TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/17 96/08/0060

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Veröffentlicht am 17.11.1999
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

B-VG Art130 Abs2;
GSVG 1978 §115 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Novak, Dr. Sulyok und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des E in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Punz, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 15/15, gegen den Bescheid des Bundesministers für Arbeit und Soziales vom 7. August 1995, Zl. 120.653/3-6a/95, betreffend Anerkennung der Wirksamkeit verspätet entrichteter Beiträge nach § 115 Abs. 3 GSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, Wiedner Hauptstraße 84-86, 1051 Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales) Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Antrag des Beschwerdeführers vom 24. März 1995 auf Anerkennung der Wirksamkeit der von ihm für die Zeit Jänner 1967 bis Juni 1969 und Dezember 1980 bis Oktober 1989 verspätet entrichteten Beiträge zur gewerblichen Pensionsversicherung gemäß § 115 Abs. 3 GSVG keine Folge gegeben. Nach der Begründung dieses Bescheides habe der Beschwerdeführer in seinem Antrag vorgebracht, dass sich einerseits die Nichtberücksichtigung der Beiträge auf die Höhe seiner Pension auswirke und andererseits sein Betrieb in den Achtzigerjahren in eine wirtschaftliche Krise geschlittert sei, die ihm eine rechtzeitige Beitragsentrichtung unmöglich gemacht habe. Die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt habe mit Schreiben vom 17. Mai 1995 berichtet, dass für den Beschwerdeführer während der Zeit vom 1. Jänner 1967 bis 30. Juni 1969 und vom 1. Dezember 1980 bis 31. Oktober 1989 Versicherungspflicht nach dem GSVG bestanden habe. Trotz rechtzeitiger Beitragsvorschreibung habe er die Beiträge erst nach Ablauf der Fünfjahresfrist und daher rechtsunwirksam entrichtet. Er habe am 2. Dezember 1994 einen Antrag auf Alterspension gestellt. Mit Bescheid vom 20. Dezember 1994 sei ihm ab 1. Jänner 1995 die Alterspension zuerkannt worden. Der Beschwerdeführer habe bis zum Stichtag (1. Jänner 1995) 471 Versicherungsmonate, davon 385 Beitragsmonate (366 Monate nach dem GSVG und 19 Monate nach dem ASVG), erworben und sei auf Grund der Fortführung der selbstständigen Erwerbstätigkeit weiterhin nach dem GSVG pflichtversichert. Da der Einkommensteuerbescheid für 1995 noch nicht vorliege, könne derzeit noch nicht endgültig festgestellt werden, ob gemäß § 130 Abs. 2 GSVG lediglich eine Teilpension im Ausmaß von 91,25 % der ermittelten Alterspension, das seien S 10.562,60 zuzüglich einer Bonifikation von S 1.693,30, somit insgesamt S 12.255,90, gebühre. Der Differenzbetrag von S 1.012,90 auf die volle Alterspension von 100 % im Ausmaß von S 13.268,80 werde als jederzeit verrechenbarer Vorschuss gezahlt. Bei Anerkennung der rechtswirksamen Beitragsnachentrichtung für 35 Monate im Zeitraum vom 1. Dezember 1986 bis 31. Oktober 1989 lägen 420 Beitragsmonate vor. Damit hätte der Beschwerdeführer unabhängig von der Höhe seiner Gewerbeeinkünfte Anspruch auf 100 % der Alterspension im Ausmaß von derzeit S 16.054,20.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sei der Sinn der Bestimmung des § 115 Abs. 3 GSVG allerdings nur darin zu sehen, Lücken im Versicherungsverlauf zu schließen, um Versicherten die Erfüllung der Wartezeit für eine Leistung aus der Pensionsversicherung zu ermöglichen. Die genannte Bestimmung könne hingegen nicht dazu herangezogen werden, die Voraussetzung für eine Verbesserung einer bereits zuerkannten Leistung aus der Pensionsversicherung zu schaffen (z.B. Erkenntnis vom 28. Februar 1985, Zl. 84/08/0089). Die belangte Behörde sehe sich deshalb nicht veranlasst, von dem ihr gemäß § 115 Abs. 3 GSVG eingeräumten Ermessen im Sinne des gestellten Begehrens Gebrauch zu machen.

Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben, der deren Behandlung mit Beschluss vom 4. März 1996, B 2948/95, abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

In der an den Verwaltungsgerichtshof gerichteten Beschwerde wird beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.

Auch die mitbeteiligte Sozialversicherungsanstalt hat von der Einbringung einer Gegenschrift abgesehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 115 Abs. 3 GSVG idF der 3. Novelle BGBl. Nr. 586/1980 kann der Bundesminister für Arbeit und Soziales in Fällen besonderer Härte auch Beiträge als wirksam entrichtet anerkennen, die für Zeiten gemäß Abs. 1 Z. 1 nach Ablauf des dort bezeichneten Zeitraumes entrichtet werden. Ein Fall besonderer Härte ist insbesondere dann anzunehmen, wenn dem Versicherten ansonst ein Nachteil in seinen versicherungsrechtlichen Verhältnissen erwächst, der unter Berücksichtigung seiner Familien- und Einkommensverhältnisse von wesentlicher Bedeutung ist, und der Versicherte seine Anmeldung zur Versicherung nicht vorsätzlich unterlassen hat, oder wenn die rechtzeitige Beitragsentrichtung infolge unverschuldet eingetretener ungünstiger wirtschaftlicher Verhältnisse des Versicherten unterblieben ist.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Regelung des § 115 Abs. 3 GSVG lediglich dazu dient, Lücken im Versicherungsverlauf zu schließen (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 31. März 1989, Zl. 88/08/0298). In diesem Sinne ist unter dem in der Rechtsprechung geprägten Begriff "Lücken im Versicherungsverlauf" nur das Fehlen einer geringfügigen Versicherungszeit zu verstehen, wobei die Beurteilung eines solchen Zeitraumes als Versicherungslücke von der Relation dieses Zeitraumes zu den übrigen Zeiten (Warte-, Deckungszeiten) abhängt.

Der Sinn des Gesetzes kann allerdings nicht darin erblickt werden, dass mit der Anerkennung der Wirksamkeit der verspäteten Beitragsentrichtung die Voraussetzung für eine höhere Leistung aus der Pensionsversicherung erlangt wird (vgl. etwa das Erkenntnis vom 4. Juli 1989, Zl. 89/08/0020; aus der älteren Judikatur zu vergleichbaren Bestimmungen etwa die Erkenntnisse vom 15. Dezember 1964, VwSlg. Nr. 6529/A, und vom 15. Dezember 1965, VwSlg. Nr. 6826/A).

Da sich im Beschwerdefall die Anerkennung der Wirksamkeit der verspätet entrichteten Beiträge zur gewerblichen Pensionsversicherung für den Beschwerdeführer nur leistungssteigernd auswirken würde, hat die belangte Behörde im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung zu Recht das Vorliegen eines Falles positiver Ermessensübung verneint.

Auf dem Boden dieser Auffassung war die Frage, ob sich der Beschwerdeführer im konkreten Fall überhaupt zu Recht auf den gesetzlichen Tatbestand der besonderen Härte hätte berufen können, gar nicht mehr zu behandeln (vgl. z.B. das bereits genannte Erkenntnis vom 4. Juli 1989, mit Hinweis auf Vorjudikatur). Die Behauptung des Beschwerdeführers, dass der Sachverhalt diesbezüglich ergänzungsbedürftig geblieben sei, besteht daher nicht zu Recht.

Auf Grund dieser Erwägungen verstieß die belangte Behörde nicht gegen den Sinn des Gesetzes und den dadurch abgesteckten Spielraum rechtmäßiger Ermessensausübung (Art. 130 Abs. 2 B-VG), weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abgewiesen werden musste.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 17. November 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1996080060.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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