TE Vwgh Beschluss 2018/9/25 Ra 2016/05/0011

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Veröffentlicht am 25.09.2018
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Index

L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L81704 Baulärm Umgebungslärm Oberösterreich;
L82004 Bauordnung Oberösterreich;
L82304 Abwasser Kanalisation Oberösterreich;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

BauO OÖ 1994 §50 Abs1;
BauO OÖ 1994 §50 Abs3;
VVG;
VwGG §33 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision der M reg. Gen. mbh in L, vertreten durch die GKP Gabl Kogler Leitner Stöglehner Bodingbauer Rechtsanwälte OG in 4020 Linz, Museumstraße 31a, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 27. November 2015, LVwG-150026/17/RK/FE, betreffend einen baupolizeilichen Auftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Marktgemeinde S; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) die Beschwerde der revisionswerbenden Partei gegen den im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde S. vom 23. April 2015, mit welchem ihr die Benützung der verfahrensgegenständlichen Anlage (einer Hackschnitzelheizung) untersagt worden war, als unbegründet ab. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass infolge der mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom 8. August 2015 erfolgten Aufhebung des Baubewilligungsbescheides des Gemeinderates der Marktgemeinde S. vom 19. September 2013 und der Zurückverweisung der Angelegenheit an diese Behörde derzeit lediglich eine nicht rechtskräftige Baubewilligung für die gegenständliche Anlage vorliege, was ein Vorgehen nach § 50 Abs. 1 und 3 Oö. Bauordnung 1994 (Oö. BauO 1994) rechtfertige.

2 Im wieder anhängigen Baubewilligungsverfahren wurde die Baubewilligung für die gegenständliche Anlage mit dem im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeinderates der Marktgemeinde S. vom 20. November 2015 erteilt. Die dagegen erhobene Beschwerde der Nachbarn wurde mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes vom 22. März 2017 abgewiesen und der baubehördliche Bewilligungsbescheid mit einer sich auf den Austauschplan vom 14. Februar 2017 beziehenden Maßgabe bestätigt. Dagegen erhoben die Nachbarn Revision an den Verwaltungsgerichtshof, die dieser als unzulässig zurückwies (siehe VwGH 2.8.2017, Ra 2017/05/0101 und 0102) sowie Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung ablehnte (siehe VfGH 27.11.2017, E 1542/2017-13).

3 Die revisionswerbende Partei führte zu diesem, ihr mit Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juli 2018 zur Kenntnis gebrachten Sachverhalt in ihrer Stellungnahme vom 8. August 2018 aus, es sei richtig, dass die Baubewilligung mittlerweile rechtskräftig erteilt worden sei. Allerdings sei die Möglichkeit einer Verletzung in subjektiven Rechten aus Sicht der revisionswerbenden Partei nicht weggefallen, zumal der Bescheid betreffend die Untersagung der Benützung der gegenständlichen Anlage trotz entsprechender Antragstellung bis heute nicht formell aufgehoben worden sei. Er befinde sich daher nach wie vor im Rechtsbestand und bedürfe der Aufhebung. Er habe bisher lediglich wegen der zuerkannten aufschiebenden Wirkung nicht vollstreckt werden können. Außerdem habe der Bürgermeister der Marktgemeinde S. ein baupolizeiliches Ermittlungsverfahren eingeleitet. Sollte der Verwaltungsgerichtshof bei seiner Auffassung bleiben, dass das Rechtsschutzinteresse weggefallen sei, möge der revisionswerbenden Partei der gesetzlich gebührende Aufwandersatz als obsiegender Partei zugesprochen werden.

4 Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist die Revision nach Anhörung des Revisionswerbers in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Revisionswerber klaglos gestellt wurde. Diese Bestimmung ist nicht nur auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall (wegen Gegenstandslosigkeit) liegt insbesondere auch dann vor, wenn der Revisionswerber kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat.

5 Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass, wie sich § 33 Abs. 1 VwGG entnehmen lässt, der Gesetzgeber das Rechtsschutzbedürfnis (Rechtsschutzinteresse) als Prozessvoraussetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof versteht. Liegt diese Voraussetzung schon bei Einbringung einer Revision nicht vor, ist diese unzulässig. Fällt diese Voraussetzung erst nach Einbringung einer zulässigen Revision weg, so führt dies zu einer Einstellung des Verfahrens.

6 Das Rechtsschutzinteresse ist immer dann zu verneinen, wenn es (auf Grund der geänderten Umstände) für die Rechtsstellung des Revisionswerbers keinen Unterschied mehr macht, ob die angefochtene Entscheidung aufrecht bleibt oder aufgehoben wird bzw. wenn die Erreichung des Verfahrenszieles für ihn keinen objektiven Nutzen hat, die in der Revision aufgeworfenen Rechtsfragen somit insoweit nur (mehr) theoretische Bedeutung besitzen. Der Verwaltungsgerichtshof ist, wenn er zur Erkenntnis gelangt, dass der Revisionswerber durch die angefochtene Entscheidung unabhängig von der Frage ihrer Gesetzmäßigkeit in seinem Recht nicht verletzt sein kann, zu einer rein abstrakten Prüfung der Rechtmäßigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung nicht berufen (vgl. zum Ganzen etwa VwGH 24.4.2018, Ra 2016/05/0112 und 0113, mwN).

7 Im Revisionsfall ist eine zur Verfahrenseinstellung führende Gegenstandslosigkeit eingetreten, weil durch Änderung maßgebender Umstände das rechtliche Interesse der revisionswerbenden Partei an der Entscheidung weggefallen ist. Auf Grund der rechtskräftigen Erteilung der Baubewilligung für jenes Vorhaben, welches den Gegenstand des Benützungsverbotes bildete, ist ein Vollzug dieses Benützungsverbotes ausgeschlossen und diese Entscheidung daher gegenstandslos, ist doch die Vollstreckung wegen wesentlicher Änderung der Sachlage unzulässig (vgl. VwGH 20.9.2005, 2002/05/0822, und VwGH 26.11.2014, 2013/05/0035, jeweils mwN).

8 Im Hinblick darauf ist nicht ersichtlich, dass einer meritorischen Entscheidung im vorliegenden Fall noch praktische Bedeutung zukäme. Wie oben bereits erwähnt, ist der Verwaltungsgerichtshof zur Klärung von bloß theoretischen Rechtsfragen nicht berufen. Dies gilt auch dann, wenn die einem Revisionsfall zugrunde liegende Rechtsfrage für künftige Verwaltungsverfahren bzw. verwaltungsgerichtliche Verfahren von Interesse ist (vgl. wiederum VwGH 24.4.2018, Ra 2016/05/0112 und 0113, mwN).

Die Revision war daher in sinngemäßer Anwendung des § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos geworden zu erklären und das Revisionsverfahren einzustellen.

9 Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG ist der nachträgliche Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens nicht zu berücksichtigen. Würde die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden.

10 Im Revisionsfall kann ohne unverhältnismäßigen Prüfungsaufwand nicht gesagt werden, wie das verwaltungsgerichtliche Verfahren ausgegangen wäre, wäre die Revision nicht gegenstandslos geworden. Ein Kostenzuspruch findet daher nicht statt.

Wien, am 25. September 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2016050011.L00

Im RIS seit

18.10.2018

Zuletzt aktualisiert am

31.10.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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