TE OGH 1984/10/17 8Ob546/84

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Veröffentlicht am 17.10.1984
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Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr.

 Stix als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Kropfitsch und Dr. Zehetner als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Republik Österreich, Bundesgebäudeverwaltung II, Linz, vertreten durch die Finanzprokuratur, Wien 1., Singerstraße 17–19, wider die beklagte Partei Arno T*****, vertreten durch Dr. Manfred Traxlmayr, Rechtsanwalt in Linz, wegen Räumung (12.000 S), infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 11. Jänner 1984, GZ 13 R 884/83-15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Linz vom 28. September 1983, GZ 23 C 559/83-10, bestätigt, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Das als Revision bezeichnete Rechtsmittel des Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Klägerin, den Beklagten zum Ersatz der Kosten der Revisionsbeantwortung zu verhalten, wird abgewiesen.

Text

Begründung:

Die Klägerin beehrte die Räumung und Übergabe der vom Beklagten benützten Wohnung Nr 3 im bundeseigenen Gebäude in Linz, *****, I. Stock links. Der Beklagte benütze diese Wohnung ohne Rechtstitel und habe sie trotz schriftlicher Aufforderung, sie bis spätestens 31. 12. 1982 zu räumen, bisher nicht geräumt.

Der Beklagte wandte demgegenüber ein, dass er die Wohnung nicht ohne Rechtstitel benütze. Die Wohnung sei im November 1956 von der Klägerin an seinen Großvater vermietet worden. Nach dessen Tod im Jahre 1965 sei die Mutter der Beklagten und nach deren im Jahr 1980 erfolgten Tod er selbst in das Mietverhältnis eingetreten. Die Wohnung diene seinem dringenden Wohnbedürfnis. Die Eintrittsberechtigten hätten jeweils im gemeinsamen Haushalt mit dem Verstorbenen gelebt, die Klägerin habe von den jeweiligen Eintritten auch Kenntnis gehabt. Überdies sei vom Beklagten seit dem Jahr 1980 Mietzins entrichtet worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es stellte im Wesentlichen folgenden Sachverhalt fest:

Die Klägerin wies mit dem Schreiben vom 17. 12. 1956 dem Großvater des Beklagten, der Beamter der Bundesgebäudeverwaltung war, die 73,17 m² große Wohnung zu. In dem Schreiben an Alois T***** wurde darauf hingewiesen, dass die Zuweisung in Anwendung des § 23 GÜG erfolgt und dass hiedurch kein Mietverhältnis begründet werde. Nach dessen Tod wurde die Wohnung der Witwe, Henriette Tischler, überlassen. In dem Schreiben vom 28. 7. 1964 wurde sie von der Klägerin darauf hingewiesen, dass es sich um eine Naturalwohnung handelt und dass kein Bestandverhältnis begründet werde. Als die Großmutter des Beklagten Henriette T***** verstarb, überließ die Klägerin die Wohnung deren Tochter Luise L*****, der Mutter des Beklagten. Mit dem Schreiben vom 19. 12. 1968 wurde auch Luise L***** von der Klägerin darauf aufmerksam gemacht, dass durch ihre Belassung in der als Naturalwohnung anzusehenden Wohnung ein Bestandverhältnis nicht begründet werde. In dem Schreiben wurde Luise L***** nahegelegt, sich um eine Ersatzwohnung zu bemühen, weil es im Hinblick auf den großen Wohnraumbedarf von Bundesbediensteten ungewiss sei, wie lange sie in dieser Wohnung belassen werden könne. Luise L***** nahm ebenso, wie vor dem ihre Mutter Henriette T*****, das Schreiben der Klägerin widerspruchslos zur Kenntnis. Als die Mutter des Beklagten im Jahr 1980 verstarb, suchte der seit seiner Geburt im Jahr 1959 in der Wohnung lebende Beklagte bei der Klägerin mit dem Schreiben vom 22. 7. 1980 um Zuweisung der Wohnung an. Im September des Jahres 1980 bestellte der mit der Verwaltung des Hauses ***** befasste Beamte den Beklagten zu sich und erklärte ihm, dass er grundsätzlich verpflichtet sei, sofort auszuziehen. Der Beamte legte dem Beklagten ein Formular vor und meinte, dass die Unterfertigung dieses Formulars die einzige Chance für den Beklagten sei, sich die Wohnung zu erhalten. Der Beklagte unterschrieb dieses Formular, ohne es zu lesen. In dem Formular stand, dass sich der Beklagte verpflichte, die Wohnung bis 1982 zu räumen. Der Beamte sicherte dem Beklagten anlässlich der Unterfertigung dieses Formulars zu, dass er bis zum Jahre 1982 in der Wohnung bleiben könnte. Er benützte die Wohnung in der Folge weiterhin und bezahlte dafür das monatliche Entgelt an die Bundesgebäudeverwaltung regelmäßig. Unter der Rubrik „Zahlungszweck“ fügte er auf dem Erlagschein jeweils das Wort „Mietzins“ ein. Der Beklagte verwendete jedoch dieses Wort nicht deshalb, weil er etwa der Ansicht war, Mieter der Wohnung zu sein. Die so beschrifteten Erlagscheine wurden von der Klägerin widerspruchslos akzeptiert. Mit dem Schreiben vom 15. 11. 1982 forderte die Klägerin den Beklagten auf, die Wohnung bis 31. 12. 1982 zu räumen, weil die Gründe, weshalb man ihm zunächst die Naturalwohnung seiner verstorbenen Mutter belassen habe, mit Abschluss seiner Schulausbildung weggefallen seien. Daraufhin suchte der Beklagte mit dem Schreiben vom 23. 11. 1982 um Aufschub der Kündigung an. Er wies darauf hin, dass es ihm aufgrund seiner finanziellen Lage nicht möglich sei, eine Ersatzwohnung aufzutreiben.

Weder zwischen den Streitteilen, noch zwischen der Klägerin und den Großeltern bzw der Mutter des Beklagten kam es jemals zum Abschluss eines mündlichen oder schriftlichen Mietvertrags. Der Beklagte wusste ebenso wie seine Mutter und seine Großeltern stets, dass er bzw sie nicht in einem Mietverhältnis zur Klägerin stehen. Er hoffte bis zum Erhalt des Schreibens vom 15.11. 1982, dass ihm die Wohnung aufgrund des Umstands, dass er sie seit seiner Geburt benützte, über sein Ansuchen vom 22. 7. 1980 vermietet werde.

Rechtlich war das Erstgericht der Ansicht, dass die Wohnung nach wie vor eine sogenannte Naturalwohnung sei, welche der Beklagte nach § 24 Abs 3 bis 4 GÜG zu räumen habe.

Das Berufungsgericht verwarf die Berufung des Beklagten wegen Nichtigkeit und gab ihr im Übrigen auch nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Streitgegenstands zwar 60.000 S, nicht aber 300.000 S übersteige und ließ die Revision zu, weil die Beantwortung der zu entscheidenden Rechtsfrage nicht einheitlich gelöst sei.

Nach Ansicht des Berufungsgerichts sei durch das seit 1. 1. 1980 in Kraft getretene BDG 1979 das Gehaltsüberleitungsgesetz aufgehoben worden und nunmehr die Regelungen des § 80 BDG, die zwar weitgehend mit dem bisherigen § 24 GÜG übereinstimmen, anzuwenden. Aus dem Zusammenhalt der vom Berufungsericht dargelegten Bestimmungen ergebe sich eindeutig, dass durch die Belassung einer Person in einer Dienst- oder Naturalwohnung kein Bestandverhältnis begründet werde. Für den Fall der Weigerung der Hinterbliebenen, die Wohnung zu räumen, bedürfe es daher als Titel zur zwangsweisen Räumung eines im Zivilrechtsweg erwirkten Räumungsurteils oder eines gerichtlichen Vergleichs, weshalb ein Nichtigkeitsgrund nicht vorliege. Von einem schlüssig zustandegekommenen Mietvertrag könne nicht die Rede sein. Unbestritten stehe fest, dass die Wohnung ursprünglich dem Alois T***** als Naturalwohnung in Anwendung des § 23 GÜG in der damals geltenden Fassung zugewiesen wurde. In dieser Wohnungszuweisung sei ausdrücklich festgehalten worden, dass dadurch kein Mietverhältnis begründet wird. Dies ändere sich auch nicht, wenn die Naturalwohnung von den Hinterbliebenen weiter benützt wird. Da § 80 Abs 9 BDG ausdrücklich auf die sinngemäße Anwendung des Abs 3 verweise, finde dieser Hinweis auch im nunmehr geltenden § 80 Abs 3 BDG seine gesetzliche Grundlage. Die Tatsache, dass in der Korrespondenz der Streitteile immer wieder auf diese Rechtslage aufmerksam gemacht wurde, bestätigte zweifelsfrei, dass der Beklagte von diesem Umstand Kenntnis hatte. Auch durch die Bezeichnung der vom Beklagten für die Benützung der zugewiesenen Räumlichkeiten zu bezahlenden Vergütung als Mietzins sei kein Mietverhältnis zwischen den Streitteilen entstanden. Die Bestimmungen des MRG fänden gemäß § 1 Abs2 Z 2 leg cit keine Anwendung, weil es sich um eine Naturalwohnung im Sinne des § 80 BDG handelte.

Gegen die Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz richtet sich das als Revision bezeichnete Rechtsmittel des Beklagten, das er auf „vorliegenden Nichtigkeit und unrichtige rechtliche Beurteilung“ stützt. Er beantragt, das Ersturteil als nichtig aufzuheben oder die Urteile der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass das Klagebegehren abgewiesen werde.

Die Klägerin beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel des Beklagten ist unzulässig;

1.) Das Gericht zweiter Instanz hat die vom Beklagten wegen Nichtigkeit erhobenen Berufung verworfen und damit die Zulässigkeit des Rechtswegs für den vorliegenden Anspruch bejaht. Der Beschluss des Berufungsgerichts, mit dem eine wegen Nichtigkeit erhobene Berufung verworfen wurde, kann weder mit Revision noch mit Rekurs bekämpft werden. Die durch die Entscheidung des Berufungsgerichts erfolgte Verneinung der Unzulässigkeit des Rechtswegs kann auch von Amts wegen nicht mehr geprüft werden (Fasching ZP IV 409, 451 f; Fasching Zivilprozessrecht 1979; SZ 44/81; 4 Ob 95/72; 1 Ob 183/73; 4 Ob 536-539/75; 2 Ob 577/78 ua).

2.) Nach der Anfechtungserklärung und dem hilfsweise gestellten Abänderungsantrag wird das Urteil des Berufungsgerichts zwar seinem ganzen Inhalt nach angefochten. Die Ausführungen der Revision beschäftigen sich jedoch lediglich mit dem behaupteten, vom Berufungsgericht aber verneinten Nichtigkeitsgrund. Das erhobene Rechtsmittel ist daher, da es lediglich das Vorliegen einer Nichtigkeit behauptet, als Rekurs zu behandeln (vgl JBl 1960, 260; 2 Ob 577/78 ua). Dieser Rekurs war aber schon aus den dargelegten Gründen als unzulässig zurückzuweisen. Ob das Rechtsmittel des Beklagten allenfalls auch aus anderen Gründen unzulässig wäre, brauchte bei der dargelegten Rechtslage nicht mehr untersucht zu werden.

Ein Zuspruch von Kosten an die Klägerin hatte zu unterbleiben, weil in der Revisionsbeantwortung auf die zur Zurückweisung des Rechtsmittels führenden formellen Mängel nicht Bezug genommen wurde.

Textnummer

E122776

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1984:0080OB00546.840.1017.000

Im RIS seit

08.10.2018

Zuletzt aktualisiert am

08.10.2018
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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