TE Vwgh Beschluss 1999/10/19 94/18/0819

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Veröffentlicht am 19.10.1999
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

FrG 1993 §17 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs1;
FrG 1993 §37 Abs2;
FrG 1993 §54 Abs1;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §47;
VwGG §50;
VwGG §58 Abs2 idF 1997/I/088;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rosenmayr und Dr. Rigler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Paal, in der Beschwerdesache des MD, geboren am 17. April 1974, vertreten durch Dr. Martina Withoff, Rechtsanwalt in 3910 Zwettl, Hauptplatz 5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 1. August 1994, Zl. Fr 869/94, betreffend Ausweisung und Feststellung gemäß § 54 Abs. 1 FrG, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 1. August 1994 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsbürger der Bundesrepublik Jugoslawien, zum Einen gemäß § 17 Abs. 1 iVm § 5 und § 15 Abs. 1 des Fremdengesetzes-FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen und zum Anderen festgestellt, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass er in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

Mit Verfügung vom 16. Juli 1999 teilte der Verwaltungsgerichtshof den Parteien des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit, dass er vorläufig davon ausgehe, dass der Beschwerdeführer im Sinn der Verordnung der Bundesregierung vom 27. April 1999, BGBl. II Nr. 133, der Volksgruppe der Kosovo-Albaner angehöre, vor dem 15. April 1999 aus dem Kosovo kommend in das Bundesgebiet eingereist sei und infolge des bewaffneten Konfliktes derzeit nicht in seine Heimat zurückkehren könne. Den Parteien wurde die Möglichkeit eingeräumt, binnen zwei Wochen zu dieser Annahme Stellung zu nehmen und allenfalls bekannt zu geben, ob der Beschwerdeführer anderweitig Schutz vor Verfolgung hätte finden können; letzterer wurde weiters aufgefordert, anzugeben, ob und bejahendenfalls in welchen subjektiven Rechten er sich durch den angefochtenen Bescheid (noch) als verletzt erachte.

Der Beschwerdeführer bestätigte in seiner Äußerung die eben beschriebene vorläufige Annahme des Verwaltungsgerichtshofes.

Die belangte Behörde stellte in ihrer Äußerung das Vorliegen der vom Verwaltungsgerichtshof vorläufig angenommenen Voraussetzungen nicht in Abrede; sie verwies allerdings auch darauf, dass der Beschwerdeführer laut Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft Zwettl am 14. März 1995 vom Gemeindeamt Sallingberg abgemeldet worden sei, da er in die USA verzogen wäre.

Gemäß § 2 des am 28. April 1999 in Kraft getretenen Art. I der auf Grundlage der §§ 18 und 29 des Fremdengesetzes, BGBl. I Nr. 75/1997 erlassenen Verordnung der Bundesregierung, BGBl. II Nr. 133, mit der das Aufenthaltsrecht kriegsvertriebener Kosovo-Albaner geregelt und die Niederlassungsverordnung 1999 geändert wird, kommt Staatsangehörigen der Bundesrepublik Jugoslawien, die glaubhaft machen, Kosovo-Albaner zu sein, sowie deren Ehegatten und minderjährigen Kindern, die vor dem 15. April 1999 aus dem Kosovo kommend in das Bundesgebiet eingereist sind, infolge des bewaffneten Konfliktes derzeit nicht in ihre Heimat zurückkehren und anderweitig keinen Schutz vor Verfolgung finden können, ein vorübergehendes Aufenthaltsrecht zu. Dies gilt nicht für Fremde, die sonst ein Aufenthaltsrecht haben.

Es ist Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass eine Ausweisung gemäß § 17 Abs. 1 FrG gegenstandslos wird, wenn dem Fremden nach Erlassung des Bescheides (wieder) ein Recht zum Aufenthalt zukommt, somit sein Aufenthalt nachträglich legalisiert wird. In diesem Fall hat die Ausweisung keine Rechtswirkungen mehr und kann auf Grund des inzwischen rechtmäßigen Aufenthaltes nicht mehr vollzogen werden. Sollte der Aufenthalt des Fremden zu einem späteren Zeitpunkt (wieder) unrechtmäßig werden, so könnte er nicht in Vollziehung der ursprünglichen, auf Grund eines früheren illegalen Aufenthaltes erlassenen Ausweisung beendet werden, sondern müsste die Frage, ob sich der Fremde neuerlich illegal im Bundesgebiet aufhält, in einem weiteren Verfahren nach § 17 FrG (nunmehr § 33 Abs. 1 Fremdengesetz 1997) geklärt werden. Wodurch die nachträgliche Legalisierung bewirkt wird, spielt keine Rolle; einer Entscheidung über eine Beschwerde gegen eine vor der Aufenthalts-Legalisierung erlassene Ausweisung kommt jedenfalls nur mehr abstrakt-theoretische Bedeutung zu (vgl. zum Ganzen die hg. Beschlüsse vom 13. November 1997, Zl. 96/18/0139, 0140, und vom 1. Juli 1999, Zl. 97/21/0592 mwN). Ebenso gegenstandslos wird ein Ausweisungsbescheid dadurch, dass der Fremde ausreist. Auch durch die Ausreise ist der mit der Ausweisung verfolgte Zweck erfüllt, und wird der Ausweisungsbescheid gegenstands- und wirkungslos (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 17. Dezember 1997, Zl. 97/21/0789 und vom 30. April 1998, Zl. 97/18/0649).

Von daher kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, auf welchem Sachverhalt die nunmehrige Gegenstandslosigkeit der mit dem angefochtenen Bescheid gegen den Beschwerdeführer erlassenen Ausweisung beruht. Maßgeblich ist allein, dass - nach dem Vorgesagten unzweifelhaft - die Wirkungslosigkeit dieser Maßnahme eingetreten ist. Es ist nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer - etwa dadurch, dass mit der Ausweisung gemäß § 11 Abs. 2 FrG ein Sichtvermerk ungültig geworden wäre, oder er wegen Nichtausreise entgegen der Ausweisung gemäß § 82 Abs. 1 Z. 1 FrG bestraft worden wäre - durch den angefochtenen Bescheid noch in Rechten verletzt sein könnte. Daher war die Beschwerde wegen nachträglichen Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses - ohne dass ein Fall der Klaglosstellung vorliegt - insofern als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Nichts anderes gilt für den angefochtenen Bescheid, soweit damit festgestellt wurde, dass keine stichhaltigen Gründe für die Annahme bestünden, dass der Beschwerdeführer in den Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien gemäß § 37 Abs. 1 oder 2 FrG bedroht sei. Mit der Gegenstandslosigkeit der gegen ihn erlassenen Ausweisung steht dem Beschwerdeführer nämlich keine Abschiebung mehr bevor (vgl. die hg. Beschlüsse vom 13. November 1997, Zl. 96/18/0139, 0140 und vom 27. November 1998, Zl. 95/21/0983), und ist die Feststellung betreffend die Zulässigkeit seiner Abschiebung in die Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslawien wirkungslos geworden. Daher ist auch sein diesbezügliches Rechtsschutzbedürfnis nachträglich weggefallen und war die Beschwerde auch insofern als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG ist der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht zu berücksichtigen; würde hiebei die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden.

Für die Entscheidung auf Grund der genannten Gesetzesstelle war maßgeblich, dass die belangte Behörde die Rechtslage jedenfalls insofern verkannte, als sie die Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer Gefängnisstrafe von 50 Tagen durch die Gemeindebehörde für Strafsachen Peje deswegen, weil er als Streikführer Protestversammlungen für Schüler und Lehrer organisiert und Reden gehalten habe, mit der Begründung als nicht stichhaltigen Hinweis auf eine Bedrohung oder Gefährdung im Sinn des § 37 Abs. 1 oder 2 FrG wertete, dass diese Verurteilung jeden Angehörigen der Bundesrepublik Jugoslawien bei der Ausübung der Tätigkeit als Streikführer bzw. Verfasser von untersagten Reden träfe, und nicht in Betracht zog, dass es hier offensichtlich um eine strafrechtliche Verfolgung wegen der politischen Ansichten (vgl. § 37 Abs. 2 FrG) des Beschwerdeführers ging. Gemäß §§ 47 ff , insb. 50, VwGG hatte daher ein Kostenausspruch zugunsten des Beschwerdeführers zu erfolgen.

Wien, am 19. Oktober 1999

Schlagworte

Zuspruch von Aufwandersatz gemäß §58 Abs2 VwGG idF BGBl 1997/I/088

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1994180819.X00

Im RIS seit

08.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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