TE Vwgh Erkenntnis 2018/9/24 Ra 2017/17/0784

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Veröffentlicht am 24.09.2018
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Index

34 Monopole;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
VStG §22 Abs2;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision des M D, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 3. Mai 2017, LVwG-S-2935/003-2015, betreffend Übertretung des Glücksspielgesetzes (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Mistelbach), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der revisionswerbenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mistelbach vom 17. September 2015 wurde der Revisionswerber als das gemäß § 9 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ einer näher bezeichneten s.r.o. der zweifachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 iVm § 2 Abs. 2, und 4 iVm § 4 Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig erkannt, weil diese s.r.o. "als Veranstalter zur Teilnahme vom Inland aus verbotene Ausspielungen in der Form von Walzenspielen (mit zwei näher beschriebenen Glücksspielgeräten) veranstaltet bzw. (...) sich als Eigentümer der Geräte an diesen verbotenen Ausspielungen unternehmerisch beteiligt" habe. Über den Revisionswerber wurden zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 4.000,- (sowie zwei Ersatzfreiheitsstrafen) "gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG" verhängt. Im Rahmen der Strafbemessung seien keine Milderungsgründe und keine Erschwerungsgründe zu werten gewesen.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (LVwG) die Beschwerde des Revisionswerbers im zweiten Rechtsgang (nach Aufhebung der am 19. September 2016 zunächst ergangenen Beschwerdeabweisung durch den Verfassungsgerichtshof wegen Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf den gesetzlichen Richter) ab (Spruchpunkt 1.), schrieb dem Revisionswerber gemäß § 52 Abs. 2 VwGVG die Bezahlung von EUR 1.600,-- als Kostenbeitrag zum Beschwerdeverfahren vor (Spruchpunkt 2.) und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei (Spruchpunkt 3.).

3 Im Zusammenhang mit der Strafbemessung führte das LVwG begründend aus, "selbst unter Berücksichtigung des Milderungsgrundes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit" sei die verhängte Strafe "im Hinblick auf die Strafobergrenze von EUR 60.000,- als nicht überhöht anzusehen".

4 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision mit dem Antrag, das Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und/oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben. Die belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht erstattete im vom Verwaltungsgerichtshof eingeleiteten Vorverfahren keine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

5 Die Revision erweist sich zum einen bereits im Hinblick auf das in der Zulässigkeitsbegründung ausgeführte Vorbringen des Widerspruches des angefochtenen Erkenntnisses zur Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a VStG als zulässig und berechtigt.

6 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a Z 1 VStG muss der Spruch eines Straferkenntnisses so gefasst sein, dass die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die verletzte Verwaltungsvorschrift eindeutig und vollständig erfolgt, also aus der Tathandlung sogleich auf das Vorliegen der bestimmten Übertretung geschlossen werden kann. Der Revisionswerber hat zudem ein subjektives Recht darauf, dass ihm die als erwiesen angenommene Tat und die verletzte Verwaltungsvorschrift richtig und vollständig vorgehalten werden (vgl. für viele z.B. VwGH 19.5.2017, Ra 2016/17/0173, mwN).

7 Fallbezogen wurde dem Revisionswerber im Spruch des durch das angefochtene Erkenntnis bestätigten Straferkenntnisses der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht vorgeworfen, die von ihm vertretene Gesellschaft habe mit den beiden in Rede stehenden Glücksspielgeräten zum angelasteten Tatzeitpunkt verbotene Ausspielungen sowohl veranstaltet als auch sich als Eigentümerin daran unternehmerisch beteiligt; als verletzte Verwaltungsvorschrift nennt das Straferkenntnis "§ 52 Abs. 1 Z 1 GSpG".

8 Damit ist dem angefochtenen Erkenntnis jedoch nicht zu entnehmen, welche konkrete Tathandlung der durch den Revisionswerber vertretenen Gesellschaft vorgeworfen wurde; es kann auch nicht beurteilt werden, unter welches Tatbild des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG eine anzulastende Tathandlung zu subsumieren wäre. Das angefochtene Erkenntnis entspricht somit nicht den Anforderungen des § 44a Z 1 und 2 VStG und der hierzu ergangenen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.

9 In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass durch die Bestrafung wegen des Veranstaltens verbotener Ausspielungen nach § 52 Abs. 1 Z 1 1. Tatbild GSpG das allfällig gleichzeitig vom Bestraften verwirklichte Tatbild der unternehmerischen Beteiligung gemäß § 52 Abs. 1 Z 1

4. Tatbild GSpG konsumiert ist (vgl. nochmals VwGH 19.5.2017, Ra 2016/17/0173, mwN).

10 Das angefochtene Erkenntnis weicht weiters - worauf in der Zulässigkeitsbegründung der Revision ebenfalls zutreffend hingewiesen wird - auch hinsichtlich des Erfordernisses der Anführung der angewendeten Strafnorm gemäß § 44a Z 3 VStG und der vorgenommenen Strafbemessung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab.

11 § 52 Abs. 2 GSpG lautet:

"Bei Übertretung des Abs. 1 Z 1 mit bis zu drei Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen ist für jeden Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe in der Höhe von 1 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, bei Übertretung mit mehr als drei

Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenständen für jeden

Glücksspielautomaten oder anderen Eingriffsgegenstand eine Geldstrafe von 3 000 Euro bis zu 30 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 6 000 Euro bis zu 60 000 Euro zu verhängen."

12 Die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes räumt dem Beschuldigten ein Recht darauf ein, dass im Spruch die richtige, und nur die richtige verletzte Verwaltungsvorschrift aufscheint. Gleiches gilt für die Anführung der Strafnorm nach § 44a Z 3 VStG. Darunter ist jene Verwaltungsvorschrift zu verstehen, die bei der Festlegung des Strafmittels und des Strafausmaßes heranzuziehen ist. Im vorliegenden Fall ist bei einer Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG die Strafsanktionsnorm § 52 Abs. 2 GSpG. Das Verwaltungsgericht hat daher insoweit, als der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides fehlerhaft ist, weil z.B. die angewendeten Gesetzesstellen unrichtig oder unvollständig zitiert wurden, dies in seinem Abspruch zu ergänzen bzw. richtigzustellen (z.B. VwGH 9.3.2018, Ra 2018/17/0005, mwN). Fallbezogen wurde die Strafsanktionsnorm durch das LVwG jedoch trotz des fehlerhaften Abspruches im Straferkenntnis nicht ergänzt.

13 Außerdem ging das LVwG bei der Strafbemessung nach den oben wiedergegebenen Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis offenkundig - unrichtigerweise - nicht vom Strafrahmen nach § 52 Abs. 2 GSpG, sondern von jenem in § 52 Abs. 1 Einleitungssatz GSpG ("Es begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Behörde in den Fällen der Z 1 mit einer Geldstrafe von bis zu 60 000 Euro und in den Fällen der Z 2 bis 11 mit bis zu 22 000 Euro zu bestrafen (...)" aus. Dieser ist in der durch das LVwG herangezogenen Höhe (EUR 60.000,--) nur dann einschlägig, wenn die Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 letzter Strafsatz GSpG vorliegen, was gegenständlich nicht ersichtlich ist.

14 Das angefochtene Erkenntnis war daher aus den dargelegten Gründen aufgrund der Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

15 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 24. September 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170784.L00

Im RIS seit

15.10.2018

Zuletzt aktualisiert am

13.12.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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