Gbk 2018/6/12 GBK I/746/17-M

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Veröffentlicht am 12.06.2018
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Diskriminierungsgrund

Mehrfachdiskriminierung

Diskriminierungstatbestand

Beruflicher Aufstieg in eventu Begründung des Arbeitsverhältnisses, Belästigung (Geschlecht/Genderperformance, sexuelle Orientierung)

Text

Senat I der Gleichbehandlungskommission

Prüfungsergebnis gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz

(BGBl. Nr. 108/1979 idF BGBl. I Nr. 107/2013)

Der Senat I der Gleichbehandlungskommission (GBK) gelangte am 12. Juni 2018 über den am 12. Dezember 2016 bei Senat II eingelangten und am 21. Februar 2017 zuständigkeitshalber an Senat I abgetretenen Antrag von Herrn A (Antragsteller) betreffend die Überprüfung einer Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes sowie der sexuellen Orientierung beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen gemäß §§ 3 Z 5 und 17 Abs. 1 Z 5 GlBG (BGBl. I Nr. 66/2004 idF BGBl. I Nr. 34/2015; alle weiteren, im Text verwendeten Gesetzeszitate beziehen sich auf diese Fassung), in eventu bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß §§ 3 Z 1 und 17 Abs. 1 Z 1 GlBG, durch die X GmbH (1. Antragsgegnerin) und durch eine Belästigung durch Dritte gemäß §§ 7 Abs. 1 Z 3 und 21 Abs. 1 Z 3 GlBG durch Frau B (2. Antragsgegnerin) nach Durchführung eines Verfahrens gemäß § 12 GBK/GAW-Gesetz iVm § 11 der Gleichbehandlungskommissions-GO (BGBl. II Nr. 396/2004 idF BGBl. II Nr. 275/2013), zu GZ GBK I/746/17-M, zu folgendem

Prüfungsergebnis:

1.   Herr A ist nicht auf Grund des Geschlechtes und der sexuellen Orientierung beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen gemäß §§ 3 Z 5 und 17 Abs. 1 Z 5 GlBG, in eventu bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß §§ 3 Z 1 und 17 Abs. 1 Z 1 GlBG, durch die X GmbH diskriminiert worden.

2.   Herr A ist auf Grund des Geschlechtes und der sexuellen Orientierung durch eine Belästigung durch Dritte gemäß §§ 7 Abs. 1 Z 3 und 21 Abs. 1 Z 3 GlBG durch Frau B diskriminiert worden.

Dies ist eine gutachterliche Feststellung. Es handelt sich hierbei im Sinne der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes1 nicht um einen Bescheid.

Prüfungsgrundlagen

Der Senat I der GBK stützt seine Erkenntnis auf das schriftliche Vorbringen des Antragstellers, der 1. Antragsgegnerin und der 2. Antragsgegnerin sowie die mündliche Befragung des Antragstellers vom 12. Juni 2018, von Herrn Geschäftsführer C (informierter Vertreter der 1. Antragsgegnerin) und der 2. Antragsgegnerin vom 6. März 2018. Als weitere Auskunftsperson wurde Frau Mag.a D am 12. Juni 2018 befragt. Des Weiteren bezieht sich der Senat I der GBK in seiner Entscheidungsfindung auf die E-Mailkorrespondenz zwischen Frau E und der 2. Antragsgegnerin vom 8. und 12. Juli 2016 sowie die E-Mails des Antragstellers vom 21. Juli 2016 an das Team und die 2. Antragsgegnerin.

Vorbringen

Im Antrag wurde im Wesentlichen Folgendes vorgebracht:

Der Antragsteller sei von 1. September 2015 bis 31. August 2016 bei der 1. Antragsgegnerin als Angestellter beschäftigt gewesen.

Da er in seiner Funktion als Assistant Brand Manager stets sehr engagiert und motiviert gewesen sei und weitaus mehr Verantwortung übernommen habe, als es seine Stelle vorgesehen habe, habe ihn seine unmittelbare Vorgesetzte, Frau Mag.a D, ehemalige Brand Managerin Y, am 16. Juni 2016 für den frei gewordenen Posten des „Brand Activation & Event Managers“ an die 2. Antragsgegnerin, Head of Marketing, empfohlen. Er hätte somit als Mitarbeiter in Teilzeit die Chance auf eine Einstiegsstelle in Vollzeit bekommen. Dies sei von Anfang an sein Traum gewesen, da er das gesamte Team und das Unternehmen sehr geschätzt habe.

Von der 2. Antragsgegnerin seien jedoch hinsichtlich Frau Mag.a D‘s Empfehlung Bedenken geäußert worden, ob er aufgrund seiner sexuellen Orientierung überhaupt geeignet wäre, einen solchen Job auszuüben und nicht etwa Kunden vertreiben könnte. Der genaue Wortlaut der 2. Antragsgegnerin an Frau Mag.a D sei gewesen: „Meinst du nicht, dass der … (Anm.: Vorname des Antragstellers) zu gay wirkt?“

Frau Mag.a D habe der 2. Antragsgegnerin unmittelbar geantwortet, dass es sich bei dieser Äußerung um Diskriminierung handeln würde, und weiterhin bekräftigt, dass er die optimale Besetzung für den Posten des Brand Activation & Event Managers wäre.

Darüber hinaus sei ihm von mehreren Seiten zugetragen worden, dass die 2. Antragsgegnerin ein und dieselbe Äußerung zu seiner Genderperformance an eine weitere, sich noch im Unternehmen befindende Kollegin getätigt habe, was vermuten lasse, dass der Umstand seiner sexuellen Orientierung und deren Auswirkungen auf seine Karriere, Gegenstand von Gesprächen gewesen sei.

Die 2. Antragsgegnerin sei in Folge nicht auf ihn zugekommen, um ihm den Job des Brand Activation & Event Managers anzubieten. Als er seine Vorgesetzte, Frau Mag.a D, darüber informiert habe, habe sie sich dafür stark gemacht, dass ein Gespräch zwischen ihm und der 2. Antragsgegnerin zustande komme.

In diesem Gespräch am 4. Juli 2016 zwischen ihm und der 2. Antragsgegnerin sei ihm seine aktuelle Position des Assistant Brand Managers in Vollzeit angeboten sowie die Möglichkeit gestellt worden, 20 Stunden als Assistant in der Finanzabteilung sowie weitere 20 Stunden als Assistant in der Marketingabteilung zu arbeiten. Er habe der 2. Antragsgegnerin erklärt, dass er an beiden Optionen kein Interesse hätte, da er sich für die Stelle des Brand Activation & Event Managers interessieren würde. Ihre Reaktion darauf sei gewesen, dass man eine solche Stelle öffentlich ausschreiben müsse und sie ihm keine großen Hoffnungen machen möchte und nichts versprechen könne.

Er habe unmittelbar danach Frau Mag.a D über den Gesprächsverlauf unterrichtet. Frau Mag.a D sei entsetzt über das unfaire Verhalten ihm gegenüber gewesen, da in der Vergangenheit Mitarbeiter aus dem Marketingteam auch ohne öffentliche Ausschreibung befördert worden seien. Frau Mag.a D habe unter anderem diesen Umstand zum Anlass genommen, ein Schreiben ihres Anwalts aufsetzen zu lassen und an die Geschäftsleitung zu adressieren. In diesem Schreiben seien die Missstände und das diskriminierende Verhalten im Unternehmen allgemein aufgezeigt worden. Die Diskriminierung, die der Antragsteller erfahren habe, sei darin ebenfalls vorgekommen.

Am 7. Juli 2016 (es war sein freier Tag gewesen) habe der Antragsteller einen Anruf von der 2. Antragsgegnerin (was an freien Tagen sehr unüblich sei) erhalten und sei gebeten worden, ausnahmsweise an seinem freien Tag ins Büro zu kommen, um mit ihr ein Bewerbungsgespräch für den Posten des Brand Activation & Event Managers abzuhalten. Frau F, ehemalige Brand Activation Managerin habe später auch an diesem Gespräch teilgenommen und ihm mehrere Aufgaben und Fallbeispiele gestellt.

Am darauffolgenden Montag, den 11. Juli 2016 (es sei sein freier Tag gewesen) habe er erneut einen Anruf von der 2. Antragsgegnerin erhalten und sei gefragt worden, ob er schnell ins Büro kommen könnte, um ein weiteres Gespräch mit ihr und dem Geschäftsführer, Herrn C, zu führen. In diesem Gespräch sei dem Antragsteller die Stelle von Herrn C als sehr unattraktiv verkauft worden. Er habe gemeinte, der Job wäre ab sofort wie ein Außendienstjob und hätte fast nichts mehr mit Marketing zu tun. Die ehemalige Brand Activation Managerin, Frau F sei jedoch ein fester Bestandteil des Marketingteams gewesen. Der Antragsteller habe sich Bedenkzeit erbeten und schließlich am 20. Juli 2016 das Angebot abgelehnt.

Der Antragsteller fühle sich durch die Äußerung der 2. Antragsgegnerin im Gespräch mit Frau Mag.a D sowie mit einer weiteren Kollegin, er wäre „zu gay“ für den Job des Activation & Event Managers und könnte somit der Reputation des Unternehmens schaden, diskriminiert und belästigt.

Diese Diskriminierung sei zwar indirekt erfolgt, jedoch sei ihm der Inhalt des Gespräches zwischen von Frau Mag.a D zugetragen worden und sei für ihn nach Abwägen aller Umstände, Grund genug dafür zu entscheiden, das Unternehmen zu verlassen.

Da das Gespräch, in dem ihn Herr C, trotz gegensätzlicher im Vorfeld von der 2. Antragsgegnerin an ihn kommunizierter Informationen, die Stelle angeboten habe, zeitlich unmittelbar auf die Zustellung des anwaltlichen Schreibens im Namen Frau Mag.a D‘s erfolgt sei, liege hier die Schlussfolgerung eines Zusammenhanges natürlich nahe.

In der auf Ersuchen des Senates I der GBK von der 1. und 2. Antragsgegnerin übermittelten Stellungnahme vom 26. Jänner 2017 bestritten diese die im Antrag vorgebrachten Vorwürfe, soweit die Richtigkeit nicht außer Streit gestellt wurde, und traten ihnen im Wesentlichen wie folgt entgegen:

Der Antragsteller sei aufgrund von zwei befristeten Dienstverträgen (jeweils 6 Monate) von 1. September 2015 bis 31. August 2016 bei der 1. Antragsgegnerin als Praktikant im Brand Management teilzeitbeschäftigt gewesen. Mit Verwunderung nehme die 1. Antragsgegnerin zur Kenntnis, dass der Antragsteller beim beruflichen Aufstieg oder der Begründung eines Dienstverhältnisses durch Mitarbeiter der 1. Antragsgegnerin diskriminiert worden sein solle. Eine Diskriminierung des Antragstellers wäre aufgrund des Auslaufens seines befristeten Dienstvertrages gar nicht nötig gewesen, um ein Ende seines Arbeitsverhältnisses herbeizuführen. Da die 1. Antragsgegnerin dem Antragsteller ganz im Gegenteil die Chance einer Weiterbeschäftigung geben habe wollen, habe sie ihm gegen Ende seines Dienstvertrages sogar Vollzeitstellen angeboten.

Selbst nach seinen eigenen Darstellungen sei der Antragsteller am Ende seines befristeten Dienstverhältnisses neben der Stelle als Brand Activation & Event Manager, für die er sich nach eigenen Angaben interessiert habe, eine weitere Vollzeitstelle (als Assistant Brand Manager und als Assistant in der Finanzabteilung) angeboten worden. Es sei der Antragsteller gewesen, der letztlich die angebotenen Vollzeitstellen abgelehnt habe, da er sich nach Kenntnisstand von Herrn Geschäftsführer C für eine Stelle in einem anderen Unternehmen entschieden habe.

Ganz verständlich sei daher nicht, weshalb vor diesem Hintergrund und aufgrund des Umstandes, dass der Antragsteller auch nach eigenen Angaben am 20. Juli 2016 das Stellenangebot der 1. Antragsgegnerin als Brand Activation & Event Managers abgelehnt habe, von einer Diskriminierung beim beruflichen Aufstieg oder der Begründung eines Dienstverhältnisses gesprochen werde.

Nur der guten Ordnung halber möchte Herr Geschäftsführer C ausdrücklich bestreiten, dass er die Stelle des Brand Activation & Event Managers als sehr unattraktiv verkauft hätte. Wieso auch?

Überdies sei Herrn Geschäftsführer C nicht bekannt, dass der Antragsteller bei seiner Bewerbung für die Stelle des Brand Activation & Event Managers von der 2. Antragsgegnerin aufgrund seiner sexuellen Orientierung oder seiner Genderperformance diskriminiert worden wäre.

Dass die 1. Antragsgegnerin die sexuelle Orientierung oder Genderperformance des Antragstellers in keinster Weise beeinflusst habe, zeige sich bereits daran, dass zunächst einmal sein befristeter Praktikantenvertrag um weitere sechs Monate verlängert worden sei. Am Ende der zweiten Befristung sei dem Antragsteller von der 1. Antragsgegnerin neben einer anderen Vollzeitstelle auch die von ihm favorisierte Stelle des Brand Activation & Event Managers angeboten worden.

Der Antragsteller habe das Unternehmen jedenfalls mit der Bemerkung verlassen, dass er sich seit der ersten Sekunde wohl gefühlt und so unglaublich viel Spaß gehabt habe, aber ab September neue Wege gehe. Der Antragsteller habe sogar am 21. Juli 2016 direkt ein E-Mail an die 2. Antragsgegnerin gesendet, mit vielen, lieben Dank für ihre netten Worte. Er habe sogar gehofft, mit der 2. Antragsgegnerin in Kontakt zu bleiben!

Abschließend möchte die 1. Antragsgegnerin auf die beiliegende E-Mail-Korrespondenz der ehemaligen HR-Verantwortlichen (Frau E) mit der 2. Antragsgegnerin vom 8. und 12. Juli 2016 verweisen. Bereits am 8. Juli 2016, also 3 Tage bevor Herr Geschäftsführer C dem Antragsteller die Stelle als unattraktiv verkauft haben solle, habe die 2. Antragsgegnerin ein Schreiben an Frau E gerichtet mit folgendem Inhalt: "ich hatte gestern Gespräch mit … (Anm.: Vorname des Antragstellers), welches gut gelaufen ist. Am Montag werden wir noch ein kurzes Gespräch gemeinsam mit … ((Anm.: Vorname von Herrn C) haben. Wenn alles klappt, möchten wir … (Anm.: Vorname des Antragstellers) die Chance geben."

Rechtliche Überlegungen

Nach Auffassung des Senates war der vorliegende Fall unter dem Aspekt der intersektionellen Diskriminierung zu überprüfen. Diese bezieht sich auf eine Situation, in der mehrere Diskriminierungsgründe greifen und gleichzeitig miteinander so interagieren, dass sie nicht voneinander zu trennen sind.2

Gemäß § 3 Z 5 GlBG darf aufgrund des Geschlechtes im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen.

Gemäß § 17 Abs. 1 Z 5 GlBG darf aufgrund des Alters im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen.

Insoweit sich die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne des §§ 3, 4, 6 oder 7 GlBG bzw. §§ 17, 18, oder 21 GlBG beruft, hat er/sie diesen gemäß § 12 Abs. 12 GlBG bzw. § 26 Abs. 12 GlBG glaubhaft zu machen. Dem/Der Beklagten obliegt es bei Berufung auf §§ 3 oder 4 bzw. §§ 17 oder 18 zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass ein anderes vom/von der Beklagten glaubhaft gemachtes Motiv für die unterschiedliche Behandlung ausschlaggebend war oder das andere Geschlecht unverzichtbare Voraussetzung für die auszuübende Tätigkeit ist oder ein Rechtfertigungsgrund im Sinne des § 5 Abs. 2 bzw. §§ 19 Abs. 2 oder 20 vorliegt.

Der Senat I der GBK führte zwecks Überprüfung der Vorwürfe des Antragstellers, er sei bei der Bewerbung um die Stelle eines Brand Activation & Event Managers bei der 1. Antragsgegnerin aufgrund des Geschlechts und der sexuellen Orientierung diskriminiert worden, ein Ermittlungsverfahren im Sinne des GBK/GAW-Gesetzes durch.

Das Ermittlungsverfahren hat ergeben, dass der Antragsteller von 1. September 2015 bis 31. August 2016 bei der 1. Antragsgegnerin als Assistant Brand Manager in Teilzeit tätig war. Aufgrund des Ausscheidens der Brand Activation & Event Managerin war diese Stelle nachzubesetzen. Die unmittelbare Vorgesetzte des Antragstellers, Frau Mag.a D, empfahl den Antragsteller der 2. Antragsgegnerin für diese Stelle. Ein Gespräch zwischen dem Antragsteller und der 2. Antragsgegnerin fand am 4. Juli 2016 statt, wo dem Antragsteller seine aktuelle Position des Assistant Brand Managers in Vollzeit angeboten wurde, sowie die Möglichkeit angeboten wurde, 20 Stunden als Assistant in der Finanzabteilung und weitere 20 Stunden als Assistant in der Marketingabteilung zu arbeiten. In diesem Gespräch erklärte der Antragsteller der 2. Antragsgegnerin, dass er sich nur für die Stelle des Brand Activation & Event Managers interessiere. Am 7. Juli 2016 erhielt der Antragsteller einen Anruf der 2. Antragsgegnerin, um mit ihr ein Bewerbungsgespräch für den Posten des Brand Activation & Event Managers abzuhalten. Frau F, die ehemalige Brand Activation Managerin hat an diesem Gespräch teilgenommen und ihm mehrere Aufgaben und Fallbeispiele gestellt. Am darauffolgenden Montag, den 11. Juli 2016, wurde ein weiteres Gespräch mit der 2. Antragstellerin und dem Geschäftsführer, Herrn C, geführt, in dem ihm der Job des Brand Activation Managers angeboten wurde. Der Antragsteller erbat sich Bedenkzeit und lehnte das Angebot am 20. Juli 2016 ab.

Zum Ablauf des Bewerbungsverfahrens wurden der Antragsteller, Herr GF C und Frau B von Senat I befragt. Frau B schilderte den Ablauf glaubwürdig und stellte die internen Prozesse – Empfehlung des Antragstellers durch dessen unmittelbare Vorgesetzte (Mag.a D), Bewerbungsgespräch mit der ehemaligen Brand Activation Managerin und schließlich 2. Bewerbungsgespräch im Beisein des Geschäftsführers Herrn C – nachvollziehbar dar. Der Antragsteller habe für die 1. Antragsgegnerin während seines Praktikums wertvolle Arbeit geleistet und sei sehr positiv aufgefallen, weswegen er auch für die freigewordene Stelle des Brand Activation Managers in Betracht gezogen und ihm diese schließlich auch vom Geschäftsführer angeboten worden sei. Der Antragsteller hat dieses Angebot nach einer Bedenkzeit schließlich abgelehnt, was Herrn C nach seiner Aussage in der Befragung vor dem Senat I überrascht habe. Beide Auskunftspersonen, Frau B und Herr C, haben dem Senat gegenüber glaubwürdig dargestellt, dass der Antragsteller aus ihrer Sicht einen guten Job bei der 1. Antragsgegnerin gemacht hat und ihm deshalb auch die Stelle des Brand Activation Managers angeboten wurde. Die Vorwürfe im Antrag, dass es Vorbehalte hinsichtlich seiner sexuellen Orientierung oder seines Geschlechts (seiner Genderperformance3) gegeben habe, haben sich im Verfahren nicht erhärtet.

Im Hinblick auf die Beweislastregeln der §§ 12 Abs. 12 und 26 Abs. 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es der 1. Antragsgegnerin gelungen ist zu beweisen, dass im Bewerbungsverfahren des Antragsstellers um die Stelle des Brand Activation Managers keine diskriminierenden Motive ausschlaggebend waren. Wie festgestellt wurde, hat ihm die 1. Antragsgegnerin den Job angeboten, der Antragsteller hat diesen nach einer Bedenkzeit abgelehnt.

Es liegt somit keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes und der sexuellen Orientierung beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen gemäß §§ 3 Z 5 und 17 Abs. 1 Z 5 GlBG bzw. bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses gemäß §§ 3 Z 1 und 17 Abs. 1 Z 1 GlBG vor.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 GlBG liegt eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes auch vor, wenn eine Person durch geschlechtsbezogene Verhaltensweisen durch Dritte im Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt wird.

Gemäß § 21 Abs. 1 Z 3 GlBG liegt eine Diskriminierung nach § 17 auch vor, wenn eine Person durch Dritte im Zusammenhang mit seinem/ihrem Arbeitsverhältnis belästigt wird.

Als Dritte im Sinne der §§ 7 und 21 GlBG kommen Personen in Betracht, die vom/von der ArbeitgeberIn und der belästigten Person verschieden sind, so zB ArbeitskollegInnen, Vorgesetzte, GeschäftspartnerInnen oder KundInnen des Arbeitgebers bzw. der Arbeitgeberin.4

Die Bestimmungen des GlBG zur Belästigung (hier §§ 7 und 21 GlBG) haben gemeinsam, dass sie greifen, wenn eine Verhaltensweise, die mit einem der Diskriminierungsgründe in Zusammenhang steht, gesetzt wird, die die Würde einer Person beeinträchtigt oder dies bezweckt, für die betroffene Person unerwünscht ist und eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Arbeitsumwelt für die betroffene Person schafft oder dies bezweckt.

Ob die Würde einer Person beeinträchtigt wird, ist nach einem objektiven Maßstab zu beurteilen. Hinzu kommt das subjektive Kriterium, dass für die betroffene Person dieses Verhalten ein unerwünschtes, unangebrachtes oder anstößiges darstellt. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die Haftung des/der unmittelbaren Be-lästigers/Belästigerin grundsätzlich verschuldensunabhängig ist. Subjektive Elemente auf Seite des Belästigers/der Belästigerin bleiben daher außer Betracht. Es ist demnach unerheblich, ob er/sie die Absicht hatte, zu belästigen.5

Je nach Massivität des Verhaltens können wiederholte Verhaltensweisen oder auch ein einmaliger Zwischenfall den Tatbestand der Belästigung erfüllen, wenn er entsprechend schwerwiegend ist.

Das Verhalten muss weiters eine einschüchternde, feindselige oder demütigende Ar-beitsumwelt für die betroffene Person schaffen oder dies bezwecken. Die „Ar-beitsumwelt“ wird häufig erst durch mehrere Belästigungshandlungen im beschrie-benen Sinn beeinflusst und verändert. Wie aber bereits erwähnt, kann auch schon eine einzelne Belästigungshandlung derart schwerwiegend und in ihren Auswirkungen nachhaltig sein, dass damit für die betroffene Person ein einschüchterndes, feindseliges oder demütigendes Umfeld geschaffen wird.6

Insoweit sich die betroffene Person auf einen Diskriminierungstatbestand im Sinne des §§ 3, 4, 6 oder 7 GlBG bzw. §§ 17, 18 oder 21 GlBG beruft, hat er/sie diesen gemäß § 12 Abs. 12 GlBG bzw. § 26 Abs. 12 GlBG glaubhaft zu machen. Bei Berufung auf §§ 6 oder 7 bzw. § 21 obliegt es dem/der Beklagten zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die vom/von der Beklagten glaubhaft gemachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen.

Der Senat I der GBK führte hinsichtlich des Vorbringens des Antragstellers, die 2. Antragsgegnerin habe seiner unmittelbaren Vorgesetzten Mag.a D gegenüber gemeint, ob der Antragsteller „nicht zu gay“ wirke, ein Ermittlungsverfahrens nach dem GBK/GAW-G durch.

Der Antragsteller konnte die Vorwürfe gegenüber der 2. Antragsgegnerin in seinem schriftlichen Vorbringen sowie seiner ergänzenden mündlichen Befragung glaubhaft darlegen. In der mündlichen Befragung wiederholte er die erhobenen Vorwürfe gegen die 2. Antragsgegnerin ohne Widerspruch zu den Angaben im Antrag.

Die 2. Antragsgegnerin bestritt, die konkrete Aussage, der Antragsteller wirke „zu gay“ für den Job eines Brand Activation Managers, getätigt zu haben. In der mündlichen Befragung bemerkte sie, dass sie sich über die sexuelle Orientierung des Antragstellers keine Gedanken gemacht habe. Im Gespräch mit Frau Mag.a D habe diese sie jedoch auf eine Formulierung hingewiesen, die sie in diesem Zusammenhang wohl falsch ausgelegt habe. Die 2. Antragsgegnerin habe in diesem Gespräch gemeint, dass es in der Gastronomiebranche sehr rude zugehe und auch Gastronomen sehr ruppig sein können, das wäre nicht für jeden etwas. Die 2. Antragsgegnerin gab in der Befragung an, nicht gewusst zu haben, dass der Antragsteller homosexuell sei, schloss aber in ihrer Befragung vor dem Senat I nicht aus, dass sie und Frau Mag.a D während des Gesprächs diesbezüglich auf die „Art und Weise“, auf diese „Züge“ des Antragstellers gekommen seien.

Im Hinblick auf die Beweislastregeln des § 12 Abs. 12 GlBG gelangte der Senat daher zu der Ansicht, dass es der 2. Antragsgegnerin nicht gelungen ist zu beweisen, dass es bei Abwägung aller Umstände wahrscheinlicher ist, dass die von ihr vorgebrachten Tatsachen der Wahrheit entsprechen. Nach Ansicht des Senates sind die vom Antragsteller vorgebrachten Aussagen der 2. Antragsgegnerin, ob er nicht „zu gay“ wirke, gefallen.

Die subjektive Betroffenheit des Antragstellers war auch nach der langen Zeit, die seit dem Antrag verstrichen ist, für den Senat deutlich wahrnehmbar. Er schilderte in seiner Aussage die Art und Weise der Zusammenarbeit mit der 2. Antragsgegnerin und konnte zur Untermauerung seiner Vorwürfe einen weiteren Vorfall schildern, bei dem es mit der 2. Antragsgegnerin zu einer für ihn unangenehmen Situation in Zusammenhang mit seiner sexuellen Orientierung gekommen ist. Auch die dort erfahrene persönliche Kränkung war in seiner Aussage deutlich erkennbar.

Der Antragsteller machte im vorliegenden Fall nicht nur eine Diskriminierung auf Grund seiner sexuellen Orientierung geltend, sondern erachtete sich auch durch seine Genderperformance7 in Bezug auf die Aussage der 2. Antragsgegnerin, dass er „zu gay“ wirke, aufgrund des Geschlechtes für diskriminiert.

Der Begriff der „Genderperformance“ beschreibt die Ausdrucksweise bzw. Darstellung von Geschlecht und umfasst im hier vorliegenden Kontext Diskriminierungen auf Grund von nicht geschlechterkonformem Verhalten. Nach Ansicht von Senat I der GBK sind auch Verhaltensweisen, die eben nicht den vermeintlich geschlechterspezifischen Verhaltensweisen entsprechen, als Diskriminierungen auf Grund des Geschlechts anzusehen. Ein solches Verhalten spricht auch der Antragsteller im vorliegenden Verfahren an („zu gay“ offenbar auch im Sinne von „zu wenig männlich“).

Die Aussagen der 2. Antragsgegnerin haben die subjektive Grenze des Antragstellers überschritten und waren für ihn unerwünscht. Zudem wurde dadurch nach Auffassung des Senates die Würde des Antragstellers verletzt und für diesen ein demütigendes und feindseliges Arbeitsumfeld geschaffen.

Es liegt somit eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes und der sexuellen Orientierung durch eine Belästigung durch Dritte gemäß §§ 7 Abs. 1 Z 3 und 21 Abs. 1 Z 3 GlBG vor.

Vorschlag

Gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz hat der Senat, wenn er der Auffassung ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, dem/der ArbeitgeberIn oder in Fällen in Zusammenhang mit einer sonstigen Diskriminierung in der Arbeitswelt dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. Für die Umsetzung des Vorschlags ist eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Wird einem Auftrag nach Abs. 3 nicht entsprochen, kann gemäß § 12 Abs. 4 GBK/GAW-Gesetz jede der im jeweiligen Senat vertretenen Interessensvertretungen beim zuständigen Arbeitsgericht oder Zivilgericht auf Feststellung der Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes klagen.

Da der Senat I der GBK zur Auffassung gelangt ist, dass eine Verletzung des Gleichbehandlungsgebotes vorliegt, wird die 2. Antragsgegnerin, Frau B, gemäß § 12 Abs. 3 GBK/GAW-Gesetz aufgefordert, die Diskriminierung zu beenden, und wird folgender Vorschlag zur Verwirklichung des Gleichbehandlungsgebotes erteilt:

Leistung eines angemessenen Schadenersatzes.

Wien, 12. Juni 2018

Dr.in Eva Matt

Vorsitzende des Senates I der GBK

1  Vgl. z.B. VfSlg. 19.321.

2  Vgl. Europäische Kommission (2007): Bekämpfung von Mehrfachdiskriminierung – Praktiken, Politikstrategien und Rechtsvorschriften, S. 17.

3  Siehe dazu weiter unten.

4  Vgl. Hopf/Mayr/Eichinger, GlBG (2009) § 6 Rz 9.

5  Vgl. ebd. § 6 Rz 12.

6  Vgl. ebd. § 6 Rz 28.

7 Siehe für vertiefende Ausführungen zur Thematik das Gutachten von Prof.in Dr.in Elisabeth Holzleithner:https://www.gleichbehandlungsanwaltschaft.gv.at/documents/340065/441424/Bekleidungsvorschriften+Gutachten+2013-12-05+weiter-2.pdf/dd6cf52b-4313-47ce-a7c6-bc0276657b72 (10.09.2018)

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2018
Quelle: Gleichbehandlungskommisionen Gbk, https://www.bmgf.gv.at/home/GK
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