TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/17 99/08/0144

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Veröffentlicht am 17.11.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
60/04 Arbeitsrecht allgemein;
62 Arbeitsmarktverwaltung;
66/02 Andere Sozialversicherungsgesetze;

Norm

AlVG 1977 §12 Abs3 litf impl;
AlVG 1977 §15 Abs1 Z3 idF 1998/I/148;
AlVG 1977 §15 Abs1 Z5;
AuslBG §6;
AVG §37;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Knell und die Hofräte Dr. Müller, Dr. Sulyok, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hackl, über die Beschwerde des S in L, vertreten durch Frischenschlager & Gallistl, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Landstraße 15, gegen den aufgrund eines Beschlusses des Ausschusses für Leistungsangelegenheiten ausgefertigten Bescheid der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Linz vom 24. August 1999, Zl. 4/1289/Nr. 0549/99-1, betreffend Anspruch auf Arbeitslosengeld, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der vorliegenden Beschwerde und dem ihr beigeschlossenen, angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender unstrittige Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer war vom 20. Dezember 1994 bis 11. Mai 1999 (mit Unterbrechungen) krankenversicherungspflichtig beschäftigt und hat dadurch - für die von ihm gemäß § 14 Abs. 1 AlVG zu erfüllende Anwartschaft von 52 Wochen arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung in den letzten 24 Monaten - Versicherungszeiten in der Arbeitslosenversicherung erworben.

Nach der Begründung des angefochtenen Bescheides lägen im (danach zunächst maßgebenden) Rahmenzeitraum vom 12. Mai 1997 bis 11. Mai 1999 zwar 154 Tage für Arbeitssuche als rahmenfristerstreckender Tatbestand; in der so verlängerten Rahmenfrist lägen jedoch nur 296 Tage an arbeitslosenversicherungspflichtiger Beschäftigung.

Das vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Studium der Informatik wurde von der belangten Behörde nicht als rahmenfristerstreckender Tatbestand gewertet, da der Beschwerdeführer "keinerlei Prüfungen absolviert (habe), somit nicht im Sinne von § 15 Abs. 1 Z. 5 AlVG sich einer Ausbildung unterzogen (habe), durch die (er) überwiegend in Anspruch genommen" worden sei.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde daher den Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung von Arbeitslosengeld vom 12. Mai 1999 mangels Erfüllung der Anwartschaft ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, in welcher der Beschwerdeführer - die sonstigen Feststellungen der belangten Behörde über erworbene Versicherungszeiten und rahmenfristbestimmende Sachverhaltselemente nicht bestreitend - zusammenfassend geltend macht, er sei im Zeitraum vom 5. Oktober 1984 bis 8. Oktober 1998 Student an der Linzer Johannes-Kepler-Universität gewesen. Es treffe zwar zu, dass er - abgesehen von einem "Übungsschein" vom 30. Jänner 1988 - keine Prüfungen abgelegt habe. Die belangte Behörde habe jedoch - in Verkennung ihrer Ermittlungspflicht - den Beschwerdeführer nicht dahingehend befragt, ob er "in dem ihm fehlenden Zeitraum vom Studium überwiegend in Anspruch genommen wurde". Dazu sei das Ablegen von Prüfungen nicht erforderlich, zumal man durch ein Studium auch "in der Phase der Prüfungsvorbereitung" auch ohne Ablegung von Prüfungen überwiegend in Anspruch genommen werden könne. Wäre der Beschwerdeführer dazu befragt worden, so hätte sich ergeben "dass er über die bereits festgestellte Rahmenfristerstreckung hinaus in der Zeit von 1994 bis 1997 von seinem Studium überwiegend in Anspruch genommen wurde, sodass sich die Rahmenfristen nach § 14 Abs. 1 bis 3 um maximal drei Jahre verlängern". Dies hätte zur Anrechnung weiterer Arbeitszeiten und damit zu einem Anspruch auf Arbeitslosengeld geführt. Als Rechtswidrigkeit des Inhaltes rügt der Beschwerdeführer, dass die belangte Behörde jene Zeiten, während derer er mangels Beschäftigungsbewilligung nicht einer Beschäftigung nachgehen habe können, nicht einem Rahmenfristerstreckungszeitraum im Sinne des § 15 Abs. 1 AlVG gleichgehalten habe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 15 AlVG in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 148/1998 lautet auszugsweise:

"§ 15. (1) Die Rahmenfrist (§ 14 Abs. 1 bis 3) verlängert sich um höchstens drei Jahre um Zeiträume, in denen der Arbeitslose im Inland

1. in einem arbeitslosenversicherungsfreien Dienstverhältnis gestanden ist;

2.

selbständig erwerbstätig gewesen ist;

3.

arbeitsuchend bei der regionalen Geschäftsstelle gemeldet gewesen ist oder Sondernotstandshilfe (§ 39) bezogen hat;

4.

eine Abfertigung aus einem Dienstverhältnis bezogen hat;

5.

sich einer Ausbildung oder beruflichen Maßnahme der Rehabilitation unterzogen hat, durch die er überwiegend in Anspruch genommen wurde;

6.

Präsenz- oder Ausbildungs- oder Zivildienst geleistet hat;

7.

einen Karenzurlaub im Sinne der gesetzlichen Vorschriften zurückgelegt oder Karenzgeld oder Weiterbildungsgeld bezogen hat;

              8.              ein außerordentliches Entgelt im Sinne des § 17 des Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetzes, BGBl. Nr. 235/1962, bezogen hat;

              9.              eine Sonderunterstützung nach den Bestimmungen des Sonderunterstützungsgesetzes, BGBl. Nr. 642/1973, bezogen hat;

              10.              auf behördliche Anordnung angehalten worden ist.

(2) Die Rahmenfrist verlängert sich um höchstens drei Jahre um Zeiträume, in denen der Arbeitslose im Ausland

1. sich einer Ausbildung unterzogen hat, durch die er überwiegend in Anspruch genommen wurde;

2. eine der in Abs. 1 angeführten vergleichbaren Leistungen wegen Arbeitslosigkeit oder Kindererziehung bezogen hat, soweit mit dem betreffenden Staat zwischenstaatliche Regelungen über Arbeitslosenversicherung getroffen wurden oder dies in internationalen Verträgen festgelegt ist.

(3) Die Rahmenfrist verlängert sich weiters um Zeiträume, in denen der Arbeitslose im Inland

1. Krankengeld bzw. Wochengeld bezogen hat oder in einer Heil- oder Pflegeanstalt untergebracht gewesen ist;

2. nach Erschöpfung des Anspruches auf Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung nachweislich arbeitsunfähig gewesen ist;

3. wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, die nach ihrem Ausmaß der Arbeitsunfähigkeit gemäß § 8 gleichkommt, eine Pension aus der gesetzlichen Pensionsversicherung bezogen hat;

4. einen nahen Angehörigen (eine nahe Angehörige) mit Anspruch auf Pflegegeld in Höhe der Stufe 5, 6 oder 7 gemäß § 5 des Bundespflegegeldgesetzes (BPGG), BGBl. Nr. 110/1993, oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze in häuslicher Umgebung gepflegt hat und gemäß § 77 Abs. 6 ASVG oder § 28 Abs. 6 BSVG oder § 33 Abs. 9 GSVG in der Pensionsversicherung weiterversichert war.

((4) - (7))"

Der Beschwerdeführer vertritt unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides die Auffassung, die belangte Behörde hätte Zeiten, in denen der Arbeitslose in Ermangelung einer Beschäftigungsbewilligung aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nicht das Recht gehabt habe, einer Beschäftigung nachzugehen, und sich daher auch nicht bei der regionalen Geschäftsstelle als arbeitssuchend habe melden können, als rahmenfristerstreckend berücksichtigen und zu diesem Zweck (auch im Hinblick auf die sonst gegebene Reichweite der Fristerstreckungstatbestände, wie z.B. die bei behördlicher Anhaltung vorgesehene Rahmenfristerstreckung im Sinne des § 15 Abs. 1 Z. 10 AlVG) § 15 Abs. 1 Z. 3 AlVG analog anwenden müssen. Er behauptet in diesem Zusammenhang, zwei Unternehmen hätten in diesem Zeitraum erfolglos versucht für ihn eine Beschäftigungsbewilligung zu erhalten.

Entgegen dieser Beschwerdeauffassung vermochte das Fehlen einer Beschäftigungsbewilligung einer Meldung als arbeitssuchend (unabhängig davon, ob während einer solchen Meldezeit auch Geldleistungsansprüche aus der Arbeitslosenversicherung bestanden hätten) nicht im Wege zu stehen, werden doch Beschäftigungsbewilligungen gemäß § 6 AuslBG für einen konkreten Arbeitsplatz erteilt, sodass sich erst bei Vorliegen einer konkreten Arbeitsmöglichkeit herausstellen kann, ob für diesen Arbeitsplatz eine Beschäftigungsbewilligung erteilt wird oder nicht. War der Beschwerdeführer aber - anders als er meint - an einer Meldung als arbeitssuchend nicht gehindert, sind weitere Erwägungen darüber, ob für diesen Fall Bestimmungen des § 15 AlVG analog anzuwenden wären, von vornherein entbehrlich.

Was schließlich die danach entscheidende Frage anbelangt, ob die Studienzeiten des Beschwerdeführers als rahmenfristerstreckend im Sinne des § 15 Abs. 1 Z. 5 AlVG heranzuziehen gewesen wären, hat der Verwaltungsgerichtshof zunächst in rechtlicher Hinsicht folgende Überlegungen angestellt:

Voraussetzung für eine Rahmenfristerstreckung nach § 15 Abs. 1 Z. 5 AlVG ist, dass sich der Arbeitslose in diesem Zeitraum (fallbezogen) "einer Ausbildung ... unterzogen hat, durch die er überwiegend in Anspruch genommen wurde". Die belangte Behörde und der Beschwerdeführer gehen offenkundig davon aus, dass unter Ausbildung im Sinne dieser Gesetzesstelle auch Studienzeiten an einer Universität zu verstehen sind.

Diese Frage bedarf jedoch im vorliegenden Fall keiner abschließenden Klärung: Das Tatbestandsmerkmal der überwiegenden Inanspruchnahme durch die Ausbildung lässt nämlich - bezieht man es auf ein Universitätsstudium - nicht schon die bloße Inskription genügen, sondern erfordert vielmehr, dass das Studium tatsächlich in einem bestimmten Ausmaß ernsthaft betrieben wird, wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat. Das ergibt nicht zuletzt einen Vergleich des Gesetzeswortlautes mit jenem des § 12 Abs. 3 lit. f AlVG. Der belangten Behörde ist aber - auch vor dem Hintergrund der Verfahrensrüge des Beschwerdeführers - im Ergebnis nicht entgegenzutreten, wenn sie angenommen hat, dass der Beschwerdeführer durch sein Studium nicht "überwiegend in Anspruch genommen wurde":

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er während der gesamten Zeit seiner Inskription vom 5. Oktober 1984 bis 8. Oktober 1998, abgesehen von einem "Übungsschein" am 30. Jänner 1988, keine Prüfungen abgelegt und das Studium - soweit es in der bloßen Inskription seinen Ausdruck findet - ohne Ablegung einer Prüfung wieder beendet hat. Er macht jedoch geltend, die belangte Behörde hätte ihn dahingehend befragen müssen, ob er "in dem ihm fehlenden Zeitraum vom Studium überwiegend in Anspruch genommen wurde", und meint, es sei dazu nicht erforderlich, dass er auch Prüfungen abgelegt habe. Das Gesetz verlange auch nicht, dass die Ausbildung erfolgreich abgeschlossen worden sei; es könne sich auch um eine Phase der Prüfungsvorbereitung gehandelt haben. Im Unterbleiben solcher Ermittlungsschritte erblickt der Beschwerdeführer Verfahrensmängel iS des § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG.

Dem ist im Ergebnis nicht zu folgen: Es kann auf sich beruhen, ob eine überwiegende Inanspruchnahme im Allgemeinen schon durch Inskription einer entsprechenden Zahl an Wochenstunden von Lehrveranstaltungen dargetan werden kann (vgl. in dieser Hinsicht zum gleichartigen Tatbestandsmerkmal der überwiegenden Inanspruchnahme durch ein Studium in § 252 Abs. 1 ASVG, OGH 4. Mai 1999, 10 ObS 68/99), weil darin immer nur ein Indiz für das Ausmaß der Inanspruchnahme der Arbeitskraft zu erblicken ist, nicht aber ein unwiderleglicher Beweis. Wenn - wie im vorliegenden Fall - ein Studienzweig zwar durch 14 Jahre lang ergebnislos inskribiert wurde, und die erste und einzige "Prüfung" (die nur aus dem Erwerb eines Übungsscheines bestanden hat) bereits 10 Jahre zurückliegt, dann durfte die belangte Behörde davon ausgehen, dass der Beschwerdeführer dieses Studium auch während der - hier maßgeblichen - Jahre von 1994 bis 1997 (und unabhängig von der Anzahl der inskribierten Wochenstunden) nicht in einem Ausmaß ernsthaft betrieben hat, dass seine Arbeitskraft von diesem Studium zumindest überwiegend in Anspruch genommen wurde.

Es wäre bei dieser Sachlage am Beschwerdeführer gelegen, konkrete Behauptungen darüber aufzustellen, dass seine Arbeitskraft ungeachtet des Fehlens jeglichen Studienfortschritts im hier maßgebenden Zeitraum durch das Ausmaß des von ihm tatsächlich und im Hinblick auf die Absicht, Prüfungen abzulegen, auch ernsthaft wahrgenommenen Vorlesungsbetriebes und/oder durch die Prüfungsvorbereitung überwiegend beansprucht worden ist. Der Beschwerdeführer trägt in seiner Beschwerde aber weder vor, dass er derartige Umstände im Verwaltungsverfahren behauptet hat, (und die belangte Behörde diese Behauptungen aber übergangen hätte), noch behauptet er, zu dieser Frage im Verwaltungsverfahren nicht gehört worden zu sein. Er legt in seiner Beschwerde auch keine konkreten Umstände dar, aus denen sich - für den Fall der Durchführung der vom Beschwerdeführer vermissten Ermittlungstätigkeit der Behörde - ein anderes Verfahrensergebnis ableiten ließe, und zwar weder betreffend die Anzahl der inskribierten Wochenstunden, noch was den Besuch von Vorlesungen oder die Vorbereitung auf eine bestimmte Prüfung betrifft.

Damit fehlt es vor dem Hintergrund des hier vorliegenden Sachverhaltes aber sowohl an einem Substrat für den vom Beschwerdeführer behaupteten Verfahrensmangel, als auch an der Darlegung der Relevanz für das Ergebnis des Verfahrens.

Da somit bereits die vorliegende Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war sie ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 17. November 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999080144.X00

Im RIS seit

18.10.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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