TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/15 99/10/0127

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Veröffentlicht am 15.11.1999
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Index

82/04 Apotheken Arzneimittel;

Norm

AMG 1983 §1 Abs1;
AMG 1983 §5;
AMG 1983 §59 Abs3;
AMG 1983 §84 Z3;
AMG AbgrenzungsV 1995 §1;
AMG AbgrenzungsV 1995 Anl1;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 99/10/0161 E 15. November 1999

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Killian, über die Beschwerde des W in Linz, vertreten durch Dr. Herbert Troyer, Rechtsanwalt in Salzburg, Kaigasse 27, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 8. April 1999, Zl. UVS-06/28/00803/97, betreffend Übertretung des Arzneimittelgesetzes (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 8. April 1999 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es gemäß § 9 Abs. 2 VStG als verantwortlicher Beauftragter eines näher bezeichneten Unternehmens, welches zur Ausübung des Kleinhandels gemäß § 124 Z. 11 GewO 1994 berechtigt sei, zu verantworten, dass dieses Unternehmen am 6. März 1997 um 9.15 Uhr im Standort der weiteren Betriebsstätte in W., K.-Straße, das gemäß § 1 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes als Arzneimittel einzustufende Produkt "Slim-N-Zym Nahrungsergänzung" im Kleinverkauf abgegeben habe, obwohl Arzneimittel gemäß § 1 der Abgrenzungsverordnung nur in Apotheken, im Falle von Gewerbetreibenden nur solchen, die zur Herstellung, Abfüllung oder Abpackung von Arzneimitteln gemäß § 213 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 zur Imprägnierung von Verbandmaterial gemäß § 213 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 und zum Drogistengewerbe berechtigt seien, abgegeben werden dürften.

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung nach § 84 Z. 3 in Verbindung mit § 5 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes, BGBl. Nr. 185/1983 und § 1 Z. 1 bis 3 der Abgrenzungsverordnung, BGBl. Nr. 568/1995, begangen.

Über den Beschwerdeführer wurde eine Geldstrafe in Höhe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe ein Tag) verhängt.

In der Begründung heißt es, in einer von der belangten Behörde zur Frage der Arzeimitteleigenschaft des in Rede stehenden Produktes eingeholten Stellungnahme der pharmazeutischen Abteilung des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales werde ausgeführt, bei dem in diesem Produkt enthaltenen Stoff Bromelain handle es sich um ein aus dem Saft der Frucht der Ananas (Ananas comosus) gewonnenes proteolytisches Enzym, welches Peptide, Amide und Ester hydrolisiere und zur Substitution bei Pepsinmangel therapeutisch eingesetzt werde. Dem Produkt "Slim-N-Zym Nahrungsergänzung" komme auf Grund dieses Inhaltsstoffes in der enthaltenen Menge von 20 mg pro Dosis spezifische pharmakologische Wirkung zu. Es sei demgemäß als Arzneimittel und in der Folge als zulassungspflichtige Arzneispezialität zu beurteilen.

Zu diesen Ausführungen habe - so fährt die belangte Behörde in der Begründung ihres Bescheides fort - der Beschwerdeführer kein Vorbringen erstattet.

Im Erwägungsteil ihrer Begründung führt die belangte Behörde aus, es sei unbestritten geblieben, dass der Beschwerdeführer als verantwortlicher Beauftragter der S.-GesmbH für Verwaltungsübertretungen der gegenständlichen Art verantwortlich sei. Weiters sei unwidersprochen geblieben, dass diese Gesellschaft keine der in § 1 Z. 1 bis 3 der Abgrenzungsverordnung erwähnten Befugnisse innehabe und daher zur Abgabe von Arzneimitteln im Sinne des Arzneimittelgesetzes nicht berechtigt sei. Strittig sei, ob das in Verkehr gebrachte Produkt als Arzneimittel im Sinne des § 1 Arzneimittelgesetz einzustufen sei. Vorweg werde festgestellt, dass in der Anlage 1 der Abgrenzungsverordnung u.a. Ascorbinsäure angeführt sei. Das hier zu beurteilende Produkt enthalte laut dem im Akt einliegenden Etikett Ascorbinsäure, sodass die Abgrenzungsverordnung anzuwenden sei. Weiters werde festgestellt, dass es sich bei "Slim-N-Zym Nahrungsmittelergänzung" um ein Arzneimittel im Sinne des § 1 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes handle. Dabei folge die belangte Behörde der im Berufungsverfahren eingeholten Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales. Die darin enthaltene Feststellung sei schlüssig; ihr sei der Vertreter des Beschwerdeführers auch nicht entgegengetreten. Das Vorbringen des Beschwerdeführers im Berufungsschriftsatz, wonach das in Rede stehende Produkt vom Bundesministerium für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz als Verzehrprodukt zugelassen worden sei, gehe insofern an der Sache vorbei, als der in der Berufung genannte, an die B.-HandelsgesmbH gerichtete Bescheid dieses Ministeriums vom 14. Oktober 1992 die Anmeldung des Produktes Mineral-N-Zym, 120 Kapseln, als Verzehrprodukt zum Gegenstand habe. Die mit diesem Bescheid ausgesprochene Nichtuntersagung beziehe sich laut Hinweis im Bescheid ausdrücklich nur auf das konkrete Produkt in der beiliegenden Aufmachung und Zusammensetzung. Laut der Zutatenliste enthalte dieses Produkt - im Gegensatz zu dem im vorliegenden Verfahren zu beurteilenden Produkt - kein Bromelain. Gerade dieser Inhaltsstoff aber entfalte beim vorliegenden Produkt jene Wirkungen, die die Arzneimitteleigenschaft bedingten. Insoferne sei die Behauptung des Beschwerdeführers unzutreffend, das seinerzeit als Lebensmittel (gemeint wohl: Verzehrprodukt) eingestufte Produkt "Mineral-N-Zym" und das im vorliegenden Verfahren maßgebliche Produkt "Slim-N-Zym" wären in Ansehung ihrer Zusammensetzung ident. Darüber hinaus befinde sich im Akt ein Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit und Konsumentenschutz vom 12. Juli 1996, wonach bereits zu diesem Zeitpunkt das Produkt "Slim-N-Zym" nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als Arzneimittel und in der Folge als zulassungspflichtige Arzneispezialität beurteilt worden sei. In einem weiteren Schreiben des Bundeskanzleramtes vom 25. September 1997 werde festgestellt, dass entgegen den Behauptungen des Beschwerdeführers aus lebensmittelrechtlicher Sicht eine Anmeldung des in Rede stehenden Produktes gemäß § 18 des Lebensmittelgesetzes 1975 nicht vorliege. In diesem Schreiben werde ebenfalls auf die nicht gegebene Identität zwischen den Produkten "Slim-N-Zym" und "Mineral-N-Zym" hingewiesen. Soweit der Beschwerdeführer im erstinstanzlichen Verfahren zwei weitere Bescheide des Bundesministeriums für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz vom 24. Juli 1991 und vom 22. April 1992 vorgelegt habe, könnten ihn die dort bestätigten Anmeldungen der Produkte "Slim-Spargelkapseln" und

"fun & slim-Kapseln" als Verzehrprodukte ebenfalls nicht entlasten. Im erstgenannten Bescheid finde sich der ausdrückliche Hinweis, dass die Nichtuntersagung nur das konkrete Produkt in der beiliegenden Aufmachung und Zusammensetzung betreffe. Da das gegenständliche Produkt schon eine andere Bezeichnung trage, könne nicht mehr von der identen Aufmachung die Rede sein und beziehe sich dieser Bescheid nicht auf das gegenständliche Produkt.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Der Beschwerdeführer bringt vor, ihn treffe keine strafrechtliche Verantwortlichkeit im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG. Es liege keine ausreichende Anordnungsbefugnis vor, die den Bereich, für den er verantwortlich sei, klar abgrenze. Die Zustimmung des Beschwerdeführers im rechtlichen Sinn liege ebenfalls nicht vor. Die Unterfertigung eines Schriftstückes bedeute noch nicht, dass der dieses Schriftstück Unterfertigende dem Inhalt vollinhaltlich zustimme.

Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, das Produkt "Slim-N-Zym" sei ein Verzehrprodukt. Es sei neuerlich im Jahr 1998 als Verzehrprodukt anerkannt worden. Seit der erstmaligen Anerkennung als Verzehrprodukt werde es immer in gleicher Zusammensetzung hergestellt. Die Erzeugerfirma habe die Verpflichtung, die Erzeugung immer in der gleichen Zusammensetzung durchzuführen. Wenn bei einer Charge eine Abweichung erfolge, sei es für den Beschwerdeführer unmöglich, dies festzustellen. Das Produkt sei kein Arzneimittel. Der Vorwurf gegenüber dem Beschwerdeführer beziehe sich lediglich auf den Anteil von Bromelain im beanstandeten Produkt; Bromelain sei im Anhang 1 zur Abgrenzungsverordnung jedoch nicht genannt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach § 9 Abs. 1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind nach Abs. 2 leg. cit. berechtigt, und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

Nach § 9 Abs. 4 VStG kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist.

Die in der Begründung des angefochtenen Bescheides erwähnte, im Akt erliegende Urkunde über die Bestellung des Beschwerdeführers zum verantwortlichen Beauftragten hat - soweit für den Beschwerdefall von Bedeutung - folgenden Wortlaut:

"Herr (Beschwerdeführer) ist ab 1.1.96 verantwortlicher Zentraleinkäufer, sein Kompentenz- und Verantwortungsbereich wird wie folgt abgegrenzt:

1) Er trägt die alleinige Verantwortung für die gesetzmäßige Beschaffenheit aller von uns importierten und vertriebenen Produkte seines Warenbereiches der Warengruppen

....

Diät/Reform

Gesundheit

....

nach

....

Abgrenzungsverordnung

....

sowie allen sonst mit Einkauf und Vertrieb zusammenhängenden Gesetzen und ist dabei insbesondere berechtigt und verpflichtet,

-

deren Einhaltung aller durch den Erzeuger oder Lieferanten zu

-

überprüfen,

-

sich der ordnungsgemäßen Behandlung und Lagerung von

-

Rohstoffen und Fertigwaren bei diesen zu vergewissern,

-

Zeugnisse autorisierter inländischer oder anerkannter

-

ausländischer Untersuchungsanstalten über Zusammensetzung

-

und Schadstofffreiheit der Produkte zu verlangen,

-

im Zweifelsfalle die Verkehrsfähigkeit einzelner Produkte

-

durch inländische autorisierte Untersuchungsanstalten

-

überprüfen zu lassen

-

und

-

bei offenkundig unbehebbaren Reklamationen im

-

Wiederholungsfall den Lieferanten zu wechseln.

Fahrlässigkeit fällt ihm nur dann zur Last, wenn die Fehler quantitativ - nach der Zahl der Vorgänge - oder qualitativ - nach ihrer wirtschaftlichen Größenordnung - im Rahmen des Geschäftsbetriebes ein solches Gewicht haben, dass sie bei Stichprobenkontrollen hätten auffallen müssen (VwGH 17.184, Zl. 83/14/0152)."

Diese Urkunde ist vom Beschwerdeführer unterfertigt.

Mit dieser Bestellungsurkunde wurde dem Beschwerdeführer entgegen seiner Behauptung in der Beschwerde ein klar abgegrenzter Verantwortungsbereich mit entsprechender Anordnungsbefugnis zugewiesen. Seine Zustimmung ist durch seine Unterschrift dokumentiert.

Nach § 84 Z. 3 des Arzneimittelgesetzes, BGBl. Nr. 185/1983 (AMG) begeht eine Verwaltungsübertretung, wer einer Verordnung gemäß § 5 Abs. 1 zuwiderhandelt.

Nach § 1 der Abgrenzungsverordnung, BGBl. Nr. 568/1995, die sich auf die §§ 5 und 59 Abs. 3 AMG stützt, dürfen die in Anlage 1 genannten Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, sofern diese gemäß § 1 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes als Arzneimittel einzustufen sind, im Kleinverkauf nur abgegeben werden,

1.

in Apotheken,

2.

durch Gewerbetreibende, die zur Ausübung des Gewerbes der Drogisten gemäß § 216 der Gewerbeordnung 1994, BGBl. Nr. 194, in der Fassung des Bundesgesetzes, BGBl. Nr. 314/1994, berechtigt sind, oder

              3.              durch Gewerbetreibende, die zur Herstellung, Abfüllung oder Abpackung von Arzneimitteln gemäß § 213 Abs. 1 Z. 1 der Gewerbeordnung 1994 oder zur Sterilisierung und Imprägnierung von Verbandmaterial mit Arzneimitteln gemäß § 213 Abs. 1 Z. 3 der Gewerbeordnung 1994 berechtigt sind.

Zu den in der Anlage 1 genannten Stoffen zählt Ascorbin. Dieser Stoff ist nach den unbestrittenen Feststellungen der belangten Behörde in dem Produkt "Slim-N-Zym" enthalten.

Nach § 1 Abs. 1 AMG sind "Arzneimittel" Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die nach der allgemeinen Verkehrsauffassung dazu dienen oder nach Art und Form des Inverkehrbringens dazu bestimmt sind, bei Anwendung am oder im menschlichen oder tierischen Körper

              1.              Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen,

              2.              die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände erkennen zu lassen,

              3.              vom menschlichen oder tierischen Körper erzeugte Wirkstoffe oder Körperflüssigkeiten zu ersetzen,

              4.              Krankheitserreger, Parasiten oder körperfremde Stoffe abzuwehren, zu beseitigen oder unschädlich zu machen oder

              5.              die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelische Zustände zu beeinflussen.

Nach § 1 Abs. 3 Z. 2 AMG sind Verzehrprodukte im Sinne des Lebensmittelgesetzes 1975 keine Arzneimittel, sofern sie nach Art und Form des Inverkehrbringens nicht dazu bestimmt sind, die Zweckbestimmungen des Abs. 1 Z. 1 bis 4 zu erfüllen.

Soweit sich die in der Beschwerde aufgestellte Behauptung, das in Rede stehende Produkt sei als Verzehrprodukt angemeldet und vom Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz nicht untersagt worden, auf die Zeit vor 1998 bezieht, ist sie, wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid ausführlich dargestellt hat, falsch. Angemeldet und nicht untersagt wurde ein anderes Produkt.

Die Behauptung, dass das inkriminierte Produkt im Jahr 1998 (neuerlich) als Verzehrprodukt angemeldet und nicht untersagt worden sei, stellt eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung dar.

Ihre Annahme, dass es sich bei dem Produkt, dessen Inverkehrbringen der Beschwerdeführer zu verantworten hat, um ein Arzneimittel im Sinne des § 1 Abs. 1 AMG handelt, konnte die belangte Behörde auf das von ihr eingeholte Gutachten stützen, dem der Beschwerdeführer nicht entgegengetreten ist.

Die Behauptung, bei dem im Betrieb des Beschwerdeführers vorgefundenen Produkt handle es sich um eine Charge, die von der üblichen Zusammensetzung abweiche, wird erstmals im verwaltungsgerichtlichen Verfahren aufgestellt und ist daher unbeachtlich.

Das Produkt "Slim-N-Zym" enthält Ascorbinsäure, also einen Stoff, der im Anhang 1 zur Abgrenzungsverordnung genannt ist. Die Arzneimitteleigenschaft dieses Produktes resultiert aber nach dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten nicht aus dem Vorhandensein von Ascorbinsäure, sondern aus der Tatsache, dass in dem Produkt Bromelain in einer bestimmten Dosis enthalten ist. Bromelain ist in der Anlage 1 zur Abgrenzungsverordnung nicht angeführt.

§ 1 der Abgrenzungsverordnung bezieht sich auf "die in Anlage 1 genannten Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen", sofern "diese", also die "in Anlage 1 genannten Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen" gemäß § 1 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes als Arzneimittel einzustufen sind. Die Wendung "sofern diese .... als Arzneimittel einzustufen sind" bedeutet, dass ein Produkt, welches einen in der Anlage 1 zur Abgrenzungsverordnung genannten Stoff enthält, nur dann unter § 1 der Abgrenzungsverordnung fällt, wenn die Arzneimitteleigenschaft dieses Produktes (ausschließlich) auf diesen Stoff zurückzuführen ist. § 1 der Abgrenzungsverordnung stellt nämlich nicht auf "die in Anlage 1 genannten Stoffe oder Zubereitungen aus diesen Stoffen" ab, sondern auf "die in Anlage 1 genannten Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen", das heißt, es muss sich um in der Anlage genannte Stoffe oder um in der Anlage genannte Zubereitungen aus Stoffen handeln.

Bestätigt wird diese Auffassung durch einen Blick auf § 59 Abs. 3 AMG, der zusammen mit § 5 AMG die gesetzliche Grundlage der Abgrenzungsverordnung bildet.

§ 59 Abs. 3 AMG sieht vor, dass der Bundesminister für Gesundheit und Konsumentenschutz und der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten durch gemeinsame Verordnung jene Arzneimittel zu bestimmen haben, die selbst bei einer nach den Erfahrungen des täglichen Lebens vorhersehbaren nicht bestimmungsgemäßen Verwendung keine Gefährdung der Gesundheit oder des Lebens von Mensch oder Tier besorgen lassen und daher durch Drogisten oder durch Gewerbetreibende, die gemäß Gewerbeordnung 1994 zur Herstellung von Arzneimitteln berechtigt sind, abgegeben werden dürfen.

Die Abgabe von Arzneimitteln durch Drogisten und Gewerbetreibende soll demnach nur für Arzneimittel ohne Gefährdungspotential zulässig sein. Das Fehlen eines Gefährdungspotentials und damit die Zulässigkeit der Abgabe in Drogerien und durch Gewerbetreibende nimmt der Verordnungsgeber in der Abgrenzungsverordnung (nur) bei Arzneimitteln an, deren Arzneimitteleigenschaft auf die in der Anlage zur Abgrenzungsverordnung genannten Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen zurückgeht. Andere Arzneimittel unterliegen nicht der Abgrenzungsverordnung. Die belangte Behörde hat daher das Inverkehrbringen des gegenständlichen Produktes einer unrichtigen Strafnorm unterstellt.

Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als inhaltlich rechtswidrig, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Ob das Verhalten des Beschwerdeführers einer anderen Bestimmung des AMG zu unterstellen ist, war nicht zu prüfen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. November 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999100127.X00

Im RIS seit

09.08.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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