TE Lvwg Erkenntnis 2018/8/29 LVwG-S-1953/001-2018

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Veröffentlicht am 29.08.2018
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Entscheidungsdatum

29.08.2018

Norm

GewO 1994 §366 Abs1 Z3

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Marzi als Einzelrichter über die Beschwerde der A, vertreten durch B, Rechtsanwalt in ***, ***, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 23. Juli 2018, Zl. ***, betreffend Übertretungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), zu Recht:

1.   Der Beschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 Verwaltungsstrafgesetz 1991 eingestellt.

2.   Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.

Entscheidungsgründe:

1.   Aus dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsstrafakt und der Beschwerde ergibt sich nachstehender, entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

1.1.  Die C gmbh & Co KG, deren gewerberechtliche Geschäftsführerin die Beschwerdeführerin ist, betrieb im Gemeindegebiet ***, ***, eine gewerbliche Betriebsanlage, in welcher das Gastgewerbe gemäß § 111 Abs. 1 Z 2 GewO 1994, Betriebsart: Buffet, ausgeübt wurde. Mit 1. Oktober 2016 stellte diese juristische Person den Betrieb des Gastgewerbes sowie der Betriebsanlage ein.

1.2.  In der Folge verpachtete die C gmbh & Co KG die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage an die D GmbH (Firmenbuch-Nr. ***) für die Saison 2017 (30. April 2017 bis voraussichtlich 17.9.2017, mit der Option auf einvernehmliche Verlängerung 1.10.2017). Die D GmbH betrieb das Gastgewerbe in der verfahrensgegenständlichen Betriebsanlage aufgrund dieses Pachtvertrages unter anderem am 3. Juni 2017, dem vorgeworfenen Tatzeitpunkt.

1.3.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Beschwerdeführerin Folgendes zur Last gelegt:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretungen begangen:

Zeit:            03.06.2017, 20:30 Uhr

Ort:             Gemeindegebiet ***
***

Tatbeschreibung:

Sie haben es als gewerberechtliche Geschäftsführerin der Firma C gmbh & Co KG zu verantworten, dass diese Gesellschaft

1.   die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mödling vom 18.08.2005, Zahl ***, genehmigte Betriebsanlage im Standort ***, ***, zumindest am 03.06.2017 um 21:30 Uhr abgeändert betrieben hat, obwohl diese Änderung die im § 74 Abs. 2 Z. 2 GewO 1994 genannten Interessen zu beeinträchtigen geeignet ist.

Auf dem Betriebsgelände wurde zur angegebenen Tatzeit laute Musik gespielt und ein Freiluft-Barbetrieb geführt. Dadurch könnten Anrainer durch Lärm belästigt werden.

2.   das reglementierte Gewerbe "Gastgewerbe gemäß § 111 Abs. 1 Z.2 GewO 1994 Betriebsart: Buffet" am 03.06.2017 um 20:30 Uhr im Standort ***, ***, ausgeübt hat, obwohl es ruhend gemeldet war und der Gewerbetreibende die Wiederaufnahme des Gewerbes binnen drei Wochen der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft anzuzeigen hat.

Zumindest bis 10.07.2017 erfolgte keine Wiederbetriebsmeldung.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

zu 1. § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 iVm dem Bescheid der BH Mödling vom 18.08.2005, Zahl ***

zu 2. § 368 iVm § 93 Abs. 1 Gewerbeordnung 1994

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

Geldstrafen von                 falls diese uneinbringlich ist,    Gemäß

                                   Ersatzfreiheitsstrafen von

zu 1.            500,00                46 Stunden                              § 366 Abs. 1 GewO 1994

zu 2.            100,00                30 Stunden                              § 368 GewO 1994

Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs.2
Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), das sind 10% der
Strafe, mindestens jedoch 10 Euro                                                                                            60,00

                                                    Gesamtbetrag:                           660,00

1.4.  Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung der Verwaltungsstrafverfahren beantragt wird. Begründend wird zusammengefasst unter Hinweis auf den Pachtvertrag ausgeführt, dass die C gmbh & Co KG nicht Betreiberin der Betriebsanlage war und auch das Gastgewerbe im Tatzeitpunkt nicht ausgeübt hat.

2.   Beweiswürdigung:

Aus dem Akt ist kein Anhaltspunkt ersichtlich, dass die C gmbh & Co KG das Gastgewerbe zum in Frage stehenden Zeitpunkt betrieben hat bzw. „erheblichen Einfluss auf den Betrieb der Betriebsanlage“ hatte (so die belangte Behörde).

Aus dem von der belangten Behörde selbst herangezogenen Punkt 2.1. des Pachtvertrages ist vielmehr ersichtlich, dass gerade die „exklusive Verpachtung des gesamten Gastronomiebetriebs (Restaurant- und Barbetrieb, Event-Catering, Gastroflächenvermietung) für die Gäste des Veranstaltungsgegenstandes *** gemäß beiliegendem Lageplan (Beilage ./A) im Rahmen des Saisonprojektes ***“, also der verfahrensgegenständlichen Betriebsanlage, an die D GmbH Gegenstand des Pachtvertrages ist. Überdies ist diese Gesellschaft gemäß Punkt 6.9. verantwortlich für die Einhaltung „sämtlicher behördlicher, wie auch immer namenhabenden Bestimmungen für den Gastronomiebetrieb“.

Der belangten Behörde ist zwar zuzustimmen, dass sich aus Punkt 2.1. des Pachtvertrages ebenfalls ergibt, dass der Bade- und Gastronomiebetrieb weiterhin unter der Marke „***“ zu führen ist und die D GmbH einen allfälligen Zusatz mit der Firma C gmbh & Co KG abzustimmen hat. Für die Frage, wer Betreiber der Betriebsanlage und des Gastgewerbes war, ist diese markenrechtliche Vereinbarung jedoch nicht von Relevanz.

Weiters ist den Berichten, Aktenvermerken und der Anzeige der Polizeiinspektion *** vom 3. Juni, 30. Juni und 6. Juli 2018 zu entnehmen, dass der Ansprechpartner der Polizei während der Amtshandlungen in der Betriebsanlage jeweils ein E war. Dieser ist handelsrechtlicher Geschäftsführer sowie Gesellschafter der D GmbH. Er ist hingegen kein Vertretungsorgan bzw. Gesellschafter der F GmbH bzw. der C GmbH & Co KG (vgl. jeweils die im Akt erliegenden Auszüge aus dem Firmenbuch).

Somit besteht für das Landesverwaltungsgericht kein Zweifel, dass die C GmbH & Co KG im vorgeworfenen Tatzeitpunkt weder das Gastgewerbe ausgeübt noch die Betriebsanlage betrieben hat.

3.   Rechtliche Erwägungen:

3.1.  Als Täter einer Übertretung des § 366 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 kommt nur der Inhaber des betreffenden Standortes in Betracht. Darunter ist jene Person zu verstehen, der es im Wesentlichen möglich ist, das faktische Geschehen am Standort bzw. in der Betriebsanlage zu bestimmen. Hiezu zählen insbesondere auch Bestandnehmer (etwa Pächter) einer Betriebsanlage (vgl. zum Ganzen mit Hinweisen auf die Judikatur des VwGH Wessely in Ennöckl/Raschauer/Wessely, Gewerbeordnung 1994, § 366 GewO, Randzahl 21).

Die C GmbH & Co KG war nicht Inhaberin der Betriebsanlage und hat im fraglichen Zeitpunkt auch nicht das Gastgewerbe ausgeübt. Ob von der Pächterin, der D GmbH, im fraglichen Tatzeitpunkt Übertretungen der Gewerbeordnung erfolgt sind, ist im gegenständlichen Verfahren nicht zu prüfen.

Das angefochtene Straferkenntnis ist daher schon aufgrund der Aktenlage aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen, wobei die von der Beschwerdeführerin beantragte Verhandlung gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfällt.

3.2.  Die Revision ist nicht zulässig, da die Entscheidung nicht von der zitierten und einheitlichen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes abweicht, lediglich die einzelfallbezogene Auslegung eines Vertrages vorzunehmen war (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision in derartigen Fällen VwGH vom 19. September 2017, Ra 2017/16/0111) und sich im Übrigen am klaren Gesetzeswortlaut orientiert.

Schlagworte

Gewerberecht; Verwaltungsstrafe; Betriebsanlage; Inhaber; Tätereigenschaft;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.S.1953.001.2018

Zuletzt aktualisiert am

25.10.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Niederösterreich LVwg Niederösterreic, http://www.lvwg.noe.gv.at
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