TE Bvwg Erkenntnis 2018/6/25 I406 2152903-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.06.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

25.06.2018

Norm

AuslBG §11
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

I406 2152903-1/16E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Gerhard KNITEL als Vorsitzenden sowie die fachkundigen Laienrichter Maria WODOUNIK und Mag. Markus HINTNER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, geboren am XXXX, StA. Türkei, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Paul DELAZER, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Innsbruck, Regionale Geschäftsstelle, Schöpfstraße 5, 6010 Innsbruck vom 06.03.2017, ZI. 08114/SB-Nr. 1527562/ GF: 3832558 ABB-Nr. 3832558, in nichtöffentlicher Sitzung am 22.06.2018 zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 1 iVm Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer stellte am 12.12.2016, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Paul DELAZER, beim Ausländerfachzentrum der Regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Innsbruck einen Antrag auf Erteilung einer Sicherungsbescheinigung.

Dem Antrag beigelegt war:

* Türkische Republik Personalausweis Nr. XXXX von XXXX

* Teilnahmebestätigung der Privaten Ausbildungsanstalt ANIT vom 07.03.2016 über die Beendigung des Kurses Konditor und Bäcker im Ausmaß von 1020 Stunden

* Dienstzeugnis der Konditorei XXXX vom 01.02.2016

* Gesellenurkunde Berufszweig Konditor und Zuckerbäcker des Unterrichtsministeriums der Türkischen Republik vom 15.07.2016

* Vermittlungsauftrag des Cafe Konditorei XXXX

Weiters wurde ausgeführt, dass XXXX gelernter Konditor sei und auch Berufserfahrung in der Türkei habe. Es sei beabsichtigt, dass er in der Konditorei des Beschwerdeführers in der XXXX in 6020 Innsbruck als Konditor arbeiten solle. Der Beschwerdeführer betreibe seit Jahren diese Konditorei sehr erfolgreich, er arbeite in der Nacht und verkaufe untertags. Diesen enormen Arbeitsaufwand schaffe er aber nicht mehr länger, weshalb er bereits vor einigen Monaten dem AMS einen Vermittlungsauftrag erteilt habe, um einen Konditorgeselle mit Berufserfahrung zu finden. Bisher sei ihm kein einziger vermittelt worden. Nun habe er in der Türkei XXXX gefunden der bereit sei nach Österreich zu kommen und die Arbeit aufzunehmen. Er verfüge über eine entsprechende Ausbildung, die entsprechenden Kenntnisse und die entsprechende Berufserfahrung. Er sei türkischer Staatsbürger, sodass die österreichische Rechtslage vom Stand 01.01.1995 heranzuziehen sei. Österreich habe sich seit dem Beitritt zur EU am 01.01.1995 auch die Stillhalteklauseln des Art. 13 Arb. 1/8; bzw. Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls mit der Wirkung übernommen, dass sich für türkische Staatsbürger die Aufenthaltsbedingungen nicht mehr verschlechtern dürfen. Bei der Antragstellung werde das "Formular Sicherungsbescheinigung" verwendet, weil die Antragstellung auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung gerichtet sei. Allerdings werde dieser Antrag auf Sicherungsbescheinigung nach dem AuslBG i.d.F. vom 01.01.1995 beantragt.

2. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 11.01.2017 forderte diese den Beschwerdeführer auf Angaben zur Bruttoentlohnung und zur Dauer der beabsichtigten Beschäftigung in Österreich zu machen.

3. In seiner Stellungnahme vom 12.01.2017 erklärte der Beschwerdeführer, dass ein monatlicher Bruttolohn von € 1900,-- vorgesehen sei und die Beschäftigung auf Dauer geplant sei.

4. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 16.01.2017 wurde dem Beschwerdeführer mit einem Parteiengehör in Kenntnis gesetzt, dass laut Auskunft des Stadtmagistrats Innsbruck sowie der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck von XXXX noch nie ein Niederlassungs- bzw. Aufenthaltstitel beantragt und auch kein solcher erteilt worden sei. XXXX sei laut Auszug des Hauptverbands der österreichischen Sozialversicherungsträger noch nie in Österreich beschäftigt bzw. zu einer Beschäftigung angemeldet gewesen. Weiters sei ihm noch nie eine Beschäftigungsbewilligung oder andere Bewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz erteilt worden. Die belangte Behörde gab dem Beschwerdeführer unter Setzung einer zweiwöchigen Frist die Möglichkeit zur Stellungnahme.

5. In seiner Stellungnahme vom 26.01.2017 erklärte der rechtsfreundliche Vertreter, dass XXXX derzeit nicht in Österreich sei und auch noch nie in Österreich beschäftigt gewesen sei. Gleichwohl gelte die Stillhalteklausel des in Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls, das nach seinem Art. 62 Bestandteil des Assoziierungsabkommens sei. Weiters wurde der EuGH (Urteil vom 15.11.2011) wie folgt zitiert: "... enthaltene Stillhalteklausel zwar nicht aus sich heraus geeignet, türkischen Staatsbürgern allein auf der Grundlage des Unionsrechts ein Niederlassungsrecht und ein damit einhergehendes Aufenthaltsrecht zu verleihen, und kann ihnen auch weder ein Recht der freien Dienstleistung noch ein Recht zur Einreise in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates verschaffen; eine solche Klausel verbietet jedoch allgemein die Einführung neuer Maßnehmen die bezwecken oder bewirken, dass die Ausübung dieser wirtschaftlichen Freiheiten durch einen türkischen Staatsangehörigen in einem Mitgliedstaat strengeren Voraussetzungen als denjenigen unterworfen wird, die für ihn galten, als das Zusatzprotokoll in Bezug auf den betreffenden Mitgliedstaat in Kraft trat".

Die Art. 6 und 7 des ARB 1/80 würden aufgrund ihrer Diktion freilich nur für jene türkischen Staatsbürger, die in Europa bzw. in Österreich leben und arbeiten gelten. Diese Bevorzugungen, die in diesen beiden Artikel genannt seien, können nur jene türkische Staatsbürger in Anspruch nehmen, die die Voraussetzungen erfüllen und das seien eben jene, die bereits in Österreich leben und arbeiten. Für diese Personengruppe aber bräuchte es gar kein Stillhalteabkommen, weil in diesen beiden Artikeln ja ohnehin geregelt sei, welche Rechte diese Personengruppen genießen, wenn sie die Voraussetzungen erfüllen. Im Gegensatz zu Art. 13 ARB 1/80, der sich ausdrücklich auf die "Arbeitnehmer und ihre Familienangehörigen, deren Aufenthalt und Beschäftigung im Hoheitsgebiet ordnungsgemäß sind" beziehe, kenne Art. 41 des Zusatzprotokolls diese Einschränkung nicht. Art. 41

Abs. 1 des Zusatzprotokolls regle die Situation jener türkischen Staatsangehörigen, die in einem Mitgliedstaat von der Niederlassungsfreiheit Gebrauch machen wollen, deren Aufenthalt also in der Zukunft liege (vgl. Rn 89 des Urteiles EuGH C-256/11, aber auch Rn 28 in C- 186/10). Es sei nochmals zu betonen, dass es dieses Zusatzprotokoll nicht bräuchte, wenn es nur um jene türkischen Staatsbürger ginge, die bereits in Österreich rechtmäßig leben und arbeiten. Alle Anträge würden daher aufrecht bleiben.

Ergänzend möchte noch mitgeteilt werden, dass der Beschwerdeführer nun an Grippe erkrankt sei und er sein Geschäft zusperren müsse, da er trotz Unterstützung des AMS keine ausgebildete Arbeitskraft finden konnte die in der Lage wäre, ihn zu vertreten. Der gegenständliche Antrag würde zurückgezogen werden, wenn das AMS ihm einen ausgebildeten Konditor aus Arbeitnehmer namhaft machen könnte.

6. Mit Bescheid vom 06.03.2017, ZI. 08114/SB-Nr. 1527562/ GF:

3832558 ABB- Nr.3832558, wies die belangte Behörde den Antrag von XXXX auf Ausstellung einer Sicherungsbescheinigung für die berufliche Tätigkeit als Konditor gemäß § 11 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG), BGBl 218/1975 idgF ab.

Begründend führte die belangte Behörde aus, da sich XXXX unbestrittener Weise noch nie in Österreich aufgehalten habe und noch nie eine dafür erforderliche Einreisegenehmigung beantragt habe, kann er sich nicht auf die Stillhalteklausel gemäß

Art. 13 des ARB 1/1980 berufen. Mangels einer früheren Einreise, eines Aufenthalts bzw. einer vorhergehenden Beschäftigung sei die Stillhalteklausel des Art. 13 ARB 1/80 nicht anzuwenden. Auf Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls zum Assoziationsabkommen könne sich der Beschwerdeführer im vorliegenden Fall auch nicht berufen, zumal es sich weder um ein Unternehmen mit Sitz in der Türkei noch um eine beabsichtigte selbständige Tätigkeit handle. Die genannten Stillhalteklauseln (Art. 13 ARB 1/1980 für den Fall der beabsichtigten Aufnahme einer unselbständigen bzw. Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls für den Fall der beabsichtigten Aufnahme einer selbständigen Erwerbstätigkeit) kommen sohin nicht zur Anwendung (vgl. Erkenntnis des VwGH 2008/22/0180 vom 13.12.2011). Somit sei der gegenständliche Antrag auf Erteilung einer Sicherungsbescheinigung aufgrund der derzeit geltenden Rechtslage zu treffen. Eine Sicherungsbescheinigung komme gemäß § 11 AuslBG nur für befristet beschäftigte visumpflichtige Ausländer (§ 5 AuslBG), Betriebsentsandte und Rotationsarbeitskräfte sowie kurzfristig beschäftigte Künstler in Betracht. Keine dieser Voraussetzungen treffe auf XXXX zu, daher sei der Antrag abzuweisen.

7. Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 15.03.2017 das Rechtsmittel der Beschwerde. Der Bescheid wurde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge der Verletzung von Verfahrensvorschriften angefochten. Begründend wurde ausgeführt, Art. 41 Abs. 1 des Zusatzprotokolls zum Assoziationsabkommen besage, dass die Vertragsparteien untereinander keine neuen Beschränkungen der Niederlassungsfreiheit und des freien Dienstleistungsverkehrs vorsehen. Die Klausel würde unmittelbare Wirkung entfalten und schließe bezüglich der in ihren Geltungsbereich fallenden türkischen Staatsangehörigen die Anwendbarkeit aller neu eingeführten Beschränkungen aus. Daher ergebe sich, dass im gegenständlichen Fall die Sicherungsbescheinigung des AuslBG in der Fassung aus dem Jahr 1995 zur Anwendung komme. Die Anwendung der Stillhalteklausel werde nicht dadurch gehindert, dass XXXX noch nie in Österreich gearbeitet oder gelebt habe. Die belangte Behörde hätte daher ein Verfahren nach § 11 AuslBG idF 01.01.1995 durchführen müssen und daher eine Arbeitsmarktprüfung durchführen sollen. Aufgrund dieser unrichtigen Rechtsansicht der belangten Behörde habe diese es unterlassen die weiteren notwendigen Feststellungen zu treffen. Es werde daher eine mündliche Verhandlung und die Abänderung der angefochtenen Entscheidung zur Bewilligung der Sicherungsbescheinigung beantragt.

8. Die Landesgeschäftsstelle des AMS übermittelte mit Schreiben vom 14.04.2014 die Beschwerdevorlage sowie sämtliche Unterlagen an das Bundesverwaltungsgericht.

9. Am 25.10.2017 stellte der Beschwerdeführer einen Fristsetzungsantrag gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 2 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof. Der VwGH wolle dem BVwG auftragen das Erkenntnis innerhalb einer vom VwGH festzusetzenden angemessenen Frist nachzuholen und dem BVwG aufzutragen, die Kosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der entscheidungsrelevante Sachverhalt ergibt sich aus dem unter Punkt I. angeführten Verfahrensgang.

2. Beweiswürdigung:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und der festgestellte Sachverhalt ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des AMS und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Verfahrensbestimmungen

3.1.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch den Einzelrichter

Gemäß §20f AuslBG entscheiden über Beschwerden gegen Bescheide der regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Monate nach deren Einlangen durch einen Senat, dem zwei fachkundige Laienrichter, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer, angehören.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß

§ 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das

Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

3.1.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichts ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I 33/2013 idF BGBl I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in

Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das

Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG (Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, BFA-Verfahrensgesetz,

(BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gem. §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren, die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Zu A)

Die materiellen Bestimmungen der Zulässigkeit der Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte regelt das Ausländerbeschäftigungsgesetz in der vom Beschwerdeführer angezogenen Fassung vom 01.01.1995 sich in "Abschnitt II Beschäftigungsbewilligung" in den Bestimmungen des § 4 "Voraussetzungen", § 4b "Prüfung der Arbeitsmarktlage"

§ 12 - 8 - "Kontingente", § 12a "Bundeshöchstzahl" § 13 "Höchstzahlen",

§ 14a "Arbeitserlaubnis", § 15 "Befreiungsschein".

Zu der in § 11 geregelten Sicherungsbescheinigung halten die Erläuterungen zu

§ 11 BGBl. Nr. 218/1975 fest:

"Die Aufnahme von Arbeitskräften erfordert vom Arbeitgeber in jedem Fall ein gewisses Maß an Voraussicht und Planung, um die Unsicherheitsfaktoren möglichst gering zu halten. Die Abhängigkeit von einer Bewilligung für die Aufnahme eines Ausländers erhöht zweifelsohne die Unsicherheit bei den Entscheidungen. Es erscheint daher zur Verringerung dieser Unsicherheit zweckmäßig, dem Arbeitgeber eine befristete Zusage in Form einer Bescheinigung zu geben, dass bei Erfüllung der Voraussetzungen für die Erteilung einer Beschäftigungsbewilligung eine solche im Falle des Eintreffens des Ausländers beim Arbeitgeber auch erteilt werden wird. Unter welchen Voraussetzungen eine solche Bescheinigung auszustellen wäre, regelt der Abs. 2. Auch für den Ausländer bringt eine solche Vorgangsweise den Vorteil, dass er es mit einem Arbeitgeber zu tun hat, der ihn tatsächlich einstellen darf. Ein weiterer Vorteil liegt darin, dass Erledigungen der Dienststellen der Arbeitsmarktverwaltung bezüglich der nötigen Bewilligungen weitgehend vorbereitet sind und daher umgehend erfolgen können. Um eine in administrativer Hinsicht erleichterte Handhabung des Instruments der Sicherungsbescheinigung zu gewährleisten, soll diese, sofern dem Antrag vollinhaltlich stattgegeben wurde, nicht in Bescheidform, sondern lediglich in Form einer Bescheinigung ausgestellt werden. Wird dem Antrag nicht oder nicht zur Gänze stattgegeben, wäre bescheidmäßig abzusprechen, um dem Arbeitgeber

die Möglichkeit einzuräumen, die ergangene Entscheidung im Rechtsweg überprüfen zu lassen (Abs. 4). Da es sich bei den Sicherungsbescheinigungen um eine wesentliche Vorentscheidung für die künftige Beschäftigung eines Ausländers handelt, sind diese Bescheinigungen auf Kontingente (§ 12 Abs. 3) und Höchstzahlen (§ 13 Abs. 2) anzurechnen und bei Zutreffen im Abs. 5 angeführten Kriterien auch widerrufbar."

Die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte ist jedoch erst mit einer Beschäftigungsbewilligung zulässig, die Sicherungsbescheinigung ist lediglich eine befristete Zusage und zudem widerrufbar. Ein weiterer Vorteil der Sicherungsbescheinigung liegt, wie oben ausgeführt, darin, dass Erledigungen der Dienststellen der Arbeitsmarktverwaltung bezüglich der nötigen Bewilligungen weitgehend vorbereitet sind und daher umgehend erfolgen können. Auch aus diesem Hinweis ergibt sich das lediglich vorbereitende und im Vergleich zu den oben angeführten materiellen Bestimmungen betreffend die Zulässigkeit der Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte dienende Wesen der Sicherungsbescheinigung.

Wenn der Gesetzgeber zwischenzeitlich den Anwendungsbereich der Sicherungsbescheinigung weitgehend eingeschränkt hat und diese im Wesentlichen nur mehr für Betriebsentsandte und kurzfristig beschäftigte Künstler vorsieht, hat er damit lediglich das Procedere zur Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte grundlegend geändert.

Diese Änderung betrifft alle ausländischen Arbeitskräfte, nicht lediglich türkische; die materiellen Voraussetzungen für die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte, so eben auch von türkischen, finden sich jedoch in den oben angeführten Bestimmungen.

Daher kann die geltende Fassung des die Sicherungsbescheinigung regelnden § 11 im Vergleich zur Bestimmung vom 01.01.1995 keine Verschärfung betreffend die Beschäftigung

türkischer Staatsbürger darstellen.

Somit hat die belangte Behörde den § 11 AuslBG zu Recht in der geltenden Fassung herangezogen.

Aus diesem Grund war die Beschwerde abzuweisen.

Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, weil es an einer Rechtsprechung zur Frage fehlt, ob die geltende Fassung des die Sicherungsbescheinigung regelnden § 11 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes im Vergleich zur Rechtslage vom 01.01.1995 eine Verschärfung betreffend die Beschäftigung türkischer Staatsbürger darstellt.

Schlagworte

Rechtslage, Revision zulässig, Sicherungsbescheinigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:I406.2152903.1.00

Zuletzt aktualisiert am

27.09.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten