TE Vwgh Beschluss 2018/8/30 Ra 2017/17/0932

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Veröffentlicht am 30.08.2018
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Index

40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §68 Abs7;
VStG §52a Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Dr. Koprivnikar als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Sowa, über die Revision des PS in S, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 14. September 2017, 405-10/365/1/2-2017, betreffend Antrag auf Aufhebung eines Erkenntnisses gemäß § 52a Abs. 1 VStG, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom 17. Juli 2015 wurde der Revisionswerber der zweifachen Übertretung des Glücksspielgesetzes (GSpG) schuldig erkannt. Mit Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 18. Jänner 2016 wurde das Straferkenntnis unter Umformulierung des Spruchs bestätigt. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs vom 16. Dezember 2016 wurde die dagegen erhobene außerordentliche Revision zurückgewiesen.

2 Mit Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 11. Jänner 2017 wurde der Antrag des Revisionswerbers auf Aufhebung des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts Salzburg gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG iVm § 52a VStG als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, den nunmehr existierenden Verwaltungsgerichten komme keine Befugnis zur "amtswegigen" Aufhebung rechtskräftiger Straferkenntnisse zu, sondern den Verwaltungsstrafbehörden bzw. ihren Oberbehörden.

3 Am 9. März 2017 stellte der Revisionswerber an die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung den Antrag auf Aufhebung des Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichts vom 18. Jänner 2016 betreffend einen näher bezeichneten Spruchpunkt gemäß § 52a VStG. Mit Bescheid vom 2. August 2017 wurde dieser Antrag als unzulässig zurückgewiesen, weil es der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung nicht zustehe bzw. diese keinerlei Befugnisse habe, Entscheidungen des Landesverwaltungsgerichts aufzuheben bzw. abzuändern.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 14. September 2017 wurde der Beschwerde keine Folge gegeben. Begründend wurde ausgeführt, der Aufhebung gemäß § 52a VStG unterlägen formell rechtskräftige Bescheide der Behörde, nicht aber Erkenntnisse des Landesverwaltungsgerichts. Weiters sprach das Landesverwaltungsgericht aus, dass die Revision an Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.

5 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

9 Zur Zulässigkeit der Revision bringt der Revisionswerber vor, es liege keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage vor, ob sich die Befugnisse nach § 68 Abs. 2 AVG und nach § 52a VStG Aufhebung und Abänderung von Straferkenntnissen auch auf Straferkenntnisse der Verwaltungsgerichte beziehen und bejahendenfalls ob den Verwaltungsbehörden und/oder den Verwaltungsgerichten diese Befugnis zukomme.

10 § 52a Abs. 1 VStG, BGBl. Nr. 52/1991 idF BGBl. I Nr. 33/2013 hat folgenden Wortlaut:

"Von Amts wegen können der Beschwerde beim Verwaltungsgericht nicht mehr unterliegende Bescheide, durch die das Gesetz zum Nachteil des Bestraften offenkundig verletzt worden ist, sowohl von der Behörde als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden. § 68 Abs. 7 AVG gilt sinngemäß."

§ 68 Abs. 7 AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I. Nr. 33/2013 hat folgenden Wortlaut:

"Auf die Ausübung des der Behörde gemäß den Abs. 2 bis 4 zustehenden Abänderungs- und Behebungsrechts steht niemandem ein Anspruch zu. Mutwillige Aufsichtsbeschwerden und Abänderungsanträge sind nach § 35 zu ahnden."

11 Die Voraussetzungen für die Erhebung einer außerordentlichen Revision fehlen, wenn sich das Verwaltungsgericht auf einen klaren Gesetzeswortlaut stützen kann. Ist somit die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ergangen ist (vgl. z.B. VwGH 27.2.2018, Ra 2018/05/0011, sowie 28.6.2016, Ro 2016/17/0001).

12 Die Aufhebung eines Erkenntnisses eines Verwaltungsgerichts durch eine Verwaltungsbehörde - nur dies ist Sache des Verfahrens - ist nach dem eindeutigen Wortlaut des § 52a Abs. 1 VStG iVm § 68 Abs. 7 AVG nicht vorgesehen. Einerseits räumen diese Bestimmungen kein subjektives öffentliches Recht auf Aufhebung ein (vgl. VwGH 29.1.2013, 2012/02/0291, mwN). Andererseits ist auch nach dem eindeutigen Wortlaut des § 52a Abs. 1 VStG verfassungskonform die Aufhebung von Erkenntnissen der Verwaltungsgerichte durch die Verwaltungsbehörden ausgeschlossen. Dass der Gesetzgeber bei Neufassung dieser Bestimmung die Einrichtung der Verwaltungsgerichte berücksichtigt hat, ergibt sich sowohl aus dessen Wortlaut als auch aus den Gesetzesmaterialien (RV 2009 Blg NR 24. GP, 20).

13 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 30. August 2018

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170932.L00

Im RIS seit

20.09.2018

Zuletzt aktualisiert am

06.11.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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