TE Vwgh Erkenntnis 2018/9/25 Ra 2018/05/0023

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Veröffentlicht am 25.09.2018
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §66 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGVG 2014 §28 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision des Ing. C T in S, vertreten durch Mag. Franz Müller, Rechtsanwalt in 3470 Kirchberg/Wagram, Georg-Ruck-Straße 9, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 21. Dezember 2017, Zl. LVwG-AV-444/003-2016, betreffend Abbruchauftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Stadtrat der Stadtgemeinde G; weitere Partei:

Niederösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Stadtgemeinde G hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Zur Vorgeschichte wird auf das Erkenntnis VwGH 23.5.2017, Ra 2016/05/0143, sowie den Beschluss VwGH 23.5.2017, Ra 2016/05/0122, verwiesen. Festzuhalten ist daraus Folgendes:

2 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde G vom 18. September 2015 wurde dem Revisionswerber gemäß § 35 Abs. 2 Z 2 der NÖ Bauordnung 2014 (BO) der Auftrag erteilt, die Einfriedung zur öffentlichen Verkehrsfläche in Form eines Maschendrahtzaunes mit Toren auf näher genannten Grundstücken abzubrechen und den Urzustand herzustellen. Die Arbeiten seien unverzüglich durchzuführen und innerhalb von drei Monaten ab Rechtskraft des Bescheides abzuschließen.

3 Der gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung des Revisionswerbers wurde mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde G vom 22. März 2016 keine Folge gegeben. Der dagegen erhobenen Beschwerde vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) wurde mit Erkenntnis vom 12. Oktober 2016 keine Folge gegeben und der Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde G vom 22. März 2016 bestätigt.

4 Der Revisionswerber erhob dagegen Revision an den Verwaltungsgerichtshof. Mit dem genannten Erkenntnis vom 23. Mai 2017, Ra 2016/05/0143, hob der Verwaltungsgerichtshof das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 12. Oktober 2016 wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes auf und führte wie folgt aus:

"Nach der Aktenlage wurde das hier angefochtene Erkenntnis dem Revisionswerber am 14. Oktober 2016 im Wege der Post zugestellt. Ebenfalls am 14. Oktober 2016 wurde dem Revisionswerber das Erkenntnis im Wege der Post zugestellt, das Gegenstand des hg. Beschlusses vom heutigen Tag, Zl. Ra 2016/05/0122, ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom heutigen Tag, Zl. Ra 2016/05/0122, ausgeführt hat, erfolgte mit jenem Erkenntnis eine ersatzlose Behebung des Bescheides, mit dem die Untersagung des angezeigten Bauvorhabens ausgesprochen worden ist, mit der Wirkung, dass keine neuerliche Untersagung mehr in Frage kommt. Dies bedeutet, dass der Revisionswerber das von ihm angezeigte Bauvorhaben ausführen durfte und somit eine Anzeige im Sinne des § 35 Abs. 2 Z 2 BO vorlag, sodass die Tatbestandsvoraussetzungen für den Abbruchauftrag nicht erfüllt waren."

5 Mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 21. Dezember 2017 wurde der Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde G vom 22. März 2016 Folge gegeben und dieser Bescheid aufgehoben.

6 Das Verwaltungsgericht führte begründend im Wesentlichen aus, dass - wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen habe - die Voraussetzungen für einen Abbruchauftrag nicht vorlägen. Der Berufungsbescheid trete in jeder Hinsicht an die Stelle des erstinstanzlichen Bescheides, welcher dadurch seine rechtliche Existenz und damit jede Wirkung verliere; sobald der Berufungsbescheid erlassen worden sei und solange er bestehe, sei er der alleinige und ausschließliche Träger des Inhaltes der Entscheidung. Somit sei der angefochtene Berufungsbescheid ersatzlos zu beheben.

7 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, es wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben.

8 Der Stadtrat der Stadtgemeinde G hat eine Revisionsbeantwortung erstattet und die Zuerkennung von Aufwandersatz beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

9 Die Revision ist in Anbetracht der Frage der Rechtswirkung der ersatzlosen Behebung eines Berufungsbescheides zulässig.

10 In der Revision wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Berufungsbescheid durch das angefochtene Erkenntnis ersatzlos behoben worden sei. Dadurch trete der erstinstanzliche Bescheid wieder in Wirksamkeit, womit die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid unerledigt sei, ohne dass die Berufungsbehörde die Möglichkeit zur neuerlichen Entscheidung hätte.

11 Wenn ein erstinstanzlicher Bescheid im Sinne einer negativen Entscheidung abzuändern ist, darf sich das Verwaltungsgericht nicht darauf beschränken, den Berufungsbescheid "ersatzlos" zu beben. Vielmehr hat es selbst die negative Erledigung herbeizuführen, das heißt in Reformation des Berufungsbescheides den erstinstanzlichen Bescheid ersatzlos zu beheben (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG - Ergänzungsband (2017), § 28 VwGVG Rz 78, sowie VwGH 2.7.2018, Ro 2017/12/0011).

12 Durch die ersatzlose Aufhebung (bloß) des Berufungsbescheides gehört der erstinstanzliche Bescheid wieder und weiterhin dem Rechtsbestand an (vgl. VwGH 24.1.1995, 93/04/0203; siehe auch das genannte Erkenntnis VwGH 2.7.2018, Ro 2017/12/0011).

13 Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem zitierten Vorerkenntnis vom 23. Mai 2017, Ra 2016/05/0143, ausgesprochen hat, waren im konkreten Fall die Tatbestandsvoraussetzungen für den Abbruchauftrag nicht erfüllt. Folglich war der Abbruchauftrag zu beheben. Dies konnte, wie dargestellt, durch die bloße ersatzlose Behebung des Berufungsbescheides nicht bewirkt werden.

14 Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

15 Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.

Wien, am 25. September 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018050023.L00

Im RIS seit

23.10.2018

Zuletzt aktualisiert am

31.10.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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