TE Vwgh Erkenntnis 1999/11/25 94/15/0195

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.11.1999
beobachten
merken

Index

53 Wirtschaftsförderung;

Norm

StruktVG 1969 §1 Abs3;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 94/15/0208

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel sowie die Hofräte Dr. Karger, Dr. Sulyok, Dr. Fuchs und Dr. Zorn als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Doralt, über die Beschwerde der S AG in G, vertreten durch Dr. Robert Briem, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Volksgartenstraße 5, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Steiermark, Berufungssenat, vom 5. November 1993, B 34-10/92, betreffend Körperschaftsteuer für die Jahre 1986 und 1987, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Gegenstand und Zweck des Unternehmens der Beschwerdeführerin, einer AG, ist ua das Aufsuchen, die Gewinnung, der Kauf und die Abgabe von brennbaren Gasen, die Planung, Finanzierung, Errichtung und der Betrieb von Gasverteilungsanlagen, der Erwerb, die Pachtung oder Verpachtung sowie der Betrieb von gewerblichen und industriellen Unternehmungen jeder Art und deren Nebenbetrieben, insbesondere die Zusammenfassung aller Gaserzeugungs- und Gasverteilungsanlagen im Bundesland Steiermark und deren Verbindung mit Anlagen gleicher oder ähnlicher Art in anderen Bundesländern, die Versorgung des Bundeslandes Steiermark mit brennbaren Gasen, ferner die Verfassung und Ausführung von Projekten für Anlagen zur Verwertung von brennbaren Gasen, die Installation und der Betrieb solcher Anlagen sowie der Betrieb aller zur Förderung dieser Zwecke dienenden Fabrikations- und Handelsgeschäfte.

Mit Vertrag vom 9. Juni 1983 wurden zwei regionale steirische Gasversorgungsgesellschaften mbH unter Inanspruchnahme der steuerlichen Begünstigung des § 1 Abs 1 lit a StruktVG verschmolzen. Mit Vertrag vom 20. März 1986 wurden die mit Vertrag vom 9. Juni 1983 verschmolzenen regionalen steirischen Gasversorgungsgesellschaften mbH mit der Beschwerdeführerin als übernehmende Gesellschaft ebenfalls nach § 1 Abs 1 lit a StruktVG verschmolzen.

In beiden Verschmelzungsfällen ergab sich aus den Unterschiedsbeträgen zwischen den Buchwerten der Beteiligungen der übernehmenden Gesellschaften an den übertragenden Gesellschaften und den niedrigeren Buchwerten des Vermögens der übertragenden Gesellschaften ein Verschmelzungsmehrwert. Für den als Aktivposten in die Bilanz der Beschwerdeführerin aufgenommenen Verschmelzungsmehrwert von rund 63 Mio S wurde in den Streitjahren eine AfA von je 10 % geltend gemacht. In den Erläuterungen zu den Jahresabschlüssen der Beschwerdeführerin wird ausgeführt, der Verschmelzungsmehrwert sei darauf zurückzuführen, "dass der Kaufpreis für die Gesellschaftsanteile der Gasversorgungsgesellschaft mbH in der Hauptsache wegen des weit über dem Buchwert des Unternehmens liegenden Substanzwertes den nominellen Wert der Gesellschaftsanteile überstiegen hat (insbesondere stille Reserven im Leitungsnetz)".

Das Finanzamt ließ die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten AfA mit der Begründung nicht zu, Buchverluste aus Verschmelzungsvorgängen dürften gemäß § 1 Abs 3 StruktVG weder in einem Betrag noch in Form der Abschreibung eines - sei es auch unter dem Titel Firmenwert - aktivierten Verschmelzungsmehrwertes (§ 228 AktG) berücksichtigt werden.

Mit Berufung wandte die Beschwerdeführerin ein, wenn der Gesamtnennbetrag oder der höhere Gesamtausgabebetrag der für die Veräußerung des Vermögens der übertragenden Gesellschaft gewährten Aktien die in der Schlussbilanz angesetzten Werte der einzelnen Vermögensgegenstände übersteige, so dürfe dieser Verschmelzungsmehrwert gemäß der nicht nur für Verschmelzungen, sondern auch für Sacheinlagen anzuwendenden Bestimmung des § 228 Abs 2 AktG als Aktivposten in die Bilanz der übernehmenden Gesellschaft aufgenommen werden. Die übernehmende Gesellschaft habe ein Wahlrecht, den Verschmelzungsmehrwert zu aktivieren oder als Aufwand geltend zu machen. Gesellschaftsrechtlich dürfe der aktivierte Verschmelzungsmehrwert, der einen Firmenwert darstelle, durch angemessene jährliche Abschreibung getilgt werden (§ 133 Z 5 und § 228 Abs 2 AktG). Seitdem die Worte "Geschäfts- oder Firmenwert" im Klammerausdruck des § 6 Z 2 EStG 1972 nicht mehr enthalten seien, vertrete die überwiegende Literatur die Auffassung, die Abschreibung des Verschmelzungswertes sei steuerlich zu berücksichtigen, wobei es unerheblich sei, ob sich der Verschmelzungsmehrwert aus einer echten (§ 1 Abs 1 StruktVG) oder einer unechten (§ 1 Abs 2 leg cit) Verschmelzung ergeben habe.

In einer abweisenden Berufungsvorentscheidung hielt das Finanzamt der Beschwerdeführerin vor, in § 1 Abs 3 StruktVG werde ausdrücklich normiert, dass im Fall einer Verschmelzung nach Abs 1 leg cit ein daraus entstehender Buchgewinn oder Buchverlust bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens der übernehmenden Gesellschaft außer Ansatz zu bleiben habe. Voraussetzung sei, dass der Verschmelzungsmehrwert als Buchgewinn einer gesondert auszuweisenden Rücklage zugeführt werde. Bei dieser Rechtslage bleibe für die von der Beschwerdeführerin vertretene Interpretation kein Raum, weswegen sich ein weiteres Eingehen auf aktienrechtliche Bestimmungen erübrige.

Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz nahm die Beschwerdeführerin zu den Ausführungen in der Berufungsvorentscheidung nicht Stellung.

In der mündlichen Verhandlung vertrat die Beschwerdeführerin im Wesentlichen die Ansicht, der Verschmelzungsmehrwert sei durch den Erwerb von Anteilen an den Gasversorgungsgesellschaften mbH zu einem Kaufpreis von rund 60 Mio S, denen aber nur ein Anteil am Kapital von rund 6 Mio S gegenübergestanden sei, entstanden. Da der Erwerb von Anteilen bereits vor den beiden Verschmelzungen erfolgt sei, habe keine Möglichkeit zur Abschreibung des Kaufpreises bestanden, obwohl "Verluste" durch die buchmäßigen Differenzen zwischen dem Kaufpreis und dem Anteil der Beteiligung entstanden seien. Nach den handelsrechtlichen Bestimmungen (§ 228 AktG) sei der Verschmelzungsmehrwert aus Gründen des Gläubigerschutzes zu aktivieren. Dadurch entstehe ein Konflikt zwischen Handels- und Steuerrecht. Die Bestimmungen des § 1 Abs 1 bis 3 StruktVG dürften das Handelsrecht nicht beeinflussen. Nach dem UmgrStG dürften Firmenwerte und "Verschmelzungsverluste" abgeschrieben werden, was sich auch aus § 8 Abs 3 EStG 1988 ergebe.

Im nunmehr angefochtenen Bescheid vertritt die belangte Behörde unter Hinweis auf § 1 Abs 3 StruktVG sowie Wiesner, Buchgewinne und Buchverluste sowie Rechtsbeziehungen zwischen den Umgründern, SWK 1992, A I 124, und Quantschnigg, Die ertragsteuerliche Behandlung der Verschmelzung im Strukturverbesserungsrecht, Festschrift für Egon Bauer, 269 f, die Ansicht, die steuerliche Abschreibung eines Verschmelzungsmehrwertes sei ohne entsprechende gesetzliche Regelung auch unter dem Titel Firmenwert im Gegensatz zur Meinung von Helbich, Schriften zum österreichischen Abgabenrecht, Umgründungen4, 248, nicht möglich. Außerdem verbiete § 1 Abs 3 StruktVG den Ansatz von Buchverlusten bei Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens der übernehmenden Gesellschaft ausdrücklich und ganz allgemein, somit sowohl bei der Abschreibung des Buchverlustes in einem Betrag als auch im Weg der AfA bei Einstellung eines Aktivpostens in die Bilanz der übernehmenden Gesellschaft nach § 228 AktG. Die immer wieder erhobene Forderung, die Abschreibung eines Verschmelzungsmehrwertes (nach Helbich offenbar beschränkt auf den Firmenwert) als steuerwirksamen Aufwand anzuerkennen, sei im Hinblick auf das durch § 19 Abs 2 KStG 1966 und damit auch für Verschmelzungen von Körperschaften vorgegebene Gebot der Buchwertfortführung verfehlt. Ein Verschmelzungsmehrwert könne auch nach dem im Beschwerdefall nicht anzuwendenden UmgrStG nur insoweit abgeschrieben werden, als bei der Anschaffung von Gesellschaftsanteilen an der übertragenden oder übernehmenden Körperschaft ein Firmenwert abgegolten werde. Buchverluste, die auf stille Reserven in der übertragenden Gesellschaft zurückzuführen seien, blieben bei der Gewinnermittlung weiterhin außer Ansatz. Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem die Umwandlung einer Körperschaft in eine Personengesellschaft betreffenden Erkenntnis vom 27. Jänner 1981, 2583, 2643/79, ausgeführt habe, seien die dabei entstehenden Übergangsgewinne steuerlich ebenso wenig zu berücksichtigen wie die Übergangsverluste; dies weder in einem Betrag noch in Teilbeträgen verteilt über mehrere Jahre noch unter einem anderen Titel, wie etwa dem eines Firmenwertes. Die Verluste der umgewandelten Gesellschaft könnten nämlich zugleich Ursache für einen Übergangsverlust iSd § 6 Abs 2 StruktVG sein, weswegen es von der Sache her durchaus gerechtfertigt erscheine, wenn dieselbe Verlustkomponente nicht zweimal zum Zug komme. Mit diesem Erkenntnis habe sich der Verwaltungsgerichtshof gegen eine über die Buchwertfortführung hinausgehende Begünstigung von Umgründungen jeder Art ausgesprochen.

Über die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

Unter Hinweis auf zahlreiche Literaturstellen behauptet die Beschwerdeführerin, die Bestimmung des § 1 Abs 3 StruktVG, wonach bei Verschmelzungen von Körperschaften Buchgewinne oder Buchverluste bei Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens außer Ansatz zu bleiben hätten, gelte nicht für den in einem Verschmelzungsmehrwert enthaltenen Firmenwert. Ziel des StruktVG sei es, die Steuerhängigkeit der im Rahmen einer Verschmelzung von Körperschaften übergegangenen stillen Reserven auf die jeweils übernehmende Gesellschaft zu gewährleisten. Da jedoch im Liquidationsfall keine Besteuerung des Firmenwertes erfolge, sei der Firmenwert auch auf der Ebene der übernehmenden Gesellschaft nicht steuerhängig zu halten. Wie ein Vergleich mit anderen Umgründungsformen zeige, sei es auch bei einer Verschmelzung nach § 1 Abs 1 lit a StruktVG im Rahmen einer systematischen Auslegung geboten, bei der übernehmenden Gesellschaft die Abschreibung des Firmenwertes zuzulassen.

Mit diesen Ausführungen zeigt die Beschwerdeführerin keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf. Im Beschwerdefall ist als Verschmelzungsmehrwert der Unterschiedsbetrag zwischen dem Buchwert der Beteiligung der übernehmenden Gesellschaft an der übertragenden Gesellschaft und dem Buchwert des Reinvermögens bei der übertragenden Gesellschaft zu verstehen. Auch bei Verschmelzungen auf betrieblicher Grundlage können Buchverluste wegen der ausdrücklichen Norm des § 1 Abs 3 StruktVG steuerlich nicht berücksichtigt werden, und zwar auch nicht in Form der Abschreibung des in der Handelsbilanz aktivierten Verschmelzungsmehrwertes. Dabei kommt es nicht darauf an, auf welche Komponenten der Buchverlust zurückzuführen ist (vgl das hg Erkenntnis vom 22. Oktober 1997, 95/13/0217, Slg Nr 7222/F, mwA).

In Ausführung der behaupteten Verletzung von Verfahrensvorschriften trägt die Beschwerdeführerin vor, die belangte Behörde habe es unterlassen festzustellen, inwieweit im Verschmelzungsmehrwert ein Firmenwert enthalten sei.

Mit diesen Ausführungen zeigt die Beschwerdeführerin keine Verletzung von Verfahrensvorschriften auf, weil - wie eben ausgeführt - Buchverluste steuerlich nicht berücksichtigt werden können.

Die Beschwerde erweist sich somit insgesamt als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr 416/1994.

Wien, am 25. November 1999

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1994150195.X00

Im RIS seit

26.11.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten