TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/20 W265 2205799-1

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Veröffentlicht am 20.09.2018
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Entscheidungsdatum

20.09.2018

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §59 Abs4

Spruch

W265 2205799-1/5E

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Karin RETTENHABER-LAGLER über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen Spruchpunkt VI. des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX , zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird - soweit sie sich gegen Spruchpunkt VI.

(Aberkennung der aufschiebenden Wirkung) des Bescheides richtet - als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 24.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz und wurde am 26.05.2015 im Rahmen der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu seinen Fluchtgründen befragt. Nach der Einvernahme des Beschwerdeführers am 09.08.2018 erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Oberösterreich - Außenstelle Linz (im Folgenden BFA oder belangte Behörde) am XXXX den nunmehr angefochtenen Bescheid, mit dem der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen wurde. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 wurde dem Beschwerdeführer nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gegen ihn wurde gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG 2005 erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Absatz 9 FPG 2005 stellte die belangte Behörde fest, dass seine Abschiebung gemäß § 46 FPG 2005 nach Afghanistan zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wurde gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG aberkannt (Spruchpunkt VI.). In Spruchpunkt VII. sprach die Behörde aus, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. Im Spruchpunkt VIII. sprach die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG 2005 das Recht auf Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 16.05.2017 (wohl gemeint: XXXX ) verloren habe und erließ in Spruchpunkt IX. ein auf die Dauer von 7 Jahren befristetes Einreiseverbot.

Die Abweisung des Status eines Asylberechtigten begründete die belangte Behörde im Wesentlichen damit, im gegenständlichen Fall sei eine glaubhafte aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Gründe nicht gegeben.

Die Abweisung des Status des subsidiär Schutzberechtigten ließe sich damit begründen, dass sich der Beschwerdeführer im erwerbsfähigen Alter befinde. Er sei mit den kulturellen Gepflogenheiten in seinem Herkunftsstaat vertraut, da er den überwiegenden Teil seines Lebens in Afghanistan verbracht habe. Des Weiteren verfüge er über eine 8-jährige Schulbildung und Berufserfahrung als Schneider. Diese könnten dem Beschwerdeführer im Fall einer Ansiedlung in Balkh von Nutzen sein, um damit auch die grundlegendsten Bedürfnisse abdecken zu können. Seine Eltern und Geschwister würden in Afghanistan leben. Eine Unterstützung durch diese könne angenommen werden, da seine Familie Besitztümer in Afghanistan habe. Es lägen keine Hinweise auf das Vorliegen eines Sachverhalts vor, der die Gewährung von subsidiärem Schutz rechtfertigen würde. Auch die Erlassung einer Rückkehrentscheidung sei gerechtfertigt, wobei die belangte Behörde in die Interessenabwägung besonders einfließen ließ, dass der Beschwerdeführer mehrfach straffällig und rechtskräftig verurteilt worden ist. Das Einreiseverbot begründete die belangte Behörde im Wesentlichen ebenfalls mit der mehrfachen rechtskräftigen Verurteilung. Aufgrund der Schwere des Fehlverhaltens sei unter Bedachtnahme auf das Gesamtverhalten des Beschwerdeführers davon auszugehen, dass er eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle. Auch eine Verletzung von Art. 8 EMRK liege nicht vor. Zur Aberkennung der aufschiebenden Wirkung führte die belangte Behörde aus, dass der Beschwerdeführer keiner realen Gefahr einer Menschenrechtsverletzung bei Rückkehr nach Afghanistan ausgesetzt sei. Angesichts der mehrfachen Straffälligkeit und rechtskräftigen Verurteilungen rechtfertigten schwerwiegende Gründe die Annahme, dass der Beschwerdeführer eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstelle. Der Verlust des Aufenthaltsrechtes gründe sich auf die Verurteilung vom 16.05.2017 wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften (§ 27 Abs. 2a SMG).

2. Gleichzeitig mit der Erlassung des angefochtenen Bescheides gab die Behörde dem Beschwerdeführer einen Rechtsberater für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht bei.

3. Mit der dem Bundesverwaltungsgericht am 19.09.2018 (Datum des Einlangens) zur Entscheidung vorgelegten Beschwerde bekämpft der Beschwerdeführer den angefochtenen Bescheid im vollen Umfang und führt u.a. aus, die belangte Behörde halte sein Vorbringen für nicht glaubwürdig, da er nur vage und oberflächlich erzählt habe und keine Beweismittel vorgelegt habe. Er wolle anmerken, dass er minderjährig gewesen sei als sich die Geschehnisse zugetragen hätten. Es sei durchaus nachvollziehbar, dass er sich nicht an alles genau erinnern könne und als Kind nicht alles wahrgenommen habe. Die Behörde verkenne daher, dass ihm und seinem Vater durch die Tätigkeit für das afghanische Militär seitens der Taliban eine Unterstützung der afghanischen Regierung bzw. eine oppositionelle Gesinnung unterstellt werde. Insofern liege sehr wohl eine Verfolgung aus GFK relevanten Gründen vor; der afghanische Staat sei nicht in der Lage mich ausreichend davor zu schützen. Des Weiteren wurde in der Beschwerde auf die prekäre Sicherheitslage in Afghanistan hingewiesen. Das siebenjährige Verbot zur Einreise in das gesamte Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten sei seiner Ansicht nach ungerechtfertigt und unverhältnismäßig hoch bemessen.

4. Mit Urteil des XXXX vom XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1. Und 2. Fall, Abs. 2a 2. Fall SMG, des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach § 27 Abs. 1 Z 1 1. Und 2. Fall, Abs. 2 SMG und des Vergehens der versuchten falschen Beweisaussage als Bestimmungstäter nach §§ 12 2. Fall, 15 Abs. 1, 288 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt.

Aufgrund dieser Verurteilung ist der Beschwerdeführer nunmehr in Strafhaft in der XXXX , wo laut Auskunft dieser Justizanstalt der Beschwerdeführer zu einer bis 26.04.2019 unbedingten Strafe verurteilt worden sei. Die Stichtage für eine bedingte Entlassung seien der 11.12.2018 und 26.01.2019, beide Termine seien noch offen. Diese Entscheidung obliege dem zuständigen Richter.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der Beschwerdeführer führt den im Spruch genannten Namen, ist im Entscheidungszeitpunkt volljährig und afghanischer Staatsangehöriger. Er wurde in Ghazni geboren und lebte bis zum Zeitpunkt seiner Ausreise im Jahr 2015 in seinem Heimatdorf in Afghanistan. Vor seiner Weiterreise nach Europa hielt sich der Beschwerdeführer zwei Monate im Iran auf.

Der Beschwerdeführer stellte am 24.05.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Der Beschwerdeführer ist mehrfach rechtskräftig verurteilt:

Er wurde mit Urteil des XXXX zu Zl. XXXX vom XXXX wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften gemäß § 27 Abs. 2a SMG zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwei Monaten (Jugendstraftat) verurteilt. Die Probezeit wurde mit 3 Jahren bemessen.

Der Beschwerdeführer wurde weiters mit XXXX zu Zl. XXXX vom XXXX wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1 und 143 Abs. 1 2. Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten, davon zehn Monate bedingt, verurteilt (Jugendstraftat). Die Probezeit wurde mit 3 Jahren bemessen und die Probezeit des bedingten Strafteils zu Zl. XXXX auf 5 Jahre verlängert.

Am XXXX wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des XXXX zu Zl. XXXX wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach §§ 15 Abs. 1, 107 Abs. 1 StGB schuldig gesprochen (Jugendstraftat). Unter Bedachtnahme auf das Urteil des XXXX vom XXXX wurde von einer Zusatzstrafe abgesehen.

Zuletzt wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des XXXX am XXXX zu Zl. XXXX erneut wegen des Vergehens des unerlaubten Umgangs mit Suchtgiften nach §§ 27 Abs. 1 Z 1 1. Fall, 27 Abs. 1 Z 1 2. Fall, 27 Abs. 2a 2. Fall SMG und wegen des Vergehens der versuchten falschen Beweisaussage als Bestimmungstäter gemäß § 12 2. Fall, § 15 StGB, § 288 Abs. 1 StGB und zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten (unbedingt) verurteilt (Junger Erwachsener).

1.3. Der Beschwerdeführer befindet sich aktuell und planmäßig bis 26.04.2019 in Straf(Haft). Für eine bedingte Entlassung aus der Strafhaft könnten die Stichtage 11.12.2018 oder 26.01.2019 vorgesehen werden. Beide Termine stehen noch offen; die Entscheidung für eine bedingte Entlassung wird vom (zuständigen) Richter getroffen. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde, liegen im entscheidungsrelevanten Zeitpunkt mangels der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung wegen Anhaltung in Strafhaft nicht vor.

2. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen zu Namen, Staatsangehörigkeit, Herkunft und Volljährigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen Angaben bei der Erstbefragung und der Einvernahme im Asylverfahren.

Dass der Beschwerdeführer am 24.05.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich gestellt hat, ist aktenkundig.

Die Feststellungen zu den rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers ergeben sich aus einem aktuell vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auszug aus dem Strafregister.

Die Feststellung über die im Entscheidungszeitpunkt aufrechte Haft des Beschwerdeführers planmäßig bis 11.12.2018 oder 26.01.2019 und dass damit die Voraussetzungen für die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG mangels der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung wegen seiner Anhaltung in Strafhaft nicht gegeben sind, ergeben sich aus den oa. Urteilen des XXXX und der telefonischen Auskunft der XXXX . Zweifel an diesen eindeutigen Angaben sind beim Gericht nicht entstanden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Derartige Regelungen kommen für das vorliegende Verfahren nicht zur Anwendung, weshalb es der Einzelrichterzuständigkeit unterliegt.

Zu A)

3.1. Die im vorliegenden Zusammenhang maßgebliche Bestimmung des § 18 BFA-VG lautet wie folgt:

"Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde

§ 18. (1) Einer Beschwerde gegen eine abweisende Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz kann das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkennen, wenn

1. der Asylwerber aus einem sicheren Herkunftsstaat (§ 19) stammt,

2. schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt,

3. der Asylwerber das Bundesamt über seine wahre Identität, seine Staatsangehörigkeit oder die Echtheit seiner Dokumente trotz Belehrung über die Folgen zu täuschen versucht hat,

4. der Asylwerber Verfolgungsgründe nicht vorgebracht hat,

5. das Vorbringen des Asylwerbers zu seiner Bedrohungssituation offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht,

6. gegen den Asylwerber vor Stellung des Antrags auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Rückkehrentscheidung, eine durchsetzbare Ausweisung oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot erlassen worden ist, oder

7. der Asylwerber sich weigert, trotz Verpflichtung seine Fingerabdrücke abnehmen zu lassen.

Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt, so ist Abs. 2 auf diese Fälle nicht anwendbar. Hat das Bundesamt die aufschiebende Wirkung aberkannt, gilt dies als Aberkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde gegen eine mit der abweisenden Entscheidung über einen Antrag auf internationalen Schutz verbundenen Rückkehrentscheidung.

(2) Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist vom Bundesamt abzuerkennen, wenn

1. die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist,

2. der Drittstaatsangehörige einem Einreiseverbot zuwider in das Bundesgebiet zurückgekehrt ist oder

3. Fluchtgefahr besteht.

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

(4) Der Beschwerde gegen eine Ausweisung gemäß § 66 FPG darf die aufschiebende Wirkung nicht aberkannt werden.

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.

(6) Ein Ablauf der Frist nach Abs. 5 steht der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen.

(7) Die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG sind in den Fällen der Abs. 1 bis 6 nicht anwendbar."

3.2. Der Gesetzgeber novellierte § 18 BFA-VG zuletzt mit BGBl. I Nr. 145/2017 entsprechend der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, die zum Regelungsregime der aufschiebenden Wirkung in Asylrechtssachen gemäß dieser Bestimmung (in der vorangehenden Fassung) ergangen war:

In seinem Erkenntnis vom 20.09.2017, Ra 2017/19/0284 mwN, hielt der Verwaltungsgerichtshof hierzu fest, dass das Bundesverwaltungsgericht gemäß § 18 Abs. 5 erster Satz BFA-VG idF BGBl. I Nr. 70/2015 der Beschwerde die aufschiebende Wirkung unter den dort genannten Voraussetzungen zuzuerkennen habe. Ein gesonderter Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sei in § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht vorgesehen. Im Rahmen des § 18 BFA-VG könne sich ein Beschwerdeführer in seiner Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht gegen den Ausspruch des BFA über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 18 Abs. 1 BFA-VG wenden. § 18 Abs. 5 BFA-VG sei - als lex specialis zu § 13 Abs. 5 VwGVG - nur so zu lesen, dass das Bundesverwaltungsgericht über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 BFA-VG idF BGBl. I Nr. 70/2015 (bzw. gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde zu entscheiden habe. Neben diesem Rechtsschutz im Beschwerdeverfahren sei ein eigenes Provisorialverfahren betreffend eine Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG allerdings gesetzlich nicht vorgesehen und es könne dem Gesetzgeber auch nicht unterstellt werden, er habe im Hinblick auf die Frage der aufschiebenden Wirkung einen doppelgleisigen Rechtsschutz schaffen wollen. Ein (zusätzlicher) Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 5 BFA-VG sei somit unzulässig. Schließlich hielt der Verwaltungsgerichtshof auch fest, dass eine Entscheidung über den die aufschiebende Wirkung aberkennenden Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu erfolgen habe (vgl. auch VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

3.3. Für die vorliegende Beschwerdesache bedeutet dies Folgendes:

Der Beschwerdeführer stellte u.a. den Antrag, seiner Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Aus den Ausführungen und dem Aufbau der Beschwerde geht jedoch hervor, dass es sich dabei nicht um einen gesonderten Antrag handelt, der nach der dargestellten Rechtsprechungslinie des Verwaltungsgerichtshofes zurückzuweisen wäre; vielmehr wendet sich der Beschwerdeführer explizit gegen Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides des BFA und die darin verfügte Aberkennung der aufschiebenden Wirkung und führt in der Beschwerde explizit Gründe für das Vorliegen einer realen Gefahr und ernsthaften Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit aus. Das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr in Abspruch über die Beschwerde gegen diesen Spruchpunkt darüber zu entscheiden, ob die geltend gemachte Rechtsverletzung iSd § 18 Abs. 5 BFA-VG anzunehmen ist.

Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 Abs. 1 Z 1 BFA-VG ist - anders als jene nach § 18 Abs. 2 BFA-VG - nicht zwingend, sondern sie setzt eine Abwägung der für und gegen die zu treffende Anordnung sprechenden Interessen voraus (VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146). Ob schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass der Asylwerber eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung darstellt, erfordert eine Gefährdungsprognose, wobei das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen ist. Auch im Fall von jugendlichen Straftätern ist nicht ausgeschlossen, dass die Verurteilung wegen einer Jugendstraftat im Verfahren berücksichtigt wird, wenn die Bedachtnahme auf diese strafrechtliche Verurteilung als Teil einer Gesamtbeurteilung des Verhaltens dieser Person im Rahmen einer Gefährdungsprognose erfolgt (vgl. VwGH 23.01.2018, Ra 2017/18/0246).

Die belangte Behörde hat mit Spruchpunkt VI. des angefochtenen Bescheides gemäß § 18 Abs. 1 Z 2 BFA-VG der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt. Angesichts der mehrfachen Straffälligkeit und rechtskräftigen Verurteilungen wegen Straftaten, die in kurzen Abständen folgten, schließt sich auch das Bundesverwaltungsgericht dieser Auffassung an. Insbesondere ist im Beschwerdefall darauf Bedacht zu nehmen, dass frühere gerichtliche Verurteilungen den Beschwerdeführer offenbar nicht abgehalten haben, weitere gleichartige gewerbsmäßige Eigentums- und Drogendelikte zu setzen, und frühere Verurteilungen eine neuerliche Straffälligkeit des Beschwerdeführers nicht verhindern konnte. Auch hat das öffentliche Interesse an der Unterbindung der Suchtgiftkriminalität einen sehr großen Stellenwert (vgl. VwGH 24.02.2011, 2009/21/0387). Im Übrigen ist auf die mit der Suchtgiftkriminalität im Allgemeinen verbundene große Wiederholungsgefahr hinzuweisen, von der auch im vorliegenden Fall angesichts der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers in Verbindung mit dem in der Vergangenheit gezeigten Verhalten auszugehen ist. Allfälliger eigener Drogenkonsum und ein dadurch gegebener zusätzlicher finanzieller Bedarf tragen nur zur Bestärkung dieser Prognosebeurteilung bei (vgl. VwGH 08.09.2005, 2005/21/0047; 27.01.2004, 2003/21/0221).

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Verbringung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Das Verwaltungsgericht hat von der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt seiner Entscheidung auszugehen: Ob bei geänderter Sachlage im Laufe des anhängigen Beschwerdeverfahrens eine nochmalige Entscheidung über die aufschiebende Wirkung in Betracht kommt, muss hier nicht abschließend erörtert werden (§ 18 BFA-VG regelt diesen Fall nicht spezifisch, was - auch im Lichte von Art. 136 B-VG - dafür spricht, dass in diesem von § 18 BFA-VG inhaltlich ungeregelten Bereich § 22 VwGVG anwendbar bleibt).

Bei der im Entscheidungszeitpunkt gegebenen Sach- und Rechtslage ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer seit 26.07.2018 in Untersuchungshaft ist und sich nunmehr in Strafhaft bis 26.04.2019 befindet; planmäßig ist eine bedingte Entlassung aus der Strafhaft am 11.12.2018 oder am 26.01.2019 möglich.

Gemäß § 59 Abs. 4 FPG 2005 ist der Eintritt der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde. Zum derzeitigen Zeitpunkt drohen die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Umstände (potentielle Verletzung von Rechten im Fall der Rückführung) nicht in absehbarer Zeit. Schon aus diesem Grund kommt eine Abänderung des Abspruchs über die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung derzeit nicht in Betracht.

Diese Entscheidung war unverzüglich ohne weiteres Verfahren und daher unter Abstandnahme von der mündlichen Verhandlung zu treffen (VwGH 09.06.2015, Ra 2015/08/0049).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung (vgl. VwGH 28.04.2015, Ra 2014/18/0146; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014, VwGH 23.01.2018, Ra 2017/18/0246, VwGH 20.09.2017, Ra 2017/19/0284); weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Außerdem ist die Entscheidung über Zuerkennung bzw. Aberkennung der aufschiebenden Wirkung idR das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung, die, wenn sie in vertretbarer Weise im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen wird, als einzelfallbezogene Beurteilung im Allgemeinen nicht revisibel ist (vgl. VwGH 09.06.2015, Ra 2015/08/0049).

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall, Interessenabwägung, Strafhaft,
Suchtmitteldelikt

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W265.2205799.1.00

Zuletzt aktualisiert am

26.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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