TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/15 97/19/1101

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 15.10.1999
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

ZustG §17;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Zens und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des 1964 geborenen ÜG in Wien, vertreten durch Dr. G, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 11. April 1997, Zl. 120.782/3-III/11/97, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit des Aufenthaltsgesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, welcher zuletzt über eine Aufenthaltsbewilligung mit Gültigkeit vom 24. Juni 1995 bis 1. April 1996 verfügte, beantragte am 23. Februar 1996 (eingelangt bei der Aufenthaltsbehörde erster Instanz am 26. Februar 1996) die Verlängerung seiner Aufenthaltsbewilligung.

Der Landeshauptmann von Wien wies mit Bescheid vom 3. September 1996 den Antrag gemäß § 5 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) in Verbindung mit § 10 Abs. 1 Z 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) ab. Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer nach einem erfolglosen Zustellversuch am 17. September 1996 an der von ihm im Antrag bezeichneten Abgabestelle durch Hinterlegung zugestellt; Beginn der Abholfrist war der 18. September 1996.

Mit Schriftsatz vom 14. Oktober 1996 beantragte der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und erhob unter einem Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 3. September 1996. Im Antrag auf Wiedereinsetzung führte er aus, bei einer näher bezeichneten Baufirma beschäftigt zu sein, welche in Pfaffstätten eine Baustelle habe. Er habe sich am 5. September 1996 bei dieser Baustelle eingefunden, um dort als Bauarbeiter zu arbeiten und sei erst am 5. Oktober 1996 von seinem Arbeitseinsatz wieder zurückgekehrt. Er sei in der Zwischenzeit nicht in Wien gewesen, er habe in Pfaffstätten übernachtet, weil die Baufirma dort Firmenkontainer eingerichtet habe, damit die Arbeiter übernachten könnten. Als er am 5. Oktober 1996 am Abend nach Hause gekommen sei, habe ihm seine Gattin mitgeteilt, dass für ihn eine Hinterlegungsanzeige hinterlegt worden sei; er habe sich sodann das Schriftstück am darauf folgenden Montag vom Postamt abgeholt. Daraus ergebe sich, dass das gegenständliche Poststück während seiner Ortsabwesenheit hinterlegt worden sei; die Hinterlegung sei daher unzulässig gewesen. Die Rechtsmittelfrist beginne an jenem Tag zu laufen, an dem er das Poststück tatsächlich ausgefolgt erhalten habe; dies sei der 7. Oktober 1996 gewesen. Für den Fall der Versäumung der Berufungsfrist durch die erst am 7. Oktober 1996 erfolgte Behebung des Poststückes müsse man ihm die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen den Ablauf der Berufungsfrist bewilligen, zumal ihn an der Versäumung dieser Frist kein Verschulden treffe, da das gegenständliche Schriftstück während seiner Ortsabwesenheit hinterlegt worden sei. In der unter einem eingebrachten Berufung bestritt der Beschwerdeführer die entscheidungswesentliche Annahme der Behörde erster Instanz, er sei eine Scheinehe eingegangen und verwies auf Art. 6 Abs. 1 des Assoziationsratsbeschlusses EWG-Türkei Nr. 1/80.

Der Landeshauptmann von Wien wies mit Bescheid vom 12. Dezember 1996 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs. 1 AVG mit der Begründung ab, dass nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers der Bescheid erster Instanz nicht bzw. nicht rechtmäßig zugestellt worden sei, weil nach den Behauptungen des Beschwerdeführers ein Zustellmangel vorliege, weshalb die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht der zum Ziel führende Rechtsbehelf sei, zumal mangels des Beginnes des Laufes der Berufungsfrist keine Frist versäumt werden könne.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 3. September 1996, mit dem sein Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung abgewiesen wurde, gemäß § 66 Abs. 4 AVG zurückgewiesen. Die Berufungsbehörde stellte fest, der Bauleiter der vom Beschwerdeführer genannten Baufirma habe am 17. März 1997 angegeben, dass der Beschwerdeführer bei dieser Firma vom 24. Juli 1996 bis 2. Oktober 1996 beschäftigt gewesen sei. Laut den Aufzeichnungen des Bauleiters sei der Beschwerdeführer immer auf einer näher bezeichneten Baustelle im 7. Wiener Gemeindebezirk tätig gewesen. In der Zeit vom 18. September 1996 bis 22. September 1996 sei der Beschwerdeführer im Krankenstand gewesen. Sohin seien die Angaben des Beschwerdeführers reine Schein- und Schutzbehauptungen und sei der Bescheid der Erstbehörde am 18. September 1996 durch Hinterlegung rechtskräftig zugestellt worden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

Vorauszuschicken ist, dass es sich beim angefochtenen Bescheid nicht um einen solchen handelt, mit dem die Verlängerung der Aufenthaltsbewilligung versagt wurde, sondern um die Zurückweisung einer verspäteten Berufung. Deshalb liegt - im Gegensatz zur Ansicht der Behörde erster Instanz - kein Anwendungsfall des § 113 Abs. 6 und 7 des Fremdengesetzes 1997 vor.

Aus diesem Grund ist im gegenständlichen Fall auch nicht zu prüfen, ob die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung zu Recht erfolgte oder nicht; Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist vielmehr - was der Beschwerdeführer verkennt - allein die Prüfung der Rechtmäßigkeit der Zurückweisung der Berufung wegen Verspätung.

Im vorliegenden Fall hatte der Beschwerdeführer hinsichtlich seines Aufenthaltes im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides erster Instanz (18. September 1996) vorgebracht, er habe sich von 5. September 1996 bis 5. Oktober 1996 in Pfaffstätten aufgehalten. Die belangte Behörde führte diesbezüglich ein Ermittlungsverfahren durch, in dem sie den Bauleiter der vom Beschwerdeführer als Arbeitgeber genannten Baufirma befragte und brachte in Erfahrung, dass - nach den Angaben des Bauleiters - der Beschwerdeführer in diesem Zeitraum an einer Baustelle in Wien gearbeitet habe. Dieses Ergebnis des Ermittlungsverfahrens hielt die belangte Behörde dem Beschwerdeführer aber ebenso wenig vor, wie den weiters in Erfahrung gebrachten Umstand, dass sich der Beschwerdeführer vom

18. bis 22. September 1996 in Krankenstand befunden habe. Dadurch verletzte sie das Recht des Beschwerdeführers auf Parteiengehör.

Eine Verletzung von Verfahrensvorschriften führt jedoch nicht auf jeden Fall zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, sondern nur dann, wenn der Verfahrensmangel im zu prüfenden Fall von Einfluss auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides sein konnte. Es obliegt der beschwerdeführenden Partei, in der Beschwerde konkret darzutun, inwiefern die belangte Behörde bei Einhaltung der verletzten Verfahrensvorschriften (im gegenständlichen Fall: des Rechtes auf Parteiengehör) zu einem anderen Bescheid hätte kommen können.

Dies ist dem Beschwerdeführer mit seinem Vorbringen, das sich in der Behauptung erschöpft, er habe sich "bei der angeblichen Zustellung nicht an der Abgabestelle aufgehalten und die Zustellung durch Hinterlegung konnte daher nicht rechtswirksam werden", nicht gelungen. Nach dem diesbezüglich mängelfreien Rückschein wurde der Bescheid der Behörde erster Instanz nach einem erfolglosen Zustellversuch beim zuständigen Postamt hinterlegt. Gemäß § 17 Abs. 1 Zustellgesetz (ZustG) entspricht gerade diese Form der Zustellung nur dann dem Gesetz, wenn die Sendung an der Abgabestelle infolge Abwesenheit des Beschwerdeführers nicht zugestellt werden kann, weshalb mit der Behauptung, der Beschwerdeführer habe sich im Zeitpunkt der Zustellung nicht an der Abgabestelle aufgehalten, keine Rechtswidrigkeit der Zustellung dargetan wird.

Dass sich der Beschwerdeführer aber nicht regelmäßig an der Abgabestelle aufgehalten hätte und damit die Voraussetzung des § 17 Abs. 1 ZustG für eine rechtswirksame Hinterlegung nicht erfüllt wäre, wird vom Beschwerdeführer mit der oben wiedergegebenen allgemeinen Behauptung in der Beschwerde nicht dargetan. Insbesondere bestreitet er in seiner Beschwerde auch die Feststellungen der belangten Behörde mit keinem Wort, wonach er sich im fraglichen Zeitraum nicht in Pfaffstätten, sondern in Wien aufgehalten habe. Ebenso wenig erfolgt eine Auseinandersetzung mit den von der belangten Behörde für ihre Annahme ins Treffen geführten Argumenten.

War der Beschwerdeführer aber im Sinn des § 17 Abs. 1 ZustG regelmäßig an der Abgabestelle aufhältig und konnte die Sendung - wegen Abwesenheit des Beschwerdeführers von der Abgabestelle - nicht zugestellt werden, so erfolgte die gemäß § 17 Abs. 1 ZustG vorgenommene Hinterlegung der Postsendung zu Recht. Gemäß § 17 Abs. 3 leg. cit. galt die hinterlegte Sendung somit mit dem ersten Tag, an dem sie zur Abholung bereit war, das war der 18. September 1996, als zugestellt. Es kann der belangten Behörde daher nicht entgegen getreten werden, wenn sie die am 14. Oktober 1996 zur Post gegebene Berufung als verspätet eingebracht ansah und zurückwies.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. Oktober 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1997191101.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten