TE Vwgh Beschluss 2018/10/24 Ra 2018/14/0102

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Veröffentlicht am 24.10.2018
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §62 Abs4;
VwGVG 2014 §17;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/14/0103 Ra 2018/14/0106 Ra 2018/14/0105 Ra 2018/14/0104

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofrätin Mag. Rossmeisel sowie den Hofrat Dr. Faber als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schweinzer, in der Revisionssache des 1. AB, der 2. CD, des

3. EF, der 4. GH und der 5. IJ, alle in Sulz, alle vertreten durch Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 9. April 2018,

1) L502 2117725-1/35E, 2) L502 2117723-1/20E, 3) L502 2117727- 1/9E, 4) L502 2117729-1/9E und 5) L502 2190247-1/2E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005 und dem FPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die erst- und zweirevisionswerbenden Parteien sind verheiratet und Eltern der minderjährigen dritt- bis fünftrevisionswerbenden Parteien. Die revisionswerbenden Parteien sind türkische Staatsangehörige. Sie stellten am 21. September 2014 (betreffend die erst- bis drittrevisionswerbenden Parteien), am 6. April 2015 (betreffend die in Österreich geborene viertrevisionswerbende Partei) und am 10. Jänner 2018 (betreffend die in Österreich geborene fünftrevisionswerbende Partei) Anträge auf internationalen Schutz in Österreich.

2 Mit Bescheiden vom 5. November 2015 (betreffend die erstbis viertrevisionswerbenden Parteien) und vom 23. Februar 2018 (betreffend die fünftrevisionswerbende Partei) wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl die Anträge der revisionswerbenden Parteien auf internationalen Schutz zur Gänze ab, erteilte keine Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen, erließ Rückkehrentscheidungen und stellte fest, dass die Abschiebung der revisionswerbenden Parteien in die Türkei zulässig sei. Die Frist für eine freiwillige Ausreise betrage vierzehn Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidungen.

3 Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom 9. April 2018 wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden hinsichtlich aller revisionswerbenden Parteien mit einer Maßgabe als unbegründet ab (Spruchpunkt A). Die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig (Spruchpunkt B). Begründend führte das BVwG zu Spruchpunkt B - in offenkundigem Widerspruch zum Inhalt des Spruches - aus, die Revision sei gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der grundsätzliche Bedeutung zukomme.

4 Mit Beschluss vom 26. Juni 2018, E 2070-2074/2018-7, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B-VG ab und trat die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

5 Mit Schriftsatz vom 14. August 2018 erhoben die revisionswerbenden Parteien die vorliegende Revision.

6 Mit Beschluss vom 22. August 2018 berichtigte das BVwG Spruchpunkt B des angefochtenen Erkenntnisses dahingehend, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

7 Eine Revision gegen den Berichtigungsbeschluss wurde von den revisionswerbenden Parteien nicht erhoben. Hat das Verwaltungsgericht seine Entscheidung gemäß § 62 Abs. 4 AVG iVm § 17 VwGVG berichtigt und wurde gegen diesen Berichtigungsbeschluss keine Revision erhoben, so hat der Verwaltungsgerichtshof als Prüfungsgegenstand die angefochtene Entscheidung in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses zugrunde zu legen, und zwar auch dann, wenn - wie hier - die Berichtigung erst nach der Erhebung der Revision an den Verwaltungsgerichtshof erfolgt (vgl. VwGH 19.10.2016, Ra 2016/12/0080; 4.7.2018, Ra 2017/10/0215, mwN).

8 In der vorliegenden Revision wird zur Zulässigkeit geltend gemacht, die behauptete Verletzung von Unionsgrundrechten sei immer als zwingender Grund für die Zulassung einer Revision anzusehen. Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem Ablehnungsbeschluss dargestellt, dass er die Güterabwägung nach Art. 8 EMRK nur unter dem Aspekt der Willkür zu prüfen habe. Ausgehend davon sei der Verwaltungsgerichtshof zur inhaltlichen Prüfung des Falles verpflichtet, weil andernfalls eine für die Anwendung des Unionsrechts "unerträgliche Lücke" entstehe. Die Revision sei auch zulässig, weil das BVwG seiner Entscheidung einen "geradezu unerträglichen" und "offenkundig lebensfremden" Länderbericht zu Grunde gelegt habe; die Klärung der Zustände in der Türkei stelle eine Grundsatzfrage des vorliegenden Verfahrens dar. Das angefochtene Erkenntnis nenne auch nicht die maßgebliche Rechtsgrundlage der Entscheidung über die Gewährung von subsidiärem Schutz, nämlich Art. 15 der Statusrichtlinie, und zitiere auch keine Entscheidungen des EuGH zum subsidiären Schutz. Nach Erwägungsgrund 16 der Statusrichtlinie sei jede drohende Grundrechtsverletzung, nicht nur eine Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK, bei der Beurteilung der Gewährung von subsidiärem Schutz zu berücksichtigen, wobei die Menschenwürde als oberstes Kriterium gelte.

9 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

10 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

11 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

12 Die Revision zeigt mit ihrem Zulässigkeitsvorbringen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf. Insbesondere wird nicht dargelegt, in welchen Unionsgrundrechten sich die revisionswerbenden Parteien konkret als verletzt erachten würden und warum die behauptete Verletzung von solchen immer ein zwingender Grund für die Zulassung einer Revision sein müsse (VwGH 12.10.2018, Ra 2018/14/0097 bis 0099; vgl. zu demselben Revisionsvorbringen auch VwGH 4.9.2018, Ra 2018/18/0436; 24.9.2018, Ra 2018/20/0430).

13 Soweit sich die Revision gegen die Länderfeststellungen wendet, legt sie nicht dar, welche konkreten "Zustände" in der Türkei fallbezogen zu klären wären und worin in diesem Zusammenhang eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liege, von deren Lösung die Revision abhänge.

14 Soweit die Revision auf Art. 15 und Erwägungsgrund 16 der Statusrichtlinie Bezug nimmt, legt sie nicht dar, in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage der Verwaltungsgerichtshof uneinheitlich oder noch gar nicht beantwortet hat (vgl. VwGH 10.9.2018, Ra 2018/19/0110, mwN).

15 In der Revision werden sohin keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 24. Oktober 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018140102.L00

Im RIS seit

19.11.2018

Zuletzt aktualisiert am

13.12.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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