Gbk 2018/3/6 GBK I/693/16

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Veröffentlicht am 06.03.2018
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Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Entgelt, sonstige Arbeitsbedingungen

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl. Nr. 108/1979 idF BGBl. I Nr.  BGBl. I Nr. 107/2013)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 6. März 2018 über den am 6. Mai 2016 eingelangten Antrag der Gleichbehandlungsanwaltschaft (GAW) für Frau Mag.a A ( Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Festsetzung des Entgelts gemäß § 3 Z 2 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idF BGBl. I Nr. 34/2015; alle weiteren, im Text verwendeten Gesetzeszitate beziehen sich auf diese Fassung) sowie bei den sonstigen Arbeitsbedingungen durch X GmbH ( Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013), zu GZ GBK I/693/16, zu folgendem

Prüfungsergebnis:

1.   Frau Mag.a A ist auf Grund des Geschlechtes bei der Festsetzung des Entgelts gemäß § 3 Z 2 GlBG durch X GmbH diskriminiert worden.

2.   Frau Mag.a A ist nicht auf Grund des Geschlechtes bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gemäß § 3 Z 6 GlBG durch X GmbH diskriminiert worden.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.

Prüfungsgrundlagen

Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und der rechtfreundlichen Vertretung der Antragsgegnerin sowie die mündliche Befragung der Antragstellerin vom 30. Jänner 2018 und von Herrn B (informierter Vertreter der Antragsgegnerin) vom 30. Jänner 2018. Als weitere Auskunftspersonen wurden Herr Mag. (FH) C am 30. Jänner 2018, Herr BR D am 6. März 2018 befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat I der GBK in seiner Entscheidungsfindung auf den Dienstvertrag vom 2. Jänner 2013 sowie der Lebenslauf der Antragstellerin bzw. die Stellenbeschreibung von Mag.a A und die Stellenbeschreibung Herr Mag. (FH) C. Weiters lagen dem Senat u.a. die Mitarbeiter/innengespräche von 2014 und 2015, der Screenshot des SMS von Herrn B sowie das Ergebnis des Ermittlungsauftrages der GAW, vorgelegt am 28. Dezember 2018, vor. Diese angeführten Unterlagen sind in die rechtliche Beurteilung des erkennenden Senates eingeflossen.

Vorbringen

Im Antrag wurde im Wesentlichen folgendes vorgebracht:

Die Antragstellerin sei vom 2. Jänner 2013 bis 29. Februar 2016 bei der Antragsgegnerin als Assistentin des Vorstandsvorsitzenden beschäftigt gewesen. Bei den Gehaltsverhandlungen habe sie zunächst € 3.500,- brutto verlangt. Tatsächlich habe sie nur € 3.300,- brutto erhalten, wobei auch eine Jahresprämie von € 2.000,- brutto vereinbart worden sei. Ursprünglich habe sich die Antragstellerin für den Marketing-Bereich beworben. Sie habe Erfahrung als Assistentin der Geschäftsleitung und sich dann im Bereich Marketing weiterentwickelt. Nachdem ihr die Position der Assistenz des Vorstandsmitglieds, Herrn B, angeboten worden sei, sei ihr zugesagt worden, dass sie in dieser Position nicht nur mit Assistenztätigkeiten befasst sein werde, sondern auch selbständige Projekte betreuen werde.

In weiterer Folge habe sich die Antragstellerin mit Projekten in der Personal- und Organisationsentwicklung befasst und sei verantwortlich für die Implementierung des Intranets gewesen. Die Antragstellerin habe im Zuge ihrer Aufgabe Einsicht in den Personalkostenplan der letzten Wirtschaftsjahre gehabt. Dadurch habe sie die Information erhalten, dass ihr männlicher Vorgänger, Herr Mag. (FH) C, in der gleichen Position wesentlich mehr verdient habe als sie. Beim Posten Vorstandsassistenz sei bei der IST-Zahl für das Wirtschaftsjahr 2012/2013 € 110.400 und für das Wirtschaftsjahr 2013/2014 € 57.900 vermerkt. Aus dieser Zahl habe die Antragstellerin schließen können, dass es zwischen ihr und Herrn Mag. (FH) C einen großen Gehaltsunterschied geben musste. In weiterer Folge habe die Antragstellerin im Rahmen ihrer Tätigkeit die Kenntnis erlangt, dass Herr Mag. (FH) C ab 1. September 2013 ein Gehalt von € 5.750,- Euro mit einer Prämienvereinbarung von € 7.000,- gehabt habe. Sie sei über den Gehaltsunterschied sehr verwundert gewesen und habe dafür auch keine sachliche Erklärung gefunden. Bei einem Vergleich habe sich folgendes gezeigt:

Antragstellerin (geb. 1972)

Inhaltliche Tätigkeit

Assistentin des Vorstandsvorsitzenden, Personal- und Organisationsentwicklung Ausbildung

Die Antragstellerin habe über ein Studium der BWL verfügt und den Universitätslehrgang für Werbung und Verkauf … absolviert.

Berufs- und Vorerfahrung, Dienstzugehörigkeit

Die Antragstellerin sei als Assistentin drei Jahre bei der … AG, knapp zwei Jahre bei … GmbH, 1,5 Jahre bei … GmbH tätig gewesen. Bei … GmbH habe sie ca. 6 Jahre und im Bereich Marketing bei … GmbH ca. 1 Jahr gearbeitet. Zudem sei sie im Bereich Research und in der Beratung projektbezogen auf selbständiger Basis tätig gewesen. Daher habe die Antragstellerin über einschlägige Vorerfahrung von ca. 7 Jahren verfügt und habe insgesamt mehr als 20 Jahre Berufserfahrung aufgewiesen.

Einstufung/Gehalt

Beim Einstieg sei die Antragstellerin als Assistentin des Vorstandes am 2. Jänner 2013 in Verwendungsgruppe 4 des Kollektivvertrages (KV) für … eingeordnet worden. Ihr seien 8 Berufsjahre angerechnet worden. Im Jahr 2013 habe sie ein Gehalt von € 3.300,- brutto und ab dem 1. Juli 2014 € 3.600,- brutto erhalten. Zusätzlich sei es jedes Jahr zu einer kollektivvertraglichen Erhöhung gekommen. So habe die Antragstellerin 2014 eine Prämie von € 2.000 erhalten.

Vergleichsperson: Mag. (FH) C (geb. 1982)

Inhaltliche Tätigkeit

Die Vergleichsperson sei von März 2010 bis Jänner 2013 ebenfalls Assistent des Vorstandsvorsitzenden gewesen und somit der Vorgänger der Antragstellerin. Ab Februar 2013 habe er die Stabsstelle Presse übernommen und sei zudem mit Personal- und Organisationsentwicklung betraut worden.

Ausbildung

Die Vergleichsperson habe an der Fachhochschule … einen Studienlehrgang … Marketing und Sales absolviert.

Berufs- und Vorerfahrung, Dienstzugehörigkeit

Die Vergleichsperson sei von Juli 2004 - Juli 2006 Assistent der Geschäftsleitung bei … GmbH gewesen, von August 2006 bis Jänner 2007 Assistent Produktmanagement Firma …, im Jahr 2008 sei dieser sieben Monate Operation Marketing Sales (CM Management Training) und zwei Monate Assistent bei Firma …, von November 2008 bis Februar 2010 sei er Marketing Sales Consumer bei … GmbH gewesen. Daher habe die Vergleichsperson über eine einschlägige Vorerfahrung von 2,5 Jahren und Berufserfahrung von sechs Jahren verfügt.

Einstufung/Gehalt

Nach den der GAW vorliegenden Informationen zeige der Personalkostenplan, dass die Vergleichsperson als Assistent des Vorstandes bereits wesentlich mehr verdient habe als die Antragstellerin.

Vergleich der Tätigkeiten

Die Vergleichsperson sei als Vorgänger der Antragstellerin tätig gewesen. In weiterer Folge sei die Vergleichsperson für die Stabsstelle Presse zuständig gewesen und habe gemeinsam auf gleicher Ebene mit der Antragstellerin die Personal- und Organisationsentwicklung betreut.

Im Laufe der Zeit habe die Antragstellerin außerdem feststellen müssen, dass die vereinbarten Arbeitsinhalte (selbständige Betreuung von Projekten) immer mehr zurückgenommen worden seien. Beim letzten Mitarbeiter/innengespräch am 8. Jänner 2015 mit Herrn B seien alle Projekte aus der Stellenbeschreibung gestrichen worden und die Stelle sei in Richtung Sekretärin (persönliche Assistentin) gestaltet worden. Die Antragstellerin habe dies zur Kenntnis genommen, sei aber erkennbar damit nicht einverstanden gewesen, weil sie es als Verschlechterung ihrer Arbeitsbedingungen und Degradierung wahrgenommen habe. In einer SMS von 16. Dezember 2015 sei ihr von Herrn B noch einmal bestätigt worden, dass der Job sich immer mehr in Richtung Sekretärin entwickle. Nach einem längeren Krankenstand sei das Dienstverhältnis mit 29. Februar 2016 gelöst worden.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK von der rechtsfreundlichen Vertretung der Antragsgegnerin übermittelten Stellungnahme vom 6. Juni 2016 bestritt diese die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe und trat ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

1. Vorbemerkungen

Für die Antragsgegnerin sei es vollkommen unverständlich, wie es zu dem gegenständlichen Antrag gekommen sei. Der gegenständliche Antrag beruhe auf reinen Vermutungen und es seien keine geeigneten Beweismittel vorgelegt worden.

2. Zum Sachverhalt

Die Antragstellerin sei am 2. Jänner 2013 als Assistentin des Vorstandsvorsitzenden in die Gesellschaft der Antragsgegnerin eingetreten. Es sei im Arbeitsvertrag für ihre Tätigkeit als Assistentin des Vorstandsvorsitzenden ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von € 3.300,- vereinbart worden. Mit 1. November 2013 habe die Antragstellerin EUR 3.385,80,- brutto pro Monat erhalten, mit 1. Juli 2014 € 3.600,- brutto pro Monat, mit 1. November 2014 € 3.372,- brutto pro Monat, mit 1. Jänner 2015 € 3.798,92 brutto pro Monat und mit 1. November 2015 € 3.854,- brutto pro Monat. Das Arbeitsverhältnis zwischen der Antragstellerin und der Antragsgegnerin habe am 29. Februar 2016 durch einvernehmliche Auflösung geendet. Herr Mag. (FH) C sei vom 1. März 2010 bis 31.Dezember 2012 ebenfalls als Assistent des Vorstandsvorsitzenden beschäftigt gewesen. Sohin sei Herr Mag. (FH) C der Vorgänger von der Antragstellerin gewesen und die Position der Assistenz des Vorstandsvorsitzenden sei nahtlos auf die Antragstellerin übergegangen. Dies gehe auch aus den vorgelegten Gehaltskonten von Herr Mag. (FH) C und dem von der Antragstellerin vorgelegten Arbeitsvertrag der Antragstellerin hervor. Herr Mag. (FH) C im März 2010 mit einem Bruttomonatsgehalt in Höhe von € 3.750,- als Assistent des Vorstandsvorsitzenden begonnen habe. Ab 1. Jänner 2013 habe Herr Mag. (FH) C in eine andere Position gewechselt und sei nunmehr für die Personal- und Organisationsentwicklung zuständig und als Pressesprecher tätig gewesen. Dementsprechend habe er aufgrund seines neuen Aufgabenbereichs und seiner bisherigen Erfahrung eine höhere Entlohnung erhalten. Darüber hinaus sei an dieser Stelle angemerkt, dass Herr Mag. (FH) C ab seinem Dienstbeginn für die Antragsgegnerin im März 2010 zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Assistent des Vorstandsvorsitzenden immer wieder Sonderprojekte im Zusammenhang mit dem damaligen Mehrheitseigentümer für den Vorstandsvorsitzenden in seinem Verantwortungsbereich übernommen. Beispielsweise sei von Herrn Mag. (FH) C das Projekt Y-Vollanalyse (Sortimentsevaluierung der gesamten Vertriebstochter Y GmbH) gemeinsam mit dem externen Berater Herrn E geführt worden.

3. Zur angeblichen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts

Die Antragstellerin sei die partielle Nachfolgerin von Herrn Mag. (FH) C und sei als Assistentin des Vorstandsvorsitzenden eingestellt worden. Dies gehe eindeutig auch aus dem von der Antragstellerin vorgelegten Arbeitsvertrag hervor. Ausdrücklich werde die Behauptung der Antragstellerin bestritten, dass sich die Antragstellerin ursprünglich für den Marketing-Bereich beworben habe. Bei der Bewerbung der Antragstellerin habe es sich vielmehr um eine "Blind-Bewerbung" gehandelt. Diese sei Herrn Dr. F, dem Berater des Unternehmens insbesondere auch in Personalangelegenheiten, übermittelt worden, der das Auswahlverfahren für die Stelle der Assistenz des Vorstandsvorsitzenden abgewickelt habe. Ausdrücklich bestritten werde ferner die Behauptung der Antragstellerin, dass Herr Mag. (FH) C auf gleicher Ebene mit der Antragstellerin die Personal- und Organisationsentwicklung betreut habe. Mit Jänner 2013 habe Herr Mag. (FH) C von der Assistenz des Vorstandsvorsitzenden in den Bereich Personal- und Organisationsentwicklung gewechselt und habe in weiterer Folge die Funktion des Pressesprechers übernommen, die Antragstellerin sei mit Jänner 2013 in das Unternehmen der Antragsgegnerin eingestiegen und habe die Agenden von Herrn Mag. (FH) C übernommen. Zu den Aufgaben der Antragstellerin hätten u.a. die Unterstützung des Vorstands in allen organisatorischen Agenden, die Terminkoordination und das Reisemanagement, die Bearbeitung der täglichen Post sowie Organisation der Ablage, die Koordination und Vorbereitung von Meetings, die Erstellung von Präsentationen sowie Vorbereitung von Präsentationsunterlagen, sowie die Zusammenarbeit mit anderen Bereichen wie beispielsweise Marketing, Finanz, Produktion gehört. Alleine aus der Zusammenarbeit mit Herrn Mag. (FH) C in bestimmten Fällen bzw. aus der Tatsache, dass Herr Mag. (FH) C durch die Assistentin des Vorstandsvorsitzenden im Tagesgeschäft im Bereich Personal- und Organisationsentwicklung im Notfall vertreten worden sei, könne nicht geschlossen werden, dass die Antragstellerin die gleichen Tätigkeiten wie Herr Mag. (FH) C geleistet habe. Die Antragstellerin sei die Nachfolgerin von Herrn Mag. (FH) C im Bereich der Assistenz des Vorstandsvorsitzenden gewesen. Die zuvor erwähnten zusätzlichen Tätigkeiten von Herrn Mag. (FH) C vom 1. März 2010 bis 31.Dezember 2012 habe die Antragstellerin jedoch nicht übernommen. Daher sei die Antragstellerin lediglich die partielle Nachfolgerin von Herrn Mag. (FH) C. Da die Antragstellerin sohin die partielle Nachfolgerin von Herrn Mag. (FH) C gewesen sei, liege eine Differenzierung der Entlohnung lediglich auf der Zeitachse vor. Gemäß § 25 GlBG würden betriebliche Einstufungsregelungen und Normen der kollektiven Rechtsgestaltung bei der Regelung der Entlohnungskriterien den Grundsatz des gleichen Entgelts für gleiche Arbeit oder eine Arbeit, die als gleichwertig anerkannt werden würden, zu beachten und dürfen keine Kriterien vorschreiben, die zu einer Diskriminierung wegen eines in § 17 GIBG genannten Grundes führen könnten. Dieser Gleichbehandlungsgrundsatz verbiete es jedoch nicht eine Position in einem Unternehmen auf der Zeitachse anders zu bewerten. Es sei dem Arbeitgeber nicht verwehrt, eine bestimmte vakante Position im Unternehmen der Höhe nach auf der Zeitachse anders zu bewerten. Es liege im freien Ermessen eines Unternehmens, Personalkosten zu reduzieren und damit eine vakante Position niedriger zu entlohnen als zuvor. Auch ein männlicher partieller Nachfolger von Herrn Mag. (FH) C hätte nicht mehr verdient als die Antragstellerin.

Die GAW führe die GBK mit dem Fehlzitat einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofes in die Irre. In der von der GAW zitierten Entscheidung des OGH zu 9 ObA 350/97d gehe es gerade nicht um eine unterschiedliche Entlohnung einer Nachfolgerin und sohin nicht um eine Differenzierung auf der Zeitachse. In der gesamten von der GAW zitierten Entscheidung des OGH finde sich kein Hinweis darauf; dass es eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts darstellt, wenn eine Frau als Nachfolgerin eines Mannes weniger verdient als der Vorgänger zuvor.

Die im GlBG vorgesehenen Entlohnungskriterien würden auf dem Grundsatz des gleichen Entgelts für die gleiche Arbeit abstellen. Wären sohin die Antragstellerin und Herr Mag. (FH) C zeitgleich in der Assistenz des Vorstandsvorsitzenden tätig und hätten beide dieselbe Berufserfahrung, so hätte die Antragstellerin Anspruch auf die gleiche Entlohnung wie Herr Mag. (FH) C. Im vorliegenden Fall sei dies jedoch gerade nicht der Fall. Herr Mag. (FH) C und die Antragstellerin hätten zu keinem Zeitpunkt die gleiche Tätigkeit geleistet. Darüber hinaus sei Herr Mag. (FH) C bereits seit 1. März 2010 im Unternehmen der Antragsgegnerin beschäftigt und verfüge sohin über ein weitergehende betriebliche Kenntnisse und Erfahrungen als die Antragstellerin, welche rund 3 Jahre nach Herrn Mag. (FH) C im Unternehmen der Antragsgegnerin begonnen habe.

Rechtliche Überlegungen

Gemäß § 3 Z 2 GlBG darf auf Grund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat, im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht bei der Festsetzung des Entgelts. Der Entgeltbegriff ist nach der Rechtsprechung des EuGH weit zu fassen, sodass man darunter alle Leistungen versteht, die ein/e Arbeitnehmer/in als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung seiner/ihrer Arbeitskraft an den/die Arbeitgeber/in erhält.

Insoweit sich die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne der §§ 3, 4, 6 oder 7 GlBG beruft, hat er/sie diesen gemäß § 12 Abs. 12 GlBG glaubhaft zu machen. Dem/der Beklagten obliegt es bei Berufung auf § 3 oder 4 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes, vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder das andere Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 2 vorliegt. Bei der Beurteilung, ob eine vergleichbare Situation der Antragstellerin und der männlichen Vergleichsperson vorliegt, sind subjektive Elemente außer Acht zu lassen, maßgeblich ist ausschließlich die objektiv festzustellende gleiche bzw. vergleichbare Arbeit. Die Gleichzeitigkeit der zu vergleichenden Arbeiten ist für die Vergleichbarkeit nicht erforderlich. Erhält eine Arbeitnehmerin, trotz zumindest gleichwertiger Tätigkeit, im Vergleich zu männlichen Kollegen ein niedrigeres Bruttogehalt und liegen keine anderen – sachlichen – Gründe für diese unterschiedliche Behandlung vor, kann dies den Tatbestand der Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes bei der Festsetzung des Entgelts gemäß § 3 Z 2 GlBG indizieren.

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung der Vorwürfe der Antragstellerin, ihr Entgelt sei aufgrund ihres Geschlechtes niedriger festgesetzt worden, ein Ermittlungsverfahren iSd GBK/GAW-Gesetzes durch.

Die Antragstellerin war die Nachfolgerin von Herrn Mag. (FH) C in der Assistenz für Herrn B. Auf Grund der vorgelegten Unterlagen sowie übereinstimmenden Aussagen, dass der Inhalt der verrichteten Tätigkeit derselbe war, ist vom gleichen Inhalt der Aufgaben, Verantwortung und Tätigkeiten auszugehen. Die Position des/r Assistenten/in umfasst laut der dem erkennenden Senat vorliegenden Stellenbeschreibung vor allem die Unterstützung des Vorstands in allen organisatorischen Belangen, selbstständige Übernahme von Sonderprojekten, Terminkoordination und Reisemanagement, Korrespondenz, Zusammenarbeit mit anderen Bereichen wie Marketing, Verkauf, Finanz, etc. bzw. die Übernahme von besonderen Aufgaben wie Corporate Identity Verantwortung, Ausarbeitung marketingrelevanter Statistiken etc.

Diese Tätigkeiten wurden nach den übereinstimmenden Aussagen der Antragstellerin, des Herrn B und des Herrn Mag. (FH) C gleichermaßen von der Antragstellerin und der Vergleichsperson ausgeübt. Erst 2013 ist die Vergleichsperson auf eine andere Position im Unternehmen gewechselt, bis zu diesem Zeitpunkt war auch die Vergleichsperson in der Position eines Assistenten für den Vorstand tätig. Gleichwertigkeit der Tätigkeiten ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn das vom Kollektivvertrag zugrunde gelegte Bewertungssystem bei konsequenter Anwendung zur Bejahung der Gleichwertigkeit führt. Da der Senat anhand dieser für die Arbeitgeberin geltenden kollektivvertraglichen Bewertungskriterien erkannt hat, dass eine konsequente Anwendung jeweils zu Beginn des Arbeitsverhältnisses bei der Antragstellerin und bei der Vergleichsperson zu einer Einstufung in der Entlohnungsgruppe IV geführt hätte, war von Gleichwertigkeit der Tätigkeiten auszugehen. Die Einstufung in die Entlohnungsstufe IV war also grundsätzlich korrekt, allerdings wird diese Einstufung dann diskriminierend, wenn – wie im vorliegenden Fall – männliche Arbeitnehmer für gleichwertige Tätigkeiten höher eingestuft und damit überzahlt werden. Die Argumentation der Antragsgegnerin in der Stellungnahme, dass die unterschiedliche Bezahlung der Antragstellerin daher rühre, dass die Antragstellerin nur partielle Nachfolgerin der Vergleichsperson sei und dieser auch über eine höhere Berufserfahrung verfüge, da dieser bereits 2010 im Unternehmen begonnen habe, und so umfangreichere Vorkenntnisse gehabt habe, hat sich im Zuge des Ermittlungsverfahrens für den Senat I der GBK als nicht zutreffend erwiesen. Die Gehaltsunterschiede zu Ungunsten der Antragstellerin im Anfangsgehalt lassen sich weder durch Dienstzeit und Ausbildung begründen. Die Antragstellerin verfügt sowohl über eine höhere Ausbildung als auch über mehr Berufserfahrung. Bei der Beurteilung, ob eine vergleichbare Situation der Antragstellerin und von Herrn Mag. (FH) C vorliegt, sind subjektive Elemente, wie beispielsweise die Wertschätzung durch die Arbeitgeberin, außer Acht zu lassen. Ebenso sind niedrigere Gehaltsvorstellungen bzw. ein besseres Verhandlungsgeschick irrelevant, weil ausschließlich die objektiv festzustellende gleichwertige Arbeit maßgeblich ist.

Nach Ansicht des Senates I der GBK ist im gegenständlichen Fall das unterschiedliche Entgelt einerseits durch die ungerechtfertigte unterschiedliche Einstufung im Kollektivvertrag, andererseits durch die unsachliche (Nicht-)Anrechnung von Vordienstzeiten und dementsprechend lediglich durch gute Gehaltsverhandlungen von Herrn Mag. (FH) C zustande gekommen. Herr Mag. (FH) C hat von Beginn an seine Entwicklungsabsichten im Unternehmen sehr deutlich und klar formuliert. Er wurde über einen Headhunter ins Unternehmen geholt und für ihn war seitens der Antragsgegnerin langfristig eine andere berufliche Laufbahn vorgesehen. Dies ist allerdings bei gleicher bzw. gleichwertiger Arbeit kein Rechtfertigungsgrund für geringeres Entgelt.

Ist die Überzahlung der männlichen Kollegen also auf deren Verhandlungsgeschick zurückzuführen, besteht der Anschein einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechts bei der Festsetzung des Entgelts. In diesem Zusammenhang wird auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 20.05.1998, Zl. 9 ObA 350/97d verwiesen, wo u.a. ausgeführt wird: „Bei Prüfung der Frage, inwieweit eine Diskriminierung als geschlechtsspezifisch für bescheinigt zu gelten hat, darf das gesellschaftliche Umfeld nicht außer Acht gelassen werden. Es ist offenkundig, dass Frauen in Österreich im allgemeinen statistisch gesehen niedriger entlohnt werden als männliche Arbeitnehmer. Frauen sind auch häufiger als Männer bereit, niedriger entlohnte Tätigkeiten anzunehmen, zumal ihre Arbeit oft bereits im Rahmen der Arbeitsbewertung als weniger schwierig und damit geringer wertig eingestuft wird.“

Im vorliegenden Fall stellt die Schlechterstellung der Antragstellerin in Bezug auf ihr Entgelt im Zeitraum Jänner 2013 bis Februar 2016 gegenüber dem der Vergleichsperson im Zeitraum März 2010 bis Jänner 2013 klar eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts dar. Nicht nur, dass die Antragstellerin exakt den gleichen Aufgabenbereich wie ihr männlicher Vorgänger erfüllt hat, sie wies überdies bereits bei Arbeitsbeginn eine einschlägige sowie umfangreichere Erfahrung auf. Das Argument, dass die Vergleichsperson bereits durch seinen Eintritt 2010 in das Unternehmen über eine höhere Berufserfahrung verfüge, greift nicht. Zum Zeitpunkt seines Beginns als Assistent des Vorstands lag diese noch nicht vor. Die Darstellung ihrer Arbeit als geringwertiger als die ihres Vorgängers bzw. Nachfolgers scheint in diesem Zusammenhang – bei erwiesenermaßen gleichen Aufgaben – nur ein noch deutlicheres Anzeichen für die geschlechtsbezogene Schlechterbezahlung der Antragstellerin.

Allerdings wird vom Senat I der GBK festgehalten, dass eine Entgeltdiskriminierung der Antragstellerin bezogen auf die ab 2013 durch die Vergleichsperson Herr Mag. (FH) C ausgeübte Tätigkeit nicht hinreichend glaubhaft gemacht worden ist. Die Tätigkeit erscheint dem Senat nicht vergleichbar: Es gab zwar einige Sonderprojekte, aber diese lassen sich nicht mit jenen von Herrn Mag. (FH) C vergleichen, der in eine höherwertige Position bei der Antragsgegnerin gewechselt ist. Die von der Antragstellerin angeführten Sonderprojekte, die gleich bzw. gleichwertig zu der Tätigkeit der Vergleichsperson sein sollten, waren nicht ausreichend konkretisiert, als dass man in den Folgejahren von einer gleichen bzw. gleichwertigen Tätigkeit der Antragstellerin bzw. der Vergleichsperson ausgehen durfte. Während der Gehaltsunterschied gegenüber der Vergleichsperson im Zeitraum März 2010 bis Jänner 2013 diskriminierend war, ist die niedrigere Entlohnung im Vergleich zur Tätigkeit der Vergleichsperson ab 2013 gerechtfertigt.

Es liegt somit eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes bei der Festsetzung des Entgelts gemäß § 3 Z 2 GlBG vor.

Gemäß § 3 Z 6 GlBG darf auf Grund des Geschlechtes, insbesondere unter Bezugnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat, im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht bei den sonstigen Arbeitsbedingungen.

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung der Vorwürfe der Antragstellerin, dass im Zuge des Arbeitsverhältnisses die (sonstigen) Arbeitsbedingungen der Antragstellerin derart verändert worden seien, dass die Tätigkeiten entgegen den ausgemachten Inhalten (selbständige Projekte) immer mehr zu einer unselbständigen Sekretärinnentätigkeit gewandelt worden sei, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch. Diese Veränderung habe schlussendlich auch zu einer Beendigung des Dienstverhältnisses geführt. Demgegenüber habe sich ihr männlicher Vorgänger entwickeln können und habe selbstständigere Aufgaben erhalte, was ihr aber nicht ermöglicht worden wäre.

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass die Antragstellerin nicht erst im Verlauf ihres Arbeitsverhältnisses Assistenztätigkeiten ausgeübt hat. Aus der vorliegenden Stellenbeschreibung geht eindeutig hervor, dass es insbesondere Sekretariatstätigkeiten zu verrichten sind. Das lässt sich auch aus den Stellvertretungsregelungen ihrer Arbeitsposition ableiten. Die von der Antragstellerin dargelegten Projekte sind nach Auffassung des Senates I GBK nicht über die Assistenzposition hinausgegangen. Eine dem Antrag entsprechende Glaubhaftmachung von darüber hinausgehenden, höherwertigen Projekten ist der Antragstellerin nicht gelungen. Herr B hat in seiner Befragung deutlich gemacht, dass für die Antragstellerin keine weitere berufliche Weiterentwicklung vorgesehen war. Es sollte die Assistenzposition durch die Antragstellerin von Beginn an ausgeübt werden. Daneben wurden von der Antragstellerin kleinere Projekte zusätzlich übernommen, die zu keiner Veränderung der tatsächlichen Tätigkeit geführt hat. Eine verschlechternde Versetzung liegt daher nicht vor. Der vorliegende Sachverhalt indizierte damit auch keine Diskriminierung auf Grund des Geschlechtes bei den sonstigen Arbeitsbedingungen gemäß § 3 Z 6 GlBG.

Vorschlag

Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem/der ArbeitgeberIn oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Abs. 3 nicht entsprochen, kann gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht oder Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.

Da der Senat I der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird die Antragsgegnerin, X GmbH, gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und folgender Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt:

Leistung eines angemessenen Schadenersatzes

Wien, 6. März 2018

Mag.a Stefanie Mandl, MA

Stv. Vorsitzende des Senates I der GBK

1  Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2018
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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