TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/17 96/12/0207

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Veröffentlicht am 17.11.1999
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/05 Bezüge Unvereinbarkeit;
10/08 Rechnungshof;
16/02 Rundfunk;
56/04 Sonstige öffentliche Wirtschaft;

Norm

BezügeG 1972 §38 litf idF 1983/612;
BezügeG 1972 §38 litf;
B-VG Art126a;
B-VG Art126b Abs1;
B-VG Art127 Abs1;
B-VG Art127a Abs1;
RFG 1984 §10;
RFG 1984 §6 Abs1;
RFG 1984 §8 Abs1 Z1;
RFG 1984 §8;
RFG 1984;
RHG 1948 §1 Abs3;
Statut Dorotheum Wr 1946 §12 Abs3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des B in W, vertreten durch Dr. Gottfried Korn und Dr. Peter Zöchbauer, Rechtsanwälte in Wien IV, Argentinierstraße 20/1/3, gegen den Bescheid des Präsidenten des Nationalrates vom 23. April 1996, Zl. 4233/12-Pers/91/96, betreffend Ruhebezug nach dem Bezügegesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 12.770,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der im Mai 1935 geborene Beschwerdeführer war vom 5. Juni 1979 bis 5. November 1990 Abgeordneter zum Nationalrat. Ab 1. Dezember 1990 war er (dies auch noch im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides) Angestellter des ORF, bei dem er verschiedene Funktionen bekleidete (Generalsekretär; Landesintendant).

Unter Benutzung des dafür vorgesehenen Formulars stellte der Beschwerdeführer am 12. Dezember 1990 gemäß § 24 Abs. 1 des Bezügegesetzes (im Folgenden BezG) den Antrag auf Flüssigmachung monatlicher Ruhebezüge. Über Aufforderung der belangten Behörde gab er mit Schreiben vom 13. Dezember 1990 bekannt, dass er als Generalsekretär beim ORF in einem unbefristeten Dienstverhältnis angestellt sei. Bemühungen der belangten Behörde, unter Mitwirkung des Beschwerdeführers die Höhe seines Einkommens aus seiner Tätigkeit beim ORF zu ermitteln, blieben erfolglos.

Mit Schreiben vom 3. Oktober 1991 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer mit, er sei ersucht worden, die Höhe seines Einkommens als Generalsekretär beim ORF mitzuteilen, da dieses Einkommen unter § 38 lit. f BezG falle. Ein Ruhebezug nach dem BezG werde demnach nur in dem Ausmaß ausgezahlt, als die Summe der in lit. a bis k der obzitierten Norm genannten Beschäftigungen den Höchstbetrag von derzeit S 145.930,-- brutto nicht übersteige. Der Beschwerdeführer sei trotz mehrmaliger telefonischer Aufforderung dem Ersuchen um Bekanntgabe seines Einkommens aus seiner Tätigkeit beim ORF nicht nachgekommen. Die belangte Behörde gehe daher davon aus, dass sein Bruttoeinkommen den oben genannten Höchstbetrag übersteige und sein Antrag vom 12. Dezember 1991 (richtig: 1990) abschlägig zu behandeln sein werde. Sollte sich diese Annahme als unrichtig erweisen, werde er ersucht, der belangten Behörde bis zum 4. November 1991 die entsprechenden Belege vorzulegen.

Mit Schreiben vom 4. November 1991 ersuchte der Beschwerdeführer um eine persönliche Aussprache. Er vertrat die Auffassung, dass sein Einkommen beim ORF nicht unter § 38 lit. f BezG falle.

In der Folge kam es am 20. November 1991 zu dieser Aussprache, bei der der Beschwerdeführer laut einem Aktenvermerk eines Organwalters der Parlamentsdirektion vom 22. November 1991 (neuerlich) erklärte, er sei der Auffassung, dass seine Tätigkeit nicht unter die "Kürzungsregel" des § 38 BezG falle. Sein Fall sei mit dem eines ehemaligen Bundesministers, der Intendant beim ORF gewesen sei, nicht zu vergleichen, weil ein Intendant vom Kuratorium bestellt werde, nicht aber der Generalsekretär.

Mit der als Bescheid bezeichneten Erledigung des Parlamentsdirektors vom 20. Februar 1992 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 12. Dezember 1990 abgewiesen.

Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 7. Oktober 1992, B 420/92, die Behandlung der gegen diese Erledigung zunächst bei ihm erhobenen Beschwerde ab, trat sie jedoch antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Mit Beschluss vom 28. Februar 1996, 92/12/0267 = Slg. NF Nr. 14.411 A, wies der Verwaltungsgerichtshof die (ergänzte) Verwaltungsgerichtshof-Beschwerde im Wesentlichen mit der Begründung zurück, die nach ihrer äußeren Erscheinungsform ausschließlich dem Parlamentsdirektor zuzurechnende Erledigung sei kein Bescheid, weil es diesem Organ an Behördenqualität fehle.

Eine in der Folge vom Beschwerdeführer eingebrachte Säumnisbeschwerde wies des Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 12. Juni 1996, 96/12/0174, zurück, weil die belangte Behörde bereits vor deren Einbringung (Kreuzung des Postenlaufes) den nunmehr angefochtenen Bescheid erlassen hatte.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 23. April 1996 wies die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom 12. Dezember 1990 gemäss § 30a in Verbindung mit § 38 lit. f BezG ab. Sie begründete dies im Wesentlichen damit, der Beschwerdeführer habe zwar wegen seiner mehr als zehnjährigen Zugehörigkeit zum Nationalrat einen Anspruch auf einen monatlichen Ruhebezug nach § 24 Abs. 1 BezG, der ihm in der Höhe von 62,84 % der Bemessungsgrundlage zustehe. Es sei aber die Kürzungsbestimmung des § 38 BezG zu berücksichtigen, wonach bei Zusammentreffen mehrerer in lit. a bis l dieser Bestimmung aufgezählter Ansprüche der Ruhebezug (nach dem BezG) nur in dem Ausmaß auszuzahlen sei, um das die Summe der in lit. a bis l genannten Beträge hinter dem Bezug zurückbleibe, der der Bemessung des Ruhebezuges eines Mitgliedes der Bundesregierung (d.s. 200 v.H. des Gehaltes eines Bundesbeamten der Allgemeinen Verwaltung, DKl. IX, GSt 6) zu Grunde gelegt werde. Nach § 38 lit. f leg. cit. falle darunter auch ein Diensteinkommen oder ein Ruhe(Versorgungs-) Bezug aus einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft, zu einem Fonds, zu einer Stiftung oder zu einer Anstalt, die von Organen einer Gebietskörperschaft oder von Personen (Personengemeinschaften) verwaltet werden, die hiezu von Organen dieser Körperschaft bestellt seien. Unbestritten stehe der Beschwerdeführer in einem Dienstverhältnis zum ORF, der eine Anstalt sei, auf die die Voraussetzungen nach § 38 lit. f BezG zuträfen. Es werde nämlich das Kuratorium, ein Organ des ORF, das auch andere Organe des ORF bestelle, und dem wichtige Entscheidungsbefugnisse zukämen, mehrheitlich von den Gebietskörperschaften Bund und Länder bestellt.

Einzige Voraussetzung für die Anwendung des § 38 BezG sei es ua, dass ein Dienstverhältnis zu einer Anstalt bestehe, die die in lit. f genannten Voraussetzungen erfülle. Es finde sich kein Anhaltspunkt dafür, dass § 38 leg. cit. nur auf jene Dienstnehmer anwendbar sei, die vom Kuratorium zu bestellen seien.

Dies führe im Beschwerdefall dazu, dass das vom Beschwerdeführer vom ORF bezogene Diensteinkommen bei der Berechnung der nach dem BezG zustehenden Pension zu berücksichtigen sei. Der Beschwerdeführer habe den von ihm vom ORF bezogenen Gehalt nicht bekannt gegeben. Da er aber auch der Annahme im Schreiben der belangten Behörde vom 3. Oktober 1991, dass sein ORF-Bezug den im § 38 BezG genannten Höchstbezug überschreite, nicht widersprochen habe, habe diese Annahme - weil auch die sonstigen amtswegigen Erhebungen kein ihr widersprechendes Ergebnis gebracht hätten - der weiteren Entscheidungsfindung zu Grunde gelegt werden müssen.

Da sein Diensteinkommen beim ORF den in § 38 BezG genannten Höchstbetrag überschreite, könne sein Ruhebezug nicht zur Auszahlung gelangen, solange sich die Sach- und Rechtslage nicht ändere. Der Vollständigkeit halber werde der Beschwerdeführer auf die Möglichkeit einer neuen Antragstellung hingewiesen, wenn sein Diensteinkommen unter den im § 38 BezG genannten Höchstbetrag absinken sollte.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

I. Allgemeines:

Vorab ist klarzustellen, dass im Beschwerdefall ausschließlich die Frage strittig ist, ob der Auszahlung des Ruhebezuges, dessen Anspruchsvoraussetzungen nach § 24 Abs. 1 BezG (ruhebezugsfähige Gesamtzeit im Ausmaß von mindestens 10 Jahren) von der belangten Behörde bejaht wurde, § 38 lit. f BezG entgegensteht oder nicht. Die belangte Behörde hat dies bejaht und ihre Auffassung darauf gestützt, dass der Beschwerdeführer

a) Dienstnehmer des ORF sei, der ORF aber eine Anstalt sei, auf die die Voraussetzungen des § 38 lit.f BezG zuträfen, und

b) der Beschwerdeführer aus diesem Dienstverhältnis ein Diensteinkommen beziehe, das über der Bemessungsgrundlage im Sinne des Schlusssatzes des § 38 leg. cit. liege.

II. Rechtslage:

1. Bezügerecht

1.1. Bezügegesetz (BezG)

1.1.1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Lösung der mit I. a) und

b) verbundenen Rechts- und Sachverhaltsfragen ist (jedenfalls zunächst) die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt des Entstehens des Anspruches auf Ruhebezug, mit dem grundsätzlich das Recht auf (ungekürzte) Auszahlung verbunden ist, sofern nicht § 38 (hier: lit. f) BezG entgegensteht (was hier allein strittig ist). Bei der im Beschwerdefall gegebenen Konstellation ist dies der 1. Dezember 1990.

Dies ergibt sich aus § 27 BezG Stammfassung, der wie folgt lautet:

"(1) Der Ruhebezug gebührt dem Mitglied des Nationalrates oder des Bundesrates von dem dem Ausscheiden aus der Funktion, frühestens jedoch von dem der Vollendung des 55. Lebensjahres oder dem Eintritt der Unfähigkeit zur weiteren Funktionsausübung folgenden Monatsersten an.

(2) Wird der Antrag später als drei Monate nach dem sich aus Abs. 1 ergebenden Anfallstag gestellt, so gebührt der Ruhebezug von dem der Einbringung des Antrages folgenden Monatsersten an."

Der Anspruch auf Ruhebezug setzt demnach nach § 27 BezG (unbeschadet weiterer Voraussetzungen nach anderen Bestimmungen des BezG) voraus:

a)

die Beendigung der Funktion,

b)

die Vollendung des 55. Lebenjahres, sofern nicht die Unfähigkeit zur Funktionsausübung eingetreten ist, und

              c)              die Antragstellung des Anspruchswerbers.

Der Beschwerdeführer hat die beiden Voraussetzungen a) und b) bereits im Zeitpunkt seines Ausscheidens aus dem Nationalrat erfüllt, sodass dieses Ereignis der Anfallstag im Sinne des § 27 Abs. 2 BezG ist. Da er seinen Antrag im Dezember 1990 innerhalb von 3 Monaten ab dem Anfallstag gestellt hat, hat er (frühestens) ab 1. Dezember 1990 - bei Vorliegen aller Voraussetzungen - ein Recht auf Auszahlung seines Ruhebezuges.

Spätere Novellen des BezG bis zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides (Ende April 1996) spielen im Beschwerdefall keine rechtserhebliche Rolle. Dies gilt insbesondere für die durch BGBl. Nr. 110/1993 bewirkte Streichung des Klammerausdruckes "(ausgenommen eine Hilflosenzulage)" in § 38 lit. f.

1.1.2. Abschnitt II Art. IV des BezG regelt in seinen §§ 24 - 33 den Ruhebezug von Mitgliedern des Nationalrates und Bundesrates sowie die Ansprüche von deren Hinterbliebenen.

§ 30a BezG in der Fassung der Novelle, BGBl. Nr.612/1983 ordnet an, dass auf die nach diesem Artikel zustehenden Ansprüche

§ 38 und 43 Abs. 2 sinngemäß mit der Maßgabe anzuwenden sind, dass der im § 38 vorgesehenen Vergleichsberechnung die Ermittlungsgrundlage für den Ruhebezug eines Mitgliedes der Bundesregierung gemäß § 35 Abs. 2 zu Grunde zu legen ist.

1.1.3. Abschnitt II Art. VI des BezG regelt in den §§ 35 - 44 u. a. den Ruhebezug der Mitglieder der Bundesregierung sowie die Ansprüche von deren Hinterbliebenen.

Nach § 35 Abs. 2 Satz 2 ist bei der Ermittlung des Ruhebezuges von jenem Bezug auszugehen, der sich nach den Bestimmungen des § 6 unter Zugrundelegung des Gehaltes eines Bundesbeamten der Allgemeinen Verwaltung, Dienstklasse IX, Gehaltsstufe 6, zuzüglich allfälliger Teuerungszulagen, ergibt.

§ 38 BezG lautet auszugsweise, soweit er für den Beschwerdefall von Bedeutung ist (die littera-Bezeichnung f - h seit der Novelle BGBl. Nr. 612/1983, der Schlusssatz in der Fassung dieser Novelle sowie der Novelle BGBl. Nr. 446/1990) :

"Besteht neben dem Anspruch auf Ruhebezug nach § 35 ein Anspruch auf

a)

...

f)

ein Diensteinkommen oder einen Ruhe(Versorgungs-)bezug (ausgenommen eine Hilfslosenzulage) aus einem Dienstverhältnis zu einer Gebietskörperschaft, zu einem Fonds, zu einer Stiftung oder zu einer Anstalt, die von Organen einer Gebietskörperschaft oder von Personen (Personengemeinschaften) verwaltet werden, die hiezu von Organen dieser Körperschaft bestellt sind,

              g)              ein Einkommen oder einen Ruhegenuss aus der Tätigkeit als Mitglied des Vorstandes oder als Geschäftsführer von Unternehmungen, die Gesellschaften, Unternehmungen oder Betriebe zum Gegenstand haben, die vom Verstaatlichungsgesetz, BGBl. Nr. 168/1946, oder vom zweiten Verstaatlichungsgesetz, BGBl. Nr. 81/1947, erfasst sind, oder von sonstigen Unternehmungen, bei denen oberste Organe der Vollziehung des Bundes einschließlich der Bundesregierung hinsichtlich von Gesellschaftsorganen ein Bestellungs- oder Bestätigungsrecht ausüben oder an denen der Bund mit wenigstens 50 v.H. beteiligt ist, sowie aus der Tätigkeit als Mitglied des Generalrates der Oesterreichischen Nationalbank,

              h)              Vergütungen aus der Tätigkeit als Mitglied des Aufsichtsrates von Unternehmungen der in lit. g genannten Art, wobei jedoch die Mitgliedschaft zu zwei Aufsichtsräten außer Betracht bleibt,

...

so ist der Ruhebezug nur in dem Ausmaß auszuzahlen, um das die Summe der in lit. a bis k genannten Beträge hinter dem Bezug zurückbleibt, der der Bemessung des Ruhebezuges zu Grunde gelegt wurde. Für die erforderliche Vergleichsberechnung sind die Bruttobezüge heranzuziehen."

1.2. Vorgängerbestimmung, BGBl. Nr. 16/1962

Eine § 38 lit.f BezG vergleichbare, im Wesentlichen wörtlich übereinstimmende Vorgängerbestimmung (in diesem Sinn auch die RV zum BezG, 392 Blg. Sten. Prot. NR XIII. GP, Seite 13) enthielt Artikel I § 4 des Bundesgesetzes BGBl. Nr.16/1962, der eine derartige "Einrechnungsregel" allerdings nur für bestimmte oberste Organe der Vollziehung und des Rechnungshofes vorsah.

Der Ausschussbericht zu dieser auf einen Initiativantrag zurückgehenden Bestimmung, 546 Blg. Sten. Prot. NR IX. GP, Seite 1, enthält dazu folgende Bemerkung:

"§ 4 trifft im Wesentlichen für den Fall Vorsorge, dass das Organ nach seinem Ausscheiden aus dieser Funktion Einkünfte aus öffentlichen Mitteln bezieht. In diesem Fall darf nach § 4 die Summe der Einkünfte und des Ruhebezuges die Höhe des Amtseinkommens des im Dienst befindlichen Organs nicht übersteigen."

2. B-VG und Rechnungshofgesetz

2.1. B-VG

Eine vergleichbare Formulierung wie § 38 lit. f BezG enthält (mit bestimmten hier nicht interessierenden Abweichungen) die bereits durch die B-VG Novelle BGBl. Nr. 143/1948 geschaffene Bestimmung des Art. 126b Abs. 1 B-VG, wonach der Rechnungshof die gesamte Staatswirtschaft des Bundes, ferner die Gebarung von Stiftungen, Fonds und Anstalten zu überprüfen hat, die von Organen des Bundes oder von Personen (Personengemeinschaften) verwaltet werden, die hiezu von Organen des Bundes bestellt werden.

Die EB zur RV zu dieser B-VG Novelle,

584 Blg. Sten. Prot. NR V. GP, Seite 5, führen dazu aus, die Erweiterung um solche Stiftungen, Fonds und Anstalten, die von Personen verwaltet werden, die von "Vollziehungsorganen des Bundes" bestellt werden, eröffne die Möglichkeit, Einrichtungen wie zum Beispiel das Dorotheum der Gebarungsprüfung des Rechnungshofes zu unterstellen, das bisher nur kraft "namentlicher Nennung" der Prüfung unterworfen gewesen sei. Es solle aber aus staatsfinanziellen und staatswirtschaftlichen Gründen die Möglichkeit eröffnet werden, die Prüfung im Einzelfall dann von Amts wegen durchzuführen, wenn dies begründet sei.

Die EB spielen damit auf die Rechtslage nach Art. 155 Abs. 1 Satz 2 der Verfassung 1934 an, nach der dem Rechnungshof u.a. erstmals auch die Überprüfung der Gebarung von Stiftungen, Fonds und Anstalten, die von Personen verwaltet werden, die hiezu von Vollziehungsorganen des Bundes bestellt sind, übertragen werden konnte. Eine entsprechende Übertragungsermächtigung für den Bereich der Länder und Gemeinden mit mindestens 20.000 Einwohnern enthielt die Verfassung 1934 nicht (vgl. zur geschichtlichen Entwicklung auch Hoenig, Der österreichische Rechnungshof, FN 5a zu Art. 126b B-VG, Seite 41f). Eine Übertragung im Sinne des Art. 155 Abs. 1 der Verfassung 1934 nahm der durch die Rechnungshofgesetznovelle 1934, BGBl. II Nr. 145, dem § 1 angefügte Abs. 4 vor, wonach der Rechnungshof weiters die Gebarung des Versatz-, Verwahrungs- und Versteigerungsamtes (Dorotheum) und der Theresianischen Akademie in Wien zu überprüfen hatte.

Analoge Bestimmungen zu dem hier interessierenden Teil des Art 126b Abs. 1 B-VG für den Landesbereich bzw. kontrollpflichtige Gemeinden enthalten erstmals die Art. 127 Abs. 1 und 127a Abs. 1 B-VG in der Fassung der B-VG Novelle, BGBl. Nr. 143/1948. Die analoge Ausdehnung der Kontrolle auf Stiftungen, Fonds und Anstalten wie bei derartigen Einrichtungen des Bundes wurde in den EB zur RV dieser B-VG-Novelle damit begründet, dass in steigendem Umfang derartige Einrichtungen von nicht beamteten Organen verwaltet werden würden, "die echte Landesmittel darstellten, ferner im Hinblick auf die gesteigerte Bedeutung der Landeshypothekenanstalten."

2.2. Rechnungshofgesetz

Das Rechnungshofgesetz, BGBl. Nr. 144/1948, wiederholt diese Prüfungszuständigkeiten in seinen §§ 1 Abs. 3, 15 Abs. 1 und 18 Abs. 1.

3. Rundfunkrecht

3.1. BVG/Unabhängigkeit des Rundfunks

Das Bundesverfassungsgesetz vom 10. Juli 1974 über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks, BGBl. Nr. 396 (im Folgenden BVG/Rundfunk), lautet:

"Artikel I

(1) Rundfunk ist die für die Allgemeinheit bestimmte Verbreitung von Darbietungen aller Art in Wort, Ton und Bild unter Benützung elektronischer Schwingungen ohne Verbindungsleitung bzw. längs oder mittels eines Leiters sowie der Betrieb von technischen Einrichtungen, die diesem Zweck dienen.

(2) Die näheren Bestimmungen für den Rundfunk und seine Organisation sind bundesgesetzlich festzulegen. Ein solches Bundesgesetz hat insbesondere Bestimmungen zu enthalten, die die Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung, die Berücksichtigung der Meinungsvielfalt, die Ausgewogenheit der Programme sowie die Unabhängigkeit der Personen und Organe, die mit der Besorgung der im Abs. 1 genannten Aufgaben betraut sind, gewährleisten.

(3) Rundfunk gemäß Abs. 1 ist eine öffentliche Aufgabe."

3.2. Rundfunkgesetz 1974

3.2.1. Gemäß § 1 Abs. 1 RFG, BGBl. Nr. 379/1984 (Wiederverlautbarung) - in der Folge nach seinem Entstehungsjahr in Abgrenzung zu früheren gesetzlichen Regelungen (RFG 1966) als RFG 1974 bezeichnet - wird zur Besorgung der in diesem Bundesgesetz angeführten Aufgaben unter der Bezeichnung "Österreichischer Rundfunk" ein eigener Wirtschaftskörper gebildet. Er hat seinen Sitz in Wien und besitzt Rechtspersönlichkeit (Textierung seit der Novelle BGBl. Nr. 80/1975).

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung (in der Fassung BGBl. Nr. 10/1991) ist der Österreichische Rundfunk nicht auf Gewinn gerichtet; er ist im Firmenbuch beim Handelsgericht Wien zu protokollieren und gilt als Kaufmann im Sinne des Handelsgesetzbuches.

Der Österreichische Rundfunk ist nach Abs. 3 (Absatzbezeichnung seit der Novelle BGBl. Nr. 606/1987) dieser Bestimmung als Arbeitgeber kollektivvertragsfähig.

§ 6 Abs. 1 RFG 1974 sieht als Organe des Österreichischen Rundfunks vor:

1.

das Kuratorium (§§ 7 und 8),

2.

den Generalintendanten (§§ 9 und 10),

3.

die Hörer- und Sehervertretung (§§ 15 und 16 )

4.

die Prüfungskommission (§ 31).

Nach Abs. 2 dieser Bestimmung sind Mitglieder der Kollegialorgane gemäß Abs. 1 bei der Ausübung ihrer Funktion im Österreichischen Rundfunk an keine Weisungen und Aufträge gebunden; sie haben Anspruch auf Ersatz von angemessenen Reisekosten und Barauslagen.

3.2.2. Für das Kuratorium sind insbesondere die §§ 7 und 8 RFG 1974 maßgebend.

§ 7 Abs. 1 und 3 RFG 1974 lauten:

"§ 7. (1) Die Mitglieder des Kuratoriums werden nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen bestellt:

1. Sechs Mitglieder, die von der Bundesregierung unter Berücksichtigung des Stärkeverhältnisses der politischen Parteien im Nationalrat unter Bedachtnahme auf deren Vorschläge bestellt werden, wobei jede im Hauptausschuss des Nationalrates vertretene Partei durch mindestens ein Mitglied im Kuratorium vertreten sein muss:

2. neun Mitglieder bestellen die Länder, wobei jedem Land das Recht auf Bestellung eines Mitgliedes zukommt;

3.

neun Mitglieder bestellt die Bundesregierung;

4.

sechs Mitglieder bestellt die Hörer- und Sehervertretung;

5.

fünf Mitglieder werden unter Anwendung des Arbeitsverfassungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1974, vom Zentralbetriebsrat bestellt.

...

(3) Die Funktionsperiode des Kuratoriums dauert drei Jahre vom Tag seines ersten Zusammentretens an gerechnet, jedenfalls aber bis zu dem Tag, an dem das neu bestellte Kuratorium zusammentritt. Die Mitglieder können vom bestellenden Organ nur dann vorzeitig abberufen werden, wenn sich in der Zusammensetzung dieses Organs seit der Bestellung eine Änderung ergeben hat. Im Fall des vorzeitigen Ausscheidens ist unverzüglich ein neues Mitglied für den Rest der Funktionsperiode zu bestellen."

§ 8 RFG 1974 lautet:

"§ 8. (1) Dem Kuratorium obliegt, abgesehen von den sonstigen ihm durch dieses Bundesgesetz übertragenen Aufgaben,

1.

die Bestellung und Abberufung des Generalintendanten;

2.

die Vertretung des Österreichischen Rundfunks gegenüber dem Generalintendanten, insbesondere die Geltendmachung von Haftungsansprüchen;

              3.              die Bestellung und Abberufung der Direktoren, der Intendanten und Landesintendanten;

              4.              die Genehmigung langfristiger Pläne für Programm, Technik und Finanzen und von Stellenplänen;

              5.              die Beschlussfassung über die Festsetzung des Programmentgeltes (§ 10 Abs. 2 Z. 8 und § 20) sowie die Genehmigung von Tarifwerken des Werbefunks (§ 10 Abs. 2 Z. 8);

              6.              die Genehmigung des Abschlusses von Kollektivverträgen, Vertragswerken mit kollektivvertragähnlicher Wirkung und des Redakteurstatus;

              7.              die Beschlussfassung über eine Dienstordnung für den Österreichischen Rundfunk;

              8.              die Beschlussfassung über Maßnahmen, die auf Grund von Prüfungsberichten zu ergreifen sind, einschließlich der Veröffentlichung von Prüfungsberichten;

              9.              die Prüfung und Genehmigung des Rechnungsabschlusses sowie die Entlastung des Generalindentanten;

10. die Beratung von grundsätzlichen Problemen des Rundfunks und seiner Programmgestaltung, die Entgegennahme von Berichten des Generalintendanten sowie die Beschlussfassung über Empfehlungen hiezu;

11. die Entscheidung über die Vergabe von Sendezeit an Interessenverbände (§ 5 Abs. 1);

12. die Beschlussfassung über Beschränkungen für kommerzielle Werbesendungen (§ 5 Abs. 4);

13. die Bestellung der Mitglieder der Prüfungskommission (§ 31 Abs. 1) und die Erteilung von Prüfungsaufträgen an diese.

(2) Weiters ist die Zustimmung des Kuratoriums in den nachstehend angeführten Fällen notwendig;

1. zu den vom Generalintendanten zu erlassenden allgemeinen Richtlinien für die Programmgestaltung, Programmerstellung und Programmkoordinierung in Hörfunk und Fernsehen (§ 10 Abs. 2 Z. 1);

1a. zu den unter Beachtung der langfristigen Programmpläne (Abs. 1 Z. 4) und der Programmrichtlinien (Z. 1) vom Generalintendanten im Zusammenwirken mit dem Hörfunk- und den Fernseh-Intendanten zu erstellenden und dem Kuratorium bis zum 15. November jeweils für das folgende Kalenderjahr vorzulegenden Sendeschemen für Hörfunk und Fernsehen (Jahressendeschemen);

2. zum Erwerb, zur Veräußerung oder Belastung von Liegenschaften;

3.

zur Übernahme von Bürgschaften;

4.

zur Vornahme aller Geschäfte, die eine dauernde Belastung oder eine über den Rahmen des gewöhnlichen Geschäftsbetriebes hinausgehende Verpflichtung mit sich bringen, soweit diese nicht ohnedies im Rahmen der jährlichen Finanzpläne genehmigt wurden;

              5.              zur Festsetzung der für jedes Geschäftsjahr aufzustellenden und dem Kuratorium bis zum 15. November vorzulegenden Ausgabenetats und Stellenpläne für das folgende Kalenderjahr und seiner Bedeckung (Finanz- und Stellenplan);

              6.              zu Investitionsprogrammen und zur Vornahme von Neubauten, Umbauten, Neuanschaffungen und sonstigen Investitionen außerhalb der genehmigten und in Kraft befindlichen Investitionsprogramme, soweit sie nicht laufende Betriebsausgaben darstellen und ihr Wert im Einzelfall 1 Million Schilling bzw. im Geschäftsjahr insgesamt 3 Millionen Schilling übersteigt;

7.

zur Einführung bleibender sozialer Maßnahmen;

8.

zur Aufnahme von Krediten über 3 Millionen Schilling;

9.

zum Erwerb und zur Veräußerung von Patent- und von Verwertungsrechten an Urheberrechten, deren Wert im Einzelfall 1 Million Schilling übersteigt;

              10.              zur Festsetzung der Zuständigkeitsverteilung im Fernsehen (§ 10 Abs. 4).

(3) Die Mitglieder des Kuratoriums sind befugt, den Generalintendanten, die Direktoren, die Intendanten und die Landesintendanten im Rahmen der Sitzungen des Kuratoriums über alle von ihnen zu besorgenden Aufgaben des Österreichischen Rundfunks zu befragen und alle einschlägigen Auskünfte zu verlangen."

3.2.3. Für den Generalintendanten sind insbesondere die §§ 9 und 10 RFG 1974 maßgebend.

Nach § 9 Abs. 1 RFG 1974 wird der Generalintendant vom Kuratorium für die Dauer von 4 Jahren mit Zweidrittelmehrheit bestellt.

Der Generalintendant ist nach Abs. 3 dieser Bestimmung außer an die sich aus den Gesetzen oder aus den Beschlüssen des Kuratoriums ergebenden Pflichten an keinerlei Weisungen und Aufträge gebunden.

Gemäß § 9 Abs. 4 RFG 1974 kann der Generalintendant vom Kuratorium nur mit Zweidrittelmehrheit abberufen werden.

     § 10 Abs. 1 RFG 1974 lautet:

     § 10. (1) Der Generalintendant besorgt die Führung der

Geschäfte des Österreichischen Rundfunks und vertritt ihn gerichtlich und außergerichtlich.

(2) Dem Generalintendanten obliegt insbesondere

1. die Festlegung allgemeiner Richtlinien für die Programmgestaltung, Programmerstellung und Programmkoordinierung im Hörfunk und Fernsehen sowie die Erstellung der Jahressendeschemen jeweils mit Zustimmung des Kuratoriums (§ 8 Abs. 2 Z. 1 und 1a);

2. die Ausschreibung der Posten von Direktoren, Intendanten und Landesintendanten;

3. die Erstattung von Vorschlägen an das Kuratorium für die Bestellung und Abberufung von Direktoren, Intendanten und Landesintendanten, bei letzteren nach Einholung einer Stellungnahme des betreffenden Landes;

4. die Erteilung von Prokura und Handlungsvollmacht an Direktoren, Intendanten und leitende Angestellte;

5. die Kontrolle der Tätigkeit der Direktoren, Intendanten und Landesintendanten sowie die Koordinierung ihrer Tätigkeit, vor allem auch hinsichtlich der Programmpläne für Hörfunk und Fernsehen unter Berücksichtigung der bundesstaatlichen Gliederung durch die Mitwirkung aller Studios;

6. die Ausarbeitung von Vorschlägen an das Kuratorium für langfristige Pläne für Programm, Technik, Finanzen und für Stellenpläne im Zusammenwirken mit den Direktoren, Intendanten und Landesintendanten;

7.

die Festsetzung der Geschäftsverteilung gemäß Abs. 3;

8.

die Erstattung von Vorschlägen über die Festsetzung des Programmentgelts (§ 8 Abs. 1 Z. 5 und § 20) und des Tarifwerkes des Werbefunks (§ 8 Abs. 1 Z. 5) an das Kuratorium;

9.

die Vollziehung der Beschlüsse des Kuratoriums;

10.

die Festsetzung der Zuständigkeitsverteilung im Fernsehen mit Zustimmung des Kuratoriums gemäß Abs. 4.

(3) Der Generalintendant hat jene Geschäfte, die weder dem Kuratorium noch der Hörer- und Sehervertretung noch ihm selbst vorbehalten sind, unter Wahrung des § 11 so zu verteilen, dass eine initiative Führung der wesentlichen Sach- und Gebietsbereiche ermöglicht wird.

(4) Der Generalintendant hat mit Zustimmung des Kuratoriums und im Zusammenwirken mit den Fernseh-Intendanten diesen ihre Zuständigkeitsbereiche gemäß § 11 Abs. 3 Z. 2 und 3 zuzuordnen (Zuständigkeitsverteilung im Fernsehen)."

3.2.4. § 31 RFG 1974 (Stammfassung - BGBl. Nr. 397/1974)) enthält Bestimmungen über die Prüfungskommission, die die Betriebsführung des Österreichischen Rundfunks zu prüfen hat. Abs. 2 dieser Bestimmung legt "- unbeschadet der Kontrolle durch den Rechnungshof -" die Kontrollziele für die Prüfungskommission fest.

Erst durch die spätere Novelle BGBl. Nr. 352/1981 wurde § 31a eingefügt. Er lautet:

"(1) (Verfassungsbestimmung). Die Gebarung des Österreichischen Rundfunks unterliegt der Kontrolle des Rechnungshofes.

(2) Bei der Ausübung der Kontrolle ist § 12 Abs. 1, 3 und 5 des Rechnungshofgesetzes, BGBl. Nr.144/1948, sinngemäß anzuwenden; das Ergebnis seiner Prüfung hat der Rechnungshof dem Kuratorium mitzuteilen."

Der Bericht des Verfassungsausschusses,

769 Blg. Sten. Prot. NR XV. GP, führt zu diesem auf einem Initiativantrag beruhenden Gesetzesvorhaben aus, trotz des Hinweises in § 31 Abs. 2 RFG 1974 auf die Prüfungszuständigkeit des Rechnungshofes, die auch der Absicht des Gesetzgebers entsprochen habe, sei die Prüfungskompetenz des Rechnungshofes nicht völlig unbestritten. Dies sei vorallem darauf zurückzuführen, dass das RFG 1974 den ORF auf der Basis des BVG über die Sicherung der Unabhängigkeit des Rundfunks als eine eigene Einrichtung des Bundes mit Rechtspersönlichkeit eingerichtet habe, die nicht ohne weiteres den von der Lehre entwickelten Rechtsformen zugeordnet werden könne. Die von allen Beteiligten im Prinzip unbestrittene Kontrollkompetenz des Rechnungshofes solle auf eine rechtlich unbestreitbare Basis gestellt werden. Durch den Gesetzesentwurf solle daher die Prüfungskompetenz des Rechnungshofes gegenüber dem ORF und deren Umfang außer Streit gestellt werden. Weiters solle durch einen Verweis auf § 12 des Rechnungshofgesetzes klargestellt werden, dass dem Rechnungshof gegenüber dem ORF jene Prüfungsrechte zustünden, die er auch gegenüber anderen Unternehmungen besitze, die sich mehrheitlich im Eigentum des Bundes befänden.

III. Beschwerdeausführungen:

1. Der Beschwerdeführer erachtet sich in seinem einfach gesetzlich gewährleisteten Recht auf Flüssigmachung monatlicher Ruhebezüge nach § 24 Abs. 1 BezG verletzt.

2. Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes bringt der Beschwerdeführer im Wesentlichen vor:

2.1. Der ORF sei keine Anstalt im Sinne des § 38 lit. f BezG. Stoßrichtung dieser Bestimmung sei es, Mehrfachbezüge aus Politikertätigkeit bzw."staatszugehöriger Tätigkeit" zu unterbinden. Daraus sowie aus der Diktion des § 38 lit. f BezG sei abzuleiten, dass diese Bestimmung nur für unselbständige Anstalten gelte, weil nur diese von Organen einer Gebietskörperschaft bzw. von diesen bestellten Personen (Personengemeinschaften) verwaltet werden könnten. Der ORF sei im Zuge der 2. Etappe der Rundfunkreform 1974 von einer GesmbH in einen eigenen Wirtschaftskörper mit Rechtspersönlichkeit umgewandelt worden. Ab 15. Oktober 1974 sei der ORF eine selbständige Anstalt öffentlichen Rechts (Hinweis auf Twaroch/Buchner, Rundfunkrecht in Österreich,

4. Auflage, § 1 E 5 sowie auf VwSlg. 5023 F/1976 und VfSlg. 7593 und 7717/1975).

2.2. Der ORF werde auch nicht durch Organe einer Gebietskörperschaft oder durch von diesen bestellte Personen verwaltet.

Verwaltung im Sinn des § 38 lit. f BezG sei entweder a) auf Grund der Verfassungsnähe dieser Bestimmung (Regelung der Bezüge und Pensionen oberster Organe) im Zweifel als Verwaltung im Sinn des B-VG oder b) im Sinne einer gleichfalls naheliegenden gesellschaftsrechtlichen Bedeutung zu verstehen. Bei beiden Betrachtungsweisen liege keine Verwaltung des ORF vor.

ad a) Verwaltung im Sinne des B-VG umfasse nämlich im Hoheitsbereich alle Erscheinungsformen der Vollziehung außerhalb der Gerichtsbarkeit, im nicht hoheitlichen Bereich nur solche Tätigkeiten, die einer Gebietskörperschaft oder einem Gemeindeverband zuzurechnen seien (Adamovich/Funk, Allgemeines Verwaltungsrecht, 3. Auflage, Seite 30). Der ORF sei eine durch öffentliches Recht geschaffene juristische Person ohne Anteil an der Hoheitsverwaltung. Er besorge zwar eine öffentliche Aufgabe, dies jedoch außerhalb des verfassungsrechtlichen Verwaltungsbegriffes (Twaroch/Buchner, aaO, Seite 36); Wesensmerkmal der staatlichen Verwaltung sei - abgesehen von der Tätigkeit oberster Staatsorgane - gemäß Art. 20 B-VG die Weisungsgebundenheit. In Ausführung der Pflicht zur Gewährleistung der Unabhängigkeit im Sinne des Art. I Abs. 2 des BVG/Rundfunk werde eine solche für die Kollegialorgane nach § 6 Abs. 2, für den Generalintendanten nach § 9 Abs. 3 RFG 1974 sichergestellt. Daraus folge, dass die Verwaltung des ORF nicht im Sinne des bundesverfassungsrechtlichen Verwaltungsbegriffes erfolge. Die Organe des ORF seien keine Organe des Bundes; sie hätten keine öffentlichen Ämter inne und besorgten auch keine hoheitlichen Aufgaben.

ad b) Sei der Begriff "verwalten" in § 38 lit. f BezG aber gesellschaftsrechtlich auszulegen, bedeute er soviel wie Geschäftsführung (Hinweis auf Reich-Rohrwig, Das österreichische GesmbH-Recht, Seite 283 f). Von den Organen des ORF sei nur der Generalintendant (als Nachfolgeorgan des seinerzeitigen Geschäftsführers der Österreichischen Rundfunk GesmbH) als "Verwalter" des ORF in diesem Sinn anzusehen, nicht aber - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - das Kuratorium, dem im Wesentlichen die Aufgaben des seinerzeitigen Aufsichtsrates in der früheren GesmbH zukämen (wird näher unter Einbeziehung der historischen Entwicklung der Organisation des Österreichischen Rundfunkes seit dem Gesellschaftsvertrag 1957 über das RFG 1966 bis zum RFG 1974 dargestellt). Auch nach der Kompetenzverteilung zwischen dem Kuratorium und dem Generalintendanten des ORF (vgl. insbesondere die §§ 8 und 10 RFG 1974) ergebe sich eindeutig, dass die "verwaltende" Tätigkeit im ORF ausschließlich dem Generalintendanten zukomme, weil er nach § 10 RFG 1974 das Verwaltungsmonopol nach innen und das Vertretungsmonopol nach außen habe. Dem Kuratorium kämen nämlich - abgesehen von vereinzelten Befugnissen wie z.B. in § 8 Abs. 1 Z. 2 RFG 1974 - primär (wie einem Aufsichtsrat) Kontrollbefugnisse (aber keine Geschäftsführungsbefugnisse) zu. Von einer "Verwaltung" des ORF durch die Personengemeinschaft "Kuratorium" im Sinne des § 38 lit. f BezG könne daher keine Rede sein.

2.3. Davon abgesehen, würde das Kuratorium auch nach dem im RFG 1974 vorgesehenen Bestellungsmodus nicht vom Organ einer Gebietskörperschaft bestellt werden, worauf aber § 38 lit. f BezG offenkundig abstelle (arg.: "... dieser Körperschaft" und nicht etwa dieser Körperschaften). Neben dem Bund, der 15 von 35 Mitgliedern bestelle, habe jedes Bundesland das Recht auf Bestellung von je einem Kuratoriumsmitglied.

Die von Organen des Bundes bestellten Mitglieder des Kuratoriums hätten nicht einmal die einfache Mehrheit im Kuratorium. Die Bestellung des Generalintendanten - also des wirklichen "verwaltenden" Organes des ORF - könne ebenso wie seine Abberufung nur mit einer 2/3 Mehrheit im Kuratorium erfolgen.

Dazu komme, dass § 38 lit. f BezG offenkundig nur Anstalten erfasse, bei denen sämtliche Organe der Anstalt durch ein Organ einer Gebietskörperschaft bestellt werde, weil nur dadurch der beherrschende Einfluss auf sie und deren Staatsnähe zum Ausdruck komme. Von den 4 Organen des ORF würden Organe einer Gebietskörperschaft nur bezüglich eines Teiles eines Organes (nämlich des Kuratoriums) Bestellrechte zukommen, wobei auch in diesem Fall - wie bereits ausgeführt - eine Gebietskörperschaft (allein) keine Mehrheitsverhältnisse schaffen könne.

3. Dem ist Folgendes zu erwidern:

3.1. Die im Beschwerdefall auf Grund des angefochtenen Bescheides allein strittige Frage ist, ob der ORF im Sinne des § 38 lit. f BezG eine Anstalt ist, die von Organen einer Gebietskörperschaft oder von Personen (Personengemeinschaften) verwaltet wird, die hiezu von Organen dieser Körperschaft bestellt sind.

Dieser auszulegende Teil des § 38 lit. f BezG stimmt weitgehend mit der Formulierung in Art. 126b Abs. 1, 127 Abs. 1 und 127a Abs. 1 B-VG (im Folgenden wird nurmehr stellvertretend für alle Bestimmungen Art. 126b Abs. 1 B-VG zitiert) aus dem

5. Hauptstück (Rechnungs- und Gebarungskontrolle) überein, der offenkundig eine Vorbildfunktion zukommt. Beide Normenkomplexe knüpfen an unmittelbar oder mittelbar vom Staat (Gebietskörperschaften) beeinflusste Tätigkeiten im "staatsnahen" Bereich an und treffen wegen dieser Einflussmöglichkeiten unter ihrem jeweils verschiedenen Regelungsgesichtspunkt (Rechnungshofkontrolle; Bezugsbegrenzung beim Zusammentreffen von Einkommen bzw. Ruhebezügen aus politischen Funktionen mit bestimmten anderen Einkommen aus dem "öffentlichen" Bereich) Maßnahmen, die der Misswirtschaft bzw. dem Verschaffen von als unbillig angesehenen finanziellen Vorteilen im staatlichen Einflussbereich (im weiteren Sinn) vorbeugen sollen. Insoweit haben beide Normenkomplexe auch eine gemeinsame Zielsetzung. Zur Auslegung der hier strittigen Wendung in § 38 lit. f BezG kann daher auf die Judikatur und Literatur zu Art. 126b Abs. 1 B-VG zurückgegriffen werden.

3.2. Der Einwand des Beschwerdeführers, dass nur unselbständige Anstalten unter den Anstaltsbegriff des § 38 lit. f BezG fielen (siehe III.2.1.), ist verfehlt. Wie die belangte Behörde zutreffend in ihrer Gegenschrift ausgeführt hat, setzt der Bestand eines Dienstverhältnisses zu einem Fonds, einer Stiftung oder einer Anstalt im Sinne dieser Bestimmung, aus dem dem ehemaligen politischen Funktionär neben seinem Ruhebezug aus der beendeten politischen Funktion ein Anspruch auf Diensteinkommen - nur dieser Fall ist hier von Interesse - erwächst, nämlich notwendigerweise deren Rechtspersönlichkeit voraus, weil nur unter dieser Voraussetzung ein Dienstverhältnis zu ihnen begründet werden kann. Rechtsträger unselbständiger Fonds, Stiftungen oder Anstalten, d.h. solcher Einrichtungen, denen keine von der Gebietskörperschaft, bei der sie eingerichtet sind, verschiedene eigene Rechtspersönlichkeit zukommt, ist diese Gebietskörperschaft, zu der in diesem Fall ein Dienstverhältnis vorläge. Dieser Tatbestand ist aber bereits vom 1. Fall in der strittigen Wendung erfasst, sodass die weitere Aufzählung überflüssig wäre, sollte es sich bei den dort aufgezählten Einrichtungen um unselbständige Organisationseinheiten der Gebietskörperschaft handeln. Im Zweifel kann dem Gesetzgeber aber nicht die Anordnung von Überflüssigem unterstellt werden. § 38 lit. f BezG erfasst daher entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers nur Fonds, Stiftungen und Anstalten mit eigener Rechtspersönlichkeit (so zur vergleichbaren Rechtslage nach Art. 126b Abs. 1 B-VG bereits Hengstschläger, Der Rechnungshof, Seite 196, oder H. Mayer, B-VG, 2. Auflage, I 2 zu Art. 126b B-VG).

Dem ORF kommt nach § 1 Abs. 1 Satz 2 RFG 1974 Rechtspersönlichkeit zu. Er könnte daher eine Anstalt im Sinne des § 38 lit. f BezG sein.

3.3. Damit ist allerdings noch nicht die Frage geklärt, ob der ORF tatsächlich eine Anstalt im Sinne des § 38 lit. f BezG ist, die der Beschwerdeführer möglicherweise auch mit seinen Ausführungen zum Verwaltungsbegriff (siehe oben unter III.2.2.a) anschneidet.

Zwar hat der Verfassungsgerichtshof wiederholt in seiner Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht, dass es sich beim ORF um eine mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete und daher mit dem Rechtsträger Bund nicht idente Anstalt des öffentlichen Rechts handelt. Die Organe dieser Anstalt (nach § 6 Abs. 1 RFG 1974) sind daher keinesfalls Organe des Bundes, die für die Organe der Anstalt handelnden Organwalter nicht Funktionäre des Bundes. Sie haben keine hoheitlichen Aufgaben des Bundes zu besorgen (VfSlg. 7593 und 7717/1975 sowie 10.948/1986). Mit der Bezeichnung des ORF als "Anstalt öffentlichen Rechts" wurde aber keine Aussage über die Rechtsqualität der von der Anstalt gesetzten Akte getroffen (so ausdrücklich VfSlg. 7717/1975).

Dem hat sich der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung der Frage, ob der ORF eine Körperschaft öffentlichen Rechtes im Sinn des § 15 Abs. 1 Z. 5 ErbStG ist, angeschlossen und den ORF gleichfalls als selbständige Anstalt des öffentlichen Rechts bezeichnet (VwSlg. 5023 F/1976).

Aus dieser Rechtsprechung kann in Verbindung mit § 6 Abs. 1 RFG 1974 jedenfalls abgeleitet werden, dass der ORF im Sinne des § 38 lit. f BezG nicht von Organen einer Gebietskörperschaft, sondern durch seine eigenen Organe verwaltet wird. Eine verbindliche Aussage zum Anstaltsbegriff des § 38 lit. f BezG kann den genannten Erkenntnissen aber nicht entnommen werden: die Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes sind bloß allgemeine, ohne jeglichen Bezug zu dieser Materie getroffene Aussagen, die im Zusammenhang mit strittigen Fragen nach dem RFG 1974 ergingen, und letztlich auch nicht aufzeigen, von welchem (der verschiedenen) Anstaltsbegriff(e) sie ausgehen. Dies gilt auch für das zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes, das sich auf den Verfassungsgerichtshof beruft und außerdem zur Auslegung einer Bestimmung des Erbschaftssteuergesetzes erging.

Wegen des unter 3.1. aufgezeigten Zusammenhanges sind nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes zur Gewinnung des Anstaltsbegriffes nach § 38 lit. f BezG vielmehr Erkenntnisse zum Anstaltsbegriff nach dem 5. Hauptstück des B-VG heranzuziehen, und zwar insbesondere die in Meinungsverschiedenheiten nach Art. 126a B-VG zur Vorarlberger Landes-Feuerversicherungs-Anstalt (VfSlg. 3296/1957) und zur Salzburger Landes-Brandschaden-Versicherungs-Anstalt (VfSlg. 3552/1959) ergangenen Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes, in denen eine Abgrenzung zwischen Anstalten und Unternehmungen vorgenommen und die beiden genannten Einrichtungen zu den (öffentlichen) Unternehmungen gezählt wurden.

Für den Anstaltsbegriff ist demnach ein Bestand an Mitteln persönlicher und sachlicher Art wesentlich, der für Dauer bestimmt ist, dem durch den Einsatz der Mittel verfolgten Zweck der öffentlichen Verwaltung zu dienen. Die Anstalt ist nach der sachlichen Seite hin ein zweckgebundenes Verwaltungsvermögen, das durch das Vorherrschen nach außen hin sichtbarer "technischer Einrichtungen" (z.B. Krankenhaus mit medizinischen Einrichtungen) charakterisiert wird und das als solches aus sich heraus die Eignung besitzen muss, bestimmte Aufgaben der öffentlichen Verwaltung zu erfüllen. Die Sachwerte müssen außerdem die Eignung besitzen, der Benützung durch individuell noch nicht erfassbare Personen (Destinatare) zu dienen.

Legt man diesen Begriff auch dem BezG zu Grunde, dessen § 38 lit. f vor dem RFG 1974 geschaffen wurde, erscheint es nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes vorallem fraglich, ob der ORF im Sinne dieser maßgebenden Begriffsbestimmung Aufgaben der öffentlichen Verwaltung dient, mit anderen Worten, worin bei den in Formen des Privatrechts vom ORF als selbständigem Rechtssubjekt besorgten Aufgaben ein "Delegationszusammenhang" besteht (vgl. dazu Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht, Rz 35 und 36 ), der die Tätigkeit des ORF als "Führen der Verwaltung" des Bundes qualifiziert (vgl. dazu auch die Ausführungen von Funk, Das Rundfunkrecht im Lichte öffentlich-rechtlicher Grundlehren, ÖJZ 1977, Seite 589 ff ), und ob Art. I BVG/Rundfunk, insbesondere dessen Abs. 3, der den Rundfunk zur öffentlichen Aufgabe erklärt, für die Auslegung des für den Anstaltsbegriff we

Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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