TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/20 98/04/0091

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Veröffentlicht am 20.10.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/01 Gewerbeordnung;

Norm

AVG §63 Abs3;
GewO 1994 §78 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des J N in G, vertreten durch Dr. B, Rechtsanwalt in R, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 4. Dezember 1997, Zl. 311.826/1-III/A/2a/97, betreffend Zurückweisung einer Berufung (Verfahren gemäß § 78 Abs. 2 GewO 1973; mitbeteiligte Partei: G Produktionsgesellschaft mbH in G, vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in B, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.500,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 21. Oktober 1996 wurde der mitbeteiligten Partei für die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 19. Mai 1992 gewerberechtlich genehmigte weitere Betriebsanlage zur Gummistreifenfertigung an einem näher bezeichneten Standort die Betriebsbewilligung erteilt.

Gegen diesen u.a. auch ihm zugestellten Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 30. Jänner 1997 wurde diese Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 78 Abs. 2 iVm § 356 Abs. 4 GewO 1973 als unzulässig zurückgewiesen.

Gegen diesen Zurückweisungsbescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich erhob der Beschwerdeführer Berufung. Er stellte darin den Antrag "an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten, als Gewerbebehörde III. Instanz, diese möge der Berufung Folge leisten und den angefochtenen Bescheid der O.Ö. Landesregierung Ge-442114/1-1997/MSch/Th vom 30.1.1997 aufzuheben und die beantragte gewerberechtliche Bewilligung vor Klärung des Tatbestandes abzuweisen". Zu diesem Berufungsantrag erstattete der Beschwerdeführer folgendes Vorbringen:

"Ich J N wohnhaft in G ergreife das Rechtsmittel der Berufung und begründe dies wie folgt:

1) Die dem Genehmigungsverfahren anhaftenden Verfahrensmängel wurden nicht im Sinne der eingebrachten Berufungen und im Sinne der Gesetzeslage ausjudiziert.

2) Die zur Genehmigung ausgeschriebene Betriebsanlage weicht im Wesentlichen stark vom Projekt gemäß der Antragstellung ab und entsprechen die Filteranlagen nicht den Behördenauflagen nachdem es nach wie vor zu starken Geruchsbelästigungen kommt.

3) Eine Rechtsnachfolgerin im Sinne der Gesetzeslage Handelsgesetzbuch (HGB) gibt es nicht. Entsprechende Notariatsakte liegen über die so genannte Rechtsnachfolgerin im Firmenbuch nicht auf. Sohin gibt es auch für die Betriebsbewilligung keinen legitimierten Rechtsträger."

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 4. Dezember 1997 wurde die Berufung des Beschwerdeführers "gemäß § 63 Abs. 3 AVG mangels begründetem Berufungsantrag als unzulässig zurückgewiesen".

Zur Begründung dieser Entscheidung führte der Bundesminister - nach Darlegung des Verfahrensganges und der maßgebenden Rechtslage - im Wesentlichen aus, bei einer Berufung, die auf den Spruch des angefochtenen Bescheides und seine Begründung (Zurückweisung wegen mangelnder Parteistellung) in keiner Weise Bezug nehme, könne nicht von einem begründeten Berufungsantrag gesprochen werden. Bei der Berufung des Beschwerdeführers sei dies der Fall, weshalb seine Berufung wegen des Mangels eines begründeten Berufungsantrages als unzulässig zurückzuweisen und auf das Berufungsvorbringen nicht einzugehen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht auf inhaltliche Erledigung seiner Berufung gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 30. Jänner 1997 verletzt. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird. Auch die mitbeteiligte Partei erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung den Bescheid zu bezeichnen, gegen den sie sich richtet, und einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.

Unbestritten ist, dass die Berufung des Beschwerdeführers das Erfordernis der Bezeichnung des bekämpften Bescheides erfüllte und einen ausdrücklichen Berufungsantrag enthielt. Die belangte Behörde erachtete die Berufung des Beschwerdeführers deshalb für unzulässig, weil dieser Berufungsantrag nicht "begründet" im Sinn des § 63 Abs. 3 AVG sei.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Bestimmung des § 63 Abs. 3 AVG nicht formalistisch auszulegen. Ein begründeter Berufungsantrag liegt vor, wenn die Eingabe erkennen lässt, welchen Erfolg der Einschreiter anstrebt und womit er seinen Standpunkt vertreten zu können glaubt. Für die Beurteilung, ob ein Berufungsantrag begründet ist, ist nicht wesentlich, dass die Begründung auch stichhältig ist. Auch eine - aus objektiver Sicht - unzutreffend begründete Berufung vermag die Unzulässigkeit dieses Rechtsmittels nicht zu bewirken (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. März 1997, Zl. 96/04/0200, vom 27. Mai 1997, Zl. 96/04/0159, und vom 28. Oktober 1997, Zl. 95/04/0136).

Der vom Beschwerdeführer erhobenen Berufung - die unzweifelhaft erkennen lässt, welcher Erfolg angestrebt wird - ist auch hinreichend zu entnehmen, mit welcher Begründung der Beschwerdeführer seinen Standpunkt vertreten zu können glaubt. Dass die belangte Behörde diese Berufungsbegründung im Rahmen der Prüfung der formellen Voraussetzungen des Rechtsmittels für inhaltlich nicht zielführend bzw. als nicht erfolgversprechend erachtete, vermag daran nichts zu ändern, dass ein begründeter Berufungsantrag im Sinn des § 63 Abs. 3 AVG vorgelegen ist und demnach über diese zulässige Berufung hätte meritorisch abgesprochen werden müssen.

Da die belangte Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 20. Oktober 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998040091.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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