TE Vwgh Erkenntnis 1999/10/27 98/09/0307

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Veröffentlicht am 27.10.1999
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
77 Kunst Kultur;

Norm

AVG §13 Abs1;
AVG §8;
DMSG 1923 §10 Abs3;
DMSG 1923 §2;
DMSG 1923 §3 Abs1;
DMSG 1923 §5 Abs1;
DMSG 1923 §6 Abs2;
VwGG §34 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Blaschek, Dr. Rosenmayr und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Enzlberger, über die Beschwerde des BS in G, vertreten durch Dr. Gernot Franz Herzog, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Haunspergstraße 33, gegen den Bescheid des Bundesministers für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten vom 28. März 1997, Zl. 28.000/35-IV/3/96, betreffend Abweisung einer Berufung mangels Parteistellung in einer Angelegenheit nach § 5 Denkmalschutzgesetz (mitbeteiligte Partei: MS in S, vertreten durch Dr. Wilfried Haslauer, Dr. Reinfried Eberl und Dr. Robert Hubner, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Pfeifergasse 6), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im gegenständlichen Fall wurde der belangten Behörde mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 4. Dezember 1998 unter anderem aufgetragen, binnen acht Wochen die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen. Die Behörde wurde auf die Säumnisfolge des § 38 Abs. 2 VwGG hingewiesen, wonach der Verwaltungsgerichtshof auf Grund der Behauptungen des Beschwerdeführers erkennen kann, wenn die belangte Behörde die Akten nicht vorlegt. Mit Verfügung vom 15. Juni 1999 brachte der Verwaltungsgerichtshof die Verfügung vom 4. Dezember 1998 in Erinnerung und wies neuerlich auf die Säumnisfolgen des § 38 Abs. 2 VwGG hin. Dennoch legte die belangte Behörde die Akten des Verwaltungsverfahrens nicht vor. Der Verwaltungsgerichtshof entscheidet daher gemäß § 38 Abs. 2 VwGG auf Grund der Behauptungen des Beschwerdeführers.

Nach diesen seien der Beschwerdeführer, die Mitbeteiligte und zwei weitere Personen zu unterschiedlichen Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft Arenbergstraße 17-19, 5020 Salzburg, EZ 8, GB Äußerer Stein, KG 56537 Salzburg, BG Salzburg, "das Brandweinmacher Haus Nr. 11". Zum parifizierten Haus gehörten auch allgemeine Teile, wie eine steinerne Gartenmauer und Außenanlagen. Das Haus stehe mit seinen gesamten Außenanlagen unter Denkmalschutz. Die Mitbeteiligte habe die Errichtung einer Treppe von ihrer im ersten Stock gelegenen Wohnung unter Einbeziehung der "vorgenannte(n) Mauer" zum Garten beantragt. Sie habe am 19. Oktober 1992 einen Antrag gemäß § 5 Denkmalschutzgesetz eingebracht. Mit Bescheid des Präsidenten des Bundesdenkmalamtes vom 11. September 1996 sei eine Veränderung des Denkmals gemäß § 5 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz bewilligt worden, wobei die nähere Ausführung im Einvernehmen mit dem "Bundesdenkmalamt, Landeskonservatorat für Salzburg", festzulegen sei.

Auf Grund der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung erließ die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid, mit dessen Spruchpunkt 1. sie die Berufung des Beschwerdeführers abwies und feststellte, der Berufungswerber sei nicht Partei im Sinne des § 8 AVG. Nur gegen diesen Punkt des angefochtenen Bescheides richtet sich die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde. Dieser lehnte mit Beschluss vom 29. September 1998, B 1172/97-8, ihre Behandlung ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer weist richtig darauf hin, dass durch die unter Spruchpunkt 2. des angefochtenen Bescheides - welcher aber nicht in Beschwer gezogen wurde - erfolgte Behebung und Rückverweisung des Bescheides des Bundesdenkmalamtes vom 11. September 1996 seine Legitimation zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Aberkennung seiner Parteistellung in diesem Verfahren nicht verloren ging. Denn der Verwaltungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass im Streit um eine im Verwaltungsverfahren strittige Parteistellung jedermann, der sie in Anspruch genommen hat und dem sie nicht zuerkannt wurde, beschwerdeberechtigt ist, sofern die Möglichkeit einer Verletzung in subjektiven öffentlichen Rechten noch im Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung besteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 1995, Zl. 94/20/0412 mwN).

§ 5 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz, BGBl. Nr. 533/1923, in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. Nr. 473/1990, lautet:

"Die Zerstörung sowie jede Veränderung eines Denkmals gemäß § 4 Abs. 1 bedarf der Bewilligung des Bundesdenkmalamtes, es sei denn, es handelt sich um eine Maßnahme bei Gefahr im Verzug (§ 4 Abs. 1 lit. b). Der Nachweis des Zutreffens der für eine Zerstörung oder Veränderung geltend gemachten Gründe obliegt dem Antragsteller. Zur Antragstellung ist jede Partei im Sinne des § 8 AVG 1950 sowie auch der Landeshauptmann (§ 1 Abs. 4) berechtigt. In allen Verfahren wegen Zerstörung eines Denkmals gemäß diesem Absatz kommt neben diesen Personen auch dem Bürgermeister Parteistellung zu."

Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit einer Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.

Nicht erst die bereits festgestellte, sondern schon die behauptete Qualifikation des Interesses an der Sache als "rechtliches" Interesse begründet den verfahrensrechtlichen Anspruch auf Parteistellung, sofern diese Behauptung immerhin möglicherweise richtig sein kann (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 184 wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Der Beschwerdeführer behauptet durch die beantragte Veränderung des genannten Denkmales in seinem "Eigentumsrecht, also der unumschränkten Sachherrschaft, zweifellos berührt" zu sein.

Anders als die Einleitung eines Verfahrens etwa gemäß § 2, § 3 Abs. 1, § 6 Abs. 2 und § 10 Abs. 3 Denkmalschutzgesetz betreffend die Feststellung des öffentlichen Interesses an der Erhaltung unbeweglicher Denkmale, in dem durch die Sachentscheidung untrennbar und unmittelbar auch Eigentumsbeschränkungen aller Miteigentümer aus öffentlichem Interesse bewirkt werden (woraus deren Parteistellung in diesem Verfahren, nicht aber die Antragslegitimation zur Einleitung eines solchen Verfahrens resultiert (vgl. die in Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts7, Rz 118 wiedergegebene hg. Rechtsprechung)), dient ein Antrag zur Veränderung eines Denkmals nach § 5 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem privatrechtlichen Interesse des Antragstellers. Es ist jedenfalls jeder (Mit-)Eigentümer eines Denkmals zur Antragstellung im Sinne des § 5 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz als Partei im Sinne des § 8 AVG berechtigt. Denn es ist unzweifelhaft, dass jedem (Mit-)Eigentümer eines Denkmals, welches gemäß § 4 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz nicht verändert werden darf, ein rechtliches Interesse im Sinne des § 8 AVG dergestalt zukommt, dass die Denkmalschutzbehörde über einen von ihm gestellten Antrag zwecks Bewilligung von aus der Sicht des antragstellenden (Mit-)Eigentümers notwendigen Änderungen des Denkmals eine bestimmte behördliche Tätigkeit zu entfalten hat. Daraus ergibt sich auch die Parteistellung der Antragstellerin in diesem Verfahren.

Damit ist aber noch nicht die Frage beantwortet, ob andere Miteigentümer in einem von einem Miteigentümer initiierten Verfahren nach § 5 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz ebenfalls Parteistellung haben.

Maßgebend für die Parteistellung ist, dass die Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden bestimmend eingreift und weiters, dass darin eine unmittelbare, nicht bloß abgeleitete und mittelbare Wirkung zum Ausdruck kommt. Parteistellung genießt auch derjenige, dem das materielle Recht keine Berechtigungen, sondern bloß Verpflichtungen auferlegt (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 197 wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Dies gilt auch, wenn sich bereits bestehende Verpflichtungen in einem weiteren Verfahren inhaltlich ändern sollen. Die von der belangten Behörde hervorgehobene Möglichkeit einer Verhinderung der "tatsächlichen Durchsetzbarkeit" der angestrebten Veränderung ist für die Parteistellung im gegenständlichen Verfahren nicht relevant.

Die von der Mitbeteiligten als Antragstellerin eines Verfahrens gemäß § 5 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz angestrebte Veränderung der aus Gründen des Denkmalschutzes bestehenden Einschränkung des Eigentumsrechtes (und somit auch der darin beinhalteten Verpflichtungen, wie etwa die in § 4 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz genannten Pflichten) am Denkmal wirkt im angestrebten Umfang mit unmittelbarer Wirkung auch auf die Rechte der übrigen Miteigentümer des Denkmals. Im gegenständlichen Fall hat die privatrechtliche Gestaltung ("Parifizierung") der Anteile der einzelnen Miteigentümer am Denkmal deshalb außer Betracht zu bleiben, da jedenfalls nach dem Beschwerdevorbringen Teile betroffen sind, die im Miteigentum (nach ideellen Anteilen) stehen, und von einer Veränderung eines Denkmales in bezug auf die denkmalschutzrechtlichen Eigentumseinschränkungen grundsätzlich jeweils das gesamte Denkmal (soweit nicht eine hier nicht gegebene Teilunterschutzstellung vorliegt) und nicht etwa einzelne Teile davon (zB. Wohnungen) betroffen sind.

Es ist daher davon auszugehen, dass auch die anderen Miteigentümer eines Denkmales im Verfahren gemäß § 5 Abs. 1 Denkmalschutzgesetz Parteistellung haben. Diese ist allerdings insofern nicht unbeschränkt, als den Miteigentümern Parteistellung nur dahingehend zukommt, eine Verletzung in ihren eigenen subjektiven Rechten geltend zu machen. Es ist ihnen hingegen verwehrt, öffentliche Interessen des Denkmalschutzes in einem derartigen Verfahren geltend zu machen, weil auf die Durchsetzung öffentlicher Interessen kein subjektives Recht besteht und in diesem Umfang keine Parteistellung erwachsen kann (vgl. die in Walter/Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts7, Rz 118 wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Da die belangte Behörde dies verkannt hat, erweist sich der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 27. Oktober 1999

Schlagworte

Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998090307.X00

Im RIS seit

21.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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