TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/22 94/17/0181

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Veröffentlicht am 22.11.1999
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Index

L10014 Gemeindeordnung Gemeindeaufsicht Gemeindehaushalt
Oberösterreich;
L37154 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Oberösterreich;
L37164 Kanalabgabe Oberösterreich;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §37;
B-VG Art119a Abs5;
GdO OÖ 1990 §102;
KanalgebührenO Edlbach 1984 §2 Abs3;
KanalgebührenO Edlbach 1984 §4 Abs4;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek sowie Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Schattleitner, über die Beschwerde 1.) der SG, 2.) der SF, 3.) der CG, 4.) des HG und

5.) des FG, alle vertreten durch Dr. K, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 16. Juli 1993, Zl. Gem - 7430/1 - 1993 - Keh, betreffend Vorschreibung von Kanalbenützungsgebühren (mitbeteiligte Partei:

Gemeinde Edlbach, 4580 Windischgarsten, vertreten durch Dr. B und Dr. L, Rechtsanwälte in W), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als er die Bemessungszeiträume vom 1. Jänner 1992 bis 10. April 1992 und vom 10. April 1992 bis 10. Oktober 1992 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Oberösterreich hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von zusammen S 12.820,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1.1. Mit Bescheid vom 16. Oktober 1992 schrieb die mitbeteiligte Gemeinde den Beschwerdeführern (im folgenden auch als Beschwerdeführer zu A bezeichnet) für den Zeitraum vom 10. Oktober 1991 bis 31. Dezember 1991 Kanalbenützungsgebühren in Höhe von S 17.307,58 vor, wobei der Berechnung 5.188 m2 für den Gewerbebetrieb (im folgenden auch als Objekt A bezeichnet) der Beschwerdeführer zugrundegelegt wurden. Als Rechtsgrundlage wurde die Kanalgebührenordnung des Gemeinderates der Gemeinde Edlbach (im folgenden: KanalGebO) vom 9. Oktober 1984 in der geltenden Fassung vom 26. März 1991 genannt. Die Kanalbenützungsgebühr errechne sich nach der Bemessungsgrundlage gemäß § 2 Abs. 3 KanalGebO und betrage je Quadratmeter bebauter Fläche S 13,50 ohne USt. Die Beschwerdeführer hätten die Installierung eines Wasserzählers für das gesamte angeschlossene Grundstück mit Schreiben vom 23. November 1991 abgelehnt.

Mit einem weiteren Bescheid vom 16. Dezember 1982 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde den Beschwerdeführern zu A für das Objekt A für den Zeitraum vom 1. Jänner 1992 bis 10. April 1992 Kanalbenützungsgebühren nach der KanalGebO idgF vom 12. Dezember 1991 in der Höhe von S 74.612,54 vor. Anders als der erstgenannte Bescheid enthält diese Gebührenvorschreibung einen Zuschlag zur Kanalbenützungsgebühr gemäß § 4 Abs. 4 KanalGebO in Höhe von S 48.449,70 ohne USt, das sind 250 % der Kanalbenützungsgebühr von S 19.379,88. Dieser Zuschlag werde nach der zitierten Verordnungsbestimmung bei Gewerbebetrieben mit Fremdenbeherbergung verrechnet.

Schließlich schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 16. Oktober 1992 den Beschwerdeführern zu A für das Objekt A (ab 15. Juli 1992 um 142 m2 vergrößert) für den Zeitraum vom 10. April 1992 bis 10. Oktober 1992 Kanalbenützungsgebühren in der Höhe von S 151.759,61 vor. Auch diese Vorschreibung enthält einen Zuschlag gemäß § 4 Abs. 4 KanalGebO in Höhe von S 98.545,20 ohne USt, das sind 250 % der Kanalbenützungsgebühr in Höhe von S 39.418,08.

1.1.2. Mit Bescheid vom 16. Oktober 1992 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde der Erstbeschwerdeführerin (im folgenden in diesem Zusammenhang auch bezeichnet als: Beschwerdeführerin zu B) für die Einleitung der anfallenden Fäkalien und Abwässer in den Ortskanal aus dem "Sanitärhaus/Verkaufsraum (Campingplatz)" - im folgenden als Objekt B bezeichnet - in Höhe von S 380,64 vor, wobei eine Bemessungsfläche von 114 m2 zugrundegelegt wurde. Als Rechtsgrundlage wurde die KanalGebO vom 9. Oktober 1984 idgF vom 26. März 1991 angegeben.

Mit weiterem Bescheid vom 16. Oktober 1992 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde der Beschwerdeführerin zu B für das Objekt B für den Zeitraum vom 1. Jänner 1992 bis 10. April 1992 Kanalbenützungsgebühren nach der KanalGebO idgF vom 12. Dezember 1991 in der Höhe von S 1.640,95 vor. In diesem Betrag ist ein Zuschlag von S 1.065,55 ohne USt enthalten, das sind 250 % der Benützungsgebühr von S 426,22. Dieser Zuschlag werde nach der KanalGebO bei Gewerbebetrieben mit Fremdenbeherbergung berechnet.

Schließlich schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde mit Bescheid vom 16. Oktober 1992 der Beschwerdeführerin zu B für das Objekt B für den Zeitraum vom 10. April 1992 bis 10. Oktober 1992 Kanalbenützungsgebühren in der Höhe von S 3.291,75 vor. Dieser Betrag enthält einen Zuschlag von S 2.137,50 ohne USt, das sind 250 % der Benützungsgebühr von S 855,--.

1.1.3. Die Beschwerdeführer zu A sowie die Beschwerdeführerin zu B erhoben gegen die sie betreffenden Bescheide je eine Berufung. Soweit Gebührenzuschläge aus dem Titel des Gewerbebetriebes mit Fremdenbeherbergung vorgeschrieben wurden, bekämpften die Beschwerdeführer insbesondere deren Rechtsgrundlage und stellten die Verfassungsmäßigkeit des § 4 Abs. 4 der KanalGebO in Frage. Auch wurden zur Unverständlichkeit und Unanwendbarkeit führende Verweisungen in den Novellen zur KanalGebO vom 26. März 1991 und vom 12. Dezember 1991 gerügt.

1.2.1. Mit je einem Berufungsbescheid des Gemeinderates der mitbeteiligten Gemeinde vom 16. April 1993 wurden die drei Berufungen der Beschwerdeführer zu A als unbegründet abgewiesen. Nach der Begründung dieser Bescheide führe die irrtümliche Verweisung in der KanalGebO-Novelle vom 26. März 1991 nicht zur Unanwendbarkeit der Verordnung, weil sich aus dem gesamten Verordnungstext eindeutig ergebe, daß es sich nur um einen Verweis auf § 2 Abs. 3 handeln könne. Gemäß § 2 Abs. 3 wiederum bilde die Bemessungsgrundlage bei einer eingeschoßigen Verbauung die Quadratmeter-Anzahl der verbauten Grundfläche, bei einer mehrgeschoßigen Verbauung die Summe der verbauten Fläche einzelner Geschoße jener Bauwerke, die einen mittelbaren oder unmittelbaren Anschluß an das öffentliche Kanalnetz aufwiesen; das seien hier - von den Beschwerdeführern nunmehr unbestritten - 5.188 m2.

In den beiden Berufungsbescheiden, welche die Bemessungszeiträume vom 1. Jänner bis 10. April 1992 sowie vom 10. April bis 10. Oktober 1992 erfassen und damit die Vorschreibung des Zuschlages für Fremdenbeherbergungsbetriebe in Höhe von 250 % betreffen, erfolgte eine Auseinandersetzung mit den Argumenten der Beschwerdeführer betreffend die in Frage gestellte Sachlichkeit der Zuschlagsregelung. Im übrigen sei die Gesetzmäßigkeit der Verordnung im Abgabenverfahren nicht zu prüfen. Auch nach anderen Kanalgebührenordnungen seien Zuschläge für Gewerbebetriebe nicht unüblich.

1.2.2. Mit drei weiteren Bescheiden vom 16. April 1993 wies der Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde mit gleichartiger Begründung auch die drei Berufungen der Beschwerdeführerin zu B als unbegründet ab.

1.2.3. Die Beschwerdeführer erhoben gegen die sechs Berufungsbescheide je eine Vorstellung.

Soweit die Vorstellungen die Bescheide mit Zuschlagsvorschreibungen hinsichtlich der Objekte A betreffen, heißt es dort unter anderem:

"Hotelgewerbe - Landwirtschaft - Privater Haushalt

Der 250 % Zuschlag wurde für 5.188 m2 plus 142 m2 verrechnet. Kein einziger m2 wurde dem Privatanteil bzw. Anteil der Landwirtschaft zugerechnet. Nur aus der Tatsache, daß ein Gewerbe vorliegt, kann nicht jede Fläche dem Gewerbe zugeordnet werden. ... Da fünf Eigentümerfamilien am Sperlhof wohnen und auch eine Landwirtschaft betrieben wird, ist somit der Privatanteil (fünf Wohnungen) und ein Anteil für die Landwirtschaft zu berücksichtigen - dies ist nicht geschehen, somit ist der Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet."

Soweit die Vorstellungen die Bescheide mit Zuschlagsvorschreibungen betreffend das Objekt B betreffen, heißt es darin unter anderem:

"Die rechtskräftige gewerberechtliche Bewilligung für das gegenständliche Gebäude (Nebenanlage beim Skilift) wurde mit Zl. Ge 10001-1987 ausgestellt.

Wieso aus dieser Rechtslage die Gemeinde (Bürgermeister und Gemeinderat) einen Gewerbebetrieb mit Fremdenverkehr erkennt, kann aus der derzeitigen Aktenlage nicht entnommen werden.

Es ist daher auch aus diesem Grund eine Vorschreibung eines 250 %igen Zuschlages für Gewerbetreibende mit Fremdenbeherbergung, so wie die Verordnung im § 4 Abs. 4 lautet, rechtswidrig."

1.3. Mit Bescheid vom 16. Juli 1993 - dem angefochtenen Bescheid - wies die Oberösterreichische Landesregierung diese Vorstellungen gemäß § 102 Oö GdO 1990 in Verbindung mit § 2 Abs. 3 der KanalGebO der Gemeinde Edlbach vom 9. Oktober 1984 in der Fassung der Verordnungen vom 26. März 1991 und vom 12. Dezember 1991 als unbegründet ab.

Nach der Begründung dieses Bescheides sei das Ausmaß der Berechnungsgrundlagen richtig ermittelt und im übrigen nicht in Streit gezogen worden. Auch die Berechnung der Gebühren sei richtig vorgenommen worden. Die versehentliche Verweisung in der KanalGebO (gemeint: Verordnung vom 26. März 1991) auf § 2 Abs. 2 statt auf § 2 Abs. 3 stelle die Vollziehbarkeit nicht in Frage, weil aus dem Gesamtzusammenhang klar erkennbar sei, daß es sich um § 2 Abs. 3 handle, auf den verwiesen werde.

1.4. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof.

Dieser lehnte mit Beschluß vom 1. März 1994, B 1592/93, die Behandlung dieser Beschwerde ab.

Antragsgemäß wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

1.5. In ihrer Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof machen die Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie erachten sich in ihren Rechten auf richtige Anwendung der KanalGebO der Gemeinde Edlbach und des Oö Interessentenbeiträgegesetzes sowie in ihren Rechten auf ein mängelfreies Verfahren verletzt.

1.6. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die KanalGebO der Gemeinde Edlbach vom 9. Oktober 1984 lautet auszugsweise:

"§ 2

Ausmaß der Anschlußgebühr

(1) ...

(2) Bei Objekten mit mehr als 500 m2 verbauter Fläche beträgt die Kanalanschlußgebühr bis 500 m2 S 150,-- per m2 u. ab 500 m2 verbauter Fläche beträgt die Kanalanschlußgebühr je m2 S 120,-- ohne Mehrwertsteuer.

(3) Die Bemessungsgrundlage bildet bei eingeschoßiger Verbauung die m2-Anzahl der verbauten Grundfläche, bei mehrgeschoßiger Verbauung die Summe der verbauten Fläche einzelner Geschoße jener Bauwerke, die einen mittelbaren oder unmittelbaren Anschluß an das gemeindeeigene, öffentliche Kanalnetz aufweisen.

Bei der Berechnung ist auf die volle m2-Anzahl der einzelnen Geschoße abzurunden. Dach- u. Kellergeschoße werden nur in jenem Ausmaß berücksichtigt, als sie für Wohn-, Geschäfts- oder Betriebszwecke benützbar ausgebaut sind.

(4) ...

§ 4

Kanalbenützungsgebühren

(1) Die Eigentümer der an die Kanalisation angeschlossenen Grundstücke haben eine Kanalbenützungsgebühr zu entrichten.

(2) Die Grundgebühr beträgt S 1.080,-- jährlich ohne Mwst.

(3) Darüber hinaus ist eine Kanalbenützungsgebühr je m3 verbrauchtem Wasser von S 9,-- ohne Mwst. zu entrichten.

(4) In Ermangelung eines Wasserzählers wird die jährliche Kanalbenützungsgebühr nach der Bemessungsgrundlage § 2, Abs. 3, berechnet. Diese beträgt je m2 S 9,-- ohne Mwst.

(5) Die Gebührenschuld für die Kanalbenützung entsteht mit dem

1. des Monates, in dem der öffentliche Kanal in Benützung genommen wird."

Mit Inkrafttreten dieser Verordnung vom 9. Oktober 1984 wurde den entsprechenden früheren Bestimmungen des § 2 Abs. 2 und 3 sowie des § 4 der KanalGebO der Gemeinde Edlbach vom 31. Juli 1984 derogiert.

Mit der Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Edlbach vom 26. März 1991 wurde die KanalGebO der Gemeinde Edlbach "vom 31. Juli 1984 i.d.g.F. vom 07. März 1988 und vom 28. Februar 1989" - diese Novellen betrafen den § 2 Abs. 2 und Abs. 3 nicht - wie auszugsweise folgt, geändert:

"§ 4 Abs. 4 hat zu lauten:

In Ermangelung eines Wasserzählers wird die jährliche Kanalbenützungsgebühr nach der Bemessungsgrundlage § 2 Abs. 2 berechnet. Diese beträgt je m2

     ab 10.04.1991           S 13,50   ohne Mwst.

     ab 10.04.1992           S 15,--   ohne Mwst.

Bei Gewerbetreibenden mit Fremdenbeherbergung wird zur Gebühr nach der bebauten Fläche gem. § 2 Abs. 2 ein Zuschlag in Höhe von 250 % verrechnet.

Diese Verordnung tritt mit 10. April 1991 in Kraft; gleichzeitig tritt der § 2 Abs. 1 und der § 4 Abs. 2 und 3 der Kanalgebührenordnung vom 07. März 1988 sowie der § 4 Abs. 4 der Kanalgebührenordnung vom 28. Februar 1989 außer Kraft."

Mit einer weiteren Verordnung des Gemeinderates der Gemeinde Edlbach vom 12. Dezember 1991 wurde die KanalGebO der Gemeinde Edlbach "vom 31. Juli 1984 i.d.g.F. vom 26.03.1991" unter anderem, wie auszugsweise folgt, geändert:

"§ 4 Abs. 4 hat zu lauten:

In Ermangelung eines Wasserzählers oder eines Abwasserzählers wird die jährliche Kanalbenützungsgebühr nach der Bemessungsgrundlage gemäß § 2 Abs. 3 berechnet.

     Diese beträgt je m2 ...................S 13,50   ohne Mwst

     ab 10.04.1992 je m2 ...................S 15,--   ohne Mwst

Bei Gewerbetreibenden mit Fremdenbeherbergung wird zur Gebühr nach der bebauten Fläche gem. § 2 Abs. 3 ein Zuschlag in Höhe von 250 % verrechnet.

Diese Verordnung tritt mit 01.01.1992 in Kraft; gleichzeitig tritt der § 4 Abs. 4 der Kanalgebührenordnung vom 26.03.1991 außer Kraft."

Die Beschwerdeführer haben in ihrer Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof Bedenken gegen die Gesetzmäßigkeit der angewendeten Verordnungsnovellen vom 26. März 1991 und vom 12. Dezember 1991 betreffend die Gebührensätze geltend gemacht. Dabei haben sie im besonderen die Verweisungstechnik, nämlich die Verweisung im Titel der Novellen auf eine nicht mehr in Geltung stehende Verordnungsfassung (KanalGebO vom 31. Juli 1984) und die Verweisung im § 4 Abs. 4 der Novelle vom 26. März 1991 auf den sachlich nicht in Betracht kommenden § 2 Abs. 2 statt auf den offenbar gemeinten § 2 Abs. 3 der KanalGebO gerügt und die Sachlichkeit des Zuschlages von 250 % nach § 4 Abs. 4 KanalGebO in der Fassung dieser Novellen in Frage gestellt.

Der Verfassungsgerichtshof hat hiezu in seinem bereits zitierten Ablehnungsbeschluß vom 1. März 1994, B 1592/93, ausgeführt:

"Soweit die Beschwerde aber verfassungsrechtliche Fragen berührt, läßt ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zum Gestaltungsspielraum bei der Festsetzung von Kanalgebühren s. zB VfGH 15.12.1992 V 93, 94/91 und die dort zitierte Vorjudikatur) die behaupteten Rechtsverletzungen als so wenig wahrscheinlich erkennen, daß die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, daß in den für den Beschwerdefall maßgeblichen Fassungen der Kanalgebührenordnung der Gemeinde Edlbach auf die nicht mehr in Kraft stehende Stammverordnung vom 31. Juli 1984 - sie wurde durch § 6 der (neuen) Kanalgebührenordnung vom 9. Oktober 1984 außer Kraft gesetzt - verwiesen wird. Da die Teilnovellen jeweils nur Änderungen der Gebührensätze für Kanalbenützung bzw. Kanalanschlüsse betreffen, ist es offensichtlich, daß damit die in Geltung stehende Kanalgebührenordnung vom 9. Oktober 1984 in diesen Bestimmungen geändert werden sollte."

Die Beschwerdeführer verweisen in der Ergänzung ihrer Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof auf die schon in der Verfassungsgerichtshofbeschwerde relevierten Bedenken.

Vor dem Hintergrund des bisherigen Verfahrens sind damit freilich solche Bedenken, die den Verwaltungsgerichtshof veranlassen würden, einen Verordnungsprüfungsantrag vor dem Verfassungsgerichtshof zu stellen, nicht vorgetragen worden. Auch der Zitatfehler in der Verweisung des § 4 Abs. 4 der KanalGebO-Novelle vom 26. März 1991 auf § 2 Abs. 2, statt auf Abs. 3 (ein Fehler, der sich im übrigen auch in der Novelle vom 28. Februar 1989, nicht aber in den Novellen vom 7. März 1988 und vom 12. Dezember 1991 findet), ist als offensichtlicher Schreibfehler klar erkennbar und berührt die Geltung und Gesetzmäßigkeit der Novelle nicht. Auch sonst sind Bedenken gegen die angewendeten bzw. anzuwendenden Normen aus Anlaß dieses Beschwerdefalles nicht entstanden.

2.2. Soweit die Beschwerdeführer in der Beschwerdeergänzung geltend machen, es sei der Gemeinde mit Schreiben vom 15. Oktober 1993 mitgeteilt worden, daß Wasserzähler bereits vor einem Jahr eingebaut worden seien, diese seien aber nicht abgelesen worden, wird die Relevanz des damit offenbar geltend gemachten Verfahrensmangels nicht dargetan, reichen doch die den gegenständlichen Verfahren zugrundegelegten Bemessungszeiträume nur bis 10. Oktober 1992. 2.3. Durch die Verweisung auf die Verfassungsgerichtshofbeschwerde machen die Beschwerdeführer auch vor dem Verwaltungsgerichtshof geltend, die Berufungsbescheide wiesen einen anders lautenden Spruch auf, als er im Gemeinderat in der Sitzung vom 6. April 1993 tatsächlich beschlossen worden sei. Insbesondere sei nämlich vom Beschluß des Gemeinderates eine Rechtsgrundlage nicht umfaßt gewesen. Es seien daher weder die verfahrensrechtlichen noch die materiell-rechtlichen Bestimmungen erkennbar, die der Gemeinderat zugrundegelegt habe. Der Spruch sei daher nicht von einem Beschluß des Gemeinderates gedeckt.

Dieser Einwand der Beschwerdeführer ist nicht zielführend. Die Beschwerdeführer behaupten selbst nicht, daß der normative Abspruch und die wesentliche Begründung der Berufungsbescheide nicht Gegenstand der Beschlußfassung durch den Gemeinderat gewesen wären. Nach der Aktenlage wurde vor dem Gemeinderat das Konzept der jeweiligen Bescheide verlesen, in deren Begründung ausdrücklich auf die Tatbestände der §§ 4 und 2 Abs. 3 der KanalGebO in der Fassung der angewendeten Novellen Bezug genommen wurde. Durch die in den schriftlichen Bescheidausfertigungen erfolgte Hinzufügung der "Rechtsgrundlagen: Finanzausgleichsgesetz 1989 idgF;

Kanalgebührenordnung des Gemeinderates der Gemeinde Edlbach vom 09. Oktober 1984 idgF. v. 26.03.1991" (bzw. "12.12.1991");

"O.ö. Landesabgabenordnung 1984", jeweils nach dem Ende der Begründung, wurde der Wille der Berufungsbehörde in keiner Weise verändert.

2.4. Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführer ist die Erlassung von sechs getrennten Abgabenbescheiden durch die Gemeindeabgabenbehörden keinesfalls als "Akt bürokratischer Willkür" anzusehen, vielmehr war wegen der unterschiedlichen Zeiträume, der verschiedenen Rechtsgrundlagen und der verschiedenen Eigentümer eine solche Trennung zweckmäßig und diente der besseren Übersicht. Ein Verfahrensmangel wird damit nicht dargetan.

2.5. Weiters wird in der Beschwerdeergänzung (durch Verweisung auf Punkt VI l und o der Verfassungsgerichtshofbeschwerde) geltend gemacht, es sei unrichtig, daß eine Berechnungsgrundlage von

5.188 m2 bei den Beschwerdeführern zu A und eine solche von 114 m2 bei der Beschwerdeführerin zu B anerkannt worden seien. Im Betreff des Berufungsbescheides, der den Entscheidungsgegenstand des Bescheides rechtlich abgrenze, fehlten verschiedene Gebäudekomplexe überhaupt, dennoch seien deren Flächen in die Gesamtberechnungsgrundlage von 5.188 m2 einbezogen worden. Im Betreff dieses Bescheides fehlten alle Gebäude auf dem Grundstück Nr. 474/2. Insgesamt seien daher 600 m2 an Berechnungsfläche zu Unrecht im Bescheid erfaßt.

Die Beschwerdeführer haben in einem Vorstellungsverfahren betreffend einen früheren Bemessungszeitraum im Schreiben vom 11. Februar 1991 es der mitbeteiligten Gemeinde verboten, ihr Gebäude für die geplante, neuerliche Abmessung zu betreten. Die Zahlen der Aufmaßblätter des Baumeisters Möslberger würden nicht bezweifelt, das heiße, die Gebäude seien alle richtig vermessen. Zwei geringfügige Unrichtigkeiten bei der Flächenmessung lägen im Promillebereich und könnten jederzeit vernachlässigt werden. Eine neuerliche Vermessung durch einen Geometer werde "genau so hart abgelehnt, wie der seinerzeitige, von der Gemeinde geplante Einbau eines Abwasserzählers!"

Die Beschwerdeführer haben gegen die den erstinstanzlichen Bescheiden zugrundegelegten Bemessungsgrundlagen (5.188 m2 für Objekte A, 114 m2 für Objekt B) in der Berufung nichts vorgebracht.

In den Vorstellungen gegen die Berufungsbescheide heißt es sodann:

"Aus dem Betreff des Bescheides des Gemeinderates geht der Gebäudekomplex, für den eine Vorschreibung einer Kanalbenützungsgebühr erfolgte, hervor. Wenn man jetzt für diesen bescheidgegenständlichen Komplex die m2 der Berechnungsgrundlage ermittelt, so stellt man eine haushohe Differenz zu den verrechneten 5.188 m2 fest. Diese verrechneten 5.188 m2 sind glattweg falsch. Es ist jedoch zu mühsam, dieser äußerst sturen derzeitigen Gemeindeadministration das 'Einmaleins' und 'Zahlenlesen' beizubringen. Der Hinweis in der Begründung auf die Aufmaßblätter und das Schriftstück 11.2.1991 ist in diesem Zusammenhang ein glatter Nonsens."

Auch dieses Vorbringen entbehrte der erforderlichen Konkretisierung und Sachlichkeit. Nach der ständigen Rechtsprechung - die auch auf die abgabenrechtliche Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht und das gemeindeaufsichtsbehördliche Vorstellungsverfahren zutrifft - ist aber die Verfahrensrüge einer Partei abzulehnen, die im Verwaltungsverfahren untätig geblieben ist, um erst vor dem Verwaltungsgerichtshof ihre Zurückhaltung abzulegen und das Verfahren als mangelhaft zu bekämpfen, an dem sie trotz gebotener Gelegenheit nicht genügend mitgewirkt hat (hg. Erkenntnis vom 26. Juni 1959, Slg. N.F. Nr. 5007/A).

Auch mit diesem Beschwerdevorwurf vermögen die Beschwerdeführer somit keine Rechtswidrigkeit darzutun, die zur Aufhebung des Bescheides führt.

2.6. Nach dem weiteren Beschwerdevorbringen hätte ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren auch ergeben, daß von den Beschwerdeführern nur mehr die Erst- und Drittbeschwerdeführerin sowie der Viertbeschwerdeführer Miteigentümer seien; es habe Übergabevorgänge gegeben, die die Gemeindebehörden nicht berücksichtigt hätten.

Dieser Einwand wäre nur dann zielführend, wenn er so zu verstehen wäre, daß die Zweit- und Fünftbeschwerdeführer schon im Zeitpunkt der Entstehung der jeweiligen Gebührenschuld nicht mehr Miteigentümer und damit nicht Abgabepflichtige gewesen wären. Ein Vorbringen dieser Art wurde weder in den Abgaben- noch in den Vorstellungsverfahren erstattet. Es liegt daher eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung vor (§ 41 VwGG).

2.7. Schließlich machen die Beschwerdeführer, insoweit ihnen - hier beginnend mit 1. Jänner 1992 - ein Zuschlag von 250 % zur Kanalbenützungsgebühr gemäß § 4 Abs. 4 der KanalGebO vorgeschrieben wurde, geltend, daß innerhalb des Komplexes A in der Bemessungsfläche von 5.188 m2 die Fläche von drei Privatwohnungen eingeschlossen sei, die keinesfalls dem gewerblichen Betrieb zuzurechnen seien. Ein Teil des Komplexes sei für die eigene Landwirtschaft genutzt. Selbst auf dem Boden der Rechtsmeinung der belangten Behörde (gemeint wohl hinsichtlich der Gesetzmäßigkeit der Verordnung) wären diese Flächen vom Zuschlag von 250 % auszunehmen gewesen. Im Berechnungszeitraum für den Zuschlag im Jahr 1992 sei das Objekt B kein Gewerbebetrieb mit Fremdenverkehr gewesen. Es habe sich um keinen gewerblichen Beherbergungsbetrieb gehandelt, dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchberg vom 6. November 1992 komme für diesen Zeitraum keine rechtliche Relevanz zu.

Ein entsprechendes Vorbringen haben die Beschwerdeführer zu A bereits in ihren Vorstellungen erstattet, ebenso hat die Beschwerdeführerin zu B in ihren Vorstellungen bestritten, daß die dieser Gebührenbemessung zugrundeliegende Liegenschaft (mit der verbauten Grundfläche von 114 m2) im Bemessungszeitraum einem Gewerbebetrieb mit Fremdenbeherbergung gedient habe.

Diese Frage, die sich durch die ab 1. Jänner 1992 erfolgte Zuschlagsvorschreibung - eine solche findet sich in den Bescheiden dieses Verfahrens für den Zeitraum vom 10. Oktober 1991 bis 31. Dezember 1991 noch nicht - stellt, ist von der Frage der Ermittlung der Gesamtflächen der Gebäudekomplexe A bzw. B zu unterscheiden, da nur "Gewerbetreibende mit Fremdenbeherbergung" zuschlagspflichtig sind. Unter den für die Zuschlagsbemessung heranzuziehenden Flächen im Sinne des § 2 Abs. 3 KanalGebO können Gebäudeflächen, die einem landwirtschaftlichen Betrieb oder der privaten Nutzung dienen, nicht verstanden werden.

Da im Vorstellungsverfahren nach der O.ö. Gemeindeordnung kein Neuerungsverbot besteht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 15. Mai 1994, Zl. 93/17/0348, und die dort zitierte Rechtsprechung), wäre die belangte Vorstellungsbehörde gehalten gewesen, sich mit diesem Vorbringen der Beschwerdeführer entsprechend auseinanderzusetzen - dies allenfalls nach Durchführung ergänzender eigener Ermittlungen, wenn sie nicht den Gemeindeabgabenbehörden die erforderlichen Ermittlungen hätte auftragen wollen (vgl. auch dazu die im eben zitierten hg. Erkenntnis angeführte Rechtsprechung). Die belangte Behörde hätte also selbst klären müssen, welche Flächenanteile der Fremdenbeherbergung gedient haben, oder die Berufungsbescheide zur Klärung dieser Frage aufheben müssen. Diese Frage ist wesentlich, weil der Zuschlagstatbestand des § 4 Abs. 4 KanalGebO unter Beachtung des Sachlichkeitsgebotes nur so verstanden werden kann, daß als Bemessungsgrundlage für den Zuschlag von 250 % zur Kanalbenützungsgebühr nur jene Flächen herangezogen werden dürfen, die einem Gewerbebetrieb mit Fremdenbeherbergung dienen. Da die belangte Vorstellungsbehörde diese notwendige Klärung in Verkennung der Rechtslage unterlassen hat, belastete sie den angefochtenen Bescheid solcherart (im Umfang laut dem folgenden Punkt 2.8.) mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

2.8.1. Die Abgabenvorschreibungen für den Zeitraum vom 10. Oktober 1991 bis 31. Dezember 1991 wurden sowohl gegenüber den Beschwerdeführern zu A als auch gegenüber der Beschwerdeführerin zu B ohne den nach § 4 Abs. 4 KanalGebO in der Fassung der Verordnung vom 26. März 1991 vorgesehenen Zuschlag von 250 % erlassen.

Aus den bisher angestellten Erwägungen folgt, daß die beschwerdeführenden Parteien durch den angefochtenen Bescheid, soweit mit ihm die Vorstellungen gegen die den Zeitraum vom 10. Oktober 1991 bis 31. Dezember 1991 betreffenden Gebührenvorschreibungen abgewiesen wurden, weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden sind.

Die Beschwerde war infolge dessen in diesem Umfang gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.8.2. Die Abgabenvorschreibungen für die Zeiträume vom 1. Jänner bis 10. April 1992 und vom 10. April bis 10. Oktober 1992 enthalten auch den Zuschlag von 250 % gemäß § 4 Abs. 4 KanalGebO in der Fassung der Verordnung vom 12. Dezember 1991.

Insoweit mit dem angefochtenen Vorstellungsbescheid die Vorstellungen der beschwerdeführenden Parteien gegen die vier gemeindebehördlichen Gebührenbescheide betreffend diese Bemessungszeiträume abgewiesen wurden, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes (siehe dazu Punkt 2.7.) gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

2.9. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 sowie 53 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 1 und Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

2.10. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 22. November 1999

Schlagworte

Inhalt der Vorstellungsentscheidung Aufgaben und Befugnisse der Vorstellungsbehörde

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1994170181.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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