TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/20 99/04/0108

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Veröffentlicht am 20.10.1999
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §87 Abs1 Z2;
GewO 1994 §87 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Martschin, über die Beschwerde des Johann F in F, vertreten durch den zum Verfahrenshelfer bestellten Rechtsanwalt Dr. M in I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 12. April 1999, Zl. IIa-53.007/5-99, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides entzog der Landeshauptmann von Tirol mit dem im Instanzenzug nach § 66 Abs. 4 AVG ergangenen Bescheid vom 12. April 1999 dem Beschwerdeführer gemäß § 87 Abs. 1 Z. 2 in Verbindung mit § 13 Abs. 3 GewO 1994 eine näher bezeichnete Gewerbeberechtigung. In der Begründung dieses Bescheides ging der Landeshauptmann davon aus, mit Beschluss des Landesgerichtes Innsbruck vom 21. Juli 1998 sei ein Antrag auf Eröffnung des Konkurses über das Vermögen des Beschwerdeführers mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens abgewiesen worden. Die von der belangten Behörde angestellten Ermittlungen hätten ergeben, dass bereits seit Mitte des Jahres 1996 laufend Exekutionsanträge gegen den Beschwerdeführer eingebracht worden seien. Allein in den Jahren 1997 und 1998 seien beim Bezirksgericht Kitzbühel 81 Exekutionsanträge gestellt worden. Weiters habe die Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft mit Schreiben vom 17. Februar 1999 mitgeteilt, auf dem Beitragskonto des Beschwerdeführers bestehe derzeit ein Rückstand in der Höhe von S 74.861,20 zuzüglich Zinsen und den im laufenden Quartal anfallenden Zahlungspflichten. Eine Ratenvereinbarung bestehe nicht und die weitere Gewerbeausübung liege nicht im Sinne der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft. Die Tiroler Gebietskrankasse habe mit Schreiben vom 22. Februar 1999 mitgeteilt, auf dem Beitragskonto des Beschwerdeführers bestehe derzeit ein Rückstand in der Höhe von S 50.244,05. Auch diesbezüglich sei eine Ratenvereinbarung nicht geschlossen worden. Nach Mitteilung dieses Ermittlungsergebnisses habe der Beschwerdeführer bekannt gegeben, dass er keine Verbindlichkeiten gegenüber Banken habe. Durch die Veräußerung seines Hauses seien seine Gesamtschulden von zunächst S 3,2 Mio. auf ca. S 900.000,-- vermindert worden. Er sehe daher kein Problem, seine gesamten Schulden bei der Tiroler Gebietskrankenkasse, der Sozialversicherungsanstalt und anderen Gläubigern durch "bereits teilweise" Ratenvereinbarungen längstens bis Anfang 2000 zu begleichen. Beweismittel für dieses Vorbringen seien nicht vorgelegt worden. Bei diesem Ermittlungsergebnis könne nicht davon ausgegangen werden, dass die weitere Gewerbeausübung durch den Beschwerdeführer vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht, die in Rede stehende Gewerbeberechtigung auszuüben, verletzt. In Ausführung des so formulierten Beschwerdepunktes bringt er vor, die von der belangten Behörde angestellte Interessenabwägung erweise sich als unzutreffend. Richtigerweise hätte sie zu dem Schluss kommen müssen, die Gewerbeausübung liege vorwiegend im Interesse der Gläubiger. Denn der Beschwerdeführer habe in konsequenter Weise erfolgreich versucht, eine weitestgehende Befriedigung seiner Gläubiger zu bewerkstelligen, was insbesondere durch die exekutive Versteigerung einer Liegenschaft habe erreicht werden können. Der Beschwerdeführer habe keine Verbindlichkeiten gegenüber Banken. Die Verbindlichkeiten gegenüber der Gebietskrankenkasse, der Sozialversicherungsanstalt und diversen Lieferanten hätten auf S 350.000,-- reduziert werden können. Die Ausübung des entzogenen Gewerbes erweise sich als entscheidend für die Begleichung der vorhandenen Verbindlichkeiten. Es sei auch Gewähr dafür gegeben, dass mit der Ausübung des den Gegenstand der Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen laufenden Zahlungsverpflichtungen nachgekommen werde. Nur durch die weitere Ausübung des entzogenen Gewerbes könne eine weitere Reduzierung der Forderungen der Gläubiger vorgenommen werden.

Mit diesem Vorbringen bestreitet der Beschwerdeführer nicht das Vorliegen des Entziehungsgrundes des § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994, er meint aber, es seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 2 GewO 1994 erfüllt, wonach die Behörde von der im Abs. 1 Z. 2 leg. cit. vorgeschriebenen Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Eröffnung des Konkurses oder Abweisung eines Antrages auf Konkurseröffnung mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens absehen kann, wenn die Gewerbeausübung vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, ist - ausgehend vom normativen Gehalt der zitierten Bestimmung - die Gewerbeausübung nur dann "vorwiegend im Interesse der Gläubiger gelegen", wenn auf Grund der nunmehrigen wirtschaftlichen Lage erwartet werden könne, dass der Gewerbetreibende auch den mit der Ausübung des den Gegenstand der ausgesprochenen Entziehung bildenden Gewerbes verbundenen Zahlungspflichten nachkommen wird, was jedenfalls voraussetzt, dass die erforderlichen liquiden Mittel zur Abdeckung der diesbezüglichen Verbindlichkeiten vorhanden sind. Hingegen ist es nicht schon allein entscheidungsrelevant, dass das entzogene Gewerbe ausgeübt wird, damit die vorhandenen Forderungen berichtigt werden (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 16. Juli 1996, Zl. 96/04/0098).

Der Beschwerdeführer verkennt diese Rechtslage insofern, als er offenbar meint, für das Vorliegen des Tatbestandselementes des "vorwiegenden Interesses der Gläubiger" genüge es, wenn der Gewerbetreibende trotz Vorhandenseins älterer fälliger Zahlungsverpflichtungen seinen aus der laufenden Gewerbeausübung entstehenden neuen Zahlungsverpflichtungen nachkommt und gleichzeitig Beiträge zur Verringerung der bereits vorhandenen Forderungen leistet. Dabei übersieht der Beschwerdeführer aber, dass es in einer solchen Situation z. B. durch die Exekutionsführung eines "Altgläubigers" leicht dazu kommen kann, dass trotz entgegenstehender Absicht des Gewerbetreibenden die Erfüllung der aus der laufenden Geschäftsführung entstandenen Verbindlichkeiten verhindert wird. Die Erfüllung des Tatbestandselementes des vorwiegenden Interesses der Gläubiger im Sinne des § 87 Abs. 2 GewO 1994 erfordert daher, dass der Gewerbetreibende hinsichtlich aller gegen ihn bereits bestehenden Forderungen Zahlungsvereinbarungen abgeschlossen hat und diese auch pünktlich erfüllt (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 16. Juli 1996, Zl. 96/04/0098).

Diese Voraussetzungen sind, wie sich auch aus dem Beschwerdevorbringen ergibt, im vorliegenden Fall nicht erfüllt, räumt doch der Beschwerdeführer selbst ein, offene und fällige Verbindlichkeiten in der Höhe von rund S 350.000,-- zu haben.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag daher in der Rechtsansicht der belangten Behörde, es seien die Tatbestandsvoraussetzungen für ein Absehen von der nach § 87 Abs. 1 Z. 2 GewO 1994 gebotenen Entziehung der Gewerbeberechtigung nicht erfüllt, eine Rechtswidrigkeit nicht zu erblicken.

Da somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 20. Oktober 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999040108.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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