TE Vwgh Erkenntnis 1999/9/21 96/08/0256

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Veröffentlicht am 21.09.1999
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §10 Abs1;
AlVG 1977 §10 Abs2;
AlVG 1977 §38;
AlVG 1977 §9 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des J in W, vertreten durch Dr. Walther Leeb, Rechtsanwalt in 1070 Wien, Lerchenfelderstraße 29, gegen den auf Grund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien vom 21. März 1996, Zl. Abt. 12/7022/7100 B, betreffend Notstandshilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer stand seit 10. Jänner 1983 im Bezug der Notstandshilfe. Am 12. Jänner 1996 wurde ihm vom Arbeitsmarktservice ein Berufsorientierungskurs für Langzeitarbeitslose und ältere Personen als Wiedereingliederungsmaßnahme für die Zeit vom 15. Jänner bis 14. April 1996 angeboten. Der Beschwerdeführer lehnte den Besuch dieses Kurses ab. In einer Niederschrift begründete er dies im Wesentlichen damit, schon einmal einen solchen Kurs besucht zu haben. Dabei habe er mit dem damaligen Kursleiter ein Gespräch geführt, bei dem herausgekommen sei, dass er für einen solchen Kurs nicht geeignet sei. Die Frage nach dem Vorliegen von etwaigen Nachsichtsgründen gemäß § 10 Abs. 2 des Arbeitslosenversicherungsgesetzes 1977 (AlVG) wurde vom Beschwerdeführer mit "keine" beantwortet.

Mit Bescheid vom 6. Februar 1996 sprach das Arbeitsmarktservice daraufhin aus, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG für die Zeit vom 15. Jänner bis 11. Februar 1996 verloren habe. Eine Nachsicht werde nicht erteilt. Nach der Begründung habe der Beschwerdeführer die Teilnahme an einem vom Arbeitsmarktservice vermittelten Berufsorientierungskurs verweigert. Berücksichtigungswürdige Gründe für eine Nachsicht lägen nicht vor.

In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor, bereits an einem Berufsorientierungskurs teilgenommen zu haben. Diesen hätte er jedoch wegen einer Gesundheitsverschlechterung im Einverständnis mit dem Arbeitsamt frühzeitig beenden müssen. In den Schulungsräumen werde nämlich das Rauchverbot (Tabakgesetz) nicht eingehalten. Auf Grund der zu erwartenden zusätzlichen Reizung seiner erkrankten Atemwege habe er wieder eine gesundheitliche Verschlechterung befürchten müssen. Aus den vom ihm bereits erbrachten ärztlichen Gutachten sei ersichtlich, dass er an chronischem Asthma und an einer Stauballergie leide. Die Teilnahme an dem Kurs sei für ihn in körperlicher bzw.gesundheitlicher Hinsicht unzumutbar.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung keine Folge gegeben und der Bescheid des Arbeitsmarktservice bestätigt. Im Berufungsverfahren sei nämlich erhoben worden, dass laut Rücksprache mit Frau P. vom Arbeitsmarktservice Bekleidung, Druck und Papier in den Räumen des Berufsorientierungskurses nicht geraucht werde. Es gebe eigene Raucherzimmer, die zu betreten jedem freistehe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z. 1 AlVG hat Anspruch auf Arbeitslosengeld, wer arbeitsfähig, arbeitswillig und arbeitslos ist.

Arbeitswillig ist nach § 9 Abs. 1 AlVG unter anderem, wer bereit ist, an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt teilzunehmen.

Wenn der Arbeitslose ohne wichtigen Grund die Teilnahme an einer Maßnahme zur Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt verweigert oder den Erfolg der Maßnahme vereitelt, verliert er gemäß § 10 Abs. 1 AlVG für die Dauer der Weigerung, jedenfalls aber für die Dauer der auf die Weigerung folgenden vier Wochen, den Anspruch auf Arbeitslosengeld.

Der Ausschluss vom Bezug des Arbeitslosengeldes ist gemäß § 10 Abs. 2 AlVG in berücksichtigungswürdigen Fällen, wie z.B. Aufnahme einer anderen Beschäftigung, ganz oder teilweise nachzusehen. Vor dieser Nachsicht sowie vor Erlassung einer Entscheidung gemäß Abs. 1 ist der Regionalbeirat anzuhören.

Gemäß § 38 AlVG sind auf die Notstandshilfe grundsätzlich die Bestimmungen des Abschnittes 1 sinngemäß anzuwenden.

Im Beschwerdefall ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer die Teilnahme an einem vom Arbeitsmarktservice vermittelten Berufsorientierungskurs verweigert hat. Der Beschwerdeführer behauptet jedoch, sich aus einem wichtigen Grund, nämlich der Gefährdung seiner Gesundheit, geweigert zu haben. Die belangte Behörde hätte sich bezüglich der Frage, ob in den Kursräumlichkeiten geraucht werde, nicht mit den Angaben einer Bediensteten des Arbeitsmarktservice begnügen dürfen. Vielmehr hätte durch eine vom Arbeitsmarktservice unabhängige Person geprüft werden müssen, ob während des gegenständlichen Kurses in den Schulungsräumen nicht geraucht werde bzw. ob vielleicht bei anderen Veranstaltungen geraucht werde, so dass Rauchrückstände zurückblieben. Es hätte auch geklärt werden müssen, ob nicht etwa von den Rauchzimmern Rauchimmissionen in die Schulungsräume eindringen würden. Dazu wäre der Beschwerdeführer zu vernehmen gewesen.

Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen.

Eingangs ist darauf zu verweisen, dass sich die Behörde im Sinne der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. z. B. die Erkenntnisse vom 21. Dezember 1993, Zl. 93/08/0215, und vom 26. September 1995, Zl. 94/08/0131) mit den Voraussetzungen einer Zuweisung des Beschwerdeführers zu einem Berufsorientierungskurs auseinander gesetzt hat (vgl. dazu die im Verwaltungsakt unter der OZl. 95 erliegende Niederschrift) und der Beschwerdeführer dagegen in der Beschwerde keine Einwände erhebt.

Nach einem vom Beschwerdeführer vorgelegten ärztlichen Attest aus dem Jahre 1986 leidet er einer Allergie gegenüber Hausstaub und Hausstaubmilben. Die Beschwerden hätten sich weitgehend gebessert, jedoch solle eine Belastung mit Staub (Hausstaubmilbe) vermieden werden. Nach zwei weiteren Befunden aus dem Jahre 1990 leidet der Beschwerdeführer ferner an Asthma bronchiale sowie an einer Allergie gegenüber Katzen- und Pferdeepithelien.

Sollten die vom Beschwerdeführer angegebenen Leidenszustände zum Zeitpunkt des vorgesehenen Kursbesuches zu Beginn des Jahres 1996 noch immer fortgedauert haben, so ist nicht auszuschließen, dass eine Beeinträchtigung seines Gesundheitszustandes durch eine Reizung mit Zigarettenrauch hätte eintreten können. Mit dem Vorbringen, dass bei einem früheren Kurs (im Jahre 1991) von den Kursteilnehmern in den Schulungsräumen geraucht worden sei, konnte der Kursbesuch zu Beginn des Jahres 1996 allerdings nicht von vornherein verweigert werden. Dem Beschwerdeführer wäre vielmehr bei dem gegebenen Sachverhalt der Besuch des Kurses zuzumuten gewesen. Wäre in den Kurszimmern das Rauchverbot nicht eingehalten worden, wäre dies unter Umständen ein gerechtfertigter Grund gewesen, den Kurs vorzeitig zu beenden.

Dass der Regionalbeirat angehört wurde, ist aus den Verwaltungsakten nicht ersichtlich. Die Unterlassung der in § 10 Abs. 2 AlVG angeordneten Anhörung des Verwaltungsausschusses (nunmehr: Regionalbeirat) könnte nicht schlechthin zur Rechtswidrigkeit der Entscheidung führen, sondern nur dann, wenn überhaupt Anhaltspunkte für Gründe vorlägen, die "berücksichtigungswürdig" im Sinne des § 10 Abs. 2 AlVG sein könnten (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 4. Juli 1995, Zl. 95/08/0159, mit Hinweis auf Vorjudikatur). Daran fehlt es jedoch im Beschwerdefall, da vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren eine entsprechende Frage ausdrücklich verneint worden ist.

Auf Grund dieser Erwägungen erweist sich die vorliegende Beschwerde daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 21. September 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1996080256.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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