TE Vwgh Beschluss 2018/9/4 Ra 2018/01/0355

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Veröffentlicht am 04.09.2018
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Passrecht Fremdenrecht;

Norm

AsylG 2005 §18 Abs1;
AVG §46;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek sowie die Hofräte Dr. Kleiser und Dr. Fasching als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Kienesberger, über die Revision der E B K W, vertreten durch Dr. Martin Dellasega und Dr. Max Kapferer, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2/2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juni 2018, Zl. I403 2170847- 1/13E, betreffend eine Angelegenheit nach dem AsylG 2005 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) wurde in der Sache der Antrag der Revisionswerberin, einer Staatsangehörigen von Kamerun, auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen, ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass eine Abschiebung nach Kamerun zulässig sei und eine vierzehntägige Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt.

2 Begründend führte das BVwG (nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung) im Wesentlichen aus, das Vorbringen der Revisionswerberin zu ihrer homosexuellen Orientierung sei nicht glaubwürdig. Die Revisionswerberin habe Kamerun nicht verlassen, weil sie wegen ihrer homosexuellen Orientierung inhaftiert, aus dem polizeilichen Gewahrsam geflüchtet und von den Sicherheitsbehörden gesucht worden sei. Die Angaben der Revisionswerberin seien auch unter Berücksichtigung der kulturellen Tabuisierung von Homosexualität oberflächlich, widersprüchlich und nicht plausibel.

3 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Revision begründet ihre Zulässigkeit zusammengefasst damit, dass die Beweiswürdigung des BVwG aus näher angeführten Gründen in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden sei. Die Erwägungen des BVwG seien widersprüchlich, es habe keinen Vertrauensanwalt vor Ort mit Ermittlungen beauftragt, der Revisionswerberin pauschal ein strafbares Verhalten unterstellt und sich mit ihrem Verhalten in der mündlichen Verhandlung nicht ausreichend auseinandergesetzt. Das BVwG habe aktenwidrig den Länderfeststellungen widersprechende Erwägungen angestellt. Es fehle zudem Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage, ob die homosexuelle Gesinnung offen gezeigt werden muss.

8 Das Revisionsmodell soll sich nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP, 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (vgl. VwGH 24.4.2014, Ra 2014/01/0010; vgl. aus jüngerer Zeit etwa VwGH 30.4.2018, Ra 2018/01/0172).

9 Eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit der Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen hat (vgl. VwGH 15.2.2018, Ra 2018/01/0061, mwN).

10 Eine derart krasse Fehlbeurteilung des BVwG im Rahmen der Beweiswürdigung wird mit dem Zulässigkeitsvorbringen nicht dargetan.

11 Zu den behaupteten Aktenwidrigkeiten genügt es darauf hinzuweisen, dass - sofern dem Vorbringen des Revisionswerbers zu folgen wäre - angesichts der übrigen beweiswürdigenden Argumente nicht zu erkennen ist, dass dadurch die Beweiswürdigung insgesamt unvertretbar wäre (VwGH 30.4.2018, Ra 2018/01/0172).

12 Zum Vorbringen, das BVwG habe keine Ermittlungen im Herkunftsstaat der Revisionswerberin vorgenommen, ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, nach der kein allgemeines Recht auf Einzelfallprüfung durch Recherche in der Heimat besteht. Die Beurteilung der Notwendigkeit obliegt vielmehr der ermittelnden Behörde (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/18/0100). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht ausreicht, die Außerachtlassung von Verfahrensvorschriften zu behaupten, ohne die Relevanz der genannten Verfahrensmängel darzulegen. Die Relevanz der geltend gemachten Verfahrensfehler ist in konkreter Weise darzulegen (VwGH 4.5.2018, Ra 2018/01/0178, mwN). Die allgemeinen Ausführungen in der Zulässigkeitsbegründung werden dieser Anforderung nicht gerecht.

13 Die in der Revision aufgeworfene Rechtsfrage, ob die sexuelle Gesinnung offen gezeigt werden muss, erweist sich im konkreten Fall schon deshalb als nicht relevant, weil das BVwG das Vorbringen der Revisionswerberin zu ihrer homosexuellen Orientierung als nicht glaubwürdig ansah.

14 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 3. September 2018

Schlagworte

Beweismittel Auskünfte Bestätigungen Stellungnahmen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018010355.L00

Im RIS seit

01.10.2018

Zuletzt aktualisiert am

02.10.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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