TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/24 98/03/0293

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Veröffentlicht am 24.11.1999
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
50/03 Personenbeförderung Güterbeförderung;

Norm

AVG §56;
BetriebsO 1994 §13 Abs1;
BetriebsO 1994 §15 Abs1;
BetriebsO 1994 §2;
BetriebsO 1994 §4 Abs1;
BetriebsO 1994 §6 Abs1 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer, Dr. Gruber, Dr. Gall und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des CS in F, vertreten durch Dr. Wolfgang Blum, Dr. Michael Brandauer und Mag. Johannes Blum, Rechtsanwälte in 6800 Feldkirch, Marktplatz 8, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 18. August 1998, Zl. Ib-780-1/97, betreffend einen Feststellungsbescheid in einer Angelegenheit nach der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund (Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war im maßgebenden Zeitpunkt Inhaber eines Taxilenkerausweises.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Feldkirch vom 5. Dezember 1996 wurde gemäß § 2 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr - BO 1994, BGBl. Nr. 951/1993, in der Fassung der Verordnung BGBl. Nr. 1028/1994, festgestellt, dass der Beschwerdeführer "nicht vertrauenswürdig im Sinne der obzitierten Bestimmung ist".

Der gegen diesen Bescheid vom Beschwerdeführer erhobenen Berufungen wurde mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid mit der Maßgabe keine Folge gegeben, dass der Spruch wie folgt zu lauten habe:

"Gemäß § 2 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr (BO 1994), BGBl. Nr. 951/1993

idF BGBl. Nr. 1028/1994, wird festgestellt, dass CS, ..., nicht berechtigt ist, im Fahrdienst des nichtlinienmäßigen Personenverkehrs tätig zu sein."

In der Begründung dieses Bescheides legte die belangte Behörde ihre Auffassung über die (nicht gegebene) Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers dar, weshalb der bekämpfte Bescheid "spruchgemäß" zu bestätigen gewesen sei, "gleichzeitig war jedoch der Spruch entscheidend anzupassen, weil nur ein Recht oder Rechtsverhältnis festgestellt werden kann (VwGH 98/03/0053)".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof vertrat im Erkenntnis vom 20. Mai 1998, Zl. 98/03/0053, die Auffassung, dass Gegenstand eines Feststellungsbescheides grundsätzlich nur die Feststellung eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses sein könne. Darüber hinausgehende Feststellungen bedürften einer ausdrücklichen Regelung. Bei einer Feststellung der Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 2 BO 1994 handle es sich nicht um ein Recht oder Rechtsverhältnis, sondern um ein bloßes Tatbestandselement, für dessen gesonderte bescheidmäßige Feststellung die BO 1994 eine besondere Anordnung nicht vorsehe. Die belangte Behörde ist dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gefolgt. Dennoch belastete sie aus den unten stehenden Erwägungen, die im Übrigen die Unzulässigkeit der Abspaltung des Tatbestandselements der Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 2 BO 1994 und dessen Verselbständigung als Bescheidgegenstand veranschaulichen, den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit:

Der Beschwerdeführer macht (u.a.) geltend, in unrichtiger rechtlicher Beurteilung stütze sich die belangte Behörde auf § 2 BO 1994. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung und unter Zugrundelegung der von der belangten Behörde getroffenen Annahmen hätte nach § 13 BO 1994 vorgegangen werden müssen. Dem Beschwerdeführer hätte der Ausweis zeitlich begrenzt abgenommen werden müssen. Ein Feststellungsverfahren sei gesetzlich nicht vorgesehen und sohin rechtswidrig.

Nach § 2 erster Satz BO 1994 dürfen im Fahrdienst nur vertrauenswürdige Personen tätig sein.

Als Lenker im Fahrdienst (Taxilenker) dürfen nach § 4 Abs. 1 BO 1994 nur Personen tätig werden, die einen Ausweis nach dem Muster der Anlage 1 besitzen. Nach Abs. 2 dieses Paragraphen darf der Gewerbeinhaber im Fahrdienst nur Lenker verwenden, die Inhaber eines derartigen Ausweises sind.

§ 6 Abs. 1 Z. 3 BO 1994 bestimmt, dass der Ausweis auszustellen ist, wenn (u.a.) der Bewerber vertrauenswürdig ist; die Vertrauenswürdigkeit muss mindestens in den letzten fünf Jahren vor der Ausstellung des Ausweises nachweislich gegeben sein.

Der Ausweis ist nach § 13 Abs. 1 BO 1994 von Amts wegen für einen der Schwere des Einzelfalles angemessenen, im Falle der zeitlichen Beschränkung gemäß § 10 Abs. 2 die Geltungsdauer des Ausweises jedoch nicht überschreitenden Zeitraum zurückzunehmen, wenn eine der im § 6 bezeichneten Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 4. November 1992, Slg. Nr. 13.732/A, unter Bezugnahme auf seine ständige Rechtsprechung ausgesprochen hat, sind die Verwaltungsbehörden befugt, im Rahmen ihrer örtlichen und sachlichen Zuständigkeit Feststellungsbescheide zu erlassen, wenn hiefür entweder eine ausdrückliche gesetzliche Anordnung oder ein im privaten oder öffentlichen Interesse begründeter Anlass vorliegt und die Verwaltungsvorschriften nichts anderes bestimmen.

Für den Beschwerdefall ist zunächst festzuhalten, dass in der BO 1994 eine ausdrückliche Anordnung für die Erlassung eines Feststellungsbescheides wie dem vorliegenden fehlt.

Ausgehend vom Beschwerdevorbringen ist weiters festzustellen, dass die Frage, wer als Taxilenker tätig sein darf, durch den Verordnungsgeber insoweit geregelt ist, als der Taxilenker für seine Tätigkeit im Besitz eines - im Wege eines rechtsgestaltenden Bescheides zu erteilenden - "Taxiausweises" sein muss (§ 4 Abs. 1 BO 1994). Ähnliches gilt für den "Schulbusfahrer" (vgl. § 15 Abs. 1 BO 1994).

Es trifft wohl zu, dass nach der allgemeinen Formulierung des § 2 erster Satz BO 1994 die im Fahrdienst tätigen Personen vertrauenswürdig sein müssen. Allerdings sieht das in den §§ 4 bis 14 in der BO 1994 als "besondere Bestimmungen für das Taxigewerbe" getroffene Regelungssystem vor, dass die Vertrauenswürdigkeit Tatbestandsvoraussetzung für die Erteilung des "Taxiausweises" und (damit korrespondierend) deren Verlust Tatbestandsvoraussetzung für die Zurücknahme des Ausweises ist. Das heißt, dass hinsichtlich der Tätigkeit des Taxilenkers die BO 1994 die Frage seiner Vertrauenswürdigkeit im Zusammenhang mit dem zu erteilenden und (als contrarius actus) zurückzunehmenden "Taxilenkerausweis" regelt. Vergleichbares gilt für die "Schulbusfahrer" nach den besonderen Bestimmungen der BO 1994 für Schülertransporte (§§ 15 und 16).

Ist also etwa die Vertrauenswürdigkeit nicht mehr gegeben, so hat die Behörde den Ausweis nach § 13 BO 1994 zurückzunehmen und ist es nicht schon vorher allein auf Grund der Regelung des § 2 erster Satz BO 1994 unzulässig, als Taxifahrer (als Schulbusfahrer) im Fahrdienst tätig zu sein. Es ist nämlich dem Verordnungsgeber nicht zu unterstellen, dass er ungeachtet der Rechtsgestaltung in Form des "Taxiausweises", also der diesbezüglichen Begründung sowie (hinsichtlich der Zurücknahme) Beendigung des Rechtes als Taxifahrer (als Schulbusfahrer) tätig zu sein, angeordnet wissen wollte, der Taxilenker (der Schulbusfahrer) dürfe schon auf Grund der Verordnung (ohne Dazwischentreten eines Bescheides) bei mangelnder Vertrauenswürdigkeit nicht mehr tätig sein.

Die belangte Behörde verkannte daher mit dem angefochtenen Bescheid - in einem Fall wie dem vorliegenden - schon deshalb die Rechtslage, weil sie allgemein, also auch hinsichtlich der Taxilenkertätigkeit, feststellte, der Beschwerdeführer sei nicht berechtigt, im Fahrdienst des nichtlinienmäßigen Personenverkehrs tätig zu sein.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 24. November 1999

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1998030293.X00

Im RIS seit

21.02.2002
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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