TE Lvwg Erkenntnis 2018/9/25 LVwG-2017/28/2661-6

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Veröffentlicht am 25.09.2018
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Entscheidungsdatum

25.09.2018

Index

50/01 Gewerbeordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

GewO 1994 §5 Abs1
GewO 1994 §339 Abs1
GewO 1994 §366 Abs1 Z1
VStG §45 Abs1 Z2

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seine Richterin Mag.a Weißgatterer über die Beschwerde des Herrn AA, Adresse 1, Z, gegen das Erkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 26.09.2017, Zl ****, betreffend eine Übertretung der GewO, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben, das gegenständliche Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y vom 26.09.2017, Zl ****, wurde dem Beschwerdeführer nachstehender Sachverhalt vorgeworfen:

„Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der BB GmbH, X, zu verantworten, dass diese zumindest am 14.06.2016 und 12.06.2017 selbstständig, regelmäßig und in der Absicht einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen unbefugt das Gewerbe „Herstellung von Arzneimitteln und Giften und Großhandel mit Arzneimitteln und Giften gern. § 94 Z 32 GewO 1994“ ausgeübt, indem Sie am 14.06.2016 und 12.06.2017 auf der Homepage https://www.amazon.de/**** Artikel (Dimethylsulfoxid DMSO) gegen Entgelt zum Verkauf angeboten haben und lt. Angabe vom 12.12.2016

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 5 Abs. 1 GewO iVm § 339 Abs. 1 GewO iVm § 366 Abs. 1 Einleitungssatz Z 1 GewO 1994

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe (€):          Gemäß:                                      Ersatzfreiheitsstrafe:

600,00                    § 366 Abs. 1 Z 1 GewO 1994           5 Tage

Im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe tritt an deren Stelle die Ersatzfreiheitsstrafe.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

€ 60,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10% der Strafe, wobei jedoch mindestens € 10,00 zu bemessen sind.

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher: € 660,00

Dagegen erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde und führte in dieser aus wie folgt:

„Sehr verehrte Damen und Herren,

hochgeschätzter Herr CC,

Gegen die Strafandrohung und Erkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Y möchte ich Beschwerde einbringen.

Die Unterstellung das ich Arzneiwaren oder gar Giftstoffe vetreibe ist auf die mangelnde Fachkenntnis des Herrn DD zurückzuführen, der im Grunde nur den Bescheid der Tiroler Landesregierung auf diesem Weg versucht umzusetzen. (BB GmbH, sie erinnern sich).

Um mir hier mit der Vorgabe des Amtes einen Strick zu drehen, bzgl. der Toxizität, so ist das eine Vorgabe des Herrn EE, der hier nur versucht hat mir hier ein Bein zu stellen.

"Es gibt von Seiten der Behörde kein Testergebnis das diesen Wert bestätigen würde!"

Dazu kommt das Herr DD mir den Gewerbeschein für die Herstellung von Biozidprodukten nicht aushändigen wollte, da lt. seiner Aussage gegen mich ein Verfahren laufe und ich sowieso noch bestraft werde. Unglaublich.

Danach habe ich mich sofort an den Bezirkshauptmann gawandt der meinte:

"Gegen mich liegt nicht's vor, ich solle zu Herrn DD gehen und den Gewerbeschein beantragen"! Das habe ich per Mail und somit schriftlich vorliegen, Gott sei Dank!

Das DMSO ist ein organisches Lösungsmittel uns als solches verkaufe ich es auch. Die Prüfung nach Ph.eur. bestätigt lediglich die hohe Reinheit.

Wenn also ein Lösungsmittel wie DMSO in Österreich ein Arzneimittel ist, wäre das eine Sensation für die ganze EU, den das ist genau das was die Pharma seit Jahrzehnten zu verhindern versucht!;-)

Ein Gutachten des Abgrenzungsbeirates gern. §49a AMG füge ich als PDF bei. Es stützt sich auf ein Gerichtsurteil aus Deutschland wo ganz klar hervorgeht das DMSO kein Arzneimittel ist sondern eine natürliche Schwefelverbindung aus der Natur.

Dazu kommt das es im Netz unzählige Anbieter für DMSO gibt und ich das Versuchskaninchen bin.

DMSO ist wie der Pilz, auch er ist weder Pflanze noch Tier.

Die Macht der Beamten in diesem Staat ist eine Zumutung, was glaugt der Beamte, das ich damit Millionen verdiene???

Ich zahle Steuern, beschäftige Menschen und meine Kinder gehen hier zur Schule.

Ich lasse mich nicht vertreiben wie einen Hund, natürlich kann ich das Etikett ändern und meine deutsche Firma draufschreiben aber ich kämpfe hier nicht nur für mich, sondern für viele andere Unternehmer denen der Staat ständig mit dem Hintern ins Gesicht fährt.

Bitte entschuldigen sie den letzten Satz aber das musste jetzt mal sein.

Dann meinte der Bereichsleiter auf der BH Y noch, "ja wenn's eh a Firma in Deutschland haben, dann gehen's halt da hin, sind eh viele Österreicher draußen die wir hier auch nicht brauchen"!!!

Wo bitte sollen Menschen arbeiten und Steuern zahlen wenn alle vertrieben werden?!?

Hochachtungsvoll

AA (der sich nicht vertreiben lässt!)“

Aufgrund einer Privatanzeige vom Juni 2016, aus welcher der Verkauf von illegalen Produkten über das Internet angezeigt wurde, leitete die Verwaltungsbehörde das gegenständliche Verfahren ein.

II.      Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der BB GmbH mit Sitz in X, Adresse 2.

Gegenständlich hat die Firma des Beschwerdeführers Dimethylsulfoxid DMSO im Internet (auf Amazon) zum Verkauf angeboten.

Der einvernommene Zeuge EE gab bei seiner Einvernahme vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol am 19.09.2018 zusammengefasst zu Protokoll, dass „es sich bei DMSO um eine ganz normale Chemikalie handelt, die unter Umständen noch eine heilende Wirkung haben kann, so wie Natriumchlorid und Zucker. Bei DMSO handelt es sich um einen Stoff, welcher zum Beispiel in der Industrie als Lösungsmittel verwendet wird. Die Firma des Beschwerdeführers hat es vermieden, eine Auswirkung auf die menschliche Gesundheit auszuloben. Bei DMSO handelt es sich um kein Gift, weil es chemikalienrechtlich nicht als Gift eingestuft ist und wirkt es auch nicht wie ein Gift. Weiters ist DMSO auch kein Arzneimittel. Die Firma des Beschwerdeführers hat mit einer Chemikalie gehandelt, die nicht als gefährlich eingestuft ist. Das DMSO ist nicht drogistenpflichtig und kann dieses Dimethylsulfoxid jeder vertreiben, der ein Handelsgewerbe innehat. Das Dimethylsulfoxid ist chemikalienrechtlich nicht als gefährlicher Stoff eingestuft. DMSO kann man sicher nicht herstellen. Das Dimethylsulfoxid wird nur eingekauft und ist in DMSO keine chemische Synthese vorhanden. So, wie die Firma des Beschwerdeführers jedoch Dimethylsulfoxid im Internet angeboten hat, handelt es sich um kein Arzneimittel und um kein Gift.“

Das Beweisverfahren hat daher im gegenständlichen Fall eindeutig ergeben, dass der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der BB GmbH weder ein Arzneimittel noch ein Gift herstellt, um dieses zum Verkauf anzubieten.

III.     Beweiswürdigung:

Die Feststellungen im Zusammenhang mit dem Nichtvorliegen des DMSO als Arzneimittel und Gift ergibt sich aus der Aussage des einvernommenen Zeugen EE.

IV.      Rechtslage und Erwägungen:

Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG ist die Einstellung des Verfahrens zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat, was gegenständlich der Fall ist, weshalb insgesamt spruchgemäß zu entscheiden war.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof Verfahrenshilfe zu beantragen. Verfahrenshilfe ist zur Gänze oder zum Teil zu bewilligen, wenn die Partei außerstande ist, die Kosten der Führung des Verfahrens ohne Beeinträchtigung des notwendigen Unterhalts zu bestreiten bzw wenn die zur Führung des Verfahrens erforderlichen Mittel weder von der Partei noch von den an der Führung des Verfahrens wirtschaftlich Beteiligten aufgebracht werden können und die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht als offenbar mutwillig oder aussichtslos erscheint.

Der Antrag auf Verfahrenshilfe ist innerhalb der oben angeführten Frist für das Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beim Verfassungsgerichtshof und für das Revisionsverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof beim Verwaltungsgerichtshof einzubringen. Im Antrag an den Verwaltungsgerichtshof ist, soweit dies dem Antragsteller zumutbar ist, kurz zu begründen, warum entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.

Zudem besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Mag.a Weißgatterer

(Richterin)

Schlagworte

Herstellung und Vertrieb von Arzneimittel und Giften; Dimethylsulfoxid; Einstellung des Verfahrens;

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2017.28.2661.6

Zuletzt aktualisiert am

03.10.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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