TE Lvwg Erkenntnis 2018/10/9 VGW-031/014/15960/2017

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Veröffentlicht am 09.10.2018
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Entscheidungsdatum

09.10.2018

Index

90/01 Straßenverkehrsordnung

Norm

StVO 1960 §5 Abs5 1. Satz
StVO 1960 §5 Abs9
StVO 1960 §99 Abs1 litb

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Richterin Dr. Findeis über die Beschwerde des Herrn A. B. vom 10.11.2017 gegen das Straferkenntnis der Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat C., vom 9.10.2017, Zahl …, wegen Übertretung des § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 5 1. Satz und Abs. 9 StVO, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung, zu Recht erkannt:

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dahingehend geändert, dass in der verbalen Tatanlastung anstelle die Wortfolge „einer Bundespolizeibehörde“ durch die Wortfolge „ der Landespolizeidirektion Wien“ ersetzt wird, anstelle der Wortfolge „wobei vermutet werden konnte, dass Sie“ die Wortfolge „obwohl Sie verdächtig waren“ tritt und zwischen den beiden Wörtern „gelenkt haben“ das Wort „zu“ eingefügt wird. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Dem Beschwerdeführer werden Kosten des Beschwerdeverfahrens in der Höhe von 400,00 Euro auferlegt.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig.

B E G R Ü N D U N G

Die Landespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat C., erkannte die Beschwerdeführerin mit Straferkenntnis vom 9.10.2017 schuldig, er habe sich am 19.5.2017 um 21.35 Uhr in Wien, D.-gasse, Polizeiinspektion, nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht geweigert, sich zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Suchtgift zu einem bei einer Bundespolizeibehörde tätigen Arzt vorführen zu lassen, wobei vermutet werden habe können, dass er am 19.5.2017 um 21.10 Uhr in Wien, F.-gasse das Fahrzeug mit dem Kennzeichen W-9 in einem vermutlich durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt habe. Wegen Verletzung des § 99 Abs. 1 lit. b iVm § 5 Abs. 5 1. Satz und Abs. 9 StVO verhängte die belangte Behörde gemäß § 99 Abs. 1 StVO über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe von 2 000 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 16 Tage) und schrieb gemäß § 64 VStG einen Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 200 Euro vor.

In der dagegen rechtzeitig erhobenen Beschwerde führt der Beschuldigte ins Treffen, dass er an diesem Abend sein Kraftfahrzeug gar nicht gelenkt habe, sondern sein Freund G. H., der um ca. 21.00 Uhr mit dem K. des Beschwerdeführers zu einem Treffen mit ihm gefahren sei, er selbst sei bereits im Schanigarten des Restaurants „L.“ gesessen. Als H. das Auto eingeparkt habe, sei der Beschwerdeführer aufgestanden, um H. zu begrüßen; er sei zum Fahrzeug gegangen und bei dessen Beifahrertür stehen geblieben. In diesem Moment sei CI M. vor dem Restaurant angekommen und habe den Beschwerdeführer aufgefordert, sich einer Atemluftüberprüfung zu unterziehen. Obwohl er sein KFZ nicht gelenkt habe nicht alkoholisiert bzw. sonst beeinträchtigt gewesen sei, habe sich der Beschuldigte freiwillig dem „Alkovortest“ unterzogen, der einen Messwert von lediglich 0,10 mg/l ergeben habe.

CI M. sei damit nicht zufrieden gewesen, weshalb der Beschuldigte aufgefordert worden sei, dem Beamten auf die Polizeiinspektion „D.-gasse“ zu folgen, um sich zusätzlich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen.

Eine Untersuchung zur Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol oder Suchtgift im Sinne des § 5 StVO – sei es durch einen geeigneten Alkomaten oder im Zuge einer amtsärztlichen Untersuchung – sei nur dann zulässig, wenn eine Person ein Kraftfahrzeug lenkt, in Betrieb nimmt oder unmittelbar bevorsteht eines im Betrieb zu nehmen. Im Beschwerdefall sei keiner dieser Tatbestände vorgelegen. Die Aufforderung zur amtsärztlichen Untersuchung sei daher gesetzwidrig gewesen, der Beschwerdeführer habe keine Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs. 5 1 iVm Abs. 9 StVO begangen.

Auch sei kein Grund für die Vermutung, dass er sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden habe, vorgelegen. Er sei nicht mit dem Fahrzeug gefahren. Herr G. H. habe den Einschreiten Polizisten darauf aufmerksam gemacht, dass er der Lenker gewesen sei.

Der Beschwerdeführer habe sich weder in einem alkoholisierten noch in einem durch die Einnahme von Suchtmitteln beeinträchtigten Zustand befunden. Er sei auch nicht gefragt worden ob er alkoholisiert oder durch die Einnahme von Suchtmitteln beeinträchtigt sei. Es habe dafür nicht den geringsten Anhaltspunkt gegeben. Obwohl der Alkovortest ergeben habe, dass der Beschwerdeführer nicht im Sinne der StVO alkoholisiert sei, sei er dennoch aufgefordert worden, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Es sei für ihn völlig unverständlich gewesen, weshalb er eine solche Untersuchung durchführen solle. Dennoch sei er bereit gewesen auch diese durchzuführen. Nach einer längeren Wartezeit auf der Polizeiinspektion habe sich der Beschwerdeführer erkundigt, wann die amtsärztliche Untersuchung erfolgen werde. Der Meldungsleger habe gemeint, dass dies noch mehrere Stunden dauern könne. Für den Beschuldigten habe es den Anschein gehabt, dass man ihn absichtlich warten lasse. Nachdem seine Tochter seine Hilfe benötigt habe und Suchtmittelmissbrauch ohne weiteres auch noch Stunden später nachgewiesen werden könne, habe kein Grund bestanden, ihm die Hilfeleistung für seine Tochter zu verweigern. Es sei daher nicht zutreffend, dass sich der Beschwerdeführer geweigert habe, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Obwohl dies schon der vierte Vorfall mit dem Meldungsleger gewesen sei, habe sich der Beschwerdeführer stets den von diesem angeordneten Untersuchungen unterzogen. Auch in diesem Fall hätte er eine amtsärztliche Untersuchung durchführen lassen. Er habe sogar Möglichkeiten bzw. Alternativen vorgeschlagen, wie er der Untersuchung trotz des Vorfalles mit seiner Tochter nachkommen könne und dies, obwohl er an diesen Abend weder sein KFZ gelenkt habe, in Betrieb nehmen habe wollen oder unmittelbar davor gestanden sei es in Betrieb zu nehmen.

Dem Argument, der Meldungsleger sei sich sicher gewesen, den Beschwerdeführer im Vorbeifahren als Lenker identifiziert zu haben hält der Beschwerdeführer entgegen, dass es zur besagten Zeit dunkel gewesen sei. In einem solchen Fall sei schwierig mit Sicherheit festzustellen, wer ein Fahrzeug lenke. Der Meldungsleger habe das Auto des Beschwerdeführers aufgrund seltsam gehäufter Zusammentreffen in der Vergangenheit erkannt und offenbar einfach angenommen, dass der Beschwerdeführer der Lenker gewesen sei. Der Meldungsleger konnte den Beschwerdeführer nicht als Fahrzeuglenker wahrgenommen haben, weil der Beschuldigte zu diesem Zeitpunkt – wie von mehreren Zeugen belegt – im Lokal „L.“ gewesen sei. Es sei nicht notwendig gewesen, dass der Beschwerdeführer im Zuge der späteren Amtshandlung das Lenken explizit bestreite, da Herr H. bereits seine Lenkereigenschaft klargestellt hatte. Niemand habe an diesem Abend angenommen, dass der Meldungsleger, entgegen dieser Aussage, weiter davon ausgehe, dass der Beschuldigte der Fahrzeuglenker sei, insbesondere habe dies auch CI M. nicht mitgeteilt.

In seiner ersten Stellungnahme vom 10.7.2017 hat der Beschuldigte vorgebracht, dass er bereits im Schanigarten des Restaurants „L.“ (Wien, F.-gasse) gewesen sei, als sein Freund, Herr G. H. mit dem K. des Beschwerdeführers gegen ca. 21.00 Uhr beim Restaurant angekommen und unmittelbar davor eingeparkt habe. Er selbst sei aufgestanden, habe den Freund herzlich begrüßt und sei dann – plaudernd – neben der Beifahrertür des K. stehen geblieben. In diesem Moment sei CI M. „aufgetaucht“ und habe ihn aufgefordert, ihm auf die Polizeiinspektion zu folgen, um sich einer Atemluftüberprüfung zu unterziehen. Er sei völlig verdutzt gewesen, da er weder mit dem Fahrzeug gefahren sei noch viel getrunken habe. Der „Alkovortest“ habe folgerichtig auch bloß 0,10 mg/l ergeben. Daraufhin sei er von CI M. aufgefordert worden, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Diese sollte feststellen, ob er unter dem Einfluss von Suchtmitteln stehe. Das habe er absurd gefunden. Er sei aber schon so eingeschüchtert gewesen, dass er keine Einwände erhoben habe. Nachdem sich längere Zeit nichts getan habe (außer, dass ihm mit der Stabtaschenlampe in die Augen geleuchtet worden sei und er danach minutenlang nichts mehr sehen habe – und dass der Beschwerdeführer auf einem Bein habe stehen müssen), habe er das Eintreffen des Amtsarztes urgiert. Daraufhin habe ihm der Meldungsleger mitgeteilt, dass das „auch noch drei Stunden dauern“ könne. Nach einer weiteren Wartezeit habe den Beschwerdeführer ein Anruf von seiner – am Down-Syndrom leidenden – Tochter N. ereilt, die ihn gebeten habe, sie vom „O.“ abzuholen und nach Hause zu bringen. Der Beschwerdeführer habe diese Situation dem Meldungsleger geschildert und gebeten, ihn anzurufen, wenn der Amtsarzt eintreffe, er würde sofort kommen. Da er nachweislich nicht alkoholisiert gewesen und ein Suchtmittelmissbrauch ohne weiteres auch noch Stunden später nachzuweisen sei, habe nicht die geringste Veranlassung bestanden, ihm die Hilfeleistung an seiner Tochter zu verweigern. Auf die höhnische Bemerkung des Herrn CI M. „Sie können ruhig gehen, ihr Führerschein bleibt da!“ hin, habe er die Polizeiinspektion verlassen und die Abholung seiner Tochter organisiert. Nachdem diese sicher zu Hause eingetroffen sei, habe sich der Beschwerdeführer wieder auf den Weg zur Polizeiinspektion gemacht. Auf dem Weg dorthin habe er sich telefonisch gemeldet und nachgefragt, wann der Amtsarzt eintreffe. Der Meldungsleger habe ihm mitgeteilt, dass dieser bereits da gewesen und wieder „verschwunden“ sei. Auf seinen Einwand, dass die Anreise des Amtsarztes doch angeblich „drei Stunden“ dauern werde, er um Benachrichtigung gebeten hätte, wenn dieser früher eintreffe und seinen Vorschlag, den Amtsarzt zurückholen, habe der Meldungsleger dies abgelehnt, dabei habe der Beschwerdeführer das Amüsement des CI M. über die Zwangslage des Beschwerdeführers deutlich gehört. Seit diesem Ereignis liege sein Führerschein bei CI M.. Grund dafür sei, dass dieser mutmaße, der Beschwerdeführer habe – durch Suchtmittel beeinträchtigt – ein Fahrzeug gelenkt. Freilich können mehrere Zeugen bestätigen, dass dies nicht der Fall gewesen sei: Er sei weder gefahren noch habe er Suchtmittel genommen. Die Führerscheinabnahme sei daher rechtswidrig.

Beweis erhob das Verwaltungsgericht Wien durch Verlesung der Anzeige vom 19.5.2017 samt angeschlossener ausgefüllter Formulare zur Beobachtung des Fahrverhaltens und zur Beobachtung beim Anhalten oder Antreffen, der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 10.7.2017, den eidesstattlichen Erklärungen des P. R. vom 29.6.2017 und von S. T. vom 30.6.2017, der Stellungnahme des Meldungslegers von 14.7.2017, der Lenkerauskunft des Beschwerdeführers vom 19.7.2017, der Zeugenaussagen des G. H., des S. T. und des P. R. jeweils vom 7.9.2017, der Stellungnahme des Beschwerdeführers vom 29.9.2017, der verwaltungsstrafrechtliche Vormerkungen (Aufstellung vom 19.10.2017), der Beschwerde vom 10.11.2017, des Straferkenntnisses vom 14.10.2017, GZ: …, durch Einvernahme des Beschwerdeführers sowie der Zeugen CI M., P. R., S. T. und G. H. anlässlich der mündlichen Verhandlung am 2.10.2018, durch die Handskizze des Meldungslegers im Stadtplanausschnitt sowie durch Verlesung der Verhandlungsschrift zum hg. Verfahren … vom 15.3.2018.

Das Verwaltungsgericht Wien sieht als erwiesen an, dass sich der Beschwerdeführer am 19.5.2017 um 21.35 Uhr in der Polizeiinspektion in Wien, D.-gasse, geweigert hat, sich dort einer Untersuchung durch den Polizeiamtsarzt zum Zweck der Feststellung einer Beeinträchtigung durch Suchtgift zu unterziehen, indem er die Polizeiinspektion verlassen hat, obwohl er vom Meldungsleger CI M., der den Beschwerdeführer um 21.00 Uhr beim Lenken und Abstellen des KFZ des Beschwerdeführers mit dem amtlichen Kennzeichen W-9 in Wien, F.-gasse beobachtet und in der Folge nachstehende Anzeichen, die auf eine Suchtgiftbeeinträchtigung beim Beschwerdeführer hingewiesen haben, wahrgenommen hat:

Gleichgewichtsstörung, die der Beschwerdeführer durch „hopsen“ auszugleichen trachtete, Schwierigkeiten beim Gehen, schwankender Gang; verzögerte Reaktion; Unruhe; wässrig/glänzende, unruhige Augen; aufgeregte Stimmung; provokatives Verhalten; geteilte Aufmerksamkeit: gestört;

dazu aufgefordert worden ist.

Das Verwaltungsgericht folgt damit der Sachverhaltsdarstellung des Meldungslegers in dessen Anzeige, seinen in den Formularen „Fahrtüchtigkeit A 1, Nr. 334 und Fahrtüchtigkeit A2, Nr. 334a vermerkten Einträgen, dessen Stellungnahme vom 14.7.2017, dessen Zeugenaussage vor dem Verwaltungsgericht am 2.10.2018 samt seiner im Planausschnitt (Beilage ./A) eingetragenen Standortangabe und Fahrtstrecke des Tatfahrzeuges.

CI M. wirkte vor dem Verwaltungsgericht im persönlichen Eindruck äußerst korrekt, aufrichtig, kompetent und zuverlässig und übertraf die Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers und der von diesem nominierten Zeugen bei weitem. Der Beschwerdeführer und die von ihm nominierten Zeugen erweckten, soweit sie vorbrachten, dass sich der Beschuldigte während der Fahrt des KFZ W-9 am 19.5.2017 um 21.00 Uhr im Schanigarten des Gastronomiebetriebes “L.“ befand, den Eindruck, dass sie damit Unwahres behaupteten:

Bemerkenswert scheinen zunächst die vorgelegten eidesstattliche Erklärungen von P. R. und S. T. vom 29.6. bzw. 30.6.2017, die beide aus dem gleichen vorgegebenen (=maschingeschriebenen) Text sowie handschriftlichen Einfügungen bestehen. Der jeweilige Erklärer bestätigt darin, dass Herr A. B. am Abend des 19.5.2017 sein Kraftfahrzeug W-9 zwischen 21.00 Uhr und 21.30 Uhr nicht gelenkt habe. Dies könne der jeweilige Erklärer bestätigen, weil er gesehen habe, dass [handschriftlich eingefügt:] Herr G. H. das Kraftfahrzeug gelenkt habe.

Anlässlich ihrer zeugenschaftlichen Einvernahmen vor der belangten Behörde am 7.9.2017 gaben sowohl P. R. als auch S. T. an, dass sie an jenem Abend im Lokal „L.“ gewesen seien, Herr B. schon vor ihnen dort gewesen sei und dieser als der weiße K. dort stehen geblieben sei, aufgestanden und zu dem kahlköpfigen Lenker des K. gegangen sei.

Vor dem Verwaltungsgericht Wien konnten sich R. und T. daran erinnern, dass der Beschwerdeführer, den sie ihren Angaben nach nur vom Sehen her kennen, bereits vor ihnen im Schanigarten anwesend war, sie konnten jedoch nicht angeben, wer von ihnen (beiden) früher eingetroffen war. Beiden fiel der K. wegen des lauten Motorengeräusches auf, beide wussten, dass der Beschwerdeführer zum diesem Fahrzeug hin ging. Während R. aussagte, dass ihm die „eidesstattliche Erklärung“ vom Beschwerdeführer vorgelegt wurde und nur die in lateinischer Schrift erfolgten Einfügungen von ihm stammten, konnte sich T. an das Zustandekommen der eidesstattlichen Erklärung überhaupt nicht erinnern.

Das Verwaltungsgericht vermag den Angaben der Zeugen R. und T., wonach sie wahrgenommen hätten, dass der Beschwerdeführer am 19.5.2017 zu dem Zeitpunkt als dessen PKW (K.) zum Lokal „L.“ gelenkt wurde, im Schanigarten gesessen wäre und sich erst danach zum KFZ hin begeben hätte, jedenfalls nicht zu folgen: Die Zeugen konnten nicht glaubhaft darlegen, weshalb ihnen allein dieses für sie jedenfalls unerhebliche Detail erinnerlich geblieben sein soll, für sie viel näher liegende Umstände, zB. wer von ihnen beiden früher eingetroffen sei und auf den anderen warten habe musste, oder das Zustandekommen der jeweiligen eidesstattlichen Erklärung, womit sie dem Beschwerdeführer jeweils für einen Zeitraum einer halben Stunde eine „negative Lenkbestätigung“ ausstellen, oder die namentliche Anführung des Beschwerdeführers und des angeblichen Lenkers, die sie nur vom Sehen kennen) hingegen nicht. Ihre Sachverhaltsdarstellungen schienen allein darauf fokussiert, die Lenkereigenschaft des Beschwerdeführers zu widerlegen, weitere und vor allem schlüssige Angaben zu den näheren Umständen konnten sie jedenfalls nicht machen.

Auch die Sachverhaltsdarstellung des G. H. erachtet das Verwaltungsgericht keinesfalls als glaubhaft: Sowohl vor der belangten Behörde als auch vor dem Verwaltungsgericht sagte dieser Zeuge aus, dass er nach dem Abstellen des KFZ in den Schanigarten gekommen, den Beschwerdeführer begrüßt und gemeinsam mit diesem zum KFZ zurück gekehrt sei. Diese Sachverhaltsdarstellung steht sowohl zu den Aussagen der Zeugen R. und T. als auch mit den Angaben des Beschwerdeführers im Widerspruch. Über Vorhalt der Angaben des Beschwerdeführers gab er an, dass er daran keine Erinnerung hätte, weil es schon lange her wäre.

Lebensfern erachtet das Verwaltungsgericht ferner die Version des Beschwerdeführers und des Zeugen H., dass, obwohl der Beschuldigte dem Zeugen das KFZ bereits am Vortag und bis Sonntagabend geliehen haben soll, weil H. damit seine Freundin ausführen habe wollen, weshalb der Beliehene am Tattag den Beschwerdeführer zu einem Abendessen chauffieren habe sollen, obgleich die Leihe nach den Angaben des Beschwerdeführers auch deshalb erfolgt sei, weil dieser das Wochenende gemeinsam mit seinen sechs Kindern verbringen habe wollen.

Das Verwaltungsgericht verwirft demnach die diesbezüglichen Angaben einer angeblichen Fahrzeugüberlassung (an H.) als das KFZ am Meldungsleger vorbeifuhr, als unglaubwürdig.

Rechtlich ergibt sich Folgendes:

Gemäß § 99 Abs. 1 lit. b StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1 600 Euro bis 5 900 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.

Gemäß § 5 Abs. 5 StVO sind Organe der Straßenaufsicht berechtigt, Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befinden, zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Landespolizeidirektion tätigen, bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden oder im Sinne des § 5a Abs. 4 ausgebildeten und von der Landesregierung hierzu ermächtigten Arzt zu bringen, sofern eine Untersuchung gemäß Abs. 2

1. keinen den gesetzlichen Grenzwert gemäß Abs. 1 erreichenden Alkoholgehalt ergeben hat oder

2. aus in der Person des Probanden gelegenen Gründen nicht möglich war.

Wer zum Zweck der Feststellung des Grades der Beeinträchtigung durch Alkohol zu einem Arzt gebracht wird, hat sich einer Untersuchung durch diesen zu unterziehen; die genannten Ärzte sind verpflichtet, die Untersuchung durchzuführen.

Die Bestimmungen des Abs. 5 gelten entsprechend Abs. 9 leg. cit. auch für Personen, von denen vermutet werden kann, dass sie sich in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befinden; wer zum Arzt gebracht wird, hat sich der Untersuchung zu unterziehen. Die in Abs. 5 genannten Ärzte sind verpflichtet, die Untersuchung durchzuführen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes reicht der bloße Verdacht, dass der Aufgeforderte ein Fahrzeug in vermutlich alkoholisiertem bzw. in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt hat.

Indem der Meldungsleger den Beschwerdeführer bei der Vorbeifahrt mit dessen KFZ als Lenker des Fahrzeuges erkannte und beim Aussteigen beobachtete, ist der Verdacht des Lenkens jedenfalls gegeben.

Maßgeblich ist für den Beschwerdefall, ob der Meldungsleger im Zuge der Amtshandlung aufgrund der von ihm wahrgenommenen Umstände mit gutem Grund die Vermutung haben konnte, dass der Beschuldigte (Beschwerdeführer) sich zum Zeitpunkt des Lenkens eines Fahrzeugs in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden hat (vgl. VwGH vom 25.10.2013, Zl. 2013/02/0003).

Für die nach § 5 Abs. 9 StVO 1960 erforderliche Vermutung lagen im Beschwerdefall hinreichende Anzeichen vor (siehe Gleichgewichtsstörung, die der Beschwerdeführer durch „hopsen“ auszugleichen trachtete, Schwierigkeiten beim Gehen, schwankender Gang; verzögerte Reaktion; wie Unruhe; wässrig/ glänzende, unruhige Augen….) Der Meldungsleger konnte daher aufgrund der von ihm wahrgenommenen Umstände zur Recht vermuten, dass beim Beschwerdeführer eine Suchtgiftbeeinträchtigung vorlag.

Der Beschuldigte war sohin verpflichtet, sich der amtsärztlichen Untersuchung zu unterziehen. Der dazu Aufgeforderte hat das Eintreffen des Amtsarztes abzuwarten. Ein vorzeitiges Entfernen stellt eine Verweigerung dar.

Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiters anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Da zum Tatbestand der dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretung weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, handelt es sich bei dieser Übertretung um ein Ungehorsamsdelikt. In einem solchen Fall besteht von vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welche aber von ihm widerlegt werden kann. Diese Widerlegung ist dem Beschwerdeführer im vorliegenden Fall nach den obigen Ausführungen nicht gelungen. Das Verwaltungsgericht Wien ist daher zu dem Ergebnis gelangt, dass der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall schuldhaft gegen die einschlägige Strafbestimmung der StVO 1960 verstoßen hat.

Es war demnach der Schuldspruch zu bestätigen. Die Spruchabänderung diente der Präzisierung des Tatvorwurfes und der Eliminierung unzutreffender Tatbestandselemente.

Strafbemessung

Gemäß § 19 Abs. 1 VStG sind Grundlage für die Bemessung der Strafe die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

Gemäß § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Das der Bestrafung zugrunde liegende Verhalten gefährdete in nicht zu vernachlässigender Intensität das strafrechtlich geschützte Rechtsgut an der Feststellung, ob sich ein des Lenkens eines Kraftfahrzeuges Verdächtiger in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand befunden hat. Der objektive Unrechtsgehalt der Tat erweist sich demnach keinesfalls als gering.

Das Verschulden des Beschwerdeführers war beträchtlich, hat er doch vorsätzligehandelt.

Dem Beschwerdeführer kommt der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht mehr zugute, vielmehr weist er bereits jeweils eine rechtskräftige Vormerkung nach § 99 Abs. 1b iVm § 5 Abs. 1 StVO und nach § 37a iVm § 14 Abs. 8 FSG auf.

Zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen hat der Beschuldigte keine Angaben gemacht, er ist jedoch der Einschätzung durch die belangte Behörde, welche von durchschnittlichen Verhältnissen ausgegangen ist, nicht entgegengetreten. Es wurden daher auch dieser Entscheidung, mangels geeigneter Anhaltspunkte für das Vorliegen anderer Verhältnisse, durchschnittliche Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers zu Grunde gelegt; die Sorgepflichten für sechs Kinder und zwei geschiedene Ehegattin wurden berücksichtigt.

Unter Bedachtnahme auf diese Strafzumessungsgründe und den von 1 600 Euro bis 5 900 Euro reichenden Strafrahmen ist die von der belangten Behörde verhängte Geldstrafe ohnedies milde und keineswegs zu hoch bemessen. Eine Strafe in diesem Ausmaß erscheint auch dringend geboten zu sein, um sowohl den Beschwerdeführer als auch andere Verkehrsteilnehmer künftig von gleichartigen Verwaltungsübertretungen hinreichend abzuhalten.

Die Kostenentscheidung des Verwaltungsstrafverfahrens gründet sich auf § 64 Abs. 1 und 2 VStG, jene des Beschwerdeverfahrens auf § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG.

Gegen dieses Erkenntnis ist die ordentliche Revision nicht zulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt: Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Überdies liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Suchtgift; Untersuchung; Amtsarzt; Entfernen; Verweigerung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.031.014.15960.2017

Zuletzt aktualisiert am

15.11.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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