TE Lvwg Erkenntnis 2018/7/31 VGW-021/035/13871/2017

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Veröffentlicht am 31.07.2018
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Entscheidungsdatum

31.07.2018

Index

50/01 Gewerbeordnung

Norm

GewO 1994 §1 Abs4 2. Satz
GewO 1994 §94 Z35
GewO 1994 §117 Abs1
GewO 1994 §366 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch die Richterin Mag. Lammer über die Beschwerde des Herrn A. B., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt …, vom 28.08.2017, Zahl: …, betreffend eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 iVm § 1 Abs 4 GewO 1994, zu Recht erkannt:

Gemäß § 50 VwGVG wird der Beschwerde Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Gemäß § 52 Abs 8 VwGVG hat der Beschwerdeführer keinen Beitrag zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens zu leisten.

Gegen dieses Erkenntnis ist eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

Entscheidungsgründe

Das angefochtene Straferkenntnis enthält folgende Tatanlastung:

„Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufenes Organ der T. GmbH mit Sitz in Wien, R.-straße, zu verantworten, dass diese Gesellschaft von 05.02.2010 bis 29.03.2017 im Standort Wien, R.-straße, das Gewerbe “Immobilientreuhänder, eingeschränkt auf Immobilienmakler gem. § 94 Z. 35 GewO“ mit der Absicht einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen ausgeübt hat, ohne die hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben, indem sie Leistungen des angeführten Gewerbes (Liegenschaftsverwertung und -verwaltung) im Firmenbuch unter FN … an einen größeren Kreis von Personen angeboten hat.“

Der Beschwerdeführer habe dadurch § 366 Abs 1 Z 1 iVm § 1 Abs 4 GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 idgF, verletzt, weswegen über ihn gemäß § 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO 1994 eine Geldstrafe von 760 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag und 21 Stunden, verhängt und ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 76 Euro auferlegt wurde.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der ausgeführt wird, dass der Gegenstand des Unternehmens laut Gesellschaftsvertrag, der auch öffentlich einzusehen sei, der Besitz und die Verwaltung von Liegenschaften sei. Die T. GmbH, in der Folge kurz „T.“ genannt, habe eine Liegenschaft erworben, bei der von Anfang an klar gewesen sei, dass eine langjährige Sanierung des Grundstückes vor einem Verkauf zu erfolgen haben werde und seien daher keinerlei Aktivitäten eines Verkaufes gesetzt worden. Festzuhalten sei, dass die T. keinerlei Personal habe und sich zur Durchführung der erforderlichen Arbeiten und Maßnahmen ausschließlich befugter Dritter bedient habe, so zum Beispiel der S. GmbH, Wien, H.-straße, bzw der B. GmbH zur Organisation der Gesellschaft, der Entwicklung der Liegenschaft und Gesprächen mit potentiellen Interessenten für die Nutzung der Liegenschaft. Die tatsächlich von der Gesellschaft ausgeübte Tätigkeit sei ausschließlich der Besitz und die Verwaltung der eigenen Liegenschaften und sei die Gesellschaft weder für Dritte tätig noch sei sie überhaupt nach außen aktiv in Erscheinung getreten. Dies werde auch dadurch untermauert, dass die Gesellschaft weder über eine eigene Homepage noch über ein auf ihre allfällige Geschäftstätigkeit hinweisendes Firmenschild besitze. Die Gesellschaft trete auch sonst im geschäftlichen Verkehr nicht auf. Ganz im Gegenteil seien alle Aktivitäten der Gesellschaft, wie zB die Erlangung der Förderung für die Dekontaminierung der Liegenschaft, die Finanzierung dieser Maßnahme oder Überlegungen zur weiteren Nutzung der Liegenschaft, sowie Kontakte zu potenziellen Nutzern für die Liegenschaft bzw Maklern, die diese Liegenschaft anbieten wollten, ausschließlich von bevollmächtigten Dritten ausgeführt worden. Darüber hinaus sei der Geschäftsführer der Gesellschaft Inhaber einer Konzession als Immobilientreuhänder, dies eingeschränkt auf Bauträger und Makler, sowie Unternehmensberater und somit jedenfalls befugt all diese Maßnahmen zu setzen. Der Geschäftsführer sei auch gewerberechtlicher Geschäftsführer des nach außen auftretenden Unternehmens B. GmbH, welche über dieselben gewerberechtlichen Befugnisse verfüge. Generell gesagt bemesse sich die Tätigkeit eines Unternehmens nach dem Grad und der Form des Auftretens nach außen im Geschäftsverkehr. Ein solches Auftreten sei bei der T. nicht vorgelegen. Lediglich durch die Gründung oder Bezeichnung der Gesellschaft alleine, die ausschließlich ihre eigene Liegenschaft verwalte und besitze, könne auch von einem nicht sachkundigen Außenstehenden nur wegen der Bezeichnung im Firmenbuch nicht geschlossen werden, dass das Unternehmen einem reglementierten Gewerbe ohne Konzession nachgehe. Dies sei umso mehr dadurch indiziert, dass die T. keine nach außen in Erscheinung tretenden Geschäftstätigkeiten gesetzt habe und Dritte somit gar nicht in der Lage gewesen seien, in geschäftliche Beziehung zu der T. zu treten. Damit sei auch kein wie immer gearteter Schaden gegeben und fehle es zusätzlich zur Gänze an einer allfällig vorwerfbaren subjektiven Tatseite des Beschwerdeführers. Der Verweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.11.2016, Ra 2016/04/0098, gehe ins Leere und sei auf diesen Fall nicht anzuwenden. Das Unternehmen habe weder irgendwann eine Konzession besessen, sei niemals in direktem Verkehr mit Dritten getreten und gebe es auch sonst keinerlei Hinweise auf eine gewerbliche Tätigkeit des Unternehmens. Selbst die aus dem Akt hervorgehende amtsinterne Erhebung der Umstände durch die beauftragte MA 59 habe ausdrücklich ergeben, dass eine Gewerbeausübung nicht festgestellt werden habe können. Darüber hinaus sei auch eine Internetrecherche erfolglos verlaufen und habe die MA 59 die völlig zutreffende Feststellung getroffen, dass sich aus der Bezeichnung des Geschäftszweiges im Firmenbuch eine gewerbliche Tätigkeit nicht ableiten lasse. Weiters sei auszuführen, dass eine an einen größeren Kreis von Personen gerichtete Ankündigung, der die Eignung zukommt, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass eine gewerbliche Tätigkeit entfaltet werde, nicht alleine aus einer Eintragung im Firmenbuch geschlossen werden könne. Lediglich der Umstand, dass jemand im Firmenbuch die Firma auffinde, könne wohl nicht dazu führen, dass dadurch ein schutzwürdiges Interesse Dritter verletzt werde, welche ansonsten keinerlei Möglichkeit haben mit dem Unternehmen selbst (keine Homepage, keine Telefonnummer, kein Firmenschild) in Kontakt zu treten.

Folgender Sachverhalt steht fest:

Die „T. GmbH“ war im Tatzeitraum im Firmenbuch unter FN … mit dem Geschäftszweig „Liegenschaftsverwertung und -verwaltung“ eingetragen. Der Beschwerdeführer vertritt seit 28.01.2010 als handelsrechtlicher Geschäftsführer diese Gesellschaft selbstständig.

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

Gemäß § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994, BGBl. Nr. 194/1994 idF BGBl. I Nr. 155/2015, begeht eine Verwaltungsübertretung, die nach dem Einleitungssatz dieser Gesetzesbestimmung mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

Gemäß § 1 Abs 4 zweiter Satz GewO 1994 wird das Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit an einen größeren Kreis von Personen oder bei Ausschreibungen der Ausübung des Gewerbes gleichgehalten.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist zum normativen Gehalt der Bestimmung des § 1 Abs 4 zweiter Satz GewO 1994 festzuhalten, dass es beim – der Ausübung des Gewerbes gleichzuhaltenden – Anbieten einer den Gegenstand eines Gewerbes bildenden Tätigkeit auf den in diesem Zusammenhang zu prüfenden objektiven Wortlaut und nicht etwa auf die Absicht des Anbietenden ankommt. Der Tatbestand des Anbietens einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs 4 zweiter Satz GewO 1994 ist dann erfüllt, wenn einer an einen größeren Kreis von Personen gerichteten Ankündigung die Eignung zukommt, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass eine unter den Wortlaut der Ankündigung fallende gewerbliche Tätigkeit entfaltet wird (VwGH 25.02.2004, 2002/04/0069, 6.11.2002, 2002/04/0081, und 10.06.1992, 92/04/0044 mit weiteren Hinweisen).

Aus der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 1 Abs 4 zweiter Satz GewO 1994 ist auch der Grundsatz erkennbar, dass es nicht darauf ankommt, dass die Ankündigung wie bei einem Massenmedium an einen größeren Kreis von Personen gerichtet ist, sondern dass die Ankündigung grundsätzlich für die gesamte Öffentlichkeit zugänglich ist. Im Erkenntnis vom 23.11.2016, Ra 2016/04/0098, hat der Verwaltungsgerichtshof auch zum Ausdruck gebracht, dass von einer derartigen grundsätzlichen Zugänglichkeit für die gesamte Öffentlichkeit bei Veröffentlichungen im Firmenbuch schon nach den §§ 34 Abs 1 und 35 FBG 1991 auszugehen ist, nach denen jedermann zur Einzelabfrage aus dem Firmenbuch befugt ist und jedermann Einsicht in das Firmenbuch zu gewähren ist.

Im gegenständlichen Fall war zu beurteilen, ob der im Firmenbuch veröffentlichten Ankündigung „Liegenschaftsverwertung und –verwaltung“ die Eignung zukommt, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass eine den Gegenstand des angelasteten Gewerbes „Immobilienmakler“ bildende Tätigkeit entfaltet wird.

Gemäß § 117 Abs 1 GewO 1994 umfasst das Gewerbe der Immobilientreuhänder (§ 94 Z 35) die Tätigkeiten der Immobilienmakler, der Immobilienverwalter und der Bauträger.

§ 117 GewO 1994 fasst die Tätigkeiten der Immobilienmakler, Immobilienverwalter und Bauträger unter dem Begriff „Immobilientreuhänder“ zusammen. Immobilien können insbesondere vermittelt, veräußert, vermietet oder verwaltet werden. Sowohl hinsichtlich der Bemessungsgrundlage der getätigten Umsätze (Vermittlungsprovision, Verkaufserlös, Miete, laufende Verwaltungsgebühr) als auch der Art der Tätigkeit unterscheiden sich diese Tätigkeiten grundlegend. Dies kommt auch in den unterschiedlichen Tatbeständen des § 117 GewO 1994 zum Ausdruck (vgl VwGH 25.06.2013, 2011/17/0001).

Während der Tätigkeitsbereich des Immobilienmaklers die Vermittlung der unter § 117 Abs 2 GewO 1994 angeführten Geschäfte und den Handel mit Immobilien umfasst, umfasst der Tätigkeitsbereich des Immobilienverwalters gemäß § 117 Abs 3 GewO 1994 sämtliche Tätigkeiten, die zur Verwaltung von bebauten und unbebauten Liegenschaft, deren Erhaltung, Instandsetzung, Verbesserung und Sanierung notwendig und zweckmäßig sind. Der Tätigkeitsbereich des Bauträgers hingegen umfasst gemäß § 117 Abs 4 GewO 1994 die organisatorische und kommerzielle Abwicklung von Bauvorhaben (Neubauten, durchgreifende Sanierungen) auf eigene oder fremde Rechnung sowie die hinsichtlich des Bauaufwandes einem Neubau gleichkommende Sanierung von Gebäuden. Der Bauträger ist auch berechtigt, diese Gebäude zu verwerten. Während in dem von der belangten Behörde herangezogenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 23.11.2016, Ra 2016/04/0098, dem dort zu beurteilenden im Firmenbuch eingetragenen Geschäftszweig „An- und Verkauf von Liegenschaften“ unzweifelhaft die objektive Eignung zukommt, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass Leistungen des Gewerbes „Immobilientreuhänder, eingeschränkt auf Immobilienmakler gemäß § 94 Z 35 GewO“ entfaltet werden, lauten die im gegenständlichen Fall als Geschäftszweig im Firmenbuch angeführten Leistungen „Immobilienverwertung und –verwaltung“, womit allerdings keine Leistungen des Immobilienmaklers, sondern nach dem objektiven Wortlaut eindeutig die in den Aufgabenkreis des Immobilienverwalters fallende Liegenschaftsverwaltung und die in erster Linie eine Tätigkeit eines Bauträgers darstellende Liegenschaftsverwertung im Zusammenhang mit der organisatorischen und kommerziellen Abwicklung von Bauvorhaben angeboten wurden.

Da der verfahrensgegenständlichen „Ankündigung“ mit dem Wortlaut „Liegenschaftsverwertung und –verwaltung“ somit nicht die Eignung zukommt, in der Öffentlichkeit den Eindruck zu erwecken, dass die T. GmbH das im angefochtenen Straferkenntnis angelastete Gewerbe des Immobilienmaklers entfaltet hat, war im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass der Tatbestand des Anbietens des Immobilienmaklergewerbes nicht erfüllt ist und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Schlagworte

Veröffentlichung; Firmenbuch; Eindruck; gewerbliche Tätigkeit; Immobilienmakler contra Immobilienverwalter

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2018:VGW.021.035.13871.2017

Zuletzt aktualisiert am

18.09.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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