TE Lvwg Erkenntnis 2018/10/29 LVwG-AV-1002/001-2017

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Veröffentlicht am 29.10.2018
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Entscheidungsdatum

29.10.2018

Norm

AWG 2002 §37
AWG 2002 §62

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch MMag. Dr. Michaela Lütte als Einzelrichterin über die Beschwerde des A gegen den Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich vom 14. Juli 2017, Zl. ***, betreffend Schließung des Betriebs einer Altfahrzeugbehandlungsanlage gemäß § 62 Abs. 2a und 2c des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht:

1.   Aufgrund der Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) festgestellt, dass die Voraussetzungen für die Erlassung des angefochtenen Bescheides bis zum 09. August 2017 vorlagen und der angefochtene Bescheid bis zu diesem Zeitpunkt zu Recht erlassen war.

2.   Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) in Verbindung mit Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Zum verwaltungsbehördlichen Verfahren:

1.1. Mit Bescheid der Landeshauptfrau von Niederösterreich (in der Folge: belangte Behörde) vom 14. Juli 2017, Zl. ***, wurde gegenüber A (in der Folge: Beschwerdeführer) Folgendes verfügt:

„Es wird angeordnet, dass der Betrieb der Altfahrzeugbehandlungsanlage im Bereich der Halle ***, mit den Toren 1 und 2 auf dem Grundstück, KG ***, GstNr. ***, mit sofortiger Wirkung zu schließen ist.

Die Schließung des Betriebes bedeutet insbesondere, dass auf der Anlage ab sofort keine Altfahrzeuge mehr behandelt, gesammelt und auch nicht zwischengelagert werden dürfen.

Hinweis: Dieser Bescheid ist sofort vollstreckbar.

Rechtsgrundlage:

§ 62 Abs 2a und c Abfallwirtschaftsgesetz 2002 – AWG 2002“

1.2. Begründend ist – unter Bezugnahme auf ein Gutachten des Amtssachverständigen für Kraftfahrzeugtechnik – ausgeführt, dass beim Lokalaugenschein am 27. April 2017 festgestellt worden sei, dass im Hallenbereich mit den Toren 1 und 2 auf dem bezeichneten Grundstück Altfahrzeuge abgestellt und gesammelt und Behandlungstätigkeiten an diversen Altfahrzeugen durchgeführt worden seien. Da der Beschwerdeführer eine Abfallbehandlungsanlage betreibe, ohne über eine Genehmigung nach § 25 AWG 2002 bzw. eine Betriebsanlagengenehmigung gemäß § 37 AWG 2002 zu verfügen, sei spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

2.   Zum Beschwerdevorbringen:

Der Beschwerdeführer erhob durch seine damalige Rechtsvertretung mit Schreiben vom 09. August 2017 Beschwerde. Begründend ist ausgeführt, dass der Beschwerdeführer nicht zur Teilnahme am „Lokalaugenschein“ am 27. April 2017 geladen worden sei und dieser keine Einwendungen hätte erheben können. Die „Stellungnahme“ des Amtssachverständigen würde nicht den Anforderungen an ein Gutachten entsprechen, da der Befund (Sachverhalt) nicht „von den rechtlichen Beurteilungen und sonstigen Einschätzungen“ getrennt sei. Jedenfalls liege gefährlicher Abfall nicht vor „bzw. wurde durch die entsprechenden Maßnahmen der Schutz des Grundwassers vorgesorgt“. Der Bescheid sei inhaltlich rechtswidrig, weil die Voraussetzungen für die sofortige Schließung des Betriebs nicht gegeben seien, da keine gefährlichen Abfälle gesammelt oder behandelt würden bzw. die Gesundheit, das Leben oder das Eigentum eines Dritten nicht gefährdet werde und keine unmittelbare erhebliche Gefährdung der Umwelt gegeben sei. Beantragt wird die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, in eventu die Zurückverweisung an die erste Instanz.

3.   Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:

Die belangte Behörde teilte dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit Schreiben vom 28. Mai 2018 insbesondere mit, dass die gegenständliche Halle von der belangten Behörde am 17. Mai 2018 überprüft und dabei festgestellt worden sei, dass diese vollständig von Altfahrzeugen geräumt sei.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich forderte die belangte Behörde in Vorbereitung auf die öffentliche mündliche Verhandlung auf, den Bericht über die Überprüfung der Halle vom 17. Mai 2018 zu übermitteln sowie – sollte Kenntnis darüber bestehen – mitzuteilen, ab welchem Zeitpunkt die Halle vollständig von Altfahrzeugen geräumt war.

Die belangte Behörde übermittelte mit E-Mail vom 23. Oktober 2018 die Verhandlungsschrift zur Überprüfung der Halle am 17. Mai 2018.

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich führte am 25. Oktober 2018 eine öffentliche Verhandlung durch, zu welcher der Beschwerdeführer trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen ist. Die Ladung wurde dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers per Fax am 27. September 2018, per Post am 05. Oktober 2018 zugestellt, die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses teilte der Rechtsvertreter dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich mit Fax vom 08. Oktober 2018 mit.

In der Verhandlung wurde Beweis erhoben durch Verlesung des Verwaltungsaktes der belangten Behörde und des Gerichtsaktes des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich sowie durch Erstattung eines Gutachtens durch den Amtssachverständigen für Kraftfahrzeugtechnik B, der an dem von der belangten Behörde durchgeführten Ortsaugenschein am 27. April 2017 teilnahm und einen Teil der im Verwaltungsakt enthaltenen Fotos anfertigte.

4.   Feststellungen:

4.1. Der angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde dem Beschwerdeführer am 19. Juli 2017 hinterlegt, die Abholfrist begann am 20. Juli 2017 zu laufen. Es hat sich nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer von der Abgabestelle abwesend war. Der Beschwerdeführer erhob durch seinen damaligen Rechtsvertreter mit Fax vom 09. August 2017 Beschwerde.

4.2. Der Beschwerdeführer ist im Spruch des angefochtenen Bescheides sowie in der Zustellverfügung als „A“ bezeichnet. Auch in der Beschwerde, welche durch den damaligen Rechtsvertreter des Beschwerdeführers erhoben wurde, wird der Beschwerdeführer als „A“ – unter Anführung der in der Zustellverfügung des angefochtenen Bescheides genannten Adresse – bezeichnet. In der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von der belangten Behörde vorgelegten Verhandlungsschrift zur Überprüfung der Halle am 17. Mai 2018 findet sich der Name „C“. Im Zentralen Melderegister scheint ausschließlich eine Person mit letzterem Namen auf.

4.3. Der Beschwerdeführer war Mieter der Tore 1 und 2 der Halle auf dem Grundstück Nr. ***, KG ***, ***. Er hat in dem bezeichneten Bereich der Halle zumindest von 27. April 2017 bis 09. August 2017 Fahrzeuge und Fahrzeugteile gelagert sowie fahrzeugbezogene Manipulationen in Form von Zerlegearbeiten an diesen Fahrzeugen durchgeführt. Einige Fahrzeuge waren nicht dem Stand der Technik entsprechend trockengelegt und enthielten diese sowie gelagerte Altersatzteile, wie etwa die Motoren- und Getriebeeinheiten, Stoffe wie Motorenöle, Hydrauliköle, Bremsflüssigkeiten und Batteriesäure. Auch der Boden der Halle war mit Ölen verschmutzt. Die Fahrzeuge befanden sich in einem nicht fahrtauglichen Zustand und konnten aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht bestimmungsgemäß verwendet werden; auch war eine Reparatur der Fahrzeuge aufgrund der nicht sach- und fachgerecht durchgeführten Zerlegearbeiten (unsachgemäßes Abtrennen von Leitungen) ausgeschlossen. Eine mögliche Gefährdung von öffentlichen Interessen, wie Gefahren für Wasser (Grundwasser) sowie eine Brand- und Explosionsgefahr, war nicht auszuschließen. Die Tore 1 und 2 der bezeichneten Halle sind nunmehr von Fahrzeugen vollständig geräumt.

4.4. Der Beschwerdeführer verfügte über keine abfallrechtliche Genehmigung gemäß § 25a AWG 2002 und lag keine Genehmigung gemäß § 37 leg.cit. für die Tore 1 und 2 der bezeichneten Halle vor.

5.   Beweiswürdigung:

Die Feststellungen konnten im Hinblick auf die Inhalte des vorgelegten Verwaltungsaktes, des Gerichtsaktes sowie aufgrund des Gutachtens des Amtssachverständigen für Kraftfahrzeugtechnik in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25. Oktober 2018 getroffen werden:

5.1. Zu der in Punkt 4.1. getroffenen Feststellung ist darauf hinzuweisen, dass sich die Hinterlegung des angefochtenen Bescheides sowie der Beginn der Abholfrist aus dem im Akt befindlichen Rückschein ergeben. Für das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat sich weder aufgrund der Beschwerde noch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung ergeben, dass der Beschwerdeführer von der Abgabestelle abwesend gewesen ist.

5.2. Die in Punkt 4.2. getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der belangten Behörde und dem Gerichtsakt, insbesondere aus dem angefochtenen Bescheid, der Beschwerde, der Verhandlungsschrift zur Überprüfung der Halle am 17. Mai 2018 sowie einem Auszug aus dem Zentralen Melderegister.

5.3. Die in Punkt 4.3. enthaltenen Feststellungen – insbesondere betreffend die in der Halle gelagerten Fahrzeuge, die durchgeführten Zerlegearbeiten, die in den Fahrzeugen und Fahrzeugteilen vorgefundenen Flüssigkeiten sowie die mögliche Gefährdung von Schutzinteressen – konnten im Hinblick auf das nachvollziehbare und schlüssige Gutachten des Amtssachverständigen für Kraftfahrzeugtechnik, der beim Lokalaugenschein am 27. April 2017 anwesend war, in der öffentlichen mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich am 25. Oktober 2018 getroffen werden. Im Befund und Gutachten werden die vorgefundenen Fahrzeuge als Autowracks bezeichnet und werden die in den Fahrzeugen und Fahrzeugteilen vorgefundenen Betriebsmittel sowie ein diesen Fahrzeugen und Fahrzeugteilen zuordenbarer Betriebsmittelverlust beschrieben. Für das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich ist die Ausführung des Amtssachverständigen, dass aus sachverständiger Sicht im Hinblick auf die vorgefundenen Fahrzeuge, Fahrzeugteile sowie zuordenbaren Flüssigkeitsverluste von Zerlegearbeiten vor Ort auszugehen sei, – insbesondere auch im Hinblick auf die im Akt enthaltenen Fotos von der Begehung – schlüssig und nachvollziehbar. Zudem erläuterte der Amtssachverständige nachvollziehbar, dass im Hinblick auf die vorgefundenen Ölverschmutzungen in der gesamten Halle sowie auch in der Montagegrube eine Gefährdung von Schutzinteressen, wie insbesondere Wasser, nicht ausschließen sei.

Zur Feststellung, dass Zerlegearbeiten bis zum 09. August 2017 (Tag der Beschwerdeerhebung) vorgenommen wurden, ist auszuführen, dass der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde der sofortigen Schließung des Betriebes entgegengetreten ist sowie auf die gesetzten Maßnahmen zum Schutz des Grundwassers verwiesen hat. Es ist daher aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich davon auszugehen, dass zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch Zerlegearbeiten an Fahrzeugen vor Ort durchgeführt wurden. Aus der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren von der belangten Behörde vorgelegten Verhandlungsschrift zur Überprüfung der Halle am 17. Mai 2018 ergibt sich, dass die Halle, Tor 1 und 2, nunmehr vollständig geräumt ist. Zu welchem Zeitpunkt die Räumung dieses Bereiches der Halle erfolgte, hat sich für das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich weder aus dieser Verhandlungsschrift noch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25. Oktober 2018, an welcher auch ein Vertreter der belangten Behörde teilnahm, ergeben.

Dass sich die verfahrensgegenständliche Halle, Tor 1 und 2, Grundstück Nr. *** in der *** – und nicht wie im Spruch des angefochtenen Bescheides bezeichnet in der *** – befindet, ergibt sich übereinstimmend aus der Einsichtnahme in das Grundbuch sowie der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegten Verhandlungsschrift zur Überprüfung der Halle am 17. Mai 2018.

5.4. Der schon im angefochtenen Bescheid enthaltenen Feststellung (vgl. Punkt 4.4.), dass der Beschwerdeführer über keine Genehmigung gemäß §§ 25a oder 37 AWG 2002 verfüge, wurde auch seitens des Beschwerdeführers nicht entgegengetreten.

6.   Rechtslage:

6.1. § 28 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) lautet:

„§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.“

6.2. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des AWG 2002 lauten:

„Ziele und Grundsätze

§ 1. […]

(3) Im öffentlichen Interesse ist die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich, wenn andernfalls

1.   die Gesundheit der Menschen gefährdet oder unzumutbare Belästigungen bewirkt werden können,

2.   Gefahren für Wasser, Luft, Boden, Tiere oder Pflanzen und deren natürlichen Lebensbedingungen verursacht werden können,

3.   die nachhaltige Nutzung von Wasser oder Boden beeinträchtigt werden kann,

4.   die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt werden kann,

5.   Brand- oder Explosionsgefahren herbeigeführt werden können,

6.   Geräusche oder Lärm im übermäßigen Ausmaß verursacht werden können,

7.   das Auftreten oder die Vermehrung von Krankheitserregern begünstigt werden können,

8.   die öffentliche Ordnung und Sicherheit gestört werden kann oder

9.   Orts- und Landschaftsbild sowie Kulturgüter erheblich beeinträchtigt werden können.

[…]“

„Begriffsbestimmungen

§ 2. (1) Abfälle im Sinne dieses Bundesgesetzes sind bewegliche Sachen,

1.   deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder,

2.   deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§ 1 Abs. 3) nicht zu beeinträchtigen.

[…]

(3) Eine geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse (§ 1 Abs. 3) erforderlich, solange

10. eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder

11. sie in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.

[…]

(7) Im Sinne dieses Bundesgesetzes sind

1.   „Behandlungsanlagen“ ortsfeste oder mobile Einrichtungen, in denen Abfälle behandelt werden, einschließlich der damit unmittelbar verbundenen, in einem technischen Zusammenhang stehenden Anlagenteile;

[…]“

„Behandlungsanlagen

Genehmigungs- und Anzeigepflicht für ortsfeste Behandlungsanlagen

§ 37. (1) Die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung von ortsfesten Behandlungsanlagen bedarf der Genehmigung der Behörde. Die Genehmigungspflicht gilt auch für ein Sanierungskonzept gemäß § 57 Abs. 4.

[…]

(2) Der Genehmigungspflicht gemäß Abs. 1 unterliegen nicht

3a. Behandlungsanlagen zur Vorbereitung zur Wiederverwendung von Altfahrzeugen, Elektro- und Elektronikaltgeräten, Abfällen der Abfallart 35203 „Fahrzeuge, Arbeitsmaschinen und -teile, mit umweltrelevanten Mengen an gefährlichen Anteilen oder Inhaltsstoffen (zB Starterbatterie, Bremsflüssigkeit, Motoröl)“ gemäß Abfallverzeichnisverordnung, BGBl. II Nr. 570/2003 in der Fassung BGBl. II Nr. 498/2008 und Gebinden (Werkstätten zur Reparatur einschließlich unmittelbar damit verbundener Zerlegearbeiten), sofern sie der Genehmigungspflicht gemäß den §§ 74 ff GewO 1994 unterliegen

[…]

(3) Folgende Behandlungsanlagen – sofern es sich nicht um IPPC-Behandlungsanlagen handelt – und Änderungen einer Behandlungsanlage sind nach dem vereinfachten Verfahren (§ 50) zu genehmigen:

4.   a) Behandlungsanlagen zur Zerlegung von Altfahrzeugen,

[…]“

„Überwachung von Behandlungsanlagen und Maßnahmen für die Betriebs- und Abschlussphase

§ 62. (1) Die Behörde hat Behandlungsanlagen, die gemäß den §§ 37, 52 oder 54 genehmigungspflichtig sind, längstens alle fünf Jahre zu überprüfen. IPPC-Behandlungsanlagen sind entsprechend den Fristen gemäß § 63a Abs. 4 zu überprüfen.

(2) Besteht der Verdacht eines konsenswidrigen Betriebs einer Behandlungsanlage, die gemäß den §§ 37, 52 oder 54 genehmigungspflichtig ist, so hat die Behörde – unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens – den Inhaber einer Behandlungsanlage zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands innerhalb einer angemessenen Frist aufzufordern. Kommt der Inhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustands erforderlichen, geeigneten Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die teilweise oder gänzliche Schließung, zu verfügen.

(2a) Ist es offenkundig, dass eine Behandlungsanlage ohne Genehmigung betrieben wird oder der Inhaber der Behandlungsanlage gefährliche Abfälle sammelt oder behandelt, ohne über eine Erlaubnis gemäß § 24a zu verfügen, hat die Behörde ohne vorausgehendes Verfahren die Schließung des gesamten der Rechtsordnung nicht entsprechenden Betriebs bescheidmäßig zu verfügen.

(2b) Wird durch den Betrieb einer Behandlungsanlage die Gesundheit, das Leben oder das Eigentum eines Dritten gefährdet oder stellt der Betrieb einer Behandlungsanlage eine unmittelbare erhebliche Gefährdung der Umwelt dar, hat die Behörde ohne vorausgehendes Verfahren die erforderlichen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die teilweise oder gänzliche Schließung, bescheidmäßig zu verfügen.

(2c) Die Bescheide gemäß Abs. 2a oder 2b sind sofort vollstreckbar. Liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs. 2, 2a oder 2b nicht mehr vor, so hat die Behörde die getroffenen Maßnahmen ehestmöglich zu widerrufen.

(3) Ergibt sich nach der Erteilung einer Genehmigung gemäß den §§ 37, 44, 52 oder 54, dass die gemäß § 43 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid enthaltenen Auflagen, Bedingungen oder Befristungen nicht hinreichend geschützt sind, so hat die Behörde die erforderlichen, nach dem nunmehrigen Stand der Technik geeigneten Maßnahmen vorzuschreiben. Geeignete Maßnahmen sind insbesondere Untersuchungen, Beprobungen, Messungen, nachträgliche Auflagen, Erstellung und Durchführung eines Sanierungskonzepts, Beseitigung von bereits eingetretenen Folgen von Auswirkungen der Behandlungsanlage, vorübergehende oder dauernde Einschränkungen der Behandlungsanlage oder die gänzliche oder teilweise Einstellung des Betriebs.

[…]“

6.3. Die hier maßgebliche Bestimmung der Altfahrzeugeverordnung lautet:

„Begriffsbestimmungen

§2. Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Begriff

[…]

2.       „Altfahrzeug“ Fahrzeuge, die im Sinne von § 2 Abs. 1 AWG 2002, BGBl. I Nr. 102/2002, als Abfall gelten; Oldtimer gelten nicht als Altfahrzeuge im Sinne dieser Verordnung;

[…]

6.       „Behandlung von Altfahrzeugen“ Tätigkeiten, die nach der Übergabe des Altfahrzeuges an eine Anlage zur Beseitigung von Schadstoffen, zur Demontage, zur Grobzerkleinerung, zum Shreddern, zur Verwertung oder zur Vorbereitung der Beseitigung der Shredderabfälle durchgeführt werden, und sonstige Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Verwertung oder Beseitigung von Altfahrzeugen und Altfahrzeugbauteilen.

[…]“

7.   Erwägungen:

7.1. Zur Zulässigkeit der Beschwerde:

7.1.1. Die Beschwerde ist zulässig.

7.1.2. Soweit in der Beschwerde ausgeführt ist, dass der Bescheid „ – soweit überblickbar – nicht zugestellt“, sondern einem Mitarbeiter des Beschwerdeführers durch die Vermieterin der bezeichneten Halle zur Kenntnis gebracht worden sei, ist auf die oben getroffene Feststellung zu verweisen, wonach der angefochtene Bescheid dem Beschwerdeführer am 19. Juli 2017 hinterlegt und die Abholfrist am 20. Juli 2017 zu laufen begann (s. zB VwGH 08.07.2004, 2004/09/0033, mwN, wonach der Rückschein eine öffentliche Urkunde darstellt, welche als solche die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich hat). Gemäß § 17 Abs. 3 dritter Satz des Zustellgesetzes (ZustG) gilt eine hinterlegte Sendung mit dem ersten Tag der Abholfrist als zugestellt. Dass der Beschwerdeführer von der verfügten Abgabestelle – dieselbe Adresse ist in der vom Beschwerdeführer durch seine damalige Rechtsvertretung erhobenen Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich angeführt – im Sinne des § 17 Abs. 3 letzter Satz ZustG abwesend gewesen wäre, hat sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht ergeben. Die vom Beschwerdeführer durch seine damalige Rechtsvertretung erhobene Beschwerde ist innerhalb der vierwöchigen Beschwerdefrist (vgl. § 7 Abs. 4 VwGVG) und damit rechtzeitig erhoben worden.

7.1.3. Auch ist der Beschwerdeführer aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich in der Zustellverfügung des angefochtenen Bescheides durch die Angabe des Namens „A“ hinreichend individualisiert. Wenngleich nunmehr in der Verhandlungsschrift zur Überprüfung der Halle am 17. Mai 2018 ein „C“ bezeichnet ist und nur eine Person mit diesem Namen im Zentralen Melderegister aufscheint, bezeichnete sich der Beschwerdeführer selbst in der gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde – unter Angabe der derselben Adresse wie in der Zustellverfügung des angefochtenen Bescheides – als „A“. Die Identität des Bescheidadressaten steht daher aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich zweifelsfrei fest (vgl. hierzu auch Hengstschläger/Leeb, AVG § 56 Rz. 41 ff).

7.2. In der Sache:

7.2.1. § 62 Abs. 2a AWG 2002 sieht die bescheidmäßige Verfügung der Schließung des gesamten der Rechtsordnung nicht entsprechenden Betriebs einer Behandlungsanlage ohne vorausgehendes Verfahren vor, wenn „offenkundig“ ist, dass die Behandlungsanlage ohne Genehmigung betrieben wird oder der Inhaber der Behandlungsanlage gefährliche Abfälle sammelt oder behandelt, ohne über eine Berechtigung gemäß § 24a leg.cit. zu verfügen.

Gemäß § 37 Abs. 1 AWG 2002 bedarf die Errichtung, der Betrieb und die wesentliche Änderung einer ortsfesten Behandlungsanlage der Genehmigung durch die Behörde. Behandlungsanlagen zur Zerlegung von Altfahrzeugen sind, sofern es sich nicht um IPPC-Behandlungsanlagen handelt, gemäß § 37 Abs. 3 Z 4 lit. a AWG 2002 dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen. Eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht nach dem AWG 2002 besteht hingegen für Behandlungsanlagen zur Vorbereitung zur Wiederverwendung von Altfahrzeugen (Werkstätten zur Reparatur einschließlich unmittelbar damit verbundener Zerlegearbeiten), sofern diese der Genehmigungspflicht gemäß den §§ 74 ff der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) unterliegen (vgl. § 37 Abs. 2 Z 3a AWG 2002).

§ 2 Abs. 7 Z 1 AWG 2002 definiert Behandlungsanlage als (mobile oder) ortsfeste Einrichtung, in der Abfälle behandelt werden, einschließlich der damit unmittelbar verbundenen, in einem technischen Zusammenhang stehenden Anlagenteile.

Die Legaldefinition des § 2 Z 6 Altfahrzeugeverordnung bestimmt, dass die „Behandlung von Altfahrzeugen" Tätigkeiten darstellen, die nach der Übergabe des Altfahrzeuges an eine Anlage zur Beseitigung von Schadstoffen, zur Demontage, zur Grobzerkleinerung, zum Shreddern, zur Verwertung oder zur Vorbereitung der Beseitigung der Shredderabfälle durchgeführt werden, und sonstige Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Verwertung oder Beseitigung von Altfahrzeugen und Altfahrzeugbestandteilen.

7.2.2. Im vorliegenden Fall ging die belangte Behörde zu Recht davon aus, dass für die festgestellten Tätigkeiten in der bezeichneten Halle, Tor 1 und 2, eine Genehmigung gemäß § 37 Abs. 3 Z 4 lit. a AWG 2002 erforderlich ist:

7.2.2.1. Wie festgestellt wurden in der Halle, Tor 1 und 2, – und damit in einer ortsfesten Einrichtung im Sinne des § 2 Abs. 7 Z 1 AWG 2002 – Arbeiten an Fahrzeugen durchgeführt, die sich insbesondere nicht in einem fahrtauglichen Zustand befunden haben, aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht bestimmungsgemäß verwendet werden konnten und nicht nach dem Stand der Technik trockengelegt waren:

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Umstand, dass in Autowracks umweltrelevante Mengen an gefährlichen Anteilen und Inhaltsstoffen, wie zB Bremsflüssigkeiten oder Motoröl, vorhanden sind, nach der Lebenserfahrung einen so hohen Grad an Wahrscheinlichkeit, dass davon ausgegangen werden könne, dass nicht trockengelegte Autowracks gefährlicher Abfall sind. Um davon ausgehen zu können, bedürfe es keiner detaillierten Untersuchung. Auf eine konkrete Kontamination komme es bei der Beurteilung des Vorliegens von „gefährlichem Abfall" nicht an (vgl. etwa VwGH 13.07.2017, Ra 2017/05/008; 29.09.2016, Ro 2014/07/0041, mwN).

Vor diesem Hintergrund ergibt sich für das Landesverwaltungsgericht für die nicht betriebsbereiten, nicht in bestimmungsgemäßer Verwendung stehenden und nicht nach dem Stand der Technik trockengelegten Fahrzeuge (Autowracks) sowie die vorgefundenen Fahrzeugteile eindeutig, dass diese als gefährlicher Abfall im objektiven Sinn anzusprechen sind: Durch die in den Fahrzeugen und Fahrzeugteilen enthaltenen Betriebsflüssigkeiten sowie festgestellten Flüssigkeitsaustritte kann – im Einklang mit dem Gutachten des Amtssachverständigen für Kraftfahrzeugtechnik – eine mögliche Beeinträchtigung der in § 1 Abs. 3 AWG 2002 genannten Schutzgüter, insbesondere eine Gefährdung für Wasser (Grundwasser), eine Brand- oder Explosionsgefahr sowie eine Beeinträchtigung der Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus, nicht ausgeschlossen werden (vgl. auch VwGH 18.02.2010, 2009/07/0131, mwN, wonach zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmals der Verunreinigung der Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus [§ 1 Abs. 3 Z 4 AWG 2002] der tatsächliche Austritt von Öl oder sonstigen Betriebsmitteln aus Autowracks nicht erforderlich sei; es genüge vielmehr die Möglichkeit eines Austrittes von Betriebsmitteln aus den vorgefundenen Autowracks).

Die vorgefundenen Fahrzeuge (Autowracks) und Fahrzeugteile sind daher als gefährlicher Abfall und „Altfahrzeuge“ im Sinne der Altfahrzeugeverordnung anzusprechen (vgl. § 2 Z 2 und 6 der Altfahrzeugeverordnung).

7.2.2.2. Wie festgestellt sind die an diesen Altfahrzeugen durchgeführten Arbeiten als Zerlegungsarbeiten zu qualifizieren, weshalb auch im Sinne der Legaldefinition des § 2 Z 6 der Altfahrzeugeverordnung eine „Behandlung von Altfahrzeugen“ vorliegt.

7.2.2.3. Entsprechend § 2 Abs. 7 Z 1 AWG 2002 wurde sohin in einer ortsfesten Einrichtung, nämlich in den Toren 1 und 2 der bezeichneten Halle, Abfälle behandelt, ohne dass der Beschwerdeführer – wie festgestellt – über eine Genehmigung nach § 37 Abs. 3 Z 4 lit. a AWG 2002 verfügt hat.

Auch bestehen im Hinblick auf die oben getroffenen Feststellungen (vgl. Punkt 4; Durchführung von Zerlegearbeiten) keine Anhaltspunkte für die Erfüllung des Ausnahmetatbestandes in § 37 Abs. 2 Z 3a AWG 2002 (Behandlungsanlage zur Vorbereitung zur Wiederverwendung von Altfahrzeugen – Werkstätte zur Reparatur) und wurde ein entsprechendes Vorbringen vom Beschwerdeführer auch nicht erstattet (vgl. Erl. zu RV 2293 BlgNR XXIV. GP, wonach unter diese Ausnahmebestimmung KFZ-Werkstätten fallen, die von KFZ-Mechanikern gemäß § 94 Z 43 GewO 1994 betrieben werden, und in denen Altfahrzeuge repariert werden).

7.2.3. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist „offenkundig" nach § 62 Abs. 2a AWG 2002 im Sinne seiner Judikatur zu § 360 Abs. 3 GewO 1994 zu verstehen, da sich aus den Materialien (1147 der Beilagen XXII. GP, 18) ergebe, dass § 62 Abs. 2a bis 2c AWG 2002 der Bestimmung des § 360 GewO 1994 nachgebildet sei. Dabei sei eine Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 iSd § 360 Abs. 3 GewO 1994 „offenkundig", wenn bei Bedachtnahme auf den der Behörde offenliegenden Sachverhalt daran keine Zweifel bestehen (vgl. VwGH 29.10.2015, Ro 2015/07/0032 und VwGH 28.05.2015, 2012/07/0003, jeweils mwN).

Bei Bedachtnahme auf den der belangten Behörde damals offen gelegenen Sachverhalt, insbesondere die Ergebnisse des Lokalaugenschein am 27. April 2017, sowie die oben getroffenen Feststellungen mussten weder für die belangte Behörde noch für das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich Zweifel bestehen, dass im vorliegenden Fall eine Abfallbehandlungsanlage ohne Genehmigung betrieben wurde.

7.2.4. Da das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich aufgrund der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Erlassung seiner Entscheidung abzusprechen hat, ist im vorliegenden Fall auch zu berücksichtigen, dass die Halle zwischenzeitig vollständig von Altfahrzeugen geräumt wurde und damit nunmehr die Voraussetzungen für einen Auftrag gemäß § 62 Abs. 2a AWG 2002 nicht mehr erfüllt sind.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein vergangenheitsbezogener Feststellungsbescheid zu erlassen, wenn während der Anhängigkeit des Beschwerdeverfahrens die Voraussetzung für die Erlassung eines Bescheides gemäß § 360 GewO 1994 wegfällt. Diesfalls hat sich die Entscheidung auf den Zeitraum beginnend ab der Setzung der Maßnahme bis zum Wegfall der Voraussetzung zu beziehen (vgl. VwGH 24.10.2001, 2000/04/0142; VwSlg. 15632 A/2001). Da § 62 Abs. 2a bis 2c AWG 2002 – wie dargelegt – der Bestimmung des § 360 GewO 1994 nachgebildet ist, hat aus Sicht des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich nichts anderes für einen Stilllegungsbescheid gemäß § 62 Abs. 2a AWG 2002 zu gelten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Nur darauf hingewiesen wird, dass im Hinblick auf die bereits erfolgte vollständige Räumung der bezeichneten Halle, Tor 1 und 2, nunmehr vom Beschwerdeführer keine weiteren Maßnahmen zu setzen sind.

8.   Zur Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht. Ansonsten stützt sich die Entscheidung auf den eindeutigen und klaren Gesetzeswortlaut (vgl. aus der st. Rsp. zur Unzulässigkeit der Revision in derartigen Fällen zB VwGH 15.12.2016, Ra 2016/18/0343).

Schlagworte

Umweltrecht; Abfallwirtschaft; Altfahrzeug; gefährlicher Abfall; Feststellungsbescheid;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1002.001.2017

Zuletzt aktualisiert am

20.11.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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