TE Vwgh Beschluss 2018/9/25 Ra 2017/17/0739

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Veröffentlicht am 25.09.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
34 Monopole;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

B-VG Art130 Abs1 Z2;
B-VG Art132 Abs2;
GSpG 1989 §53;
VStG §39;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Hofrätin Mag. Dr. Zehetner sowie Hofrat Mag. Brandl als Richterin bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Klima, LL.M., über die Revision der S SRL in R, (vormals vertreten durch Mag. Martin Paar und Mag. Hermann Zwanzger, Rechtsanwälte in 1040 Wien, Wiedner Hauptstraße 46/6), gegen den Beschluss des Bundesfinanzgerichts vom 22. Mai 2017, RM/2100002/2017, betreffend Maßnahmenbeschwerde in einer Angelegenheit nach dem Glücksspielgesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Finanzamt Graz-Stadt), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die revisionswerbende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die revisionswerbende Partei brachte am 11. April 2017 beim Bundesfinanzgericht (BFG) gegen die anlässlich einer Kontrolle eines näher bezeichneten Geschäftslokals in Graz am 30. März 2017 durch Organe der Finanzpolizei für das Finanzamt Graz-Stadt gemäß § 53 Abs. 2 Glücksspielgesetz (GSpG) ausgesprochene vorläufige Beschlagnahme von fünf näher bezeichneten Geräten samt Zubehör eine Maßnahmenbeschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG verbunden mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ein.

2 Mit dem angefochtenen Beschluss stellte das BFG das Verfahren über die Maßnahmenbeschwerde samt Antrag auf aufschiebende Wirkung im Hinblick darauf, dass die am 30. März 2017 ausgesprochene vorläufige Beschlagnahme mit Bescheid der Landespolizeidirektion Steiermark vom 8. Mai 2017 bestätigt worden sei, ein und sprach aus, dass ein Kostenausspruch unterbleibe und eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

3 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluss kostenpflichtig aufzuheben. Die belangte Behörde beantragte in ihrer nach Einleitung des Vorverfahrens eingebrachten Revisionsbeantwortung die kostenpflichtige Zurück- in eventu Abweisung der Revision.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die revisionswerbende Partei begründete die Zulässigkeit der Revision mit der Verletzung des Parteiengehörs, indem ihr vom BFG die Gegenschrift der belangten Behörde vor Erlassung der angefochtenen Entscheidung nicht zur Kenntnis gebracht worden sei, das BFG seine Entscheidung jedoch auf das in der Gegenschrift erstattete Vorbringen über die zwischenzeitige Erlassung eines die vorläufige Beschlagnahme bestätigenden Beschlagnahmebescheides gestützt habe. Wäre der revisionswerbenden Partei Parteiengehör eingeräumt worden, hätte sie dargelegt, dass der von der belangten Behörde behauptete Beschlagnahmebescheid nicht rechtwirksam zugestellt und somit (rechtlich) nicht existent geworden sei. Mangels Zustellung an die revisionswerbende Partei gebe es keinen Beschlagnahmebescheid, der die Einstellung des Verfahrens über die Maßnahmenbeschwerde begründen hätte können.

8 Bei Verfahrensmängeln, wie der Verletzung des Parteiengehöres, muss in den Zulässigkeitsgründen unter anderem die Relevanz des Verfahrensmangels dargetan werden, weshalb also bei Vermeidung des Verfahrensmangels (etwa also auf Grund welchen konkreten Vorbringens) in der Sache ein anderes, für den Revisionswerber günstigeres Ergebnis hätte erzielt werden können (vgl. VwGH 5.9.2017, Ra 2016/17/0263, mwN).

9 Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Bekämpfung einer vorläufigen Beschlagnahme nur solange mit Maßnahmenbeschwerde bekämpfbar, bis die Behörde einen Beschlagnahmebescheid rechtswirksam erlässt (vgl. VwGH 14.3.2018, Ra 2017/17/0160, mwN).

10 Der von der Landespolizeidirektion Steiermark gemäß § 53 Abs. 3 GSpG durch öffentliche Bekanntmachung iSd § 25 ZustellG erlassene Beschlagnahmebescheid vom 8. Mai 2017 wurde mit rechtswirksamer öffentlicher Bekanntmachung rechtlich existent. Rechtlich wesentlich ist somit, ob die Voraussetzungen für die Zustellung des Beschlagnahmebescheids vom 8. Mai 2017 durch öffentliche Bekanntmachung gemäß § 53 Abs. 3 GSpG vorlagen. Entsprechendes Vorbringen erstattete die revisionswerbende Partei zu der in den Zulässigkeitsausführungen geltend gemachten Verletzung des Parteiengehörs nicht. Allein der Hinweis im Zulässigkeitsvorbringen, der Beschlagnahmebescheid vom 8. Mai 2017 sei mangels Zustellung an die revisionswerbende Partei (als Eigentümerin der beschlagnahmten Gegenstände) nicht (rechtlich) existent geworden, vermag eine Relevanz der geltend gemachten Verletzung des Parteiengehörs nicht aufzuzeigen.

11 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war somit bereits aus diesen Erwägungen zurückzuweisen und erübrigt es sich, auf einen allfälligen Wegfall des Rechtsschutzinteresses vor Einbringung der Revision am 20. Juli 2017 im Hinblick auf den aus den vorgelegten Akten ersichtlichen weiteren Beschlagnahmebescheid der Landespolizeidirektion Steiermark vom 6. Juni 2017 näher einzugehen.

12 Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf den §§ 47 ff VwGG iVm VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 25. September 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170739.L00

Im RIS seit

15.10.2018

Zuletzt aktualisiert am

13.12.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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