TE Bvwg Beschluss 2018/9/4 W107 2151963-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.09.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

04.09.2018

Norm

FMABG §22 Abs2a
FMABG §22 Abs8
KMG §16 Z3
VStG 1950 §54b
VwGG §30 Abs2
VwGG §30a Abs3

Spruch

W107 2151963-1/66E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht beschließt durch die Richterin Dr. Sibyll Andrea BÖCK als Einzelrichterin über den Antrag der XXXX , der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 22.06.2018, Zlen. W107 2151968-1/51E und W107 2151963-1/55E, erhobenen ordentlichen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen:

Der ordentlichen Revision wird gemäß § 30 Abs. 2 iVm § 30a Abs. 3 VwGG die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 22.06.2018, Zlen. W107 2151968-1/51E und W107 2151963-1/55E, wurde der Beschwerde gegen das Straferkenntnis der Finanzmarktaufsichtsbehörde (FMA) vom 24.02.2017, Zl. FMA-UL0001.100/0005-LAW/2017, in der Schuldfrage keine Folge gegeben. Der Beschwerde wurde in der Straffrage insofern Folge gegeben, als die Strafe gemäß § 22 Abs. 8 FMABG einheitlich bemessen und mit insgesamt XXXX ) festgesetzt wurde. Die Strafnorm lautet § 16 Z 3 KMG, BGBI. I Nr. 625/1991 idF BGBl. I Nr.150/2015. Der Beitrag zu den Kosten des verwaltungsbehördlichen Verfahrens vor der belangten Behörde wurde mit XXXX bestimmt, das sind 10 % der verhängten Strafe. Die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu Spruchpunkt A) II. wurde für zulässig erklärt.

Mit verbessertem Schriftsatz, eingelangt beim Bundesverwaltungsgericht mittels ERV am 21.08.2018, 17:17:38 Uhr, brachte die revisionswerbende Partei eine ordentliche Revision gegen Spruchpunkt A) II. des genannten Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts ein, in Verbindung mit einem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung führte der Revisionswerber begründend Folgendes an:

"Auf Antrag des Revisionswerbers kann die aufschiebende Wirkung zuerkannt werden, wenn dem nicht öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Wie sich aus dem durchgeführten Beweisverfahren ergibt, wurde das verfahrensgegenständliche Produkt nur kurze Zeit am Markt angeboten und insbesondere nach Einleitung des zugrundeliegenden Verfahrens durch die FMA die diesbezügliche Geschäftstätigkeit eingestellt; dh dass auch keinerlei Werbetätigkeiten mehr vorgenommen wurden und das Prospekt auch nicht mehr vertrieben wurde. Es stehen sohin keine öffentlichen Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegen. Im Übrigen befindet sich die Revisionswerberin in einer angespannten finanziellen Situation und würde die Betreibung der Geldstrafe allenfalls zur Zahlungsunfähigkeit führen. Bereits im Jahr 2016 hatte die Revisionswerberin ein negatives Eigenkapital in Höhe von €

XXXX und konnte sie aufgrund der anhängigen Verfahren bis dato ihre (Haupt-)Geschäftstätigkeit nicht aufnehmen. Beweis: - vorläufige Bilanz zum 31.12.2016"

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Rechtsgrundlagen:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Entscheidungen nach § 30a VwGG hat das Verwaltungsgericht durch den Einzelrichter zu treffen (siehe Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, Praxiskommentar zum VwGVG, VwGG und VwGbk-ÜG,

2. Auflage, 2017, K 2. zu § 30a VwGG).

§ 30 Abs. 2 VwGG lautet: "Bis zur Vorlage der Revision hat das Verwaltungsgericht, ab Vorlage der Revision hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn durch sie Interessen anderer Parteien berührt werden. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Revision maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist von Amts wegen oder auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden."

Gemäß § 30a Abs. 3 VwGG hat das Verwaltungsgericht über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung unverzüglich mit Beschluss zu entscheiden.

2. Interessenabwägung:

Gemäß § 30 Abs.2 VwGG ist auf Antrag der revisionswerbenden Partei einer Revision die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem zwingende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Erkenntnisses für die revisionswerbende Partei ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist es nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 25. Februar 1981, Slg. Nr. 10.381/A) erforderlich, dass eine revisionswerbende Partei schon in ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihr behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne Weiteres erkennen lassen.

Der Revisionswerber hat insbesondere im Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom 25.02.1981, VwSlg. 10.381/A), da das Gericht nur durch die glaubhafte Dartuung konkreter - tunlichst ziffernmäßiger - Angaben über die gesamten finanziellen Verhältnisse des Antragstellers überhaupt in die Lage versetzt wird, zu beurteilen, ob der Vollzug der angefochtenen Entscheidung für den Antragsteller einen angesichts des glaubhaft gemachten Sachverhalts unverhältnismäßigen Nachteil mit sich brächte (VwGH 03.06.2014, Ro 2014/17/0064; 26.08.2015, Ra 2014/17/0051).

Im Sinne dieser Grundsätze erfordert die glaubhafte Dartuung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils die nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Folgen der behaupteten Einbußen auf dem Boden der gleichfalls konkret anzugebenden gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der revisionswerbenden Partei. Erst die ausreichende Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung (vgl. VwGH 30.12. 2014, Zl. Ra 2014/02/0178).

Die revisionswerbende Partei hat demgegenüber die gebotene Darlegung konkreter nachteiliger Sachverhalte sowie ihrer gesamten wirtschaftlichen Situation unterlassen, sodass die Beurteilung, ob die dargelegten Nachteile die revisionswerbende Partei unverhältnismäßig treffen, nicht möglich ist.

Die revisionswerbende Partei hat im vorliegenden Fall zu ihren finanziellen Verhältnissen Angaben gemacht, es ist jedoch nicht zu erkennen, dass der revisionswerbenden Partei bezüglich der verhängten Geldstrafe und der Verfahrenskostenbeiträge ein unverhältnismäßiger Nachteil iSd. § 30 Abs. 2 VwGG drohen würde.

Darüber hinaus ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch die Notwendigkeit, die Zahlung eines mit dem angefochtenen Bescheid (Erkenntnis) vorgeschriebenen Geldbetrages über Kredite zu finanzieren für sich allein kein hinreichender Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (vgl. VwGH 19.08.2013, AW 2013/17/0035). Dass der Revisionswerber eine Zahlung in Raten oder Stundung der Geldstrafe (§ 54b Abs. 3 VStG) beantragt hat, wurde nicht behauptet.

Hinsichtlich der Ersatzfreiheitsstrafe wird auf § 53b Abs2 VStG verwiesen, wonach mit dem Vollzug einer solchen bis zur Erledigung der beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerde zuzuwarten ist (vgl. VwGH 03.06.2014, Ra 2014/17/0051, mwN).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist jede aufsichtsbehördliche Maßnahme regelmäßig mit Nachteilen für die Beaufsichtigten verbunden. Es kann jedoch aus diesem Umstand allein noch kein unverhältnismäßiger Nachteil abgeleitet werden (vgl. VwGH 02.04.2010, AW 2010/17/0015; 24.05.2012, AW 2012/17/0026; 17.03.2010, AW 2010/17/0004). Eine vorläufige Maßnahme kann nur dann getroffen werden treffen, wenn ihre Notwendigkeit in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht glaubhaft gemacht ist (fumus boni iuris) und wenn feststeht, dass sie in dem Sinne dringlich ist, dass sie zur Verhinderung eines schweren und nicht wiedergutzumachenden Schadens für die Interessen des Antragstellers bereits vor der Entscheidung zur Hauptsache erlassen werden und ihre Wirkungen entfalten muss. Um dem Gericht die diesbezüglich gebotene Interessenabwägung zu ermöglichen, ist es - auch im Fall der haftungspflichtigen Gesellschaft - erforderlich, dass das Interesse an der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung durch ein präzises Vorbringen bzw. die Vorlage von Bescheinigungsmitteln, zB mittels konkreter Angaben über die gesamten finanziellen Verhältnisse hinreichend konkretisiert wird (vgl. VwGH 11.03.1996, AW 95/17/0071; 27.06.1996, AW 96/17/0028; 10.08.2011, AW/2011/17/0028; 03.08.2016, Ra 2015/08/0210). Die Beurteilung, ob die geltend gemachten Nachteile die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit erreichen, hängt entscheidend von den im Aufschiebungsantrag vorgebrachten Angaben ab (vgl. VwGH 09.10.2013, AW 96/17/0028; 02.04.2010, AW 2010/17/0015).

Vor diesem Hintergrund ist das im vorliegenden Antrag erstattete Vorbringen der revisionswerbenden Partei nicht geeignet, einen konkreten unverhältnismäßigen Nachteil der Partei darzutun. Abgesehen davon stellen finanzielle Nachteile für sich noch keinen Grund für die Notwendigkeit zur Gewährung provisorischen Rechtsschutzes dar (vgl. VwGH 19.08.2013, AW 2013/17/0035 mit Verweis auf den Beschluss des Präsidenten des EuGH vom 18. Oktober 2002, Rs C-232/01 P (R), Rn 56).

Dem Antrag der revisionswerbenden Partei fehlt es an der notwendigen Konkretisierung, weshalb ihm schon aus diesem Grund nicht stattzugeben war.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, Bescheinigungsmittel, Finanzmarktaufsicht,
Geldstrafe, Glaubhaftmachung, Interessenabwägung, konkrete
Darlegung, Konkretisierung, öffentliche Interessen, ordentliche
Revision, unverhältnismäßiger Nachteil, Verwaltungsstrafe,
Verwaltungsstrafverfahren, Verwaltungsübertretung, wirtschaftlicher
Nachteil

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W107.2151963.1.01

Zuletzt aktualisiert am

09.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten