TE Bvwg Erkenntnis 2018/9/24 W227 2205956-1

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Veröffentlicht am 24.09.2018
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Entscheidungsdatum

24.09.2018

Norm

AVG §33 Abs3
AVG §33 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
SchPflG 1985 §11 Abs1
SchPflG 1985 §11 Abs3
SchPflG 1985 §5
Schulzeitgesetz 1985 §2 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W227 2205956-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. Karin WINTER über die Be-schwerde von XXXX , Erziehungsberechtigte des am XXXX geborenen XXXX , gegen den Bescheid des Stadtschulrates für Wien vom 5. September 2018, Zl. 003. 103/0074-PAEXT/2018, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE

I. Verfahrensgang

1. Mit am 3. September 2018 beim Stadtschulrat für Wien eingelangten Schreiben (zur Post gegebenen am 31. August 2018) zeigte die Beschwerdeführerin die Teilnahme ihres schulpflichtigen Sohnes am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht (einer Montessori Schule) für das Schuljahr 2018/2019 an.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid sprach der Stadtschulrat für Wien aus, dass die Teilnahme des Sohnes der Beschwerdeführerin am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht im Schuljahr 2018/2019 gemäß § 11 Abs. 3 Schulpflichtgesetz (SchPflG) wegen verspäteter Anzeige untersagt werde (Spruchteil 1.), ihr Sohn seine Schulpflicht im Schuljahr 2018/2019 an einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatten Schule gemäß § 5 Abs. 1 SchPflG zu erfüllen habe (Spruchteil 2.), die Beschwerdeführerin gemäß § 24 Abs. 1 SchPflG verpflichtet sei, im Schuljahr 2018/2019 für die Erfüllung der Schulpflicht ihres Sohnes an einer öffentlichen oder mit dem Öffentlichkeitsrecht ausgestatteten Schule i. S.d. § 5 leg. cit. zu sorgen habe (Spruchteil 3.) und eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde keine aufschiebende Wirkung habe (Spruchteil 4.).

Begründend führte der Stadtschulrat für Wien im Wesentlichen aus, die Beschwerdeführerin habe die Teilnahme ihres Sohnes am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht erst nach Beginn des Schuljahres und damit verspätet angezeigt. Da ein großes öffentliches Interesse an der ausreichenden Beschulung von Kindern mit dauerndem Aufenthalt in Österreich bestehe, sei die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde auszuschließen.

3. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin fristgerecht die vorliegende Beschwerde. Begründend führte sie im Wesentlichen Folgendes aus:

Sie habe am 31. August 2018 die Anzeige der Teilnahme ihres Sohnes am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht dem Stadtschulrat für Wien eingeschrieben zukommen lassen. Sowohl seitens des Stadtschulrates für Wien als auch seitens der Privatschule sei ihr zugesichert worden, dass dies ausreiche. Ansonsten hätte sie keine Mühe gescheut, dem Stadtschulrat für Wien persönlich die Anzeige vorbei zu bringen. Die Montessori Schule sei die beste Schulwahl für ihren Sohn; bei ihm liege eine Autismus-Spektrum-Störung vor, weshalb er soziale Schwierigkeiten habe, sich anzupassen und einzugliedern.

4. Am 19. September 2018 legte der Stadtschulrat für Wien die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der Sohn der Beschwerdeführerin ist am XXXX geboren und hält sich in Österreich dauernd auf.

Mit am 31. August 2018 zur Post gegebenen Schreiben zeigte die Beschwerdeführerin die Teilnahme ihres Sohnes am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht (einer Montessori Schule, der noch nicht das Öffentlichkeitsrecht verliehen wurde) für das Schuljahr 2018/2019 an.

Diese Anzeige langte am 3. September 2018 beim Stadtschulrat für Wien ein.

2. Beweiswürdigung

Die Feststellungen ergeben sich aus dem unstrittigen Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde (Spruchpunkt A)

3.1.1. Gemäß § 1 Abs. 1 SchPflG besteht für alle Kinder, die sich in Österreich dauernd aufhalten, allgemeine Schulpflicht nach Maßgabe dieses Abschnittes. Gemäß § 1 Abs. 2 SchPflG sind unter Kindern im Sinne dieses Bundesgesetzes Minderjährige zu verstehen, die nach Maßgabe dieses Abschnittes schulpflichtig oder zum Besuch einer allgemeinbildenden Pflichtschule berechtigt sind.

Gemäß § 2 SchPflG beginnt die allgemeine Schulpflicht mit dem auf die Vollendung des sechsten Lebensjahres folgenden 1. September. Gemäß § 3 SchPflG dauert die allgemeine Schulpflicht neun Schuljahre.

Gemäß § 5 Abs. 1 SchPflG ist die allgemeine Schulpflicht durch den Besuch von allgemein bildenden Pflichtschulen sowie von mittleren oder höheren Schulen (einschließlich der land- und forstwirtschaftlichen Fachschulen und der höheren land- und forstwirtschaftlichen Lehranstalten) zu erfüllen.

Gemäß § 11 Abs. 1 SchPflG kann die allgemeine Schulpflicht auch durch die Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht erfüllt werden, sofern der Unterricht jenem an einer im § 5 genannten Schule mindestens gleichwertig ist.

Gemäß § 11 Abs. 3 SchPflG haben die Eltern oder sonstigen Erziehungsberechtigten die Teilnahme ihres Kindes an der Teilnahme am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht dem Landesschulrat jeweils vor Beginn des Schuljahres anzuzeigen. Der Landesschulrat kann die Teilnahme an einem solchen Unterricht innerhalb eines Monates ab dem Einlangen der Anzeige untersagen, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass die geforderte Gleichwertigkeit des Unterrichtes nicht gegeben ist.

Gemäß § 33 Abs. 3 AVG werden die Tage von der Übergabe an einen Zustelldienst im Sinne des § 2 Z 7 des Zustellgesetzes zur Übermittlung an die Behörde bis zum Einlangen bei dieser (Postlauf) in die Frist nicht eingerechnet.

Gemäß § 33 Abs. 4 AVG können durch Gesetz oder Verordnung festgesetzte Fristen, wenn nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist, nicht geändert werden.

3.1.2. Wie sich aus § 11 Abs. 3 SchPflG ergibt, ist die Teilnahme eines Kindes am häuslichen Unterricht für jedes neue Schuljahr dem Landesschulrat jeweils vor Beginn des Schuljahres anzuzeigen.

Bei der Frist im Sinne des § 11 Abs. 3 SchPflG handelt es sich um eine gesetzliche Frist, die von der Behörde nicht verändert - insbesondere nicht erstreckt - werden kann (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG I [2. Ausgabe 2014] § 33 Rz 11 mit zahlreichen Hinweisen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes). So gebietet es das Interesse der Schulverwaltung an einer entsprechenden organisatorischen Vorsorge, aber auch das Interesse des Kindes an einem geordneten Unterricht, die Teilnahme am häuslichen Unterricht zu einem möglichst frühen Zeitpunkt - spätestens allerdings noch vor Beginn des Schuljahres - dem Landesschulrat anzuzeigen. Dafür spricht auch, dass der Landesschulrat nur innerhalb eines Monates ab dem Einlangen der Anzeige die Teilnahme an einem solchen Unterricht bei Vorliegen der im Gesetz genannten Umstände untersagen kann. Eine verspätete Anzeige ist daher zurückzuweisen (vgl. Jonak/Kövesi, Das Österreichische Schulrecht, 14. Auflage 2015, FN 6a zu § 11 SchPflG mit Hinweis auf VwGH 28.09.1992, 92/10/0160; vgl. zusätzlich VwGH 20.6.1994, 94/10/0061).

Bei materiellrechtlichen Fristen kommt eine Einrechnung des Postlaufes nicht in Betracht (zur Nichtanwendung des § 33 Abs. 3 AVG auf materiellrechtliche Fristen vgl. etwa VwGH 23.02.2005, 2004/08/0267 m.w.N.).

3.1.3. Für den vorliegenden Fall bedeutet das Folgendes:

Der Sohn der Beschwerdeführerin ist am XXXX geboren und hält sich in Österreich dauernd auf. Er ist damit schulpflichtig i.S.d. § 1 SchPflG.

Im Bundesland Wien begann das Schuljahr 2018/2019 am 3. September 2018 (vgl. dazu § 2 Abs. 1 Schulzeitgesetz, wonach das Schuljahr im Bundesland Wien am ersten Montag im September beginnt).

Da es sich - wie oben ausgeführt - bei § 11 Abs. 3 SchPflG um eine materiellrechtliche Frist handelt, kommt eine Einrechnung des Postenlaufes nicht in Betracht.

Damit hätte die Anzeige der Beschwerdeführerin zur Teilnahme ihres schulpflichtigen Sohnes am Unterricht an einer Privatschule ohne Öffentlichkeitsrecht für das Schuljahr 2018/2019 spätestens am Freitag, dem 31. August 2018, beim Stadtschulrat für Wien einlangen müssen.

Diese Anzeige langte jedoch erst am 3. September 2018 beim Stadtschulrat für Wien ein.

Der Stadtschulrat für Wien ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass die Anzeige verspätet eingebracht wurde.

Zum Beschwerdevorbringen, wonach die Montessori Schule die beste Schulwahl für ihren Sohn sei, ist hinzuweisen, dass es auch Montessori Schulen gibt, denen bereits das Öffentlichkeitsrecht verliehen wurde; ihr Sohn könnte seine Schulpflicht im Schuljahr 2018/2019 daher an einer solchen nachkommen.

3.1.4. Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.

3.2. Zur Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B)

3.2.1. Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

3.2.2. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Dass § 11 Abs. 3 SchPflG eine materiellrechtliche Frist darstellt und bei materiellrechtlichen Fristen eine Einrechnung des Postlaufes nicht in Betracht kommt, entspricht der oben angeführten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes.

3.3. Es ist somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte

Anzeige, materiellrechtliche Frist, öffentliche Schule,
Öffentlichkeitsrecht, Privatschule, Schulbeginn, Schulbesuch,
Schuljahr, Stadtschulrat, verspätete Anzeige

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W227.2205956.1.00

Zuletzt aktualisiert am

21.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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