TE Lvwg Erkenntnis 2018/9/10 LVwG-2018/39/1248-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.09.2018
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Entscheidungsdatum

10.09.2018

Index

L82007 Bauordnung Tirol
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

BauO Tir 2018 §30 Abs3
AVG §13 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Drin Mair über die Beschwerde des Herrn AA, Adresse 1, Z, vertreten durch die BB, Adresse 2, Y, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde Z vom 26.04.2018, ****, betreffend einen Feststellungsbescheid nach § 30 TBO 2018

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang, Beschwerdevorbringen:

Am 14.03.2018 brachte Herr AA (im Folgenden: Beschwerdeführer), rechtsfreundlich vertreten, ein mit 13.03.2018 datiertes Ansuchen betreffend den Reparaturbau einer Kultur- und Verkaufsgewächshausanlage bei der belangten Behörde ein, wobei im Begleitschreiben diese Eingabe im Betreff ausdrücklich als Bauanzeige bezeichnet wurde. In rechtlicher Wertung des Bauvorhabens wird dabei argumentiert, dass es sich um eine größere Renovierung nach § 28 Abs 2 lit f TBO 2018 – diese Bestimmung erfasst jedenfalls anzeigepflichtigte Bauvorhaben (Anm.) – handle. Es fänden weder ein Umbau noch ein Zubau statt, sondern würden lediglich durch Brand zerstörte Teile wiederhergestellt. Mangels Untergangs des bestehenden Konsenses erfolge auch kein Neubau. Ein bewilligungspflichtiges Bauvorhaben im Sinne des § 28 Abs 1 TBO 2018 läge damit nicht vor. Im Falle der (eben) lediglich anzeigepflichtigen Renovierung bedürfe es auch keines Eigentums- oder Baurechtsnachweises gemäß § 29 Abs 2 lit a TBO 2018. Unter Verweis auf die beiliegenden Antragsunterlagen beantragte der Beschwerdeführer, der Bürgermeister möge der gegenständlichen Bauanzeige gemäß § 30 Abs 4 TBO 2018 seine Zustimmung erteilen.

Der Eingabe vom 14.03.2018 waren ein ausdrücklich als Bauanzeige qualifiziertes Baugesuchsformular vom 08.03.2018 (Beilage 1), ein Einreichplan der CC vom 28.06.2017 „Reparaturbau einer Kulturgewächshausanlage nach Brandschaden“, Projektnummer **** (Beilage 2), Berechnungen der Baumassen/Kubaturen (Beilage 3), eine Mappenkopie GZl **** der DD vom 09.10.2017 (Beilage 4) sowie ein Lageplan DD gemäß § 24 TBO vom 09.10.2017 (Beilage 5) angeschlossen.

Mit Schreiben vom 19.03.2018 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer zur Verbesserung der Planunterlagen auf. Sie wies darauf hin, dass der rechtmäßige (=bewilligte) Bestand bzw Konstruktionsteile, die nach dem Brandgeschehen tatsächlich bestehen blieben, in den Planunterlagen grau einzuzeichnen wären. Der rechtmäßige (=bewilligte) Bestand bzw Konstruktionsteile, die nach dem Brandgeschehen abgerissen bzw ausgetauscht werden müssten, seien gelb darzustellen. Demgegenüber sei der rechtmäßige (=bewilligte) Bestand bzw Konstruktionsteile und neu zu errichtende Glaswände rot einzuzeichnen. Dies sei zur Beurteilung der Zulässigkeit des betreffenden Vorhabens erforderlich.

Am 30.03.2018 brachte der Beschwerdeführer eine Eingabe ein, welche in einem Baugesuchsformular vom 30.03.2018, mit dem – in Unterscheidung zur Eingabe vom 13.03.2018, welche noch einen Reparaturbau projektierte - die Baubewilligung für die „Wiedererrichtung Gewächshaus nach Brandschaden, Art des Bauvorhabens: größere Renovierung“ beantragt wurde, weiters in einer angeschlossenen Berechnung Baumassen/Kubaturen zum Baugesuch Punkt 7 des für einen (gegenüber der Eingabe vom 13.03.2018) nunmehr ausdrücklich benannten Wiederaufbau, in einer angeschlossenen Projektbeschreibung sowie in einer beigeschlossenen Einreichplanung vom 27.03.2018 (Erdgeschoß, Ansichten, Schnitt A-A) bestand.

In der angeschlossenen Projektbeschreibung zur Wiedererrichtung erfolgten neben näheren Angaben zum Grundstück folgende Angaben zum Bauvorhaben:

„In der Gemeinde Z soll für den Betrieb „Gartenbau AA“ ein Gewächshauskomplex für den Anbau und den Verkauf von Pflanzen wiedererrichtet werden. Der Gewächshausteil, welcher im Jahr 2014 durch einen Brand zerstört worden ist, soll im gleichen Ausmaß wiedererrichtet werden.“

In der Einreichplanung vom 27.03.2018 wird das Bauvorhaben ebenfalls als „Wiedererrichtung Gewächshaus nach Brandschaden“ bezeichnet.

In den beigeschlossenen Berechnungen der Baumassen/ Kubaturen findet sich – wie bereits angeführt - ebenfalls unter dem Titel „Bezeichnung Gebäudeteil“ der Begriff des „Wiederaufbaues“.

In seinem Gutachten vom 11.04.2018 beurteilte der hochbautechnische Sachverständige zu dieser Eingabe, dass durch das geplante Bauvorhaben allgemeine bautechnische Erfordernisse des Gebäudes wesentlich berührt würden, weil laut vorliegenden Einreichplänen die gesamte tragende Struktur des Glashauses abgetragen und neu errichtet werde. Zur ausdrücklichen Fragestellung der belangten Behörde, ob das geplante Bauvorhaben den Abbruch und die Wiedererrichtung des gesamten vom Brandschaden betroffenen Gebäudes beinhalte, führte der Sachverständige aus, dass es sich entsprechend der vorliegenden Einreichpläne vom 27.03.2018 um einen gänzlichen Abbruch und Wiederaufbau des gesamten mit Bescheid vom 10.12.1993 bewilligten Gebäudes handle. Er hielt dazu weiters fest, dass im Schnitt A-A die Fundamente vollflächig grau schraffiert mit roter Umrandung dargestellt seien. Diese Darstellung sei nicht eindeutig, aufgrund der Legende im Plankopf gehe der Sachverständige davon aus, dass auch die Fundamentkonstruktion neu hergestellt werde, weil laut Legende Neubauteile rot umrandet seien. Der Sachverständige hielt weiters fest, dass die in den Einreichplänen vom 27.03.2018 grau dargestellten Bestandsgebäude großteils nicht baugenehmigt seien.

Mit Bescheid vom 26.04.2018, ****, befundete der Bürgermeister der Gemeinde Z im Vorspruch, dass der Beschuldigte mit Eingabe vom 13.03.2018, eingelangt am 14.03.2018, bei der Gemeinde Z eine Bauanzeige betreffend das Vorhaben Bauanzeige Reparaturbau einer Kultur- und Verkaufsgewächshausanlage auf Grundstück Nr **1, EZ ****, KG Z, in Z, Adresse 1, eingebracht habe.

Im Spruch des Bescheides wurden sodann folgende Feststellungen getroffen:

„I. Gemäß § 30 Abs 3 TBO 2018 wird festgestellt, dass das Vorhaben Bauanzeige Reparaturbau einer Kultur und Verkaufsgewächshausanlage gemäß § 28 Abs 1 lit a TBO 2018 bewilligungspflichtig ist. Es ist daher um eine Baubewilligung gemäß § 29 TBO 2011 (richtig: § 29 TBO 2018, Anm.) anzusuchen.

II. Gemäß § 30 Abs 3 dritter und vierter Satz TBO 2018 wird festgestellt, dass überdies ein Abweisungsgrund nach § 34 Abs 3 TBO 2018 vorliegt.“

Begründend führte die belangte Behörde unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die Bauanzeige vom 13.03.2018, eingelangt am 14.03.2018, sowie die am 30.03.2018 auf Grund ihres Schreibens vom 19.03.2018 erfolgte Einbringung verbesserter Pläne sowie unter Verweis auf die hochbautechnische Beurteilung zu Spruchpunkt I aus, dass es sich bei diesem Bauvorhaben um den Neubau eines Gebäudes handle. Dieser bedürfe einer Baubewilligung. Spruchpunkt II begründete die belangte Behörde mit der Widmung des betroffenen Grundstücks Nr **1 als Freiland. Die Errichtung einer Kultur- und Verkaufsgewächshausanlage sei in vorliegender Widmung nicht bewilligungsfähig.

Dieser Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gegenüber nachweislich am 08.05.2018 erlassen.

In seiner Beschwerde gegen den Bescheid vom 26.04.2018 bezog sich der Beschwerdeführer auf seine Bauanzeige vom 13.03.2018, den Verbesserungsauftrag vom 19.03.2018 sowie die Eingabe am 30.03.2018. Da dem projektierenden Architekten bei der Erstellung der Nachreichunterlagen allerdings ein Fehler unterlaufen wäre, seien diese Unterlagen am 26.04.2018 vom Beschwerdeführer ausgetauscht worden. Der bekämpfte Bescheid werde seinem gesamten Inhalt nach angefochten. Nachdem der Beschwerdeführer bemerkt habe, dass die am 30.03.2018 nachgereichten Planunterlagen nicht der am 13.03.2018 eingereichten Bauanzeige entsprächen, habe dieser am 26.04.2018 die (beigelegten) nachgereichten Planunterlagen ausgetauscht. Nichtsdestotrotz habe die Behörde mit Bescheid desselben Tages die Bewilligungspflicht des Bauvorhabens auf der Basis der nicht mehr antragsgegenständlichen Pläne festgestellt. Da es die Behörde verabsäumt habe, die ausgetauschten Pläne einer neuerlichen Beurteilung zu unterziehen und auf Basis der „alten“ Planunterlagen die Bewilligungspflicht des angezeigten Bauvorhabens festgestellt habe, leide der angefochtene Bescheid an einem schweren Verfahrensmangel. Darüber hinaus sei der Feststellungsbescheid auch rechtlich unrichtig, da es sich bei dem angezeigten Bauvorhaben um keinen Neubau, sondern um eine größere Renovierung im Sinne des § 28 Abs 2 lit f TBO 2018 handle, dies aufgrund der Tatsache, dass weder ein Umbau noch ein Zubau der baulichen Hülle im Vergleich zum Genehmigungsbescheid vom 10.12.1993 erfolge, sondern lediglich die zerstörten Teile wiederhergestellt würden. Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes gehe der Konsens für ein Gebäude erst unter, wenn keine überdeckte, überwiegend umschlossene bauliche Anlage mehr vorhanden sei, wobei ein überwiegender Verschluss auch dann noch gegeben wäre, wenn mehr als die Hälfte der Außenhaut bestehen bliebe. Blieben wie gegenständlich mehr als 2/3 des Gebäudes erhalten und würden im Rahmen der geplanten Wiedererrichtung auch keine Vergrößerung oder keine umbaubegründenden bzw –relevanten Änderungen des Gebäudes vorgenommen, liege auch kein bewilligungspflichtiges Vorhaben im Sinne des § 28 Abs 1 TBO 2018 vor. Bedürfe das Bauvorhaben keiner Baubewilligung, liege eo ipso auch kein Abweisungsgrund gemäß § 34 TBO 2018 vor. Darüber hinaus sei auf die gemäß § 42 Abs 1 TROG 2018 im Freiland unter den dort näher genannten Voraussetzungen zulässige Errichtung eines neuen Gebäudes zu verweisen. Dies gälte a maiore ad minus jedenfalls auch für den Fall einer nur anzeigepflichtigen „größeren Renovierung“ im Sinne der baurechtlichen Vorschriften. Beantragt wurde die Abänderung des angefochten Bescheides im Sinne einer ausdrücklichen Zustimmungserteilung, eventualiter die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheides.

Im Akt findet sich weiters ein Aktenvermerk vom 26.04.2018, in welchem die „Einbringung eines weiteren Bauansuchens mit neuen Plänen betreffend die Wiedererrichtung Gewächshaus durch den Beschwerdeführer an diesem Tag vermerkt ist. Über ausdrückliche Befragung, ob es sich um eine Bauanzeige oder ein Bauansuchen handle, habe der Beschwerdeführer bestätigt, dass es sich um eine neue Bauanzeige mit neuen Plänen handle. Der Beschwerdeführer sei informiert worden, dass die vorherige Bauanzeige bereits abgehandelt sei und dies ein neues Verfahren darstelle“.

II.      Beweiswürdigung:

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den Bauakt der belangten Behörde.

III.     Rechtslage:

Es gilt folgende Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 – AVG:

㤠13

Anbringen

(1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. ….

(….) .“

Es gilt folgende Bestimmung der Tiroler Bauordnung 2018 – TBO 2018, LGBl Nr 28/2018:

㤠30

Bauanzeige

….

(3) Die Behörde hat das angezeigte Bauvorhaben zu prüfen. Ergibt sich dabei, dass das angezeigte Bauvorhaben bewilligungspflichtig ist, so hat die Behörde dies innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen der vollständigen Bauanzeige mit schriftlichem Bescheid festzustellen. Liegt überdies ein Abweisungsgrund nach § 34 Abs. 3 vor, so hat die Behörde dies festzustellen. Eine solche Feststellung ist einer Versagung der Baubewilligung gleichzuhalten. Ist das angezeigte Bauvorhaben nach den bau- oder raumordnungsrechtlichen Vorschriften unzulässig oder liegt im Fall einer größeren Renovierung eines Gebäudes der Energieausweis nicht vor, so hat die Behörde die Ausführung des Vorhabens innerhalb derselben Frist mit schriftlichem Bescheid zu untersagen. Besteht Grund zur Annahme, dass ein solcher Feststellungs- oder Untersagungsbescheid nicht fristgerecht rechtswirksam zugestellt werden kann, so hat ihn die Behörde nach § 23 des Zustellgesetzes ohne vorhergehenden Zustellversuch zu hinterlegen.

.…“.

IV.      Erwägungen:

Dass die Eingabe vom 30.03.2018 Gegenstand der bekämpften Entscheidung ist, ergibt sich ungeachtet der im Vorspruch des Bescheides getroffenen Bezugnahme (nur) auf die Eingabe vom 13.03.2018, eingelangt am 14.03.2018, aus einer gebotenen auslegenden Zusammenschau von Spruch und Begründung des Bescheides, dem laut Begründung bezogenen umfassenden Verfahrensgang sowie im Besonderen aus dem entscheidungsbegründenden Verweis auf die Beurteilung des hochbautechnischen Sachverständigen, welche wiederum die mit Eingabe vom 30.03.2018 vorgelegte Einreichplanung zum Beurteilungsgegenstand hatte.

Bei der Eingabe vom 14.03.2018 handelt es sich ihrer Rechtsnatur nach in eindeutiger Weise um eine Bauanzeige. Dies ergibt sich unzweifelhaft aus den unter Punkt I. dazu dargelegten Ausführungen und Überlegungen. Insbesondere im Vorlageschreiben vom 14.03.2018 zu dieser Eingabe benennt der Beschwerdeführer den Inhalt seiner Eingabe als Bauanzeige ausdrücklich und argumentiert dafür begründend mit der Unterordnung des Bauvorhabens unter die Bestimmung eines anzeigepflichtigen Bauvorhabens im Sinne des § 28 Abs 3 lit f TB 2018 sowie auch mit der für ein derartiges Vorhaben fehlenden Verpflichtung zur Vorlage von Zustimmungserklärungen nach § 29 Abs 2 lit a TBO 2018, welche nur für bewilligungspflichtige Neu- und Zubaumaßnahmen bestünde. An dieser Auslegung ändert auch der Umstand nichts, dass nähere (technische) Daten des bauangezeigten Vorhabens unter Verwendung eines im Vorlageschreiben ausdrücklich verwiesenen und dieser als Beilage angeschlossenen Baugesuchsformulars dargestellt sind. Entsprechend dem im Bauanzeigeschreiben vom 14.03.2018 angezeigten Bauvorhaben „größere Renovierung im Sinne des § 28 Abs 2 lit f TBO 2018“ benennt auch die im Baugesuchsformular angeführte Beschreibung des Bauvorhabens in diesem Sinne „Reparaturarbeiten einer Kultur- und Verkaufsgewächshausanlage“. Auch die Planunterlage weist einen Reparaturbau einer Kulturgewächshausanlage aus.

Der Eingabe vom 30.03.2018 ist demgegenüber eine andere Rechtsnatur zuzumessen, als nämlich dabei von der Einbringung eines Bauansuchens auszugehen ist. Wenngleich diese Eingabe auch in zeitlicher Hinsicht nach der Erteilung des Verbesserungsauftrages der belangten Behörde vom 19.03.2018 erfolgte, ist diese Eingabe jedoch nicht als verbesserte Bauanzeige vom 13.03.2018 zu werten. Dafür sprechen folgende rechtliche Umstände:

Nach einschlägiger höchstgerichtlicher Judikatur kommt es bei der Ermittlung von Rechtsqualität und Inhalt eines Anbringens nicht auf die Bezeichnung durch den Einschreiter bzw auf zufällige Verbalformen, sondern auf den Inhalt der Eingabe an, also auf das daraus erkennbare bzw erschließbare Ziel bzw Begehren des Einschreiters. Entscheidend ist damit, wie die Erklärung unter Berücksichtigung der konkreten gesetzlichen Regelung, des Verfahrenszweckes und der Aktenlage objektiv verstanden werden muss. Bei eindeutigem Inhalt eines Anbringens sind hingegen davon abweichende, nach außen hin nicht zum Ausdruck gebrachte Absichten und Beweggründe grundsätzlich ohne Belang. Bei antragsbedürftigen Verwaltungsakten ist es unzulässig, entgegen dem erklärten Willen der Partei ihrem Begehren eine Deutung zu geben, die aus dem Wortlaut des Begehrens nicht unmittelbar erschlossen werden kann, auch wenn das Begehren, so wie es gestellt wurde, von vornherein aussichtslos oder sogar unzulässig sein mag. Nur im Falle, als ein objektiver Erklärungswert einer Eingabe nicht vorliegt, bedarf es weitergehender Erforschungen des Parteiwillens.

Besondere Vorsicht bei der Auslegung einer Parteienerklärung ist dahingehend geboten, dass die Partei nicht um ihren Rechtsschutz gebracht wird.

(Vgl hiezu Hengstschläger/Leeb, Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Ausgabe, Manz, Wien 2014, § 13, RZ 38, 39, sowie die darin verwiesene Judikatur).

Nach eben diesem maßgeblichen objektiven Erklärungswert ist die Eingabe vom 30.03.2018 als ein Bau(bewilligungs)ansuchen zu werten. Derartiger objektiver Erklärungswert erschließt sich im Konkreten wie folgt:

Die – wenngleich zeitlich auch nach dem Verbesserungsauftrag eingebrachte - Eingabe vom 30.03.2018 besteht aus der Einreichung mittels Baugesuchsformular, dazu angeschlossener Baubeschreibung und Baumassenberechnung sowie neu erstellter Einreichplanung vom 27.03.2018. Jegliche Bezugnahme dieser derart erstellten Eingabe auf das Aufforderungsschreiben der belangten Behörde vom 19.03.2018, mit dem eine Verbesserung der Bauanzeige vom 13.03.2018 aufgetragen wurde, fehlt dabei aktenkundig gänzlich, ebenso wie auch jedweder sonstige Anhaltspunkt, welcher Rückschlüsse bzw Zweifel auf einen (inhaltlich und verfahrensmäßigen) Zusammenhang mit der Eingabe vom 13.03.2018 berechtigt erscheinen bzw aufkommen ließe. Auch die neu vorgelegten Planunterlagen vom 27.03.2018 für sich enthalten keinerlei Verweis auf die Planunterlage zur Bauanzeige vom 13.03.2018 als allenfalls zugrunde gelegte bzw weiter entwickelte Vorentwurfsplanung.

Vielmehr ist schon aufgrund dieser objektiven Betrachtungslage von der Einbringung eines selbständigen Bauansuchens auszugehen. Diese Wertung offenbart bzw erhärtet sich im weiteren maßgeblichen Umstand, dass auch in inhaltlicher Abweichung von der Bauanzeige vom 13.03.2018 nunmehr in der Eingabe vom 30.03.2018 nicht mehr die – nach Ansicht des Beschwerdeführers aber nur eben eine bloße Anzeigepflicht auslösende – größere Renovierung, sondern vielmehr die (gänzliche) Wiedererrichtung des Gewächshauses nach dessen (gänzlichem) Abbruch projektiert ist. Dieser neue erweiterte Antragumfang der Wiedererrichtung bzw des Wiederaufbaues wird sowohl im Baugesuchsformular, in der beigeschlossenen Projektbeschreibung, in der Baumassen/Kubaturaufstellung als auch auf den eingereichten Projektplänen übereinstimmend benannt. Auch die Einreichplanung weist -begutachtet durch den hochbautechnischen Sachverständigen und insofern unwidersprochen geblieben - in Umsetzung derartiger Bauabsicht unter Anwendung der planerischen Vorgaben der Planunterlagenverordnung 1998 einen Abtrag der gesamten tragenden Struktur des Gewächshauses (gelbe Färbelung) sowie dessen Neuerrichtung (rote Färbelung) aus.

Wenngleich der beabsichtigte (gänzliche) Abbruch des Gewächshauses in der Baubeschreibung auch textlich nicht ausdrücklich angeführt wird, so ist er doch über entsprechende Ausweisung in der Einreichplanung Teil des Bauansuchens. Die Abhandlung eines (an sich lediglich anzeigepflichtigen) Abbruchs von Gebäuden oder Gebäudeteilen im Rahmen (auch) eines Bewilligungsverfahrens wird durch die Rechtsvorschrift des § 49 Abs 2 TBO 2018 ermöglicht, wonach im Falle, als dieser Abbruch im Zusammenhang mit einem bewilligungspflichtigen Bauvorhabens (hier: Neubau des Gewächshauses) steht, anstelle der Anzeige nach Abs 1 im Bauansuchen auch um die Erteilung der Bewilligung für diesen Abbruch angesucht werden kann.

Wie dargelegt, stellen nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung auch die zur Anwendung gelangenden einschlägigen gesetzlichen Vorschriften maßgebliche Auslegungsparameter eines Anbringens dar. Unter dieser Betrachtung erhärtet aber auch der Umstand, dass bei vorliegend projektiertem gänzlichem Abbruch der Anlage die sodann geplante Wiedererrichtung des Gewächshauses entsprechend gesetzlicher Definition (§ 2 Abs 7 TBO 2018) jedenfalls als Neubau zu qualifizieren ist (welcher als solcher eben nach der gesetzlichen Vorschrift des § 28 Abs 1 lit a TBO 2018 zwingend einer Baubewilligung bedarf), in Zusammenschau mit den übrigen dargelegten Auslegungsumständen die Rechtsnatur der Eingabe vom 30.03.2018 als ein Bauansuchen.

Begründet der Beschwerdeführer in seiner Eingabe vom 13.03.2018 die (ledigliche) Anzeigepflichtigkeit des damaligen Vorhabens mit dem expliziten Umstand, dass weiterhin mehr als 2/3 des Gebäudes (der Außenhaut) erhalten blieben, somit nur weniger als 1/3 erneuert würde, und eben in diesem Umfang jedenfalls kein bewilligungspflichtiger Neu- oder Zubau vorläge, ist aber auch in einer subjektivem Betrachtung daraus der wohl berechtigte Schluss zu ziehen, dass dem Beschwerdeführer selbst mit nunmehr projektiertem gänzlichem Abbruch der umschließenden Außenhaut bzw des gesamten Gebäudes und gänzlichem Wiederaufbau die dadurch bewirkte Bewilligungsnotwendigkeit offenkundig war und dies auch seinen Bauwillen bestimmen musste. Darauf lässt auch der Vorhalt des Beschwerdeführers schließen, wonach die Baueingabe vom 30.03.2018 in diesem umfassenden Umfang irrtümlich und ungewollt erfolgt sei, da sie nicht der am 13.03.2018 eingereichten Bauanzeige entspräche. Für eine zweifelsfreie nachweisliche Zurückziehung der Eingabe vom 30.03.2018 vor Bescheiderlassung findet sich im Akt (auch nicht unter Wertung der Festhaltungen im AV vom 26.04.2018) kein eindeutiger Nachweis. Es wäre jedoch – so sei angemerkt - selbst im Falle tatsächlich erfolgter Zurückziehung des Bauansuchens vom 30.03.2018 die auf dieses bezogene dennoch erfolgte Entscheidung als nach Wegfall des zuständigkeitsbegründende Antrags (antragsbedürftiger Verwaltungsakt) in Unzuständigkeit ergangen aufzuheben gewesen.

Durch die Wertung der Eingabe vom 30.03.2018 als Bauansuchen wird der Beschwerdeführer auch insoweit nicht in seinem Rechtsschutzinteresse verletzt, als ihm dadurch im Rahmen seiner Eingabe vom 26.04.2018 (in allfällig abzuklärendem inhaltlichem Zusammenhang mit der Eingabe vom 13.03.2018) eine Abhandlung seiner bauangezeigten Projektierungen weiterhin gewährleistet bzw nicht genommen ist.

Ist der Baueingabe vom 30.03.2018 somit in objektiver Betrachtungsweise die Rechtsqualität eines Bauansuchens zuzumessen, und liegt eine Umdeutung eines eindeutigen Anbringens nicht in der Entscheidungsgewalt der Baubehörde, erweist sich aber die auf Grundlage des (zur ausschließlichen Abhandlung eingebrachter Bauanzeigen maßgeblichen) § 30 Abs 3 TBO 2018 getroffene Entscheidung als rechtswidrig. Behandelte die belangte Behörde die Baueingabe vom 30.03.2018 als ihrer Rechtsnatur nach antragsbedürftiger Verwaltungsakt (bestimmt durch den alleinigen Bauwillen des Bauwerbers) als Bauanzeige bzw Verbesserung der Bauanzeige vom 13.03.2018, erfolgte dies aber in Unzuständigkeit. Es wäre der belangten Behörde vielmehr oblegen gewesen, über dieses Bauansuchen im Rahmen eines dafür vorgesehenen Baubewilligungsverfahrens zu entscheiden. So keine Zurückziehung des Bauansuchens erfolgt, wird die belangte Behörde dieses entsprechend abzuhandeln haben.

Lediglich der Vollständigkeit halber wird in diesem Zusammenhang auf einen (möglichen) Aufklärungsbedarf (inhaltlicher bzw verfahrensmäßiger Zusammenhang) mit der Eingabe des Beschwerdeführers vom 06.07.2017 hingewiesen.

Im Ergebnis war damit der bekämpfte Bescheid sowohl hinsichtlich der unter Spruchpunkt I getroffenen Feststellung einer Bewilligungspflicht nach § 30 Abs 3 TBO 2018 als auch hinsichtlich der unter Spruchpunkt II auf der Grundlage des (dazu akzessorischen) § 30 Abs 3 dritter und vierter Satz TBO 2018 getroffenen Feststellung (Vorliegen eines Abweisungsgrundes nach § 34 Abs 3 TBO 2018) aufzuheben.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte abgesehen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde vom Beschwerdeführer auch nicht beantragt. Der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt stand aufgrund der Aktenlage fest. Entscheidend waren Rechtsfragen zu klären. Die Akten haben erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt. Einem Entfall der mündlichen Verhandlung stand weder Art 6 EMRK noch Art 47 GRC entgegen.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Auf die unter Punk IV verwiesene Judikatur wird hingewiesen.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Drin Mair

(Richterin)

Schlagworte

Inhalt Anbringen; antragsbedingter Verwaltungsakt; Bauanzeige - Bauansuchen;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.39.1248.3

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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