TE Bvwg Beschluss 2018/9/28 W221 2138477-2

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Veröffentlicht am 28.09.2018
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Entscheidungsdatum

28.09.2018

Norm

AVG §69 Abs1 Z2
B-VG Art.133 Abs4
GehG §81
GehG §82
GehG §82a
VwGVG §32 Abs1 Z2
VwGVG §32 Abs2

Spruch

W221 2138477-2/7E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht fasst durch die Richterin Mag. Daniela URBAN, LL.M. als Einzelrichterin über den Antrag des XXXX vom 21.03.2018 auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.03.2017, W106 2138477-1, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens, den Beschluss:

A)

Der Antrag wird gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

Der Antragsteller beantragte am 07.03.2016 die bescheidmäßige Feststellung seiner Schwerarbeitsmonate.

Mit Bescheid vom 24.08.2016 stellte die Landespolizeidirektion Tirol gemäß § 15b Abs. 1 bis 3 BDG 1979 fest, dass der Antragsteller zum 31.03.2016 keine Schwerarbeitsmonate aufweise.

In der Begründung führte die Behörde nach Wiedergabe der anzuwendenden Rechtslage aus, dass der Antragsteller im Zeitraum ab der Vollendung seines 40. Lebensjahres, vom 01.02.1999 bis 31.07.2002, keine Schwerarbeitszeiten aufzuweisen habe, da er während dieser Zeit eine Gefahrenzulage von 7,30% des Referenzbetrages, also weniger als 50%, bezogen habe, weshalb bis 31.07.2003 im Sinne des Erlasses vom 19.06.2007, BKA über die Versetzung in den Ruhestand bei Vorliegen von Schwerarbeitszeiten, die Feststellung von Schwerarbeitszeiten bei Bezug einer Gefahrenzulage von nur 7,3% nicht möglich sei. Erst ab 01.08.2002 habe der Antragsteller eine Gefahrenzulage vom 9,13% (= 50%) des Referenzbetrages bezogen. § 1 Z 4 der Schwerarbeitsverordnung BGBl II 105/2006 setze voraus, dass tatsächlich ein Außendienst im Ausmaß von mindestens 50% der monatlichen Dienstzeit (§ 47a BDG) verrichtet werde. Darüber hinaus müsse dieser Außendienst als wachespezifischer Außendienst zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit ausgeübt werden. Die Arbeitsplatzbeschreibung vom 19.04.2016 weise unter Punkt 7 zwar 50% Außendienst im sicherheitspolizeilichen Exekutivdienst/wachespezifischen Außendienst aus. Die geforderte Bestätigung, dass Schwerarbeitszeiten vorlägen, sei jedoch vom Vorgesetzten nicht unterfertigt worden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller rechtzeitig Beschwerde. Als Beschwerdegründe wurden Rechtswidrigkeit des Inhalts des bekämpften Bescheides sowie Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.03.2017, W106 2138477-1, wurde die dagegen fristgerecht eingebrachte Beschwerde nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgewiesen. Begründend wurde darin ausgeführt, dass nicht jeder Außendienst eines Exekutivbeamten gleichzeitig auch als ein wachespezifischer Außendienst im Verständnis der Schwerarbeitsverordnung BGBl. II 105/2006 zu werten sei. Wenn im Erlass des Bundeskanzleramtes vom 19.06.2007 als Anknüpfungspunkt der Bezug einer Vergütung für besondere Gefährdung nach § 82 Gehaltsgesetz 1956 (GehG 1956) oder die Vergütung für Erschwernisse im Nachtdienst nach den §§ 81 und 82a GehG 1956 genannt werde, werde damit zum Ausdruck gebracht, dass damit nur solche Tätigkeiten gemeint sein könnten, mit denen die typisch wachespezifischen Belastungen einhergingen. Dieses Verständnis erhelle auch aus den im Erlass des BKA beispielhaft angeführten Tätigkeiten in den Bereichen Unterkunftswesen, Interner Dienstbetrieb, Informationsmanagement, welche nicht als wachespezifisch zu betrachten seien. Daraus erschließe sich, dass zB gezielte Beratungs- oder Präventionstätigkeiten vor Ort oder die ständige Kontaktpflege mit Behörden, Ämtern, sonstigen Organisationen nicht als wachespezifisch einzustufen seien. Dem in der Arbeitsplatzbeschreibung angeführten Ausmaß des "wachspezifischen Außendienstes" komme bloß ein näher zu begründendes Indiz zu, weshalb zu hinterfragen gewesen sei, in welchem Ausmaß der Antragsteller die dort aufgelisteten Tätigkeiten tatsächlich als wachespezifischen Außendienst verrichtet habe. Das ergänzende Beweisverfahren habe ergeben, dass der Antragsteller mit den unter Pkt. 7 der Arbeitsplatzbeschreibung angeführten Tätigkeitsbereichen "Sensor des LV für Tirol und Beauftragter für Integrationsprojekt der LPD, Wahrnehmungen und Kontakte vor Ort zu politischen und religiösen Gruppierungen aller Art (Radikalismus, Extremismus u Terrorismus) etc" und "Polizeilicher Campleiter im Rahmen der BAO für alle Notunterkünfte im Bezirk" erst im Zuge des großen Flüchtlingszustromes, jedenfalls aber erst nach 2012 betraut worden sei. Diese angeführten Tätigkeitsbereiche würden schon daher nicht das Erfordernis der Ausübung über mindestens 120 Monate innerhalb der letzten 20 Jahre gemäß § 15b BDG erfüllen. Auch die unter Pkt. 7 der Arbeitsplatzbeschreibung angeführten Tätigkeiten der ständigen Kontaktpflege mit Behörden, Ämtern, Organisationen udgl., sowie die angeführten Präventions- und Beratungstätigkeiten vor Ort seien nicht als wachespezifischer Außendienst zu qualifizieren, weil diese Tätigkeiten überwiegend keine wachespezifischen Belastungen beinhalten würden. Der mit ca. 10% zu bemessende Anteil dieser Beratungstätigkeiten und der Kontaktpflege sei daher von den angeführten 50% des wachespezifischen Außendienstes in Abschlag zu bringen, womit schon dadurch das Mindestausmaß von 50% der monatlichen Dienstzeit nicht mehr erreicht werde. Der Umstand, dass der Antragsteller auch bei diesen Tätigkeiten die Dienstwaffe mit sich führe, habe für die Qualifikation als wachespezifische Tätigkeit keine Relevanz.

Der Antragsteller erhob gegen dieses Erkenntnis keine Revision an den Verwaltungsgerichtshof. Die Behandlung seiner dagegen erhobenen Beschwerde wurde mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 09.06.2017, E 1577/2017, abgelehnt.

Der Antragsteller stellte am 21.03.2018 fristgerecht einen Antrag auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.03.2017, W106 2138477-1, abgeschlossenen Verfahrens gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG. Darin verwies der Antragsteller auf ein von ihm in Auftrag gegebenes Gutachten eines Sachverständigen für Polizeieinsatztaktik und Polizeitaktik mit Waffen- und Einsatzmitteln vom 16.03.2018, aus dessen Befund sich ergebe, dass zwischen exekutivem Außendienst und wachespezifischem Außendienst kein gefährdungsrelevanter Unterschied bestehe. Den Feststellungen im Befund des Sachverständigengutachtens sei auch zu entnehmen, dass grundsätzlich jedem Außendienst eines Kriminalbeamten eine Gefahrenneigung zukomme und die dem abgeschlossenen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zugrunde gelegten Feststellungen bzw. die Beweiswürdigung auf Tatsachenebene unhaltbar seien. Dies gelte insbesondere für die Subtraktion inkohärenter Einheiten, nämlich der Abzug von 10% für angeblich nicht im wachespezifischem Außendienst verbrachten Tätigkeiten zur ständigen Kontaktpflege mit Behörden, Ämtern, Organisationen udgl. Sowie die angeführten Präventions- und Beratungstätigkeiten vor Ort. Weiter seien dem Sachverständigengutachten detaillierte Feststellungen der vom Antragsteller erbrachten Tätigkeiten und deren Gefahrenneigung zu entnehmen. Aus den Befundfeststellungen ergebe sich, dass die tatsächliche Gefahrenneigung der vom Antragsteller ausgeübten Tätigkeiten 50% übersteige und von zumindest 56% auszugehen sei. Das Sachverständigengutachten erfülle die für einen Wiederaufnahmeantrag nach § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG erforderlichen Voraussetzungen, nämlich neu hervorgekommene Tatsachen und Beweismittel zu einem vom Antragsteller nicht verschuldeten Tatsachenirrtum des Bundesverwaltungsgerichts. Das Sachverständigengutachten weise auch die Eignung auf, eine im Hauptinhalt des Spruchs anderslautende Entscheidung herbeizuführen.

Die Landespolizeidirektion Tirol nahm von einer Stellungnahme Abstand.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Materiengesetzen nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist. Fuchs hält in Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren, 2013, VwGVG § 32 Anm. 13, fest, dass der Systematik des VwGVG folgend anzunehmen ist, dass sämtliche Entscheidungen über Wiederaufnahmeanträge in Beschlussform zu erfolgen haben.

Zu A)

§ 32 VwGVG lautet:

"Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 32. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn

1. das Erkenntnis durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder

2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich ein im Hauptinhalt des Spruchs anders lautendes Erkenntnis herbeigeführt hätten, oder

3. das Erkenntnis von Vorfragen (§ 38 AVG) abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. vom zuständigen Gericht in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde oder

4. nachträglich ein Bescheid oder eine gerichtliche Entscheidung bekannt wird, der bzw. die einer Aufhebung oder Abänderung auf Antrag einer Partei nicht unterliegt und die im Verfahren des Verwaltungsgerichtes die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte.

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen beim Verwaltungsgericht einzubringen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z 1 stattfinden.

(4) Das Verwaltungsgericht hat die Parteien des abgeschlossenen Verfahrens von der Wiederaufnahme des Verfahrens unverzüglich in Kenntnis zu setzen.

(5) Auf die Beschlüsse des Verwaltungsgerichtes sind die für seine Erkenntnisse geltenden Bestimmungen dieses Paragraphen sinngemäß anzuwenden. Dies gilt nicht für verfahrensleitende Beschlüsse."

Aus dem Antrag muss hervorgehen, dass die Wiederaufnahme eines näher bezeichneten Verfahrens begehrt wird. Zumindest muss aus dem Inhalt der Eingabe hervorgehen, auf welches abgeschlossene Verfahren sich der Antrag auf Wiederaufnahme bezieht (vgl. zu § 69 AVG VwGH 18.03.1993, 92/09/0212).

Der Antragsteller begehrt die Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 32 Abs. 1 Z 2 VwGVG und beantragte der Sache nach die Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.03.2017, W106 2138477-1, rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens. Er hatte in diesem Verfahren auch Parteistellung.

In der Regierungsvorlage zum Verwaltungsgerichtsbarkeits-Ausführungsgesetz 2013 (2009 der Beilagen, XXIV. GP) ist festgehalten, dass die Bestimmungen über die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im VwGVG weitgehend den Bestimmungen der §§ 69 bis 72 AVG mit den entsprechenden Anpassungen auf Grund der Einführung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz entsprechen. Durch den Ausschluss der Anwendung des IV. Teiles des AVG ist das AVG in diesem Bereich für unanwendbar erklärt worden, wobei aufgrund der inhaltlichen Übereinstimmung und ähnlichen Formulierung der Bestimmung des § 32 Abs. 1-3 VwGVG mit § 69 AVG die bisher ergangenen höchstgerichtlichen Entscheidungen sinngemäß anzuwenden sind bzw. die bisherigen Judikaturrichtlinien zu § 69 AVG herangezogen werden können. Auch der Verwaltungsgerichtshof sprach in seinem Beschluss vom 28.06.2016, Ra 2015/10/0136, aus, dass die Wiederaufnahmegründe des § 32 Abs. 1 VwGVG denjenigen des § 69 Abs. 1 AVG nachgebildet sind und daher auf das bisherige Verständnis dieser Wiederaufnahmegründe zurückgegriffen werden kann.

Der Grund, auf den sich das Wiederaufnahmebegehren stützt, ist im Antrag konkretisiert und schlüssig darzulegen (vgl. zu § 69 AVG VwGH 20.09.1995, 93/13/0161; 26.03.2003, 98/13/0142; Fister/Fuchs/Sachs,

Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, 2013, VwGVG § 32 Anm. 12).

Gegenständlich wurde zur Begründung des Wiederaufnahmeantrages ein Gutachten eines Sachverständigen für Polizeieinsatztaktik und Polizeitaktik mit Waffen- und Einsatzmitteln vom 16.03.2018 vorgelegt, aus dessen Befund sich ergebe, dass zwischen exekutivem Außendienst und wachespezifischem Außendienst kein gefährdungsrelevanter Unterschied bestehe und dass grundsätzlich jedem Außendienst eines Kriminalbeamten eine Gefahrenneigung zukomme, weshalb die dem abgeschlossenen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zugrunde gelegten Feststellungen bzw. die Beweiswürdigung unrichtig seien.

Der Antrag ist gemäß § 32 Abs. 2 VwGVG binnen zwei Wochen ab dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Erkenntnisses und vor der Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst ab diesem Zeitpunkt schriftlich beim Verwaltungsgericht einzubringen. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Erkenntnisses kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden.

Der Antragsteller stellte seinen Antrag auf Wiederaufnahme am 21.03.2018 und somit innerhalb der zweiwöchigen Frist nach Erstellung des Sachverständigengutachtens vom 16.03.2018.

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z 2 AVG nur auf solche Tatsachen, das heißt Geschehnisse im Seinsbereich (vgl. VwGH 15.12.1994, 93/09/0434; 04.09.2003, 2000/17/0024) oder Beweismittel, das heißt Mittel zur Herbeiführung eines Urteiles über Tatsachen (vgl. VwGH 16.11.2004, 2000/17/0022; 24.04.2007, 2005/11/0127), gestützt werden, die erst nach Abschluss eines Verfahrens hervorgekommen sind und deshalb von der Partei ohne ihr Verschulden nicht geltend gemacht werden konnten.

Es muss sich also um Tatsachen und Beweismittel handeln, die beim Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden waren, deren Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich wurde ("nova reperta"), nicht aber um erst nach Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandene Tatsachen und Beweismittel ("nova producta" bzw. "nova causa superveniens").

Das vorgelegte Sachverständigengutachten stammt vom 16.03.2018 und entstand als neues Beweismittel somit erst rund 12 Monate nachdem das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27.03.2017, W106 2138477-1, ergangen ist, weshalb es sich bei dem vorgelegten Gutachten um kein Beweismittel, welches beim Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens schon vorhanden war, handelt. Vielmehr handelt es sich um ein erst nach Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens neu entstandenes Beweismittel. Der Beschwerdeführer kann sich daher zur Begründung seines Antrages auf Wiederaufnahme nicht auf dieses Beweismittel stützen.

Darüber hinaus erweist sich der Wiederaufnahmeantrag auch aus dem folgenden Grund als nicht begründet:

Das Hervorkommen neuer Tatsachen und Beweise allein genügt nicht, um das Verfahren wiederaufzunehmen. Es handelt sich bei diesem "Neuerungstatbestand" nämlich um einen relativen Wiederaufnahmegrund. So ist es für eine Wiederaufnahme weiters erforderlich, dass die neuen Tatsachen und Beweise voraussichtlich auch zu einem anderen Verfahrensergebnis führen würden (vgl. VwGH 14.06.1993, 91/10/0107; 27.09.1994, 92/070074; 22.02.2001, 2000/04/0195).

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass das nachträgliche Erkennen, dass im abgeschlossenen Verfahren Verfahrensmängel oder gar eine unrichtige rechtliche Beurteilung seitens der Behörde vorgelegen seien, ebenso wenig einen Grund zur Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 Abs. 1 Z 2 AVG bildet wie etwa das nachträgliche Bekanntwerden von Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofes oder des Verwaltungsgerichtshofes, aus denen sich ergibt, dass die von der Behörde im abgeschlossenen Verfahren vertretene Rechtsauffassung verfassungs- oder gesetzwidrig war (VwGH 13.09.2004, 2000/17/0018; vgl. VwGH 29.09.1997, 97/17/0257, VwGH 16.03.1987, 84/10/0072).

Anders als vom Antragsteller in seinem Wiederaufnahmeantrag behauptet, machte er durch die Vorlage des Sachverständigengutachtens keineswegs die Unrichtigkeit der Feststellungen bzw. der Beweiswürdigung im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.03.2017 geltend, sondern insofern eine unrichtige rechtliche Beurteilung, als er vorbrachte, aus dem Befund des Sachverständigengutachtens vom 16.03.2018 ergebe sich, dass zwischen exekutivem Außendienst und wachespezifischem Außendienst kein gefährdungsrelevanter Unterschied bestehe und dass grundsätzlich jedem Außendienst eines Kriminalbeamten eine Gefahrenneigung zukomme. Dies stellt jedoch nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keinen Grund für eine Wiederaufnahme dar.

Der Antrag auf Wiederaufnahme erweist sich somit als unbegründet und ist daher abzuweisen.

Da es sich bei der Einordnung, ob die Eignung eines vorgebrachten Wiederaufnahmegrundes vorliegt, um eine Rechtsfrage handelt (vgl. VwGH 19.04.2007, 2004/09/0159; Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren [2013] § 32 VwGVG Anm. 9), konnte gemäß § 24 VwGVG die Abhaltung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die gegenständliche Entscheidung weicht nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab. Es fehlt auch nicht an einer Rechtsprechung und die zu lösende Rechtsfrage wird in der Rechtsprechung auch nicht uneinheitlich beantwortet.

Schlagworte

Beweismittel, exekutiver Außendienst, gefährliche Tätigkeiten,
Kenntnisnahme, Kriminalbeamter, nova producta, nova reperta,
Relevanz eines Verfahrensmangels, Sachverständigengutachten,
Schwerarbeitszeiten, wachespezifischer Außendienst,
Wiederaufnahmeantrag

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W221.2138477.2.00

Zuletzt aktualisiert am

21.11.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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