TE Vwgh Beschluss 2018/9/27 Ra 2018/06/0170

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Veröffentlicht am 27.09.2018
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Index

L37152 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag Kärnten
L80002 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan Kärnten
L82000 Bauordnung
L82002 Bauordnung Kärnten
001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)

Norm

BauansuchenV Krnt 2012 §1
BauO Krnt 1996 §6
BauO Krnt 1996 §9
BauRallg
B-VG Art118 Abs4
B-VG Art119a
B-VG Art18 Abs2
GdPlanungsG Krnt 1995 §13 Abs7
VwRallg

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag.a Merl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, BA, über die Revision der K G in K, vertreten durch die Scheucher Rechtsanwalt GmbH in 1070 Wien, Lindengasse 39, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 20. März 2018, KLVwG-2369/6/2017, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Partei:

R GmbH & CO KG, S; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee; weitere Partei: Kärntner Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in

nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer

außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit Bescheid vom 9. Juni 2017, berichtigt mit Bescheid vom 22. Juni 2017, erteilte die Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Klagenfurt (Baubehörde erster Instanz) der Mitbeteiligten (im Folgenden: Bauwerberin) die Bewilligung zur Errichtung eines zweigeschossigen Modezentrums auf dem Grundstück Nr. X, KG S, nach Maßgabe der vorgelegten Projektunterlagen und mit der (berichtigten) Auflage, dass für das gegenständliche Bauvorhaben 237 PKW-Stellplätze (davon sechs behindertengerechte und zwei E-Tankstellen mit je zwei Stellplätzen) auszuführen seien.

5 Die Revisionswerberin ist Eigentümerin des nördlich des Baugrundstückes gelegenen Grundstückes Nr. Y, KG S; dazwischen liegen die F Straße sowie das bebaute Grundstück Nr. Z. Der Abstand zwischen dem Grundstück der Revisionswerberin und dem Baugrundstück beträgt der mit der Revision vorgelegten "Studie-Bebauungsplan", Stand 31. Mai 2016 (Anlage ./B), zufolge mindestens 60 m.

6 Die als "Einspruch" bezeichnete Berufung der Revisionswerberin wies die Bauberufungskommission der Landeshauptstadt Klagenfurt (Baubehörde zweiter Instanz) mit Bescheid vom 8. November 2017 als unbegründet ab.

7 Das Landesverwaltungsgericht Kärnten (LVwG) wies die dagegen erhobene Beschwerde der Revisionswerberin als unbegründet ab und erklärte eine ordentliche Revision für unzulässig.

Begründend führte das LVwG - soweit für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof relevant - aus, mit den Verordnungen des Gemeinderates der Landeshauptstadt Klagenfurt jeweils vom 2. Juli 2002 seien für das verfahrensgegenständliche Grundstück die Flächenwidmung "Bauland-Geschäftsgebiet - Sonderwidmung EKZ II" mit einer maximalen Verkaufsfläche von 10.000 m2 festgelegt und ein Teilbebauungsplan erlassen worden. Der Beschluss des Gemeinderates vom 2. Juli 2002 habe keine Angaben über das Sortiment enthalten. Diesen Verordnungen sei die damals bestandene Absicht zugrunde gelegen, zwei Fachmarktzentren (M und IC) zu errichten. Beide Verordnungen seien mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 28. November 2002 aufsichtsbehördlich genehmigt worden, wobei auch dabei keine Nutzungsfestlegung erfolgt sei. Das verfahrensgegenständliche Vorhaben sei somit widmungskonform.

8 In ihrer Zulässigkeitsbegründung bringt die Revision zunächst zusammengefasst vor, die Aufsichtsbehörde habe in der Begründung ihres Bescheides vom 28. November 2002 auf ein raumordnungsfachliches Gutachten verwiesen, in dem festgehalten worden sei, das (damals) angebotene Sortiment (Elektro, Möbel, Bank, Hotel, Wellness) gelte nicht als innenstadtrelevanter Branchenmix. Da auch die Beschlüsse des Gemeinderates der Landeshauptstadt Klagenfurt jeweils vom 2. Juli 2002 betreffend die Änderung des Flächenwidmungsplanes und die Erlassung eines Teilbebauungsplanes in Zusammenhang mit der damaligen Absicht gestanden seien, zwei Märkte für einen nicht innenstadtrelevanten Branchenmix zu errichten, gelte die Flächenwidmung "Bauland-Geschäftsgebiet - Sonderwidmung EKZ II" ausschließlich für den Branchenmix Elektro, Möbel, Bank, Hotel und Wellness.

9 Dazu ist zunächst anzumerken, dass es bei Verordnungen wie etwa Flächenwidmungsplänen auf den sich aus dem Wortlaut ergebenden objektiven Gehalt ankommt, nicht aber auf den - vermuteten - Willen ihres Urhebers, sofern sich der objektive Gehalt aus dem Wortlaut zweifelsfrei ermitteln lässt (vgl. die bei W. Pallitsch/Ph. Pallitsch/W. Kleewein, Kärntner Baurecht5, E 1 zu § 1 Kärntner Gemeindeplanungsgesetz 1995 (K-GplG 1995) zitierte hg. Judikatur). Den unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis zufolge enthält der fallbezogen relevante Flächenwidmungsplan keine Einschränkung auf einen Branchenmix. Dies steht mit den Verfahrensunterlagen in Einklang.

Der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichthofes zufolge fällt die Erlassung des Flächenwidmungsplanes als eine Angelegenheit der örtlichen Raumplanung in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Diese hat somit die Flächenwidmungsplanung "im Rahmen der Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes in eigener Verantwortung frei von Weisungen" (Art. 118 Abs. 4 B-VG) zu besorgen. Daher ist es verfassungsrechtlich ausgeschlossen, dass das Land auf den Inhalt eines Flächenwidmungsplanes Einfluss nimmt, soweit es nicht im Wege des Aufsichtsrechts gemäß Art. 119a B-VG die Rechtmäßigkeit der örtlichen Raumplanung und unter Umständen auch die Durchsetzung überörtlicher Interessen sicherzustellen hat (vgl. etwa VfGH 30.9.1989, V 6/89). Dies könnte jedoch nur durch die Versagung der Genehmigung gemäß § 13 Abs. 7 K-GplG 1995 erfolgen, nicht aber durch eine Veränderung des Inhalts des zur Genehmigung vorgelegten Flächenwidmungsplanes. Enthält der Flächenwidmungsplan einschließlich der Legende keine Einschränkung, wäre eine einschränkende Begründung des Genehmigungsbescheides der Aufsichtsbehörde ohne normative Wirkung (vgl. die bei W. Pallitsch/Ph. Pallitsch/W. Kleewein, a.a.O., E 41 zu § 13 K-GplG 1995 zitierte hg. Judikatur). Den Ausführungen in der Revision, in der Begründung des aufsichtsbehördlichen Bescheides vom 28. November 2002 werde indirekt auf den Branchenmix Elektro, Möbel, Bank, Hotel, Wellness verwiesen, kann somit schon aus diesem Grund keine Relevanz zukommen.

10 In der Zulässigkeitsbegründung wird weiter vorgebracht, das Bauvorhaben sei nicht nur geringfügig geändert worden, sondern stelle ein "aliud" dar. Dies wird damit begründet, dass nach den ursprünglich eingereichten Projektunterlagen 279 PKW-Stellplätze erforderlich gewesen wären, die Bauwerberin daraufhin jedoch eine Fläche von 938 m2 als "Warenbepreisung" bzw. "Warenlager" tituliert habe, diese Fläche jedoch jederzeit als Verkaufsfläche verwendet werden könne; dadurch könnte die Verkaufsfläche über die maximal zulässigen 10.000 m2 vergrößert werden. Darüber hinaus seien dem Baugrundstück durch eine Grundstücksteilung 864 m2 verloren gegangen, wodurch sich die Lage des Projektes innerhalb des verbleibenden Grundstückes zwangsläufig verändert habe (Hinweis auf VwGH 8.4.2014, 2013/05/0195). Daher wäre ein neues Baubewilligungsverfahren durchzuführen gewesen.

11 Ein Baubewilligungsverfahren ist ein Projektgenehmigungsverfahren, wobei der vom Bauwerber angegebene Verwendungszweck im Bauverfahren maßgeblich ist. Eine erteilte Baubewilligung gilt immer nur für den im Bauansuchen angegebenen Verwendungszweck (vgl. VwGH 24.2.2016, Ro 2015/05/0012, mwN). Eine Verwendung der nunmehr als "Warenbepreisung" bzw. "Warenlager" bezeichneten und auch genehmigten Flächen als Verkaufsflächen wäre von der erteilten Baubewilligung nicht umfasst und von der Baubehörde entsprechend zu ahnden (§ 36 Kärntner Bauordnung 1996). Mutmaßungen, die Bauwerberin könnte Flächen bewilligungswidrig verwenden, sind somit jedenfalls nicht geeignet, eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufzuzeigen.

Ein verfahrenseinleitender Antrag kann gemäß § 13 Abs. 8 AVG vom Bauwerber in jeder Lage des Verfahrens geändert werden. Eine Reduktion der Verkaufsfläche um 938 m2 auf nunmehr - laut unbestritten gebliebenen Feststellungen im angefochtenen Erkenntnis - 8.200 m2 ohne bauliche Veränderungen stellt für sich keine wesentliche Änderung dar.

Den Angaben in der Baubeschreibung (eingelangt bei der Baubehörde erster Instanz am 25. September 2017) zufolge beträgt die Größe des Baugrundstückes 17.830 m2. Auch das LVwG geht in seinen Sachverhaltsfeststellungen von einer Fläche des Baugrundstückes von 17.830 m2 aus. Angesichts dessen ist nicht erkennbar, dass die Lage des Bauvorhabens innerhalb des Baugrundstückes verändert worden wäre. Es wurde auch nicht aufgezeigt, in welchen subjektiv-öffentlichen Rechten die Revisionswerberin in diesem Zusammenhang verletzt werden könnte. Im Übrigen betrifft das in der Zulässigkeitsbegründung zitierte hg. Erkenntnis 2013/05/0195 einen anderen Sachverhalt (nämlich einen Beseitigungsauftrag).

Fallbezogen wurde somit nicht dargelegt, dass das LVwG hinsichtlich der Beurteilung einer wesentlichen Antragsänderung von der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre.

12 In der Revision wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme; sie war daher zurückzuweisen.

Wien, am 27. September 2018

Schlagworte

Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1Baubewilligung BauRallg6Planung Widmung BauRallg3

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018060170.L00.1

Im RIS seit

24.09.2019

Zuletzt aktualisiert am

24.09.2019
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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