegeben habe, der selbständigen Tätigkeit eines Werbemittelverteilers nachzugehen und den gemäß § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erforderlichen Nachweis für den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt hinsichtlich des Barbetrages von S 2.600,-- erbracht zu haben. Ein genauer Nachweis der Regelmäßigkeit des Einkommens aus dieser Tätigkeit sei nicht nötig. Nach der Entlassung aus der Schubhaft könne der Beschwerdeführer wieder einer Tätigkeit als Werbemittelverteiler nachgehen, sodass er über ausreichende Barmittel verfüge und auf Grund seiner Arbeitskraft seinen Lebensunterhalt rechtmäßig sichern könne. Sein Aufenthalt stelle daher keine Gefährdung iS des § 36 Abs. 1 FrG dar.

1.2. Dieses Vorbringen ist nicht zielführend.

Gemäß § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 (dieser Gesetzesbestimmung) insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass er nicht nur über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern auch entsprechend zu belegen, dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint (vgl. etwa das zum Fremdengesetz, BGBl. Nr. 838/1992, ergangene, wegen der insoweit nicht geänderten Rechtslage auch hier maßgebliche Erkenntnis vom 19. Februar 1997, Zl. 96/21/0201, mwN).

Weder aus dem angefochtenen Bescheid noch aus der Beschwerde ergibt sich, dass vom Beschwerdeführer ein derartiger Nachweis erbracht worden sei, hatte er doch - unbestrittenermaßen - bei seiner Anhaltung lediglich S 92,-- bei sich und reicht ein Barbetrag von S 2.600,-- angesichts der Höhe des gesetzlichen Existenzminimums (vgl. die Existenzminimum-Verordnung 1999, BGBl. II Nr. 447/1998) keineswegs aus, um den Unterhalt des Beschwerdeführers für einen nicht bloß ganz kurzen Zeitraum - weder aus dem angefochtenen Bescheid noch der Beschwerde ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer in nächster Zeit Österreich verlassen wolle - als gesichert erscheinen zu lassen. Darüber hinaus geht weder aus den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen zu den Angaben des Beschwerdeführers im Verwaltungsverfahren noch aus der Beschwerde hervor, in welchem Umfang und in welchen Zeiträumen er mit Einkünften rechnen könne und inwieweit diese gesichert seien. Mit der Ansicht, dass ein genauer Nachweis der Regelmäßigkeit des Einkommens als Werbemittelverteiler nicht nötig sei, setzt sich die Beschwerde in Gegensatz zur oben dargestellten hg. Rechtsprechung. Wenn sie vorbringt, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführer gemäß § 13a AVG zu belehren gehabt hätte, in welcher Form er den Unterhaltsnachweis zu erbringen gehabt hätte, verkennt sie, dass diese Gesetzesbestimmung die Behörde nicht verpflichtet, die Partei in materiell-rechtlicher Hinsicht zu beraten oder zur Erhebung bestimmter Behauptungen und Stellung bestimmter Beweisanträge anzuleiten (vgl. etwa die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, zu § 13a AVG E 8 bis 10 zitierte hg. Judikatur).

Die belangte Behörde kam daher zutreffend zu dem Ergebnis, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG verwirklicht sei. In Hinblick auf die nach der hg. Rechtsprechung aus der Mittellosigkeit eines Fremden resultierende Gefahr strafbarer Handlungen und einer finanziellen Belastung der Republik Österreich (vgl. etwa das vorzitierte Erkenntnis), wozu im vorliegenden Fall noch kommt, dass der Beschwerdeführer - unbestrittenermaßen - gegen das Meldegesetz 1991 verstoßen hat, ist es auch nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde die im § 36 Abs. 1 umschriebene Annahme für gerechtfertigt erachtet hat.

2. Ebenso vermag die Beschwerde keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen, wenn sie vorbringt, dass der Asylantrag des Beschwerdeführers vom 19. November 1997 letztinstanzlich mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 18. März 1999 abgewiesen und dieser Bescheid mit Beschwerde (damit verbunden ein Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung) beim Verwaltungsgerichtshof bekämpft worden sei.

Selbst wenn mit diesem Bescheid nicht, wie im angefochtenen Bescheid festgestellt, ein Antrag auf Wiederaufnahme des Asylverfahrens, sondern der Asylantrag des Beschwerdeführers abgewiesen worden sein sollte, bestand für die belangte Behörde keine Verpflichtung, den Ausgang des Beschwerdeverfahrens abzuwarten. Abgesehen davon, dass die vorliegende Beschwerde nicht behauptet, dass der gegen den im Asylverfahren ergangenen negativen Bescheid erhobenen Beschwerde aufschiebende Wirkung zuerkannt worden sei, zieht sie die Ausführungen des angefochtenen Bescheides nicht in Zweifel, wonach der Beschwerdeführer zu keinem Zeitpunkt über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem AsylG verfügt habe. Es liegen daher keine Anhaltspunkte dafür vor, dass nach § 21 Abs. 1 AsylG das Fremdengesetz nicht zur Gänze auf den Beschwerdeführer Anwendung fände.

Im Übrigen besteht auch keine Präjudizialität der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über eine gegen einen abweisenden Asylbescheid erhobene Beschwerde iS einer notwendigen (unabdingbaren) Grundlage für die Entscheidung im Aufenthaltsverbotsverfahren.

3. Dass mit der Erlassung des Aufenthaltsverbotes ein relevanter Eingriff in das Privat- oder Familienleben des Beschwerdeführers verbunden sei, ergibt sich weder aus dem angefochtenen Bescheid, noch wird dies in der Beschwerde behauptet. Im Hinblick darauf steht der Erlassung dieser Maßnahme auch nicht § 37 Abs. 1 FrG entgegen.

4. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 21. September 1999

Schlagworte

Maßgebende Rechtslage maßgebender SachverhaltAnzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2Verfahrensgrundsätze im Anwendungsbereich des AVG Offizialmaxime Mitwirkungspflicht Manuduktionspflicht VwRallg10/1/1

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999180300.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

25.09.2013
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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