TE Bvwg Beschluss 2018/8/13 W249 2201884-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.08.2018
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Entscheidungsdatum

13.08.2018

Norm

Auskunftspflichtgesetz §1 Abs1
AVG §56
B-VG Art.133 Abs4
B-VG Art.20 Abs4
FMGebO §47
FMGebO §48
FMGebO §49
FMGebO §50
FMGebO §51
RGG §3 Abs1
RGG §3 Abs5
RGG §4 Abs1
RGG §6 Abs1
RGG §6 Abs2
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W249 2201884-1/3E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ingrid ZEHETNER als Einzelrichterin über das Auskunftsbegehren von XXXX vom 25.07.2018 bzw. 26.07.2018 beschlossen:

A)

Das Auskunftsbegehren wird gemäß §§ 28 Abs. 1 und 31 Abs.1 VwGVG iVm § 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz wegen Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurückgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Mit Schreiben vom 25.07.2018 (Betreff: "Ungerechtfertigte Bezahlung der GIS-Gebühren Juni/Juli 2018, Anfrage"), hg. eingelangt am 27.07.2018, begehrte die Auskunftssuchende auf postalischem Weg nach Anraten der Arbeiterkammer XXXX Auskunft vom Bundesverwaltungsgericht dazu, ob es eine Möglichkeit gebe, den Gebühren der Gebühren Info Service GmbH ("GIS") von ca. EUR XXXX ,--, die sie "ungerecht bezahlen müsste", zu entgehen.

Zusammengefasst sei der nunmehr gesetzten Einzahlfrist der GIS vorangegangen, dass am 25.06.2018 zwischen 17:30 und 17:45 Uhr eine Mitarbeiterin des Unternehmens an der ehemaligen Wohnadresse der Auskunftssuchenden geläutet habe. Die Auskunftssuchende habe dann - wohl bedingt durch ihre Übermüdung nach ihrer Rückkehr aus einem Auslandsurlaub - mit einer Unterschrift bestätigt, Rundfunkgeräte zu besitzen, obwohl sie solche in ihrer Wohnung nicht gehabt habe. Der Auskunftssuchenden sei kurz darauf das "Missverständnis" ihrerseits aufgefallen, weshalb sie der GIS-Mitarbeiterin nachgelaufen sei, die ihr geraten habe, auf "Schriftliches" zu warten und es dann wieder "rückgängig" zu machen.

Die Auskunftssuchende habe das Bundesverwaltungsgericht telefonisch nicht erreicht, sodass diese ihr Begehren per E-Mail am 26.07.2018 wiederholte. Ergänzend zum bisherigen Sachverhalt wurde darin vorgetragen, dass sich die Auskunftssuchende 14 Tage nach dem Vorfall an die GIS gewendet habe, jedoch ohne Erfolg.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen

Der maßgebliche Sachverhalt ergibt sich aus den unter I. angeführten Ausführungen.

2. Beweiswürdigung

Diese Ausführungen gründen sich auf die beiden Schreiben der Auskunftssuchenden, welche Teil des Verfahrensaktes des Bundesverwaltungsgerichtes sind.

3. Rechtliche Beurteilung

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Zu A)

3.2. Die GIS hat der Auskunftssuchenden eine Zahlungsanweisung geschickt. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind Bescheide nach § 56 AVG individuelle, hoheitliche Erledigungen der Verwaltungsbehörde, durch die in bestimmten Verwaltungssachen in einer förmlichen Weise über Rechtsverhältnisse materiell-rechtlicher oder formell-rechtlicher Art abgesprochen wird, sei es, dass Rechtsverhältnisse festgestellt, sei es, dass sie gestaltet werden (vgl. VwGH 19.12.2013, 2013/03/0145). Die näheren Vorschriften, welche Bestandteile ein Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufzuweisen hat, finden sich in §§ 58 ff AVG; darunter ist insbesondere auch das Erfordernis genannt, dass jeder Bescheid als solcher zu bezeichnen ist und eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten hat. Eine förmliche, normative Erledigung einer Verwaltungsangelegenheit ist bei der genannten Zahlungsanweisung daher nicht gegeben. Mangels Bescheidcharakters liegt demnach kein tauglicher Anfechtungsgegenstand vor.

3.3. Die Zahlungsanweisung der GIS ist auch nicht als ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu beurteilen. Eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt nämlich nur dann vor, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig gegen einen individuell bestimmten Adressaten einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und damit unmittelbar - das heißt ohne vorangegangenen Bescheid - in subjektive Rechte des Betroffenen eingreift. Das ist im Allgemeinen dann der Fall, wenn physischer Zwang ausgeübt wird oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwangs bei Nichtbefolgung eines Befehls droht. Es muss ein Verhalten vorliegen, das als Ausübung von "Zwangsgewalt", zumindest aber als - spezifisch verstandene - Ausübung von "Befehlsgewalt" gedeutet werden kann. Als unverzichtbares Merkmal eines Verwaltungsakts in der Form eines Befehls gilt, dass dem Befehlsadressaten eine bei Nichtbefolgung unverzüglich einsetzende physische Sanktion angedroht wird. Liegt kein ausdrücklicher Befolgungsanspruch vor, so kommt es darauf an, ob bei objektiver Betrachtungsweise aus dem Blickwinkel des Betroffenen bei Beurteilung des behördlichen Vorgehens in seiner Gesamtheit der Eindruck entstehen musste, dass bei Nichtbefolgung der behördlichen Anordnung mit ihrer unmittelbaren zwangsweisen Durchsetzung zu rechnen ist (vgl. VwGH 20.12.2016, Ra 2015/03/0048, mwN). Werden keine Zwangsmaßnahmen gesetzt oder angedroht oder müssen diese nicht zwangsläufig erwartet werden, was gegenständlich der Fall ist, liegt keine vor den Verwaltungsgerichten bekämpfbare Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vor (vgl. zuletzt VwGH 26.06.2018, Ra 2018/05/0184).

3.4. Vielmehr handelt es sich bei den Schriftstücken um ein Auskunftsbegehren. In diesem Kontext wird auf Art. 20 Abs. 4 B-VG verwiesen, der vorsieht, dass alle Bundes-, Landes- und Gemeindeverwaltungsorgane sowie Organe aller anderen öffentlich-rechtlichen Körperschaften verpflichtet sind, über alle Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskunft zu erteilen. Zur Erlassung der einfachgesetzlichen Ausführungsvorschriften ist gemäß Art. 20 Abs. 4 zweiter Satz B-VG einerseits der Bund in Gesetzgebung und Vollziehung hinsichtlich der Bundesorgane zuständig und andererseits sind hinsichtlich der Organe der Länder und Gemeinden der Bund für die Grundsatzgesetzgebung und die Länder für die Ausführungsgesetze und die Vollziehung verantwortlich. Der Bundesgesetzgeber hat somit auf Grundlage dieser Verfassungsbestimmung das Auskunftspflichtgesetz und das Auskunftspflicht-Grundsatzgesetz erlassen, wobei die allgemeine Auskunftspflicht nur die Verwaltung betrifft. Hiervon sind sowohl die Hoheitsverwaltung als auch auf die Privatwirtschaftsverwaltung umfasst (Eberhard/Ranacher/Weinhandl/Wallnöfer, Recht-sprechungsbericht: Landesverwaltungsgerichte, Bundesverwaltungsgericht und Verwaltungsgerichtshof, ZfV 2016, Seite 375).

Mit dem Auskunftspflichtgesetz sollte die Auskunftspflichtregelung nach dem Muster des Bundesministeriumsgesetzes 1986 über den Kreis der Bundesministerien hinaus auf alle Organe der Verwaltung des Bundes ausgeweitet werden. In den Erläuterungen zum Besonderen Teil wird zu § 1 ausgeführt, dass die Auskunftspflicht "nunmehr alle Organe des Bundes und der bundesgesetzlich geregelten Selbstverwaltung erfassen" soll. "Sie gilt für die Hoheitsverwaltung - insbesondere auch für die Justizverwaltung im formellen Sinn - ebenso wie für die Privatwirtschaftsverwaltung" (s. Erläuterungen zur Regierungsvorlage, 41 der Beilagen XVII. GP).

§ 1 Abs. 1 Auskunftspflichtgesetz (Bundesgesetz vom 15. Mai 1987 über die Auskunftspflicht der Verwaltung des Bundes und eine Änderung des Bundesministeriengesetzes 1986, BGBl. Nr. 287/1987 idF BGBl. I Nr. 158/1998) sieht demnach vor, dass "die Organe des Bundes sowie die Organe der durch die Bundesgesetzgebung zu regelnden Selbstverwaltung über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches Auskünfte zu erteilen [haben], soweit eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht dem nicht entgegensteht".

Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass sich der Anwendungsbereich des Auskunftspflichtgesetzes nicht auf die Gerichtsbarkeit, unter die auch das Bundesverwaltungsgericht fällt, erstreckt und war daher das verfahrensgegenständliche Begehren auf Auskunft aufgrund der Unzuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichtes zurückzuweisen.

3.5. Es wird darauf hingewiesen, dass für die Auskunftssuchende die Möglichkeit besteht, das Serviceangebot "Erste Anwaltliche Auskunft" der Rechtsanwaltskammern Österreichs für eine kostenlose Erstberatung in Anspruch zu nehmen (s. https://www.rechtsanwaelte.at/buergerservice/servicecorner/erste-anwaltliche-auskunft/).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Trotz Fehlens einer Rechtsprechung des VwGH zum Anwendungsbereich des Auskunftspflichtgesetzes hinsichtlich der Verwaltungsgerichtsbarkeit liegt auch hier keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, da die Rechtslage eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053 und zuletzt VwGH 29.07.2015, Ra 2015/07/0095).

Schlagworte

Anwendungsbereich, Auskunftsbegehren, Auskunftspflicht,
Bescheidcharakter, Gebührenpflicht, Gerichtsbarkeit, Unzuständigkeit
BVwG, Zahlungsaufforderung, Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W249.2201884.1.00

Zuletzt aktualisiert am

05.10.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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