TE Vfgh Erkenntnis 1997/6/27 G226/96

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Veröffentlicht am 27.06.1997
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Index

L2 Dienstrecht
L2200 Landesbedienstete

Norm

B-VG Art20
B-VG Art21 Abs3
Krnt ObjektivierungsG §24
Krnt ObjektivierungsG §37

Leitsatz

Aufhebung von Vorschriften des Krnt ObjektivierungsG über die Abberufung von Landesbediensteten aus leitenden Funktionen mangels erfolgreicher Verwendung durch die im Krnt ObjektivierungsG eingerichtete Kommission infolge verfassungswidriger Einschränkung der Zuständigkeit der Kärntner Landesregierung als oberstes Organ des Landes zur Ausübung der Diensthoheit; keine Vergleichbarkeit der Objektivierungskommission mit den gemäß der Dienstpragmatik eingerichteten Disziplinar- und Qualifikationskommissionen

Spruch

§24 Abs2 des Kärntner Objektivierungsgesetzes, LGBl. für Kärnten Nr. 98/1992, sowie die Wortfolge "2 und" im §24 Abs4 leg.cit. werden als verfassungswidrig aufgehoben.

Frühere gesetzliche Bestimmungen treten nicht wieder in Wirksamkeit.

Der Landeshauptmann von Kärnten ist zur unverzüglichen Kundmachung dieser Aussprüche im Landesgesetzblatt verpflichtet.

Die Wendung "und 24" im §37 Abs4 des Kärntner Objektivierungsgesetzes, LGBl. für Kärnten Nr. 98/1992, wird nicht als verfassungswidrig aufgehoben.

Begründung

Entscheidungsgründe:

1.1. Beim Verfassungsgerichtshof ist zu B2009/95 das Verfahren über eine Beschwerde gegen den Bescheid der Kommission gemäß §37 des Kärntner Objektivierungsgesetzes vom 30. Mai 1995 anhängig, mit welchem der Beschwerdeführer mit Wirkung vom 31. Mai 1995 von seiner Funktion als Verwaltungsdirektor des Landeskrankenhauses Klagenfurt abberufen wurde. Dieser Bescheid stützt sich auf §50 des Krankenanstalten-Betriebsgesetzes sowie - in materiell-rechtlicher Hinsicht - auf die §§37 und 24 des Kärntner Objektivierungsgesetzes.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde wird die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung des bekämpften Bescheides begehrt.

1.2. Aus Anlaß der Beratung über die genannte Beschwerde leitete der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 17. Juni 1996 gemäß Art140 Abs1 B-VG von Amts wegen ein Verfahren zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §24 Abs2 und der Wortfolge "2 und" im §24 Abs4 sowie der Wortfolge "und 24" im §37 Abs4 des Kärntner Objektivierungsgesetzes, LGBl. für Kärnten Nr. 98/1992, (im folgenden: KOG) ein. Er ging dabei davon aus, daß der meritorischen Behandlung der vorliegenden Beschwerde keine Prozeßhindernisse entgegenstünden und daß er dabei die in Prüfung gezogenen Vorschriften anzuwenden hätte.

Die Gründe, die den Verfassungsgerichtshof zur Fassung des Einleitungsbeschlusses bewogen, legte er in diesem wie folgt dar:

"Der Verfassungsgerichtshof hegt gegen die in Prüfung gezogenen Vorschriften das Bedenken, daß sie im Widerspruch zu Art21 Abs3 B-VG stehen dürften. Dem ersten Satz dieser Vorschrift zufolge wird nämlich die 'Diensthoheit gegenüber den Bediensteten des Bundes ... von den obersten Organen des Bundes, die Diensthoheit gegenüber den Bediensteten der Länder von den obersten Organen der Länder ausgeübt.' Diese Vorschrift ordnet an, daß die obersten Organe der Länder gegenüber den Bediensteten der Länder die Dienstgeberbefugnisse auszuüben haben, womit ihnen auch die politische Verantwortlichkeit für die Auswahl und das Wirken der Landesbediensteten zukommt.

Nun ist es zwar verfassungsrechtlich zulässig, daß im Zusammenhang mit der Ausübung der Dienstgeberbefugnisse bestimmte Angelegenheiten von weisungsfreien Kommissionen wahrgenommen werden. Das ergibt sich schon aus der Vorschrift des Art20 Abs1 B-VG. Aber während andere weisungsfreie Kommissionen im Bereich des Dienstrechts, wie etwa die Disziplinarkommissionen und Leistungsfeststellungskommissionen nach dem BDG, deren Mitglieder durch die Verfassungsbestimmungen der §§88 Abs4 und 102 Abs2 leg.cit. in Ausübung ihres Amtes selbständig und unabhängig sind, nur bestimmte, eng umgrenzte Aufgaben zu besorgen haben, so wird der Kommission nach dem KOG durch die in Prüfung gezogene Wendung in §37 Abs4 leg.cit. im Falle einer negativen Bewertung die Kompetenz zur Abberufung von Personen aus bestimmten leitenden Funktionen gemäß §24 Abs2 KOG verliehen. Darüber hinaus wird durch den Abs4 des §24 KOG gegen solche Entscheidungen ein Rechtszug an das oberste Organ des Landes ausgeschlossen. Damit wird eine Angelegenheit, der ein zentraler Stellenwert innerhalb der unter den Begriff der 'Ausübung der Diensthoheit' fallenden Aufgaben zukommt, aus der Letztverantwortung der Landesregierung herausgenommen und zur Gänze der Kommission nach dem KOG überantwortet. Das aber dürfte dem Landesgesetzgeber durch Art21 Abs3 B-VG verwehrt sein.

In diesem Zusammenhang verweist der Verfassungsgerichtshof zunächst auf seine, wenn auch nicht spezifisch zum ursprünglichen Art21 Abs2 B-VG - der durch seine Neuerlassung durch die B-VG Novelle 1974 zum Abs3 wurde - ergangene Judikatur

VfSlg. 2617/1953, 2920/1955, 3436/1958, 4737/1964 und 5366/1966. Die zu der in seinem Erkenntnis VfSlg. 9287/1981 zu Art21 Abs3 B-VG idF der B-VG Novelle 1974 enthaltenen Äußerung, die Bedeutung des Art21 Abs3 B-VG liege 'nicht auf dem Gebiete der Organisation, sondern der Funktionsabgrenzung von obersten Organen zueinander' in der Lehre vorgetragene Kritik (Thienel, Öffentlicher Dienst und Kompetenzverteilung, 1990, S. 298 ff) dürfte insofern überschießend sein, als damit der zitierten Aussage des Erkenntnisses eine Bedeutung unterstellt wird, die ihr nicht entnommen werden muß, nämlich daß unter den Begriff 'Diensthoheit' in Art21 Abs3 B-VG lediglich die Erteilung von Weisungen und die Ausübung der Dienstaufsicht zu subsumieren wäre. Vielmehr dürfte dem Begriff 'Diensthoheit' - und dies ist durch das genannte Erkenntnis nicht ausgeschlossen - auch durch die (novellierte) Verfassungsvorschrift die Bedeutung, die ihm ursprünglich zugemessen wurde, wonach er als die Summe aller einer Gebietskörperschaft als Dienstgeber zustehenden Befugnisse verstanden wurde, erhalten geblieben sein.

Vor dem Hintergrund dieses Verständnisses des Art21 Abs3 B-VG scheinen die in Prüfung gezogenen Vorschriften mit Verfassungswidrigkeit belastet zu sein, hat doch der einfache Gesetzgeber durch sie die Zuständigkeit der Landesregierung als oberstes Organ des Landes zur Ausübung der Diensthoheit in einer Weise eingeschränkt, die geeignet ist, Art21 Abs3 B-VG auszuhöhlen.

Der Verfassungsgerichtshof verkennt nicht, daß es Art20 Abs1 B-VG zuläßt, verfassungsgesetzlich ansonsten den obersten Organen des Bundes und der Länder untergeordnete weisungsgebundene Organe bei der Führung der Verwaltung weisungsfrei zu stellen. Er nimmt jedoch vorläufig an, daß es sich bei Art21 Abs3 B-VG, der die Diensthoheit zum Gegenstand hat, um eine Bestimmung handelt, die trotz der aus Art20 Abs1 leg.cit. erfließenden Ermächtigung zu beachten ist. Es scheint so zu sein, daß den obersten Organen die ihnen von Art21 Abs3 B-VG zustehende Kompetenz nicht über die Heranziehung des Art20 Abs1 B-VG genommen werden darf, daß also auch im Falle der Einrichtung einer weisungsfreien Kommission jedenfalls im Kernbereich des Dienstrechtes der Rechtszug an das jeweils oberste Organ der Vollziehung vorgesehen sein muß.

Da vorderhand nicht klar ist, ob die vermutete Verfassungswidrigkeit ihren Sitz lediglich in den in Prüfung gezogenen Wortfolgen des §37 Abs4 und 24 Abs4 hat oder ob die Verfassung nicht lediglich den Ausschluß eines Rechtsmittels gegen die Entscheidung einer Kommission, sondern die Betrauung einer solchen Kommission schlechthin mit der Vornahme der Abberufung von Personen verbietet, war es erforderlich, alle im Einleitungsbeschluß genannten Bestimmungen in Prüfung zu ziehen."

2. Die einschlägigen Rechtsvorschriften des KOG, LGBl. für Kärnten Nr. 98/1992, - die in Prüfung gezogenen Gesetzesstellen sind hervorgehoben - lauten wie folgt:

"§13

Leitende Funktionen

(1) Leitende Funktionen im Sinne des 3. Abschnittes sind:

a)

der Landesamtsdirektor (Landesamtsdirektor-Stellvertreter);

b)

die Funktion als Abteilungsvorstand einer Abteilung des Amtes der Landesregierung;

c)

die Funktion eines Bezirkshauptmannes;

d)

die Funktion eines Leiters einer Agrarbezirksbehörde;

e)

die Funktion des Leiters der Dienststelle für Landesabgaben;

f)

die Funktion eines Leiters einer sonstigen Organisationseinheit im Bereich der Landesverwaltung, die ausschließlich oder überwiegend Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung besorgt.

(2) Die Landesregierung hat durch Verordnung die leitenden Funktionen nach Abs1 litf festzulegen.

(3) Die Betrauung mit der Funktion als Landesamtsdirektor (Landesamtsdirektor-Stellvertreter) richtet sich nach den bundesverfassungsgesetzlichen Bestimmungen. Die Betrauung mit einer sonstigen leitenden Funktion erfolgt durch die Landesregierung. Die Betrauung mit einer leitenden Funktion erfolgt unbefristet."

"§24

Ergebnis der Überprüfung

(1) Ergibt die Überprüfung anhand der Beurteilungskriterien nach §23 eine erfolgreiche Verwendung in der leitenden Funktion, so hat dies für leitende Funktionen nach §13 Abs1 litb bis f die Kommission und für den Landesamtsdirektor (Landesamtsdirektor-Stellvertreter) die Landesregierung mit Bescheid festzustellen.

(2) Ergibt die Überprüfung anhand der Beurteilungskriterien nach §23, daß eine erfolgreiche Verwendung in der Leitungsfunktion nicht gegeben ist, so hat die Kommission bei den leitenden Funktionen nach §13 Abs1 litb bis f die Abberufung aus der leitenden Funktion bescheidmäßig zu verfügen.

(3) Ergibt die Überprüfung, daß eine erfolgreiche Verwendung als Landesamtsdirektor (Landesamtsdirektor-Stellvertreter) nicht gegeben ist, so hat die Landesregierung mit Zustimmung der Bundesregierung bescheidmäßig die Abberufung zu verfügen.

(4) Gegen Bescheide nach Abs2 und 3 sind ordentliche Rechtsmittel ausgeschlossen.

(5) §40 des Kärntner Dienstrechtsgesetzes, in seiner jeweils geltenden Fassung, ist nicht anzuwenden, wenn eine Abberufung nach Abs2 erfolgt."

"§37

Beurteilung der Verwendung in leitender Funktion

(1) Der Erfolg der Verwendung als medizinischer Leiter, als Verwalter und als Leiter des Pflegedienstes ist von jeweils einer Kommission zu überprüfen.

(2) Die Landesregierung hat jeweils drei für die Beurteilung geeignete Personen zu Mitgliedern jeder Kommission zu bestellen. Personen, die in der jeweiligen Beurteilungskommission (§36 Abs2 bis 4) mitgewirkt haben, dürfen nicht bestellt werden. Die Mitglieder haben aus ihrer Mitte einen Vorsitzenden zu wählen.

(3) (Verfassungsbestimmung) Die Mitglieder der Kommission sind bei der Erfüllung ihrer Aufgaben an keine Weisungen gebunden.

(4) Im übrigen gelten für die Überprüfung in der leitenden Funktion die Bestimmungen der §§7 Abs5 und 6, 16 Abs3, 20, 21 Abs5, 23 und 24 sinngemäß."

"§38

Übergangsbestimmungen

...

(3) Die Bestimmungen des zweiten Teiles des dritten Abschnittes und §37 finden auf Personen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes mit einer leitenden Funktion nach §13 betraut worden sind, mit der Maßgabe Anwendung, daß die erstmalige Überprüfung des Erfolges der Verwendung in der leitenden Funktion während des sechsten Jahres nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zu erfolgen hat. Dies gilt sinngemäß für Personen nach §35 Abs1.

..."

Der mit diesen Bestimmungen in engem Zusammenhang stehende Abs6 des §50 des Krankenanstalten-Betriebsgesetzes (im folgenden: KABG), LGBl. für Kärnten Nr. 44/1993, lautet wie folgt:

"(6) Die Bestimmungen des §33 findet keine Anwendung auf Mitglieder des Krankenanstaltendirektoriums, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes mit ihrer Funktion betraut worden sind. Für diese Personen sind §37 und §38 Abs3 des Kärntner Objektivierungsgesetzes mit der Maßgabe anzuwenden, daß die erstmalige Überprüfung des Erfolges der Verwendung in der leitenden Funktion längstens nach zwei Jahren nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes zu erfolgen hat und daß an die Stelle der Landesregierung der Vorstand der Landesanstalt tritt."

3. Die Kärntner Landesregierung erstattete eine umfangreiche Äußerung, in der sie den Bedenken des Verfassungsgerichtshofes entgegentritt. Sie stellt darin zunächst fest, daß der Begriff der Diensthoheit des Art21 Abs3 B-VG auch in den Art14 Abs4, 14a Abs3, 118 Abs3 und 148h Abs2 B-VG erwähnt werde, was nicht zwingend darauf schließen lasse, daß in den einzelnen Bestimmungen von einem einheitlichen Begriffsverständnis auszugehen sei. Daran schließen sich die folgenden Ausführungen (nicht wiedergegeben werden die Hervorhebungen in der Äußerung):

"In der Lehre wird unter 'Diensthoheit' sehr umfassend 'die Ausübung aller Dienstgeberbefugnisse gegenüber den Bediensteten' verstanden (vgl. Koja, Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer, 2. Auflage, 418; Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts, 7. Auflage, 204; Hengstschläger, Der Rechnungshof, 131; Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht, 329; Ringhofer, Die österreichische Bundesverfassung, zu Art21 Abs3; Adamovich-Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Auflage, 359 ff; Thienel, Öffentlicher Dienst und Kompetenzverteilung, 298; Miehsler, Demokratisierung der Bezirksverwaltung in Österreich, in Kelsen-FS, 153).

Dieser weiten Auslegung des Begriffs Diensthoheit entsprach auch die Judikatur, welche zur Diensthoheit ua. die Kündigung eines Dienstverhältnisses durch den Dienstgeber

(VfSlg. 2617/1953), die Auszahlung von Beamtenentschädigungen (VfSlg. 2647/1954), die Entbindung von der Amtsverschwiegenheit (VfSlg. 3005/1956), die Ernennung, die Versetzung in den Ruhestand und die Bemessung des Ruhegenusses (VfSlg. 3259/1957, VwSlg. 4210 A/1956), die Gewährung einer Dienstzulage (VfSlg. 4879/1964), die Hereinbringung eines Übergenusses (VfSlg. 5366/1966, VwSlg. 2529/A/1952) und die Durchführung von Disziplinar- und Leistungfeststellungsverfahren

(VfSlg. 6115/1970) zählte.

Es wurden aber nicht nur bescheidförmige Erledigungen in Vollziehung dienstrechtlicher Vorschriften, sondern auch innere Verwaltungsakte (Weisungen) als Ausübung von Diensthoheit gewertet (vgl. VfSlg. 3436/1958, 3493/1959, 4737/1964, 5224/1966, 7244/1973, VwGH vom 8.6.1994, Zl. 94/12/0126 für Versetzungen, VwGH vom 24.11.1977, Zl. 2750/76 für Dienstzuteilungen).

Zur Versetzung eines steirischen Landesbeamten nach §67 Dienstpragmatik führte der VfGH in seinem Erkenntnis VfSlg. 7244/1973 aus:

'... Der Verfassungsgerichtshof hat in ständiger Rechtsprechung ausgesprochen, daß die Versetzung eines pragmatischen Beamten auf einen anderen Dienstposten - sofern nicht eine besondere, anderslautende Dienstrechtsregelung besteht - eine Verfügung in Ausübung der Diensthoheit verbunden mit einem Dienstbefehl, also ein sogenannter innerer Verwaltungsakt, ist (vgl. zB. Erk. Slg. Nr. 3436/1958, 3493/1959, 4733/1964, 4737/1964, 5224/1966, 6450/1971). Eine Versetzung kann daher nur von den Organen verfügt werden, die zur Ausübung der Diensthoheit gegenüber dem betreffenden Beamten zuständig sind (vgl. Erk. Slg. Nr. 5224/1966). ... Dienstvorgesetzter der beim Amt der Landesregierung beschäftigten Landesbeamten ist der Landeshauptmann und nicht die Landesregierung (vgl. Erk. Slg. Nr. 5296/1966 und 5297/1966). Nach §8 Abs5 litb V-ÜG 1920 sind dem Landeshauptmann als Vorstand des Amtes der Landesregierung auch die Bezirkshauptmannschaften unterstellt. Der Landeshauptmann ist also auch für die bei den Bezirkshauptmannschaften beschäftigten Landesbeamten Dienstvorgesetzter und zur Verfügung innerer Verwaltungsakte zuständig.

Da die Versetzung des Beschwerdeführers von der Bezirkshauptmannschaft Hartberg zur Bezirkshauptmannschaft Judenburg, wie ausgeführt, einen innerdienstlichen Akt darstellt, war zu ihrer Verfügung nicht die steiermärkische Landesregierung, sondern der Landeshauptmann vonSteiermark zuständig.'

Ebenso betonte der Verfassungsgerichtshof in den Erkenntnissen VfSlg. 3436/1958 und 3493/1959, daß der vom Magistratsdirektor verfügten Versetzung nach der Wiener Dienstordnung nicht '.... die Eigenschaft eines Bescheides iSd Art144 B-VG ...' zukomme. Es handle '... sich vielmehr um eine Verfügung in Ausübung der Diensthoheit, verbunden mit einem Dienstbefehl (sog. innerer Verwaltungsakt) ...'

In derselben Weise qualifizierte der Verwaltungsgerichtshof eine Versetzung nach der Wiener Dienstordnung als 'Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes ohne Änderung des bestehenden Dienstverhältnisses ... Einem solchen Verwaltungsakt kommt mangels einer derartigen Gestaltung dieser Rechtsverhältnisse nicht die Eigenschaft eines Bescheides zu. Es handelt sich vielmehr um eine Verfügung in Ausübung der Diensthoheit verbunden mit einem Dienstbefehl (sog. innerer Verwaltungsakt).'

Schließlich hielt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 24.11.1977, Zl. 2750/76, fest, daß eine Dienstzuteilung nach §22 Abs3 Dienstpragmatik einen Dienstauftrag darstelle, der nicht mit Bescheid zu verfügen sei. Es sei '... richtig, daß das Recht der Dienstbehörde (des Dienstvorgesetzten), den unterstellten Beamten Dienstaufträge zu erteilen, Ausfluß der staatlichen Hoheitsgewalt, nämlich der Diensthoheit, ist.'

In diesem Sinn spricht etwa Traxler (Bemerkungen zu 'Stolzlechner, Zur Organisation der Bezirkshauptmannschaften', ZfV 1977, 271 ff) davon, daß dem Landeshauptmann im Rahmen des 'inneren Dienstes' eine 'gewisse Diensthoheit über die beim Amt der Landesregierung und bei den Bezirkshauptmannschaften tätigen Landesbeamten' zukomme.

Pernthaler (Die Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Ländern auf dem Gebiet der Verwaltungorganisation, 42) weist darauf hin, daß auch innerorganisatorische Akte und interne Verwaltungsakte des Landeshauptmannes im Hinblick auf diese Judikatur Ausübung von Diensthoheit darstellen (vgl. auch Pernthaler, Der Landesamtsdirektor als 'Leiter des inneren Dienstes', JBl 1982, 341, FN 34, wonach die Kompetenzen der Abteilungsvorstände des Amtes der Landesregierung auch Angelegenheiten der Diensthoheit in Unterordnung zu den Leitungsbefugnissen des Landesamtsdirektors als 'Leiter des inneren Dienstes' umfassen können). Auch Adamovich-Funk (aaO, 359 ff) sprechen in diesem Zusammenhang davon, daß die Ausübung der Dienstaufsicht durch den Landeshauptmann unter Mitwirkung des Landesamtsdirektors zur Diensthoheit zu zählen ist. Ebenso führt Pesendorfer (Der innere Dienstbetrieb im Amt der Landesregierung, 42) aus, daß Teil der Diensthoheit die Dienstaufsicht sei, die hinsichtlich der Landesbediensteten des Amtes der Landesregierung und der Bezirkshauptmannschaften dem Landeshauptmann bzw. Landesamtsdirektor übertragen ist (Art106 B-VG, §1 des Bundesverfassungsgesetzes betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierung außer Wien, BGBl. Nr. 289/1925, §8 Abs5 lita und b VÜG 1920 idF BGBl. Nr. 368/1925).

Art19 B-VG führt hinsichtlich der obersten Organe der Länder lediglich 'die Mitglieder der Landesregierungen' an. 'Zwar zählt auch der Landeshauptmann dazu, doch meinen Art19 und 21 Abs3 B-VG im Verein mit Art101 B-VG das Kollegialorgan und nicht ein Mitglied der Landesregierung hinsichtlich originärer Zuständigkeiten, die mit der Mitgliedschaft in der Landesregierung in keinem Zusammenhang stehen.' (Pesendorfer, Der innere Dienstbetrieb, 42).

Die einzelnen Mitglieder der Landesregierung sind nur dann als oberste Organe anzusehen, wenn der Landesverfassungsgesetzgeber im selbständigen Wirkungsbereich des Landes das monokratische System einführt (§3 Abs1 BVG Ämter der Landesregierung), und wenn sie im Rahmen des selbständigen Wirkungsbereiches des Landes tätig werden. Wird der Landeshauptmann zum Träger der mittelbaren Bundesverwaltung ernannt (Art102 und 103 B-VG) oder ihm die Aufsicht über den Landesamtsdirektor im 'inneren Dienst' des Amtes der Landesregierung (Art106 B-VG) übertragen, so sind dem Landeshauptmann diese Zuständigkeiten nicht aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Landesregierung in Ausübung der Landesverwaltung zuzuschreiben. Im Tätigkeitsbereich der mittelbaren Bundesverwaltung oder des 'inneren Dienstes' gilt der Landeshauptmann nicht als 'oberstes Organ' iSd Art19 Abs1 B-VG.

Trotzdem übt der Landeshauptmann bei der 'Organisation der personellen Mittel' im Amt der Landesregierung (Pesendorfer, Der innere Dienstbetrieb, 50ff) nach der eingangs zitierten Rechtsprechung 'Diensthoheit' aus. Anders formuliert bedeutet dies, daß Art21 Abs3 B-VG keine Behördenzuständigkeit zur Ausübung von Dienstgeberbefugnissen festlegen kann, weil der Landeshauptmann in seiner Eigenschaft als Landeshauptmann und nicht als Mitglied der Landesregierung im selbständigen Wirkungsbereich des Landes nicht in Art21 Abs3 iVm 19 Abs1 B-VG genannt ist, aber nach der Judikatur trotzdem Diensthoheit ausübt. Würde man Art21 Abs3 B-VG als Zuständigkeitsnorm begreifen, welche allein der Landesregierung die Diensthoheit über die Landesbediensteten verleiht, würden die verfassungsrechtlichen Bestimmungen, welche dem Landeshauptmann im Rahmen des inneren Dienstes des Amtes der Landesregierung Diensthoheit verleihen, im Widerspruch zu Art21 Abs3 B-VG stehen.

Dem Art21 Abs3 B-VG muß demnach ein anderer Sinn zukommen, als jener, der Landesregierung im Rahmen der Landesvollziehung die Ausübung aller Dienstgeberbefugnisse gegenüber Landesbediensteten zu übertragen.

Diese Rechtsanschauung wiederum muß nahtlos an das vom Verfassungsgerichtshof selbst in seinem Unterbrechungsbeschluß angeführte Erkenntnis VfSlg. 9287/1981 anknüpfen.

In diesem Erkenntnis vertritt der Verfassungsgerichtshof die Auffassung, daß im Hinblick auf die Entstehungsgeschichte des Art21 B-VG ('Renner-Mayr-Entwurf') und das damals vorherrschende Verständnis des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses als wechselseitiges Vertragsverhältnis zwischen Gleichen unter dem Begriff 'Diensthoheit' nur die Weisungsgebundenheit der öffentlichen Bediensteten gegenüber den 'Volksbeauftragten' und die Ausübung der Dienstaufsicht über diese Bediensteten verstanden wurde.

'... Der Begriff der Diensthoheit hatte in der Zeit der Schaffung des B-VG einen anderen Inhalt als heute ...'

Zur Darlegung dieser Rechtsansicht gibt der Verfassungsgerichtshof die 'Erläuternden Bemerkungen' zum 'Renner-Mayr-Entwurf' wieder:

'Die Über- und Unterordnung des Volksbeauftragten zum beschäftigten Bediensteten bzw. des Bediensteten zu seinen untergebenen Bediensteten begründe das Verhältnis der Diensthoheit, gegen deren Überschreitung kein anderes Rechtsmittel als die Dienstbeschwerde und das Disziplinargericht gegeben sei. Der Bedienstete lebe in der Sphäre der Diensthoheit für den Staat. Die Diensthoheit wende sich aber vom Vorgesetzten zum Untergebenen. Das Dienstverhältnis sei nicht bloß zweiseitig (das sei das Verhältnis der Überordnung auch), sondern wechselseitig, es sei ein öffentlich-rechtliches Vertragsverhältnis zwischen Gleichen, dessen ein Teil der Bedienstete, der andere Teil nicht etwa der Vorgesetzte, sondern der Staat selbst als juristische Person sei. Die Ansprüche daraus seien klagbar. In dieser Rechtssphäre verhandle der Bedienstete mit dem Staat (nicht mit dem Vorgesetzten als Person, dem er in der Sphäre der Diensthoheit persönlich unterstellt sei). ...'

Nach Ausführungen über die zur Zeit der Schaffung des B-VG noch nicht abgeschlossene Diskussion über das Wesen der Anstellung im Staatsdienst fährt der Verfassungsgerichtshof fort:

'... Erst später hat sich das Verständnis des öffentlichen Dienstrechtes und damit auch der Inhalt des Begriffes der Diensthoheit weiter iS der erstgenannten Auffassung entwickelt ...' (gemeint ist hier die Anstellung im Staatsdienst als Hoheitsakt).

Der Verfassungsgerichtshof führt dann die verfassungsgesetzlichen Bestimmungen an, in welchen dieser 'veränderte' Begriff der Diensthoheit seinen Niederschlag gefunden hat:

* Lehrerdienstrechts-Kompetenzgesetz, BGBl. Nr. 88/1948 * Art14 Abs4 lita B-VG, idF BGBl. Nr. 215/1962

* Art118 Abs3 Z2 B-VG, idF BGBl. Nr. 205/1962

Der Verfassungsgerichtshof weiter:

'... Wenn nun auch der Begriff der Diensthoheit seit dem Jahr 1962 vom Verfassungsgesetzgeber in den Kompetenzbestimmungen des B-VG mit einem anderen Inhalt verwendet wird als bei der erstmaligen Verwendung im Rahmen des Art21 B-VG in der Stammfassung, findet sich kein Anhaltspunkt dafür, daß damit dem zunächst auch formell unberührt gebliebenen Art21 Abs2 B-VG ein anderer Inhalt gegeben worden wäre. Dieser Inhalt bestand darin, die in dem dargelegten engeren Sinn verstandene Diensthoheit entsprechend der bundesstaatlichen Ordnung den obersten Organen des Bundes und der Länder - und später dem Präsidenten des Rechnungshofes - zuzuweisen, also eine Funktionsabgrenzung vorzunehmen. Aus diesem Inhalt des Art21 Abs2 B-VG konnte für die sonstige Gestaltung der - außerhalb des damaligen Begriffes der Diensthoheit gelegenen - Rechtsverhältnisse der Bediensteten durch den zuständigen Gesetzgeber, insbesondere für die Regelung der behördlichen Zuständigkeiten hiefür, nichts abgeleitet werden.

Es findet sich aber auch kein Anhaltspunkt dafür, daß die formelle Neuerlassung des Art21 Abs2 als Abs3 im Rahmen der Neufassung des gesamten Art21 B-VG durch die Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1974 am Inhalt dieser Bestimmung (der Wortlaut wurde beibehalten) etwas geändert hätte; in den Gesetzesmaterialien (Regierungsvorlage, 182 BlgNR XIII. GP, Bericht des Verfassungsausschusses, 1189 BlgNR XIII. GP; Sten. Prot. über die 111. Sitzung des NR am 9. und 10.7.1974) findet sich zu dieser Frage keine Aussage ...'

'... Es gehen daher alle Argumente der Antragsteller von einer unrichtigen Voraussetzung aus, die sich auf die Annahme gründen, der Begriff der Diensthoheit in Art21 Abs2 (jetzt Abs3) B-VG entspreche dem Begriff, der sich erst später entwickelt hat und dann auch an anderen Stellen in die Bundesverfassung eingegangen ist ... Bildete nämlich - wie vorstehend ausgeführt - Art21 Abs2 B-VG keine verfassungsgesetzliche Schranke für die Übertragung von Zuständigkeiten bei Regelung der außerhalb des damaligen Begriffes der Diensthoheit liegenden Dienstrechtsverhältnisse, so können die damals tatsächlich getroffenen Zuständigkeitsregelungen keinen Maßstab für spätere Regelungen abgeben.

Aus den vorstehenden Darlegungen ergibt sich aber auch, daß die Bestimmung des Art21 Abs2 (jetzt Abs3)

B-VG eine Funktionsabgrenzung bestimmter oberster Organe vornimmt und keine Organisationsnorm für den Bereich des Dienstrechtes als Recht der Regelung der Dienstverhältnisse bildete. ...'

Diesen Aussagen des Verfassungsgerichtshofes ist klar zu entnehmen, daß Art21 Abs3 B-VG keine verfassungsrechtliche Schranke für die Übertragung von Dienstgeberbefugnissen, wie sie die Rechtsprechung zur Diensthoheit - allerdings in nicht auf Art21 Abs2 B-VG bezogenen Entscheidungen - herausgebildet hat, an andere Organe als die Landesregierung bildet (vgl. dazu VfSlg. 2617/1953 zum Lehrerdienstrechts-Kompetenzgesetz, BGBl. Nr. 88/1948, 2920/1955 zum Oberösterreichischen Gemeindesanitätsgesetz, LGBl. Nr. 27/1928, 3436/1958 zur Wiener Dienstordnung, 4737/1964 zur Dienstpragmatik, RGBl. Nr. 15/1914, 5366/1966 zum Hochschul-Organisationsgesetz, BGBl. Nr. 154/1955 und zum Hochschultaxengesetz, BGBl. Nr. 102/1953).

Art21 Abs3 B-VG ist lediglich als Funktionsabgrenzung bestimmter oberster Organe im Hinblick auf die Dienstaufsicht und internen Leitungsbefugnisse und nicht als Organisationsnorm für den Bereich des Dienstrechts als Recht der Regelung der Dienstverhältnisse zu verstehen."

Die Kärntner Landesregierung führt in ihrer Äußerung weiters aus, daß die Kompetenz zur Bestellung eines Landesbediensteten auf eine Leitungsfunktion bei den Behörden der allgemeinen staatlichen Verwaltung und die Abberufung von dieser Leitungsfunktion niemals dem "Kernbereich des von der Landesregierung zu vollziehenden Dienstrechtes" zugezählt werden könne. Die Bestellung von Leitungsfunktionen sei seit jeher dem Landeshauptmann bzw. Landesamtsdirektor im Rahmen des "inneren Dienstes" nach Art106 B-VG vorbehalten.

Im Land Kärnten sei die Bestellung der Abteilungsvorstände des Amtes der Kärntner Landesregierung vor Erlassung des Objektivierungsgesetzes, LGBl. Nr. 98/1992, durch die Geschäftsordnung des Amtes der Kärntner Landesregierung (GeoA), LGBl. Nr. 81/1971, geregelt gewesen. Gemäß §6 Abs1 der GeoA sei der Landeshauptmann dazu berufen gewesen, auf Vorschlag des Landesamtsdirektors zu bestimmen, welcher Bedienstete eine Abteilung als Abteilungsvorstand zu führen hat. Diese Vorschrift sei mit LGBl. Nr. 135/1992 abgeändert worden. §6 Abs1 lege nunmehr fest, daß jede Abteilung des Amtes der Landesregierung von einem Abteilungsvorstand geführt werde. Aus den Motivenberichten zu dieser Änderung gehe hervor, daß mit der Erlassung des KOG die Bestellung von Abteilungsleitern "verrechtlicht" wurde. Durch diese Regelungen seien diese Angelegenheiten aus dem "inneren Dienst" herausgelöst worden; sie seien nunmehr von der Landesregierung zu vollziehen.

Die Bestellung von Unterabteilungsleitern und Sachgebietsleitern erfolge gemäß den §§7 und 7a der GeoA nach wie vor durch den Landeshauptmann im inneren Dienst, die Bestellung von Abteilungsleiter-Stellvertretern durch den Landesamtsdirektor (§6 Abs6 GeoA). Zum Begriff des "inneren Dienstes" heißt es in der Äußerung weiters:

"Betrachtet man die Rechtsprechung zur Verfügung über die dienstliche Verwendung von Bediensteten näher, so zählen zum 'inneren Dienst' die nicht bescheidförmige Betrauung mit der Funktion eines Leiters (Stellvertreters) einer Abteilung (VfSlg. 7381/1974) und jede andere nicht bescheidförmige Verwendungszuteilung bzw. -änderung (wie eine Versetzung - VfSlg. 7244/1973, 5296/1966, eine vorübergehende Dienstzuteilung oder Verwendungsänderung - VwGH vom 24.11.1977, Zl. 2750/76). In jedem Fall geht die Judikatur davon aus, daß die dienstrechtliche Stellung des Bediensteten nicht berührt wird, das bestehende Dienstverhältnis nicht verändert bzw. kein neues Dienstverhältnis begründet wird.

Demgegenüber werden zum inneren Dienstbetrieb Verfügungen über die Verwendung von Bediensteten, sofern sie bescheidförmig zu ergehen haben (VwGH vom 8.11.1973, Zl. 1453/1454/73), gerechnet.

Die Tätigkeit des Landeshauptmannes bzw. Landesamtsdirektors ist also dadurch gekennzeichnet, daß ihre Akte keinen Normcharakter (Bescheid oder Verordnung) besitzen und daher nicht der Kontrolle durch die Gerichtsbarkeit unterliegen. Der 'innere Dienstbetrieb' ist durch den 'normlosen Verwaltungsakt' gekennzeichnet. Wird dieser Bereich verrechtlicht, so ist der Vollzugsbereich 'innerer Dienstbetrieb' verlassen.

Landeshauptmann und Landesamtsdirektor können nur gesetzes- und gerichtsfrei handeln. Es wird damit dem Verfassungsbegriff 'innerer Dienst' eine (negativ) dynamische Qualität zugemessen. (Pesendorfer, Der innere Dienstbetrieb, 25; Traxler, aaO, ZfV 1976, 121ff).

So führt auch Pesendorfer (Der innere Dienstbetrieb, 38ff) aus, daß die Begründung, Aufhebung und Änderung des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses und alle unmittelbaren Rechtsgestaltungen, wie sie zum Zeitpunkt des Inkrafttretens des BVG BGBl. Nr. 289/1925 als nicht zum inneren Dienst gehörig erachtet wurden, zB die Besoldung der Bediensteten, nicht zum inneren Dienstbetrieb zu zählen seien, während es sich bei einem Sachverhalt, der dem Schwerpunkt nach auf die Ausübung der Organfunktion hin orientiert sei, um eine Angelegenheit des inneren Dienstes handle. Demgemäß unterscheidet Pesendorfer zwischen dem Grundverhältnis (Dienstverhältnis) und dem Betriebsverhältnis, das mit der Begründung und Ausübung der Organfunktion zusammenfällt (vgl. Pesendorfer, Der innere Dienstbetrieb, 35ff; Pesendorfer, Der Landeshauptmann, 172ff).

Würde man nun dem Art21 Abs3 B-VG wirklich ein weiteres Begriffsverständnis der 'Diensthoheit' zugrunde legen, als es der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 9287/1981 getan hat, so kann es sich bei der Abberufung aus einer leitenden Funktion jedoch trotzdem nicht um einen 'Kernbereich des Dienstrechtes', wie dies der Verfassungsgerichtshof in seinem Unterbrechungsbeschluß vorläufig angenommen hat, handeln. Wie sich aus der Judikatur und Literatur ergibt, handelt es sich bei der Betrauung mit einer Leitungsfunktion um eine Verwendungsverfügung, die nach dem historischen Begriffsverständnis eine zentrale Aufgabe des Landeshauptmannes im inneren Dienstbetrieb darstellt. Wenn auch die Rechtsprechung davon ausgeht, daß dieser Bereich durch die Gesetzgebung verrechtlicht werden kann (zB. Kärntner Objektivierungsgesetz 1992), kann es sich bei der Ausübung dieser Zuständigkeit in Anbetracht der verfassungsrechtlichen Bestimmungen zum 'inneren Dienst' (Art106 B-VG, BVG BGBl. Nr. 289/1925, VÜG 1920) wohl nicht um einen 'Kernbereich des von der Landesregierung zu vollziehenden Dienstrechtes' handeln.

Richtig ist, daß im Fall einer Verrechtlichung Art101 Abs1 B-VG zu beachten ist, wonach die Vollziehung jedes Landes eine vom Landtag zu wählende Landesregierung ausübt. Die Übertragung von Zuständigkeiten auf nachgeordnete Landesbehörden ist jedoch mit Art101 Abs1 B-VG durchaus vereinbar. Eine Zuständigkeit der Landesregierung zur Sachentscheidung im Instanzenzug muß nicht vorgesehen sein. Der Landesregierung muß jedoch wenigstens die Ausübung des Weisungsrechtes nach Art20 B-VG zukommen (vgl. VfSlg. 3137/1956, 3280/1957, 3750/1960, 5985/1969).

Nachdem Art20 B-VG dem Verfassungsgesetzgeber jedoch die Möglichkeit einräumt, Behörden bei der Ausübung der Vollziehung weisungsfrei zu stellen, kann durch Landesverfassungsgesetz (vgl. VfSlg. 8833/1980; Koja, aaO, 413f; Hengstschläger, aaO 132; Barfuß, Die Weisung, 68) selbst der Weisungszusammenhang zur Landesregierung durchbrochen werden, wie dies in den §§21 Abs4, 37 Abs3 und 24 Abs2 iVm 24 Abs4 Kärntner Objektivierungsgesetz, LGBl. Nr. 98/1992, geschehen ist."

Die Kärntner Landesregierung führt in ihrer Äußerung weiters aus, daß nach Schwarzer, Die Kontrolle wirtschaftlicher Unternehmungen durch Einrichtungen der Länder, in: Korinek (Hrsg.), Die Kontrolle wirtschaftlicher Unternehmungen durch den Rechnungshof, 1986, S. 149 ff., dann, wenn Art21 Abs3 B-VG die dienstrechtliche Weisungsbefugnis zwingend der Landesregierung vorbehält, der Weisungsfreistellungen für zulässig erklärende Vorbehalt zugunsten des Verfassungsgesetzgebers in Art20 Abs1 B-VG keinen Sinn ergäbe. Mit Rechtsprechung und herrschender Lehre sei davon auszugehen, daß sich Art20 Abs1 B-VG auf alle Arten von Weisungen, sowohl auf fachliche als auch auf organisatorische und dienstrechtliche beziehe. Das habe auch der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 3612/1959 so gesehen. Nach Schwarzer räume Art21 Abs3 B-VG "der Landesregierung nicht mehr Befugnisse ein, als Art20 Abs1 allgemein den vorgesetzten Organen überträgt. Unterbricht eine landesverfassungsgesetzliche Bestimmung den Weisungszusammenhang, so hebt sie automatisch auch die Diensthoheit der Landesregierung im Sinne des Art21 Abs3 B-VG auf." (Schwarzer, aaO, S. 166). In diesem Zusammenhang verweist die Kärntner Landesregierung auch auf Hengstschläger, aaO, S. 136.

Der vom Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis VfSlg. 9287/1981 aufgestellten These folgend, wonach der in Art21 Abs3 B-VG eingeflossene Begriff der Diensthoheit mit dem in Art20 Abs1 B-VG normierten Weisungsrecht gleichzusetzen sei, wonach die Diensthoheit des Art21 Abs3 B-VG die Unterordnung des Bediensteten unter seinen Vorgesetzten kennzeichne und eine Ausführungsregelung zu Art20 Abs1 B-VG darstelle, habe Koja festgestellt, daß durch Landesverfassungsgesetz die Diensthoheit der Landesregierung aufgehoben werden könne. Ihm zufolge ergebe sich aus der genannten Auffassung des Verfassungsgerichtshofes,

"daß Art21 Abs3 B-VG die Zulässigkeit der Errichtung unabhängiger Kontrolleinrichtungen durch die Länder nicht behindert. Diese Norm der BV (Bundesverfassung) räumt der Landesregierung nicht mehr Befugnisse ein, als Art20 Abs1 B-VG allgemein den vorgesetzten Organen überträgt. Unterbricht eine landesverfassungsgesetzliche Vorschrift den Weisungszusammenhang, so hebt sie damit auch die Diensthoheit der Landesregierung im Sinne des Art21 Abs3 B-VG auf. Die sonstigen dienstrechtlichen Befugnisse der Landesregierung bleiben davon unberührt." (Koja,

Das Verfassungsrecht der österreichischen Bundesländer2, 1988, S. 397.)

Dieselbe Auffassung finde sich auch bei Kelsen/Froehlich/Merkl, Die Bundesverfassung vom 1. Oktober 1920, S. 89 ff, welche festhalten, daß Art21 Abs3 B-VG als eine "Interpretation" des Art20 Abs1 B-VG zu verstehen sei, welche festlege, welchem Organ die dienstrechtliche Verantwortlichkeit geschuldet werde.

Entsprechend diesen Ausführungen sei mit §24 Abs2 KOG ein Teil der Diensthoheit gegenüber Landesbediensteten, nämlich die Zuständigkeit zur Abberufung von einer Leitungsfunktion, an die Kommissionen nach §21 Abs1 und §37 Abs1 leg.cit. übertragen worden. Mit Verfassungsbestimmung (§§21 Abs4 und 37 Abs3 leg.cit.) seien die Kommissionen weisungsfrei gestellt worden. Mit der Vorschrift des §24 Abs4 KOG sei auch der Instanzenzug an die Landesregierung ausgeschlossen worden. Damit habe man einen Teil der Diensthoheit aus dem Zuständigkeitsbereich der Landesregierung herausgelöst. Aufgrund des Vorbehaltes des Art20 Abs1 B-VG zugunsten landesverfassungsrechtlicher Bestimmungen stehe diese Rechtslage nicht im Widerspruch zu Art21 Abs3 B-VG.

Im übrigen tritt die Kärntner Landesregierung in ihrer Äußerung der im Prüfungsbeschluß vorläufig geäußerten Auffassung des Verfassungsgerichtshofes entgegen, daß den Disziplinarkommissionen und Leistungsfeststellungskommissionen nach dem BDG 1979 nur bestimmte, eng umgrenzte Aufgaben zur Besorgung zugewiesen seien, wohingegen die Kommissionen nach dem Kärntner Objektivierungsgesetz im Falle einer negativen Bewertung einer Verwendung zur Abberufung von Bediensteten aus Leitungsfunktionen berechtigt seien. Die Landesregierung legt zunächst die Rechtslage betreffend die Leistungsfeststellungskommissionen und die Leistungsfeststellung von Beamten dar und verweist schließlich auf §22 BDG 1979 idF des Besoldungsreformgesetzes 1994, BGBl. Nr. 550/1994, welcher Vorschrift zufolge der Beamte, über den zweimal aufeinanderfolgend die Feststellung getroffen worden ist, daß er den von ihm zu erwartenden Arbeitserfolg nicht aufgewiesen hat, mit Rechtskraft der zweiten Feststellung entlassen ist, wobei der Rechtskraft der Feststellung die Endgültigkeit des Beurteilungsergebnisses iSd §87 Abs2 gleichzuhalten ist. Daran schließen sich die folgenden Ausführungen in der Äußerung:

"Hat die Leistungsfeststellungskommission durch Bescheid zweimal aufeinanderfolgend die Feststellung getroffen, daß ein Beamter den Arbeitserfolg nicht aufgewiesen hat, so gilt dieser Beamte mit der Rechtskraft des zweiten Leistungsfeststellungsbescheides als entlassen. Da gegen den Leistungsfeststellungsbescheid der Leistungsfeststellungskommission kein ordentliches Rechtsmittel zulässig ist, wird der zweite Leistungsfeststellungsbescheid mit der Zustellung an den Beamten rechtskräftig.

Nachdem die Leistungsfeststellungskommission in Ausübung ihres Amtes selbständig und unabhängig ist (§88 Abs4 leg. cit.), entscheidet die Leistungsfeststellungskommission über die Entlassung eines Beamten wegen mangelnden Arbeitserfolges. Die Dienstbehörde hat lediglich festzustellen, daß der Beamte mit der Zustellung des zweiten Leistungsfeststellungsbescheides von Gesetzes wegen entlassen ist. Es handelt sich dabei lediglich um einen Feststellungsbescheid (vgl. VwGH v. 24.1.1996, Zl. 95/12/0225).

Das bedeutet aber, daß hier eine zentrale Befugnis des Dienstgebers (Entlassung eines Bediensteten) aus der Diensthoheit der obersten Bundesorgane herausgelöst und einer weisungsfreien, unabhängigen Kommission übertragen wird.

Zieht man aber darüber hinaus die rechtliche Stellung der Disziplinarkommissionen nach dem BDG 1979 (weisungsfrei - §102 Abs2 leg. cit., kein Instanzenzug an die Dienstbehörde - §97 leg. cit.) sowie ihre Zuständigkeit zur Verhängung von Disziplinarstrafen, die bis zur Entlassung (§92 leg. cit.) reichen können, in Betracht, sind die den Disziplinarkommissionen übertragenen Dienstgeberbefugnisse ebenfalls von gravierendem Gewicht im Hinblick auf die im Rahmen der Diensthoheit auszuübenden Zuständigkeiten.

Wenn der Verfassungsgerichtshof im gegenständlichen Unterbrechungsbeschluß vermeint, daß den Kommissionen nach §§21 und 37 Kärntner Objektivierungsgesetz durch die diesen Kommissionen eingeräumte Möglichkeit der Abberufung eines Landesbediensteten von einer Leitungsfunktion wesentlichere Aufgaben, welchen ein zentralerer Stellenwert als den Zuständigkeiten der Disziplinar- und Leistungsfeststellungskommissionen nach dem BDG 1979 im Rahmen der Diensthoheit zukommt, eingeräumt werden, kann diese Ansicht aus der Sicht der Kärntner Landesregierung nicht geteilt werden. In den Fällen des zweiten negativen Leistungsfeststellungsbescheides nach §22 BDG 1979 und des Disziplinarerkenntnisses der Entlassung geht es um das Ausscheiden des Bediensteten aus dem Dienstverhältnis, wohingegen die negative Beurteilung der Verwendung in einer Leitungsfunktion nach §24 Abs2 Kärntner Objektivierungsgesetz nur zur Abberufung aus dieser Leitungsfunktion, nicht aber zum Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis führt. Das Dienstverhältnis zum Land Kärnten bleibt weiterhin bestehen.

Eine historische Betrachtung des Dienstrechts der Bundesbeamten zeigt überdies, daß bereits im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Art21 Abs2 B-VG auf einfachgesetzlicher Ebene Befugnisse von Leistungsfeststellungskommissionen bestanden haben, die weit über die Befugnisse der Kommissionen nach §§21 und 37 Kärntner Objektivierungsgesetz hinausgehen.

Im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Bundesverfassung (10. November 1920) war das Dienstrecht der Bundesbeamten durch die Dienstpragmatik (DP), RGBl. Nr. 15/1914, geregelt:

Die §§14f leg. cit. regelten die 'Qualifikation' der Beamten.

Bei den Dienststellen waren Qualifikationskommissionen einzusetzen, welche die Qualifikation der Beamten, allenfalls nach Prüfung eines Berichtes des Vorgesetzten, zu bestimmen hatten.

Bei der Bestimmung der Qualifikation waren neben fachlicher Ausbildung, Fähigkeiten, Fleiß, erfolgreicher Verwendung etc. bei Beamten, die sich auf leitenden Dienstposten befanden, auch die Eignung hierzu zu berücksichtigen. Die Gesamtbeurteilung hatte auf

* ausgezeichnet,

* sehr gut,

* gut,

* minder entsprechend

oder

* nicht entsprechend

zu lauten.

§19 DP legte fest, daß die Mitglieder der Qualifikationskommission 'bei Ausübung ihrer Funktion strenge Gewissenhaftigkeit und Unparteilichkeit zu beobachten' hatten. Wenn die Gesamtbeurteilung nicht mindestens auf 'gut' lautete, hatte der Beamte die Möglichkeit, gegen die Qualifikation der Qualifikationskommission Beschwerde zu erheben, über welche die Qualifikationskommission der Zentralstelle zu entscheiden hatte.

Neben besoldungsrechtlichen Folgen der Qualifikation legte §80 DP eine wichtige Rechtsfolge der Qualifikation fest:

'§80

Ein Beamter ist von Amts wegen in den dauernden

Ruhestand zu versetzen, wenn die Gesamtbeurteilung seiner Qualifikation durch drei aufeinanderfolgende Jahre 'nicht entsprechend' gelautet hat ...'

Die historische Betrachtungsweise führt zu der Schlußfolgerung, daß bereits im Zeitpunkt der Entstehung der Bundesverfassung wesentliche Bereiche der Diensthoheit nicht unter Weisung 'oberster Organe' ausgeübt wurden, sondern bereits damals wichtige Dienstgeberbefugnisse (Ausscheiden aus dem aktiven Dienstverhältnis und Versetzung in den dauernden Ruhestand wegen mangelndem Leistungserfolg) unabhängigen Kommissionen übertragen worden waren.

Im Erkenntnis 3096/1956 prüfte der Verfassungsgerichtshof, ob die Einrichtung unabhängiger Disziplinarkommissionen nach §101 Abs4 DP, gegen deren Entscheidungen keine Rechtsmittel zur Verfügung standen, mit den verfassungsrechtlichen Bestimmungen, welche den Leitungsauftrag der obersten Organe festlegen (Art20, 69, 101 B-VG), vereinbar sei. Bedenken, daß diese Vorschriften gegen Art21 Abs3 B-VG verstießen, wurden vom Verfassungsgerichtshof nicht geäußert.

Der Verfassungsgerichtshof kam zu dem Ergebnis, daß die bundesverfassungsrechtlichen Bestimmungen

'... Disziplinarbehörden über Bundesangestellte voraussetzen, somit die von der DP geschaffenen Disziplinarbehörden. Der Verfassungsgesetzgeber hat somit bei seiner speziellen Regelung vorbehaltlos an die von ihm vorgefundene Gesetzeslage angeknüpft; die Annahme, daß diese verfassungswidrig wäre, würde einen inneren Widerspruch bedeuten.'

Dieses Erkenntnis läßt den Schluß zu, daß der Verfassungsgesetzgeber des Jahres 1920 auch eine Rechtslage vorgefunden hat, wonach wesentliche unter den Begriff der 'Diensthoheit' zu subsumierende Aufgaben an unabhängige Qualifikationskommissionen übertragen worden waren. Der Verfassungsgesetzgeber scheint an diese vorgefundene Rechtslage angeknüpft und diese Rechtslage für verfassungskonform mit den Bestimmungen der Art20, 21 Abs2 (heute Abs3), 69 und 101 B-VG befunden zu haben

Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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