TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/22 98/17/0184

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Veröffentlicht am 22.11.1999
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Index

E000 EU- Recht allgemein;
E1E;
E3R E03203000;
E3R E03304000;
E3R E03605100;
E3R E03605900;
E3R E03606200;
E3R E03703000;
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
59/04 EU - EWR;

Norm

11997E234 EG Art234;
31992R1765 StillFlStützRV 1992 Art2 Abs1;
31992R3508 Integriertes Verwaltungssystem Beihilferegelungen Art1 Abs4;
EURallg;
VwGG §38a;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde der G, vertreten durch Dr. H, Rechtsanwältin in K, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 15. April 1998, Zl. 17.314/184-IA7/98, betreffend Kulturpflanzenausgleich und EU-Hartweizenbeihilfe, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin ist Betriebsinhaberin zweier landwirtschaftlicher Betriebe. Nach ihren eigenen Angaben bewirtschaftet sie seit 1. Jänner 1989 den seit 1889 bestehenden Betrieb in P und seit 1. Jänner 1991 den seit 1766 bestehenden Betrieb in W. Beide Betriebe wiesen sämtliche für eine eigenständige (getrennte) Bewirtschaftung notwendigen Produktionsfaktoren und Betriebsmittel auf; es bestünde weder eine wirtschaftliche noch eine finanzielle Einheit.

Am 29. April 1996 beantragte die Beschwerdeführerin Ausgleichszahlungen für Erzeuger landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (Kleinerzeugerregelung) für ihren Betrieb in P betreffend 8,86 ha Getreide, 2,45 ha Eiweißpflanzen und 0,97 ha Ölsaaten.

Am 30. April 1996 stellte die Beschwerdeführerin einen gleichen Antrag betreffend ihren Betrieb in W im Umfang von 12,21 ha Getreide sowie 2 ha Ölsaaten.

Mit Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria vom 20. Dezember 1996 wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 29. April 1996 (betreffend den Betrieb in P) auf Preisausgleichszahlungen für Erzeuger landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (Kleinerzeugerregelung) stattgegeben und ihr aus Mitteln der Europäischen Union ein Kulturpflanzenausgleich in der Höhe von S 48.235,84 gewährt.

Mit "Mitteilung" gleichfalls vom 20. Dezember 1996 des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria wurde der Beschwerdeführerin auf Grund ihres Antrages vom 29. April 1996 (betreffend den Betrieb in P) auf degressive Ausgleichszahlungen für landwirtschaftliche Kulturpflanzen (Kleinerzeugerregelung) der Ernte 1996 eine Förderung in der Höhe von S 18.486,50 gewährt.

Der Vorstand für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria gab mit dem weiteren Bescheid vom 20. Dezember 1996 dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 30. April 1996 (betreffend den Betrieb in W) auf Preisausgleichszahlungen für Erzeuger landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (Kleinerzeugerregelung) teilweise statt und gewährte ihr aus Mitteln der Europäischen Union einen Kulturpflanzenausgleich in der Höhe von S 68.582,88; das darüber hinausgehende Mehrbegehren wurde unter Verweis auf Art. 8 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 mit der Begründung abgelehnt, dass Teilnehmer an der Kleinerzeugerregelung Ausgleichszahlungen bis zu einer Fläche von 17,46 ha erhielten, bei der im Beschwerdefall vorliegenden Überschreitung dieser Höchstfläche sei die beantragte Fläche anteilig auf eine Gesamtfläche von 17,46 ha gekürzt worden.

Weiters gewährte der Vorstand für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria mit der "Mitteilung" ebenfalls vom 20. Dezember 1996 der Beschwerdeführerin auf Grund ihres Antrages vom 30. April 1996 (betreffend den Betrieb in W) auf degressive Ausgleichszahlungen für landwirtschaftliche Kulturpflanzen (Kleinerzeugerregelung) der Ernte 1996 eine Förderung in der Höhe von S 33.668,70.

Schließlich sprach der Vorstand für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria mit Bescheid ebenfalls vom 20. Dezember 1996 aus, dass dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 30. April 1996 (betreffend den Betrieb in W) auf EU-Hartweizenbeihilfe für Erzeuger landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (Kleinerzeugerregelung) teilweise stattgegeben werde und ihr aus Mitteln der Europäischen Union eine EU-Hartweizenbeihilfe in der Höhe von S 3.333,75 gewährt werde; das darüber hinausgehende Mehrbegehren wurde mit der Begründung abgewiesen, eine EU-Hartweizenbeihilfe käme nur für die Fläche in Betracht, für die auch Kulturpflanzenausgleich bescheidmäßig gewährt worden sei, die Kürzungs- bzw. Ablehnungsbegründungen des Kulturpflanzenausgleichsbescheides hätten somit auch vollinhaltlich für den EU-Hartweizenbescheid zu gelten.

Die Beschwerdeführerin erhob Berufung sowohl gegen den Bescheid betreffend den Kulturpflanzenausgleich der Ernte 1996 wie auch gegen den Bescheid betreffend die EU-Hartweizenbeihilfe der Ernte 1996, jeweils hinsichtlich des Betriebes in W und erkennbar im oben dargestellten abweisenden Umfang. Sie begründete dies im Wesentlichen damit, der Behörde sei bekannt gewesen, dass sie 2 Betriebe bewirtschafte; es sei nicht in ihrer Absicht gelegen gewesen, "irgendwelche Richtlinien zu umgehen", sondern es lägen tatsächlich getrennte Bewirtschaftungen vor.

Der Vorstand für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria sprach mit Bescheid vom 10. Juli 1997 (betreffend den Betrieb in P) aus, dass sein Bescheid vom 20. Dezember 1996 betreffend Preisausgleichszahlungen für Erzeuger landwirtschaftlicher Kulturpflanzen aufgehoben, der Antrag der Beschwerdeführerin vom 29. April 1996 auf Preisausgleichszahlungen für Erzeuger landwirtschaftlicher Kulturpflanzen (Kleinerzeugerregelung) abgewiesen und der bereits an sie überwiesene Betrag von S 48.235,84 zurückgefordert werde. Gemäß Art. 1 Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 sei ein Betrieb die Gesamtheit der vom Betriebsinhaber verwalteten Produktionseinheiten, die sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates befänden. Des Weiteren sei gemäß Art. 2 Abs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 3887/92 die Umwandlung bestehender Betriebe oder die Neubildung von Betrieben nach dem 30. Juni 1992, die zu einer offensichtlich missbräuchlichen Umgehung der Bestimmungen über die Begrenzung des Prämienanspruches oder der Bedingungen der Flächenstilllegung führten, nicht zulässig. Die von der Beschwerdeführerin für ihre Betriebe in W und P gestellten Mehrfachanträge seien "aufaddiert", unter der Betriebsnummer des Betriebes in W erfasst und mit diesbezüglichem Bescheid vom 20. Dezember 1996 ausbezahlt worden. Die unter der Betriebsnummer für den Betrieb in P zu Unrecht ausbezahlten Förderbeträge seien wieder zurückzuerstatten. Gleichzeitig erging die "Mitteilung" an die Beschwerdeführerin, dass die mit Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria vom 20. Dezember 1996 gewährte degressive Ausgleichszahlung in der Höhe von S 18.486,50 zurückzuzahlen sei.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, es handle sich bei den von ihr bewirtschafteten Betrieben um zwei getrennte Betriebe, die keine Einheit bildeten. Sie habe bei ihren Anträgen immer angeführt, dass sie einen weiteren Betrieb bewirtschafte, es sei ihr nicht mitgeteilt worden, dass sie nicht zwei Betriebe unter zwei Betriebsnummern gesondert führen dürfe.

Mit ihrem Bescheid vom 15. April 1998 wies die belangte Behörde die Berufungen der Beschwerdeführerin je vom 17. Jänner 1997 betreffend Kulturpflanzenausgleich der Ernte 1996 für Teilnehmer der Kleinerzeugerregelung und betreffend EU-Hartweizenbeihilfe sowie die Berufung vom 19. Juli 1997 gegen den Bescheid des Vorstandes für den Geschäftsbereich II der Agrarmarkt Austria vom 10. Juli 1997 ab.

Die Beschwerdeführerin bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof ausschließlich wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes. Sie erachtet sich in ihrem Recht auf rechtsrichtige Feststellung des für ihre beiden landwirtschaftlichen Betriebe zu gewährenden Kulturpflanzenausgleiches der Ernte 1996 für Teilnehmer an der Kleinerzeugerregelung sowie der EU-Hartweizenbeihilfe verletzt.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift mit dem Antrag erstattet, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Entgegen den Ausführungen in der Beschwerde hat sich die belangte Behörde nicht darauf gestützt, dass eine Umwandlung bestehender Betriebe oder eine Neubildung von Betrieben nach dem 30. Juni 1992 im Beschwerdefall zu einer offensichtlich missbräuchlichen Umgehung von Bestimmungen über die Begrenzung des Prämienanspruches oder der Bedingungen der Flächenstilllegung stattgefunden habe. Der angefochtene Bescheid stützt sich vielmehr auf Art. 1 Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 des Rates vom 27. November 1992 zur Einführung eines integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems für bestimmte gemeinschaftliche Beihilferegelungen, ABl. L 355 vom 05/12/1992. Diese Bestimmung lautet wie folgt:

"(4) Unbeschadet spezifischer Bestimmungen im Rahmen der in Abs. 1 vorgesehenen Regelungen bedeutet im Sinne dieser Verordnung:

-

"Betriebsinhaber": der einzelne landwirtschaftliche Erzeuger, dessen Betrieb sich im Gebiet der Gemeinschaft befindet, gleich ob natürliche oder juristische Person oder eine Vereinigung natürlicher oder juristischer Personen und unabhängig davon, welchen rechtlichen Status die Vereinigung und ihre Mitglieder auf Grund der einzelstaatlichen Rechtsvorschriften haben;

-

"Betrieb": die Gesamtheit der vom Betriebsinhaber verwalteten Produktionseinheiten, die sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates befinden;

-

"landwirtschaftlich genutzte Parzelle": ein zusammenhängendes Stück Land, das von einem einzigen Betriebsinhaber für eine bestimmte Kultur genützt wird. Die Kommission legt gemäß dem Verfahren des Artikels 12 die Durchführungsbestimmungen zur spezifischen Verwendung der landwirtschaftlich genutzten Parzellen fest, insbesondere für Mischkulturen und gemeinsam genutzte Flächen."

Gemäß Art. 6 Abs. 1 der zitierten Verordnung kann ein Betriebsinhaber eine oder mehrere Gemeinschaftsregelungen gemäß dieser Verordnung nur in Anspruch nehmen, wenn er für jedes Jahr einen Beihilfeantrag "Flächen" abgibt, der näher angeführte Abgaben enthält. Nach Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 des Rates vom 30. Juni 1992 zur Einführung einer Stützungsregelung für Erzeugung bestimmter landwirtschaftlicher Kulturpflanzen, ABl. L 181 vom 01/07/1992, können die Erzeuger landwirtschaftlicher Kulturpflanzen eine Ausgleichszahlung unter näher angeführten Bedingungen beantragen; die Ausgleichszahlung wird nach Art. 2 Abs. 5 lit. b leg. cit. für Kleinerzeuger nach Maßgabe einer vereinfachten Regelung gewährt.

Der Verwaltungsgerichtshof hegt keine Zweifel daran, dass der Erzeuger im Sinne der zuletzt genannten Verordnung dem Betriebsinhaber der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 entspricht (vgl. in den Erwägungsgründen zur Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 die Wendung: "Die Ausgleichszahlungen sollen für bestehende Betriebe eingeführt werden, ...").

Gemäß Art. 8 der Verordnung (EWG) Nr. 1765/92 sind Kleinerzeuger Erzeuger, die einen Antrag auf Ausgleichszahlungen für eine Fläche stellen, die höchstens der für die Erzeugung von 92 t Getreide benötigten Fläche bei Zugrundelegung des für die Region festgesetzten Getreidedurchschnittsertrages entspricht. Bei der vereinfachten Regelung wird auf eine Stilllegungsregelung verzichtet und wird die Ausgleichszahlung in Höhe der für Getreide geltenden landwirtschaftlichen Ausgleichszahlungen für sämtliche mit landwirtschaftlichen Kulturpflanzen bebauten Flächen gewährt.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof ist allein die Frage strittig, ob die beiden landwirtschaftlichen Betriebe der Beschwerdeführerin im gegebenen Zusammenhang zusammenzurechnen sind oder nicht. Im Hinblick auf die oben dargestellte Rechtslage kann - ausgehend vom Vorbringen der Beschwerdeführerin - nicht zweifelhaft sein, dass zwei Produktionseinheiten vorliegen, die durch die Person des Betriebsinhabers (der Beschwerdeführerin) verbunden sind. Damit aber ist im Sinne des Art. 1 Abs. 4 der Verordnung (EWG) Nr. 3508/92 von einem Betrieb (und somit von der Zusammenrechnung) auszugehen. Somit erweist sich die Rechtsansicht der belangten Behörde als zutreffend.

Daran ändert auch nichts, dass nach dem Beschwerdevorbringen die AMA und auch die belangte Behörde selbst für andere Jahre einer anderen Rechtsansicht gewesen seien. Selbst dann nämlich, wenn diese Rechtsansicht im Hinblick auf die hier wiedergegebene Rechtslage unzutreffend gewesen sein sollte, erwuchs aus der allenfalls unzutreffenden Rechtsanwendung der Beschwerdeführerin kein Recht darauf, dass eine unrichtige Rechtsansicht auch im Beschwerdefall angewendet wird. Die Beschwerdeführerin übersieht auch, dass ihr nicht auf Grund einer Änderung der Rechtsansicht ein finanzieller Schaden im Umfang der der Höhe nach unstrittigen rückgeforderten Beträge entsteht, sondern dass sie in diesem Umfang zu Unrecht Förderungsmittel erhalten hat. Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang - wie erwähnt - darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführerin keineswegs die Trennung der beiden Betriebe zu dem Zweck, mehr an Förderungsmitteln zu erhalten, vorzuwerfen ist.

Die Rechtslage erscheint - soweit dies für den Beschwerdefall entscheidend ist - klar, so dass sich der Gerichtshof nicht zu einer Vorlage im Sinn des Art. 234 EG veranlasst sieht.

Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. November 1999

Schlagworte

Gemeinschaftsrecht Terminologie Definition von Begriffen EURallg8 Erzeuger Betriebsinhaber

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998170184.X00

Im RIS seit

21.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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