Gbk 2018/5/8 GBK I/696/16

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Veröffentlicht am 08.05.2018
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Diskriminierungsgrund

Geschlecht

Diskriminierungstatbestand

Beendigung des Arbeitsverhältnisses, mangelnde Abhilfe, Belästigung durch Dritten

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl. Nr. 108/1979 idF BGBl. I Nr. 107/2013)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 8. Mai 2018 über den am 27. Mai 2016 eingelangten Antrag von Frau A (Antragstellerin) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine geschlechtsbezogene Belästigung durch Dritte gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GlBG durch Herrn B (2. Antragsgegner) (BGBl. I Nr. 66/2004 idF BGBl. I Nr. 34/2015; alle weiteren, im Text verwendeten Gesetzeszitate beziehen sich auf diese Fassung) sowie durch eine mangelnde Abhilfe im Falle einer geschlechtsbezogenen Belästigung gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 GlBG und bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG durch X (1. Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013), zu GZ GBK I/696/16, zu folgendem

Prüfungsergebnis:

1.   Frau A ist auf Grund des Geschlechtes durch eine geschlechtsbezogene Belästigung durch Dritte gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GlBG GlBG durch Herrn B diskriminiert worden.

2.   Frau A ist nicht auf Grund des Geschlechtes durch mangelnde Abhilfe im Falle einer geschlechtsbezogenen Belästigung durch Dritte gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 GlBG durch X diskriminiert worden.

3.   Frau A ist nicht auf Grund des Geschlechtes bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG durch X diskriminiert worden.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.

Prüfungsgrundlagen

Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin und des Antragsgegners sowie deren mündliche Befragung vom 8. Mai 2018. Als weitere Auskunftspersonen wurden Herr Dr. C (ehemaliger Geschäftsführer der 1. Antragsgegnerin), Frau Mag.a D und Herr Betriebsrat E am 8. Mai 2018 befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat I der GBK in seiner Entscheidungsfindung auf den AV vom 30. November 2015 bzgl. des Mitarbeiter/innengesprächs zwischen dem 2. Antragsgegner und der Antragstellerin.

Vorbringen

Im Antrag wurde im Wesentlichen folgendes vorgebracht:

Die Antragstellerin sei von 14. September 2015 bis 13. Dezember 2015 bei der Firma X als Ausbildnerin für … beschäftigt gewesen. Im Februar 2015 habe sie zufällig privat … Herrn F, Leiter bei X am Standort ..., getroffen. Er habe ihr erklärt, dass es die neue Überbetriebliche Berufsausbildung (ÜBA) für … geben werde und habe nach ihrem Interesse als Ausbildnerin tätig zu werden gefragt. Dies habe sie bejaht. Im Juni 2015 habe sich die Antragstellerin auf das ausgeschriebene Stelleninserat beworben. Am 24. August 2015 habe sie ein Bewerbungsgespräch beim 2. Antragsgegner am Standort … geführt. Im Bewerbungsgespräch habe die Antragstellerin den ruppigen Ton des 2. Antragsgegners sehr irritierend empfunden, da es nicht zum Kontext des Berufsbildes passe. Die Inhalte des Gespräches habe sie sehr befremdlich empfunden, beispielsweise habe dieser gemeint, „Wenn Sie das nicht wissen, können Sie gleich wieder gehen.“ Selbstverständlich habe sie für die am Tisch liegenden Werkzeuge … abgeben können. Auch sehr übergriffig habe sich der 2. Antragsgegner in Bezug auf ihrer Farbwahl (Rot, Schwarz und Grau) im Lebenslauf und in den Bewerbungsunterlagen geäußert. Vielleicht würde dies einem modernen Personalisten gefallen, die Farbe Rot sei ihm zu aggressiv. Das 2. Bewerbungsgespräch habe in der Zentrale in angenehmer Atmosphäre stattgefunden. Am 14. September 2015 habe bei der 1. Antragsgegnerin am Standort …, ihr Dienstverhältnis als Ausbildnerin für die ÜBA … begonnen. Die meisten Lehrlinge seien schon vom Vorgänger bzw. vom 2. Antragsgegner aufgenommen worden, Ausbildungsstart für die Lehrlinge sei der 21. September 2015 gewesen. Die Werkstätte dafür sei jedoch nicht fertiggestellt gewesen. Neben der ÜBA habe die Antragstellerin noch die Erprobungen für diese ÜBA-Ausbildung betreuen müssen. Im Zuge der Erprobung hätten von ihr viele administrative Aufgaben erledigt werden. (Ausfüllen der Bewertungsbögen online für das AMS pro Teilnehmer/in). Bevor die Erprober/innen zum Gespräch mit dem 2. Antragsgegner gekommen seien, sei ein kurzes Gespräch mit ihr geführt worden bezugnehmend auf die Auswertung bzw. Teilnehmer/innen geführt worden. Sie habe die Ausdrucke der Bewertungen dann immer vom Büro zum Abheften in den von ihr angelegten AMS-Erprobungsordner bekommen. Ohne Rücksprache mit der Antragstellerin seien die Bewertung vom 2. Antragsgegner überschrieben worden. Die Arbeitsaufträge der Lehrlinge seien auch in der Lehrlingsmappe konform mit den erstellten Wochenplänen dokumentiert worden. Es habe kein Gespräch über die einzelnen Entwicklungen der Lehrlinge in der Probezeit gegeben. Der 2. Antragsgegner sei stets von ihr darüber informiert worden, dass es einigen Lehrlingen massiv an der Voraussetzung für diesen Beruf mangle. ... Nach einem Monat sei die Antragstellerin vom 2. Antragsgegner während der Ausbildungszeit zu einem Gespräch auf den Gang gebeten worden. Inhalt des Gesprächs sei folgender gewesen: Ihr Parfum sei zu aufdringlich. Die Antragstellerin sei aufgefordert worden, dieses nicht zu verwenden. Ihre Lehrlinge hätten allerdings mitgeteilt, dass sie bzw. ihre Bekleidung nicht zu stark nach Parfum rieche. Die Antragstellerin verwende nur selten Parfum und auch nur bestimmten Outfits, da diese übereinstimmen sollten. Am 10. November 2015 sei es zu geschlechtsbezogenen diskriminierende Äußerung des 2. Antragsgegners an ihre Person gerichtet. Er habe ihr mitgeteilt, dass Männer besser als Frauen feilen könnten. Ihr Dienstverhältnis sei auf 3 Monate befristet gewesen. Die Befristung sei mit 30. November 2018 ausgelaufen. Die Nicht-Weiterverlängerung sei damit begründet worden, dass die Antragstellerin nicht mit den Lehrlingen zurechtgekommen sei. Aus ihrer Sicht würden aber die frauenbezogenen Aussagen im Raum stehen, wodurch anzunehmen sei, dass die Beendigung im Zusammenhang mit dem Geschlecht stehe.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK von der 1. Antragsgegnerin übermittelten Stellungnahme vom 23. Juni 2016 wurden die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe bestritten und ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegengetreten:

Das befristete Dienstverhältnis der Antragstellerin sei nach Ablauf der 3-monatigen Befristung nicht verlängert worden, da sie nach Einschätzung der 1. Antragsgegnerin nicht den Anforderungen an diesen Posten entsprochen habe. Vorher habe der 2. Antragsgegner am 30. November 2015 ein Mitarbeiter/innengespräch geführt. Während des Dienstverhältnisses mit der Antragstellerin habe es keinerlei Hinweise auf Diskriminierung, Ungleichbehandlung oder Belästigung gegeben. Am 18. Jänner 2016 habe die Geschäftsleitung ein Schreiben der Antragstellerin mit einer Forderung auf Schadenersatz auf Grund von einer Diskriminierung erhalten. Daraufhin habe die Geschäftsleitung sofort die Interne Revision eingeschalten, um diese Vorwürfe zu überprüfen. In der Folge seien die Vorwürfe auch der Arbeiterkammer vorgetragen. Es habe kein Indiz für die Richtigkeit der Vorwürfe gefunden werden können. Die Aussage „Männer können besser feilen als Frauen“ sei nicht gegenüber der Antragstellerin gemacht worden, sondern in deren Anwesenheit in einem freundlich scherzhaften Gespräch mit einer auszubildenden jungen Frau geäußert worden, der der 2. Antragsgegner Tipps für das Feilen gegeben habe und damit ihre Frage, „Woher können Sie so gut feilen?“ scherzhaft beantwortet habe Es sei in keinem Zusammenhang mit der Antragstellerin gestanden und sei andererseits eine ehemalige Aussage von geringem Belang, so dass eine im Sinne des GlBG belästigende Wirkung ausgeschlossen werden könne. Auch die Schilderung des Einstellungsgespräches sei der Geschäftsführung nicht nachvollziehbar gewesen, weil es dem Ziel des Gesprächs widerspräche und die Antragstellerin im Anschluss an das Gespräch auf Empfehlung des 2. Antragsgegners angestellt worden sei. Bezüglich anderer im Antrag erwähnten Sachverhalte seien keine diskriminierenden Umstände erkennbar. Solange das Dienstverhältnis aufrecht gewesen sei, habe sich die Antragstellerin nie mit Beschwerden an den Betriebsrat, an die Präventivkräfte, die Bereichsleitung oder an den Geschäftsführer persönlich gewandt. Gegen den 2. Antragsgegner seien noch nie derartige Vorwürfe erhoben worden. Die Beendigung des Dienstverhältnisses sei ausschließlich aus sachlichen Gründen erfolgt, da die Leistungen der Antragstellerin nicht den Anforderungen entsprochen hätten, die bei der Ausbildung von benachteiligten Jugendlichen mindestens zu erfüllen seien.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK vom 2. Antragsgegner übermittelten Stellungnahme vom 23. Juni 2016 wurden die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe bestritten und ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegengetreten:

Im Bewerbungsgespräch sei die Sprache auf die in seinem Büro befindlichen Lötpistolen kommen. Der 2. Antragsgegner habe zu der Antragstellerin gemeint, dass man diese im Rahmen der Grundkompetenzen … zu kennen habe. Dieser Meinung habe sie sich angeschlossen. Ansonsten sei das Bewerbungsgespräch sehr sachlich abgelaufen. Zum Abschluss des Bewerbungsgesprächs habe der 2. Antragsgegner der Antragstellerin eine Rückmeldung zu ihren Bewerbungsunterlagen gegeben. Er habe deren Gestaltung mit dem silbernen Hintergrund mit einer roten Schrift als unangenehm und aggressiv empfunden. Daraufhin habe sich die Antragstellerin für seine Offenheit und das positive Gespräch bedankt und die „positive Energie und Schwingungen“ in seinem Büro erwähnt. Anhand von Bewertungsbögen stelle man für das AMS die Eignung der Auszubildenden für bestimmte Berufe fest. Da diese Beurteilung für den weiteren Lebensweg der Auszubildenden von großer Bedeutung sei, sei das Ausfüllen desselben mit höchster Sorgfalt und gewissenhaftem Anlegen des Maßstabs vorzunehmen. Die Testergebnisse und die Bewertungsbögen der jeweiligen Erprober/innen würden mit den Ausbildner/innen besprochen werden. Würden sich im darauf geführten Gespräch mit dem/der Erprober/in eine zu unkritische oder zu kritische Bewertung dieser Person ergeben, werde dies vom 2. Antragsgegner korrigiert und den Ausbildnern/innen mitgeteilt. Da der 2. Antragsgegner selbst den Beruf … gelernt und jahrelang ausgeübt habe, sei in der Lage, die Lern- und Entwicklungsschritte der Auszubildenden kompetent zu beurteilen. Das AMS weise der 1. Antragsgegnerin Lehrlinge mit einem schwierigen persönlichen Hintergrund, mit intellektuellem Nachholbedarf bzw. mangelnder sozialer Reife zu. Daher bedürfe es bei der Ausbildung eines großen Einfühlungsvermögens und Verständnisses sowie sehr viel Geduld bei der Vermittlung der Ausbildungsinhalte. Dies habe er auch beim Einstellungsgespräch eingehend mit der Antragstellerin erörtert. Leider habe die Antragstellerin, wie aus ihrem Schreiben hervorgehe, kein Verständnis oder Einfühlungsvermögen für die Lehrlinge trotz verschiedener Unterstützungsangebote (Sozialpädagogin, Gespräche mit dem 2. Antragsgegner) entwickeln können. Dies habe sich sehr auf den Ausbildungserfolg ausgewirkt. Zum Parfum sei zu sagen, dass einige Mitarbeiter/innen und auch der 2. Antragsgegner bei Gesprächen mit der Antragstellerin die Wahrnehmung gehabt hätten, dass sie stark riechen würde. Um ihr weiteres unangenehmes Gerede der Belegschaft oder der Lehrlinge darüber zu ersparen, habe der 2. Antragsgegner diese bei einer passenden Gelegenheit darauf angesprochen. Die Antragstellerin habe ihm die Marke gesagt und gefragt, ob etwas damit nicht in Ordnung sei. Er habe ihr mitgeteilt, dass für ihn das Parfum zu intensiv riechen würde. Darauf habe sie sich – wie auch immer für seine offenen Worte – bedankt und habe gemeint, weniger davon zu verwenden. Zum Vorwurf „Männer können besser feilen“ sei festzuhalten, dass ihm bei einem Werkstätten Rundgang aufgefallen sei, wie sich eine Erproberin beim Feilen sichtlich abgemüht habe. Daraufhin habe er ihr ein paar Anleitung dazu vorgezeigt, damit ihr das Feilen leichter falle. Die Erproberin sei sehr überrascht gewesen, dass der 2. Antragsgegner das so gut beherrsche und vorzeigen habe können und habe ihn gefragt, warum er dies so gut könne. Im Scherz mit einem Augenzwinkern habe der 2. Antragsgegner der Erproberin geantwortet, „weil Männer einfach besser feilen können“. Die Erproberin habe sichtlich den Scherz verstanden und habe er ihr von seiner langjährigen Berufserfahrung erzählt und dass er daher so gut feilen könne. Mit der Antragstellerin habe er das, auch nicht in einem 4-Augengespräch, weiter besprochen. Wegen der zahlreichen Beschwerden der Lehrlinge über die Antragstellerin bei der zuständigen Sozialpädagogin, Frau Mag.a D habe der 2. Antragsgegner der Geschäftsleitung empfohlen, den befristeten Dienstvertrag mit der Antragstellerin nicht weiter zu verlängern. Wegen ihrer mangelhaften strukturierten Vorgangsweise bei der Vermittlung der Ausbildungsinhalte und ihrem schlechten Einfühlungsvermögen bei den Lehrlingen habe er diese nicht diese Ausbildungseinrichtung für geeignet gehalten. Die Beschwerden der Lehrling seien von Frau Mag.a D dokumentiert worden und an ihn weitergeleitet worden. Auf Grund dessen habe er mit der Antragstellerin ein langes Coaching Gespräch geführt. Offensichtlich sei es ihr trotzdem nicht möglich gewesen, den Umgang mit den Lehrlingen zu ändern.

Rechtliche Überlegungen

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GlBG liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes auch vor, wenn eine Person durch geschlechtsbezogene Verhaltensweisen durch Dritte in Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt wird.

Gemäß § 7 Abs. 2 Z 1 GlBG liegt geschlechtsbezogene Belästigung vor, wenn ein geschlechtsbezogenes Verhalten gesetzt wird, das die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht ist und eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt.

Die geschlechtsbezogene Belästigung bezieht sich sowohl auf das biologische Geschlecht an sich, d.h. auf die Unterscheidung zwischen Mann und Frau, als auch auf daran anknüpfende Rollenzuweisungen. Unter geschlechtsbezogenem Verhalten sind jene Verhaltensweisen zu subsumieren, die die Betroffenen aufgrund ihres Geschlechtes belästigen, die aber nicht mit sexuellem Verhalten zu tun haben. Kern der Belästigung im Sinne des § 7 ist das Abzielen auf das bloße Geschlecht.2

Zu überprüfen war das Vorbringen der Antragstellerin, der Antragsgegner habe in ihrer Anwesenheit gegenüber einer Erproberin die Aussage getätigt, dass Männer besser als Frauen feilen können würden, und sich damit in Bezug auf Frauen unpassend verhalten, indem er Frauen und damit auch sie abwertete, lächerlich gemacht habe und ihnen zu nahe getreten sei.

Auch im Hinblick auf die Vorwürfe der geschlechtsbezogenen Belästigung war das schriftliche Vorbringen der Antragstellerin für den Senat glaubhaft. Bei der ergänzenden Befragung durch den Senat machte die Antragstellerin einen glaubwürdigen Eindruck, wobei sie sich immer noch von dieser Aussage erschüttert gezeigt hat.

Zudem bestätigten alle befragten Auskunftspersonen bzw. der 2. Antragsgegner selber, dass diese Aussage in Gegenwart der Antragstellerin gefallen ist. Der 2. Antragsgegner rechtfertigte sich insbesondere damit, dass er diese für ihn „scherzhaft“ gemeinte Aussage gar nicht direkt gegenüber der Antragstellerin gemacht habe. Er habe diese überhaupt nicht persönlich angesprochen. Laut dem Betriebsrat der 1. Antragsgegnerin habe die Antragstellerin sich eine Entschuldigung dafür gewünscht, was allerdings vom 2. Antragsgegner als eine Art Schuldeingeständnis abgelehnt worden sei. Die gefallene Äußerungen und Verhaltensweisen (abwertende Bemerkung über ihr Parfüm) des Antragsgegners gegenüber der Antragstellerin stellen nach Ansicht des Senates keine angebrachte Umgangsform der Mitarbeiterkommunikation dar. Insbesondere ist gerade an einer Ausbildungsstätte für Jugendliche auf eine angemessene Form und den Inhalt der Umgangsformen besonders Acht zu geben, da die Ausbildner/innen eine Vorbildfunktion haben. Die erwähnte Äußerung stellt eine der geschlechtsbezogenen Sphäre zuzuordnende Verhaltensweise dar. So fällt dieser geschlechterstereotype Kommentar des 2. Antragsgegners über das handwerkliche Geschick von Männern und Frauen im Beisein einer Erproberin sowie der Antragstellerin in diesen Bereich.

An dieser Stelle ist nochmals hervorzuheben, dass die Grenze, welche Verhaltensweisen für eine Person unerwünscht, unangebracht oder anstößig sind, nicht nach objektiven Maßstäben festgelegt, sondern von jeder Person selbst gezogen wird. Dieser Hinweis erscheint vor allem im Hinblick auf das Vorbringen des 2. Antragsgegners zur Rechtfertigung des Kommentars über die handwerklichen Fähigkeiten von Frauen von Bedeutung. Dieser geschlechterstereotype „Scherz“ kann, mag er für eine Arbeitnehmerin diese Grenze auch nicht überschreiten, für eine andere Arbeitnehmerin durchaus eine unangebrachte Äußerung sein. Es steht der Antragstellerin zu, ihre eigene subjektive Grenze anders zu ziehen und muss sie derartige geschlechterstereotype Kommentare in ihrem Arbeitsumfeld nicht hinnehmen.

Der Antragsgegner wandte im Rahmen der Sitzung zudem ein, die Antragstellerin habe keine Reaktion auf sein Verhalten gezeigt. Sie habe sich auf den „Scherz“ in keiner Form reagiert. Dazu ist anzumerken, dass eine Zurückweisung des belästigenden Verhaltens keine Tatbestandsvoraussetzung der Belästigung iSd § 7 Abs. 1 Z 3 GlBG ist. Durch diese Verhaltensweise des 2. Antragsgegners wurde die Würde der Antragstellerin verletzt. Für die Antragstellerin war die getätigte Äußerung am Arbeitsplatz unpassend und unerwünscht. Durch diese Äußerungen wurde ein für sie demütigendes und feindseliges Arbeitsumfeld geschaffen.

Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es dem 2. Antragsgegner nicht gelungen ist zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihm vorgebrachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

Durch diese wiederholt getätigten geschlechtsbezogenen Äußerungen und Verhaltensweisen des 2. Antragsgegners wurde die Würde der Antragstellerin beeinträchtigt. Für die Antragstellerin war das gesetzte Verhalten zudem unerwünscht und wurde dadurch ein für sie demütigendes und feindseliges Arbeitsumfeld geschaffen.

Es liegt somit eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes durch eine geschlechtsbezogene Belästigung durch Dritte gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GlBG vor.

Hinsichtlich der verlangten Überprüfung einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechts durch die Arbeitgeberin, X (1. Antragsgegnerin), gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 GlBG, ob diese es schuldhaft unterlassen hat, im Falle einer sexuellen Belästigung durch Dritte, eine auf Grund gesetzlicher Bestimmungen, Normen der kollektiven Rechtsgestaltung oder des Arbeitsvertrages angemessene Abhilfe zu schaffen, ist Nachstehendes festzuhalten:

Eine wesentliche Intention des GlBG ist die Schaffung einer diskriminierungsfreien Arbeitsumwelt. Der/Die Arbeitgeber/in ist deshalb auf Grund der ihm/ihr obliegenden allgemeinen Fürsorgepflicht3 aufgefordert, in seinem/ihrem Betrieb Maßnahmen zu setzen, um die sexuelle Integrität und die Intimsphäre der Arbeitnehmer/innen zu schützen und wahren4. Präventiv sollte von den Arbeitgebern/innen eine „Unternehmenskultur“ entwickelt werden, nach der Belästigungen aller Art grundsätzlich verpönt sind, damit es nach Möglichkeit nicht zu Belästigungen kommt5.

Hierfür stehen dem/der Arbeitgeber/in auf Grund seiner/ihrer betrieblichen Organisationsgewalt ausreichend Mittel zur Verfügung. Ist der/die Belästiger/in Mitarbeiter/in, kommen räumliche Sicherheitsvorkehrungen oder aber etwa der Ausschluss dienstlicher Kontakte in Frage. Dem/Der Arbeitgeber/in steht die ganze Bandbreite von der Rüge über Abmahnung bis hin zur Kündigung offen. Um die Fortsetzung Belästigung zu unterbinden, hat der/die Arbeitgeber/in nach Prüfung der Sachlage über die entsprechenden Sanktionen zu entscheiden, die der Schwere des Fehlverhaltens angemessen sind (z.B. Versetzung, Freistellung, Gehaltskürzung, Abmahnung, Herabsetzung des Dienstgrades, Hausverbot, Kündigung, Entlassung). Eine geschlechtsbezogene Belästigung durch Dritte darf sich niemals zum Nachteil für die betroffene Person auswirken. Nach dem GlBG besteht die Verpflichtung für den/die Arbeitgeber/in zur Schaffung angemessene Abhilfe. Eine geschlechtsbezogene Belästigung durch eine/n Mitarbeiter/in ist eine Form von Fehlverhalten, die den/die Arbeitgeber/in verpflichtet, sich damit zu befassen, wie er/sie es bei jeder Form von Fehlverhalten eines/einer Mitarbeiter/in tun sollte. Es bedarf daher Maßnahmen, die geeignet sind, die belästigte Person vor weiteren Übergriffen in deren geschlechtsbezogener Sphäre zu schützen.

Gegenstand der Überprüfung, ob die 1. Antragsgegnerin eine dem GlBG entsprechende angemessene Abhilfe im Falle einer geschlechtsbezogenen Belästigung gesetzt hat, war, ob diese ihren Verpflichtungen in Bezug auf den mit Vorwürfen der Belästigung konfrontierten Mitarbeiter, Herrn B, erfüllt hat. Das Verfahren vor dem Senat I der GBK ergab, dass die 1. Antragsgegnerin erst im Schreiben der Arbeiterkammer … vom 19. Februar 2016 von dem Vorwurf der Belästigung erfahren hat. Zu diesem Zeitpunkt war das Dienstverhältnis mit der Antragstellerin bereits beendet. Davor hatte die Arbeitgeberin keine Kenntnis über den Vorfall und konnte daher keine Abhilfemaßnahmen iSd GlBG treffen.

Es liegt daher kein schuldhaftes Unterlassen der Antragsgegnerin im Falle einer geschlechtsbezogenen Belästigung durch Dritte gegenüber der Antragstellerin angemessene Abhilfe zu schaffen vor.

Gemäß § 3 Z 7 GlBG darf auf Grund des Geschlechtes im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Im Ermittlungsverfahren konnte von Seitens des Senates I der GBK festgestellt werden, dass das befristete Dienstverhältnis aus sachlichen, in der Person der Antragstellerin liegenden Gründen nicht in ein unbefristetes Dienstverhältnis umgewandelt wurde. Die bei der 1. Antragsgegnerin beschäftigte Sozialpädagogin, Frau Mag.a D bestätigte die zahlreichen Beschwerden der Lehrlinge und die mangelnden Einsicht der Antragstellerin, etwas an ihrer Arbeitsweise mit den Lehrlingen zu ändern. Auch die vom 2. Antragsgegner am 30. November 2015 verfasste Stellungnahme bzgl. der Antragstellerin belegt diese Ansicht. Selbst die Antragstellerin bestätigte in der mündlichen Befragung ihre Schwierigkeiten mit den Jugendlichen. Eine Beendigungsdiskriminierung konnte somit nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens durch den Senat I der GBK nicht festgestellt werden.

Es liegt daher keine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 3 Z 7 GlBG vor.

Vorschlag

Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem/der ArbeitgeberIn oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Abs. 3 nicht entsprochen, kann gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht oder Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.

Da der Senat I der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird der 2. Antragsgegner, Herr B, gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und wird folgender Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt:

Leistung eines angemessenen Schadenersatzes.

Wien, 8. Mai 2018

Dr.in Eva Matt

Vorsitzende des Senates I der GBK

1  Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.

2  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 7 Rz 3.

3  Vgl. § 1157 ABGB, § 18 Abs. 4 AngG sowie OGH 26.8.2004, 8 Ob 3/04f, ZAS 2005/44 (Posch); ARD 5608/13/2005 (Adamovic).

4  OGH 5.4.2000, 9 ObA 292/99b, DRdA 2001/15 (Smutny); 17.3.2004, 9 ObA 143/03z, DRdA 2005/26 (Eichinger); 26.5.2004, 9 ObA 64/04h, ARD 5552/20/2004; Ziehensack, Praxiskommentar zum VBG (2004) § 32 Rz 141 f.

5  Vgl. Mazal, Belästigung in der Arbeitswelt – Abhilfe durch Unternehmenskultur! Ecolex 2009, 460 462).

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2018
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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