TE Vwgh Erkenntnis 2018/11/28 Ra 2018/17/0152

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Veröffentlicht am 28.11.2018
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Index

24/01 Strafgesetzbuch;
34 Monopole;

Norm

GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
GSpG 1989 §52 Abs2 idF 2010/I/111;
StGB §168;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision des M H in R, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 23. Mai 2018, LVwG-412098/8/Wei/JK, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 11. Mai 2017 wurde der Revisionswerber als der gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufene und strafrechtlich Verantwortliche einer näher bezeichneten Gesellschaft einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 (drittes Tatbild) Glücksspielgesetz (GSpG) schuldig erkannt, weil er im Zeitraum vom 1. Juli 2013 bis 1. März 2017 verbotene Ausspielungen im Sinne des § 2 Abs. 4 GSpG unternehmerisch zugänglich gemacht habe. Es wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,-- (samt Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Weiters wurden ihm die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von EUR 100,-- zur Zahlung vorgeschrieben.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (LVwG) die Beschwerde unter Modifizierung des Spruchs des Straferkenntnisses als unbegründet ab (Spruchpunkt I.). Der Revisionswerber habe einen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von EUR 200,-- zu leisten (Spruchpunkt II.). Die Revision an den Verwaltungsgerichtshof sei nicht zulässig (Spruchpunkt III.).

3 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts bzw. Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Die belangte Behörde erstattete keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

6 Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit u.a. vor, die angefochtene Entscheidung stehe im Hinblick auf den inkriminierten Tatzeitraum ausgehend von der in diesem Tatzeitraum bis zum Inkrafttreten der GSpG-Novelle BGBl. I Nr. 13/2014 geltenden Fassung des GSpG im Widerspruch zur hg. Judikatur zur Subsidiarität der verwaltungsgerichtlichen gegenüber der strafgerichtlichen Zuständigkeit. Damit erweist sich die Revision als zulässig und berechtigt.

7 Dem angefochtenen Erkenntnis liegt ein Sachverhalt zugrunde, in dem zu Beginn des Zeitraums der dem Revisionswerber vorgeworfenen strafbaren Handlung die GSpG-Novelle BGBl. I Nr. 13/2014 noch nicht in Geltung stand. Die damals bis einschließlich 28. Februar 2014 geltende Fassung des § 52 Abs. 2 GSpG, BGBl. I Nr. 111/2010, bestimmte, dass eine allfällige Strafbarkeit nach dem GSpG hinter eine allfällige Strafbarkeit nach § 168 StGB zurücktrat, wenn im Zusammenhang mit der Teilnahme an Ausspielungen vermögenswerte Leistungen für ein Spiel von über EUR 10,-- von Spielern oder anderen geleistet wurden.

8 Der Verwaltungsgerichtshof hat zu dieser Rechtslage ausgesprochen, dass im Ergebnis keine (verfolgbare) Verwaltungsübertretung anzunehmen ist, wenn eine an sich bestehende verwaltungsrechtliche Strafbarkeit hinter die gerichtliche Strafbarkeit zurücktritt. Der Täter verwirklicht allein den einschlägigen Kriminalstraftatbestand. Für den Fall der Verwirklichung des Straftatbestandes des § 168 StGB wegen der Ermöglichung von Ausspielungen mit Einsätzen von über EUR 10,-- verbleibt kein Raum für eine weitere Verfolgung wegen des Verdachtes einer Verwaltungsübertretung nach § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG. Im Hinblick auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Juni 2013, B 422/2013 (VfSlg. 19.754) ist nach Feststehen der Möglichkeit zur Überschreitung der Einsatzhöhe von EUR 10,-- vom Vorliegen der ausschließlichen Gerichtszuständigkeit auszugehen, weshalb in solchen Fällen auch keine Zuständigkeit der Verwaltungsbehörden nach den Bestimmungen des GSpG besteht (vgl. VwGH 14.6.2018, Ra 2017/17/0048, mwN).

9 Im vorliegenden Fall hat das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf ein konkretes Testspiel festgestellt, dass bei dem verfahrensgegenständlichen Glücksspielgerät Höchsteinsätze von EUR 12,--, somit über EUR 10,--, möglich gewesen sind. Die Richtigkeit dieser Feststellung wird von der Revision nicht bestritten. Damit tritt für den vorgeworfenen Tatzeitraum bis zum Inkrafttreten der GSpG-Novelle BGBl. I Nr. 13/2014 am 1. März 2014 die verwaltungsbehördliche hinter die gerichtliche Strafbarkeit zurück. Es liegt diesbezüglich eine ausschließliche gerichtliche Zuständigkeit vor.

10 Das LVwG hat daher das angefochtene Erkenntnis - soweit es über einen Tatzeitraum bis 28. Februar 2014 abspricht - mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

11 Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Revisionsvorbringen einzugehen war.

12 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 28. November 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018170152.L00

Im RIS seit

18.12.2018

Zuletzt aktualisiert am

04.03.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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