TE Lvwg Erkenntnis 2018/9/3 LVwG-2018/26/1546-1, LVwG-2018/26/1547-1

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Veröffentlicht am 03.09.2018
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Entscheidungsdatum

03.09.2018

Index

81/01 Wasserrechtsgesetz
L55007 Baumschutz Landschaftsschutz Naturschutz Tirol

Norm

WRG 1959 §138
NatSchG Tir 2005 §17 Abs1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Aicher über die Beschwerde des AA, vertreten durch Rechtsanwälte BB, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 01.06.2018, Zl ****, betreffend einen Beseitigungsauftrag nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 und nach dem Tiroler Naturschutzgesetz 2005,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

2.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

1)

Mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Y vom 01.06.2018 wurde der Beschwerdeführer dazu verpflichtet, bis zum 31.08.2018 die Verrohrung des Gerinnes auf dem Grundstück **1 KG Y zu entfernen und den gesetzmäßigen Zustand wiederherzustellen, dies entsprechend dem Spruch und der Begründung der angefochtenen Entscheidung auf den Rechtsgrundlagen des § 138 Abs 4 Wasserrechtsgesetz 1959 und § 17 Abs 1 Tiroler Naturschutzgesetz 2005.

Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer der nunmehrige Eigentümer der verfahrensbetroffenen Grundparzelle **1 KG Y sei und auf diesem Grundstück seit mittlerweile ca 25 Jahren ein unrechtmäßiger Rohrdurchlass für ein Gerinne verlaufe, wobei es bei der Gerinneverrohrung immer wieder zu Verklausungen sowie einem unkontrollierten und gerinnelosen Schadwasserabfluss zu den unterliegenden Liegenschaften komme. Diese Bachübertritte seien die logische Folge des relativ kleinen Rohrdurchlasses sowie der vorhandenen Gitterrostabdeckung und der Möglichkeit des geschiebebelasteten Abflusses.

Weder eine wasser- noch eine naturschutzrechtliche Bewilligung sei für die in Rede stehende Gerinneverrohrung gegeben.

Es könne dabei nicht festgestellt werden, wer den Auftrag für diese Verrohrung erteilt habe bzw die Verrohrung eigenmächtig vorgenommen habe.

Entsprechend den fachlichen Ausführungen eines Sachverständigen der Wildbach- und Lawinenverbauung sei der ursprüngliche Zustand wiederherzustellen, und zwar jedenfalls erosionssicher.

Nach Wiedergabe der wesentlichen gesetzlichen Bestimmungen des § 138 Wasserrechtsgesetz 1959 sowie des § 17 Abs 1 Tiroler Naturschutzgesetz 2005 führte die belangte Behörde aus, dass im Gegenstandsfall öffentliche Interessen insofern berührt würden, als es infolge der Verrohrung zu Bachübertritten komme, welche die unterliegenden Liegenschaften gefährden würden, weshalb der Grundeigentümer zur Wiederherstellung des gesetzmäßigen Zustandes zu verhalten gewesen sei.

2)

Gegen diese Entscheidung richtet sich die vorliegende Beschwerde des AA, mit welcher die Anberaumung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung, die Aufnahme der angebotenen Beweise und die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wurden.

In eventu wurde begehrt, den bekämpften Bescheid aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an die belangte Behörde zurückzuverweisen.

Zur Begründung seines Rechtsmittels führt der Beschwerdeführer kurz zusammengefasst aus, dass die verfahrensgegenständliche Gerinneverrohrung das „X-Bachl“ betreffe, wobei sich die strittige Verrohrung wohl auf dem Grundstück **1 KG Y befinde, was aber nicht gesichert sei.

Die Voreigentümer dieses Grundstückes seien CC und DD gewesen.

Im Jahr 1996 sei zur Erschließung des dortigen Baugebietes eine Straße angelegt worden, an deren Ende sei ein Umkehrplatz errichtet worden. Für die erschlossenen Eigentümer der Bauplätze seien entsprechende Fahrberechtigungen servitutsmäßig begründet worden.

Um zu einem Wirtschaftsgebäude gelangen zu können, sei es seit jeher notwendig gewesen, das „X-Bachl“ zu überqueren, wofür seit mehr als vor 80 Jahren bereits eine Verrohrung im Gegenstandsbereich erfolgt sei.

Bei der Errichtung des schon erwähnten Umkehr- bzw Wendeplatzes im Jahr 1996 durch die Firma EE sei die alte, damals vorhanden gewesene Verrohrung ausgetauscht und durch eine neue Verrohrung ersetzt worden, die nunmehr verfahrensgegenständlich sei.

Es sei die Feststellung der belangten Behörde unzutreffend, dass nicht festgestellt werden könne, wer den Auftrag für die strittige Verrohrung erteilt bzw die Verrohrung eigenmächtig vorgenommen habe.

Auftraggeber seien die damaligen Grundeigentümer gewesen, ausführendes Unternehmen die Firma EE.

Nach der aktenkundigen Rechnung der Firma EE vom 23.04.1996 seien 33 Laufmeter Rohre verrechnet worden, was exakt jener Länge entspreche, die die Verrohrung bis heute aufweise.

Auch die Weggemeinschaft „X-Bühel“ komme als Auftraggeber in Betracht, die Rechnung der Firma EE sei nämlich von den Eigentümern der erschlossenen Bauplätze anteilig bezahlt worden.

Er jedenfalls habe zu keinem Zeitpunkt in irgendeiner Weise die Errichtung der verfahrensgegenständlichen Verrohrung beauftragt, ebenso wenig habe er diese irgendwie verändert.

Mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 05.08.1996 sei der Gemeinde Y eine Oberflächenentwässerung mit Einleitung in das „X-Bachl“ wasserrechtlich genehmigt worden, womit die nunmehr beanstandete Verrohrung einen wasserrechtlichen Konsens erhalten habe.

Angesichts der vorgeschilderten Umstände komme die subsidiäre Heranziehbarkeit des Grundeigentümers für den bekämpften Beseitigungsauftrag nicht in Frage, zumal primär andere Personen zu belangen seien.

Er jedenfalls habe die strittige Verrohrung nicht ausdrücklich gestattet, ebenso wenig „geduldet“, jedenfalls fehlten diesbezügliche Feststellungen im angefochtenen Bescheid.

Davon abgesehen sei der bekämpfte Beseitigungsauftrag zu unbestimmt, um Gegenstand einer Ersatzvornahme sein zu können. Außerdem sei die Leistungsfrist zu kurz bemessen worden.

Auch die herangezogene Bestimmung des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005 verlange, dass primär der Verursacher herangezogen werde. Lediglich wenn dieser nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand festgestellt werden könne, könne auch der Grundeigentümer in Pflicht genommen werden.

Nachdem vorliegend die seinerzeitigen Auftraggeber und Errichter der strittigen Gerinneverrohrung bekannt seien, richte sich der angefochtene Bescheid zu Unrecht gegen ihn.

Beantragt werde die zeugenschaftliche Einvernahme der Voreigentümer CC und DD.

Der Vollständigkeit halber sei noch anzuführen, dass er zwischenzeitlich das verfahrensbetroffene Grundstück verkauft habe und die grundbücherliche Durchführung des Kaufvertrages unmittelbar bevorstehe.

II.      Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer ist grundbücherlicher Eigentümer des Grundstückes **1 KG Y, dies aufgrund des im Jahre 2007 grundbücherlich durchgeführten Kaufvertrages vom 14.06.2007.

Auf diesem Grundstück befindet sich zum Teil der Umkehrplatz einer für das Wohngebiet „X“ angelegten Erschließungsstraße.

Weiters soll auf diesem Grundstück die verfahrensgegenständliche Gerinneverrohrung des „X-Bachls“ verlaufen.

Im C-Blatt der Liegenschaft in EZ **** GB Y im Eigentum des Beschwerdeführers ist eine größere Anzahl von Dienstbarkeiten des Gehens und Fahrens ua auf Grundstück **1 KG Y zugunsten der durch die angeführte Straße erschlossenen Bauplätze eingetragen.

Voreigentümer der verfahrensbetroffenen Grundfläche des Grundstückes **1 KG Y sind CC und DD gewesen, an diese beiden ist die belangte Behörde in der verfahrensgegenständlichen Angelegenheit zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits herangetreten.

Im Jahr 1996 wurde zur Erschließung des Siedlungsbereiches „X“ die bereits erwähnte Straße errichtet, an deren Ende ein Umkehrplatz ua auf dem Grundstück **1 KG Y eingerichtet wurde. Mit den diesbezüglichen Arbeiten wurde die Firma EE aus W beauftragt. Im Zuge der Errichtung des angeführten Umkehrplatzes wurde eine dort bereits vorhandene Verrohrung des „X-Bachls“ vollständig erneuert und wurde die nunmehr verfahrensgegenständliche Gerinneverrohrung hergestellt, dies im Frühjahr 1996.

Mit Rechnung vom 23.04.1996 wurden der Weggemeinschaft „X-Bühel“ (handschriftlich: FF) ua insgesamt 39 Laufmeter Glockenmuffenrohre verrechnet.

Die Kosten der zweckentsprechenden Herstellung des in Rede stehenden Wendeplatzes wurden in neun gleiche Teile aufgeteilt und von den Eigentümern der mit der Weganlage erschlossenen Bauplätze getragen, wobei diese Vereinbarung in den für den Erwerb der Bauplätze errichteten Kaufverträgen zwischen den Verkäufern CC und DD einerseits und den Käufern der Bauplätze andererseits getroffen wurde.

Ob die in der Rechnung der Firma EE vom 23.04.1996 angeführte Weggemeinschaft „X-Bühel“ überhaupt rechtlich eingerichtet worden ist, dies mit eigener Rechtspersönlichkeit und mit gewählten Organen, die für die Weggemeinschaft handeln können, kann aufgrund der vorliegenden Ermittlungsergebnisse nicht festgestellt werden, ebenso wenig, ob es bezüglich der Errichtung des verfahrensgegenständlichen Umkehrplatzes mit Verrohrung des „X-Bachls“ sowie bezüglich der Beauftragung der Firma EE mit den diesbezüglichen Arbeiten zu einer rechtskonformen Willensbildung der Weggemeinschaft „X-Bühel“ mit statutenkonformer Beschlussfassung gekommen ist.

Gleichermaßen kann nicht festgestellt werden, ob die in der Rechnung vom 23.04.1996 aufscheinende Weggemeinschaft „X-Bühel“ nur eine rechtlich nicht organisierte Gemeinschaft einer Mehrheit von Grundeigentümern ohne eigene Rechtspersönlichkeit gewesen ist.

Um die wegemäßige Erschließung samt Umkehrplatz hat sich CC – als einer der Verkäufer der zu erschließenden Bauplätze – gekümmert, dies auch im Interesse der weiteren Verkäuferin der Bauplätze DD. CC hat mit der Firma EE jedenfalls entsprechende Kontakte bezüglich der Errichtung des verfahrensgegenständlichen Umkehrplatzes gehabt.

Der Beschwerdeführer hat die Errichtung der beschwerdegegenständlichen Gerinneverrohrung des „X-Bachls“ nicht beauftragt.

Allerdings hatte er von dieser Gerinneverrohrung Kenntnis. Im Zuge des Verfahrens der belangten Behörde erlangte er auch davon Kenntnis, dass die rechtlichen Grundlagen für den (weiteren) Bestand der beschwerdegegenständlichen Gerinneverrohrung nicht gegeben sind.

Er hat auch nichts unternommen, um die rechtlichen Grundlagen für den weiteren Bestand der Verrohrung zu schaffen. Ebenso wenig war er um die Entfernung der Verrohrung bemüht. Aufgrund der sein Grundeigentum am Grundstück **1 KG Y belastenden Dienstbarkeiten hat der Rechtsmittelwerber den Bestand und die Nutzung des Umkehrplatzes (mit der verfahrensgegenständlichen Verrohrung) geduldet.

III.     Beweiswürdigung:

Beweiswürdigend ist in der vorliegenden Rechtssache festzuhalten, dass sich der vorstehend festgestellte Sachverhalt aus den von der belangten Behörde vorgelegten Aktenunterlagen und auch aus dem eigenen Vorbringen des Rechtsmittelwerbers ergibt.

So ergeben sich die Feststellungen zum Eigentum des Beschwerdeführers am Verfahrensgrundstück **1 KG Y sowie zu dessen Belastungen mit Dienstbarkeitsrechten aus dem aktenkundigen Grundbuchsauszug.

Dass CC und DD Voreigentümer des verfahrensbetroffenen Grundstückes **1 KG Y sowie der Bauplätze im Siedlungsbereich „X“ gewesen sind, beruht auf dem Vorbringen des Beschwerdeführers, aber auch auf einem auszugsweise im Akt der belangten Behörde befindlichen Kaufvertrag.

Die Feststellungen zur Erschließung des Siedlungsbereiches „X“ im Jahr 1996 und der damit in Zusammenhang stehenden Herstellung des verfahrensgegenständlichen Umkehrplatzes mit Neuverrohrung des „X-Bachls“ durch die Firma EE beruhen schließlich auf den Darlegungen des Rechtsmittelwerbers sowie den vorliegenden Aktenunterlagen, insbesondere der Rechnung der Firma EE vom 23.04.1996, den niederschriftlichen Angaben des EE vor der belangten Behörde am 14.12.2015 und der Einvernahme des GG durch die belangte Behörde am 14.12.2015 samt den von diesem vorgelegten Unterlagen.

Dass die Kosten der Herstellung des verfahrensgegenständlichen Umkehrplatzes samt Verrohrung des „X-Bachls“ unter den Eigentümern der mit dieser Weganlage erschlossenen Bauplätze aufgeteilt worden sind, geht klar aus dem aktenkundigen Kaufvertrag hervor, der im Akt der belangten Behörde auszugsweise vorliegt und zu Tagebuchzahl **** verbüchert worden ist.

Die Feststellung, dass sich CC – als Verkäufer der Bauplätze – um die wegemäßige Erschließung derselben mitsamt der damit zusammenhängenden Herstellung des verfahrensgegenständlichen Umkehrplatzes (samt Gerinneverrohrung) gekümmert hat, beruht vornehmlich auf den Aussagen des EE anlässlich seiner Einvernahme durch die belangte Behörde am 14.12.2015, aber auch auf den Unterlagen, die von Herrn GG der belangten Behörde bei seiner Befragung am 14.12.2015 vorgelegt worden sind. Die in Rede stehende Feststellung wird auch durch die Angabe der Frau DD bei ihrer Einvernahme am 18.12.2015 durch die belangte Behörde gestützt, wonach sie nicht denke, dass die Firma EE beim Austausch der Rohre bei jedem einzelnen Eigentümer nachgefragt habe, vermutlich nur bei CC und/oder JJ.

Dass nähere Feststellungen zur Weggemeinschaft „X-Bühel“ nicht erfolgen können, geht darauf zurück, dass die belangte Behörde weitergehende Ermittlungen diesbezüglich nicht vorgenommen hat. Jedenfalls bezweifelten sowohl EE als auch KK bei ihren Befragungen durch die belangte Behörde, dass diese Weggemeinschaft überhaupt rechtlich eingerichtet worden ist und rechtlichen Bestand erlangt hat.

Die Feststellungen zur Kenntnis des Beschwerdeführers über die verfahrensgegenständliche Gerinneverrohrung und zu seinen Tätigkeiten im Zusammenhang mit derselben ergeben sich zwanglos aus dem vorliegenden Akteninhalt wie auch aus den eigenen Angaben des Rechtsmittelwerbers.

IV.      Rechtslage:

Die verfahrensmaßgeblichen Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes 1959, BGBl Nr 215/1959, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 44/2018, und des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005, LGBl Nr 26/2005, zuletzt geändert durch das Gesetz LGBl Nr 32/2017, haben folgenden Inhalt:

Nach § 138 Abs 1 Wasserrechtsgesetz 1959 ist unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen (lit a).

Die belangte Behörde hat die angefochtene Entscheidung ua auf § 138 Abs 4 Wasserrechtsgesetz 1959 gestützt, diese gesetzliche Bestimmung hat dabei folgenden Wortlaut:

„(4) Wenn das öffentliche Interesse die Beseitigung eigenmächtig vorgenommener Neuerungen, das Nachholen unterlassener Arbeiten oder die Sicherung von Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen verlangt und der nach Abs. 1 Verpflichtete nicht dazu verhalten oder zum Kostenersatz herangezogen werden kann, dann kann an seiner Stelle dem Liegenschaftseigentümer der Auftrag erteilt oder der Kostenersatz auferlegt werden, wenn er die eigenmächtige Neuerung, das Unterlassen der Arbeit oder die Bodenverunreinigung ausdrücklich gestattet hat oder wenn er der Ablagerung zugestimmt oder sie freiwillig geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat. Dies gilt bei Ablagerungen auch für Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers, wenn sie von der Ablagerung Kenntnis hatten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben mußten. § 31 Abs. 6 findet in allen Fällen dieses Absatzes sinngemäß Anwendung. § 16 Abs. 4 Forstgesetz 1975 bleibt unberührt.“

Nach § 7 Abs 1 lit b Tiroler Naturschutzgesetz 2005 bedürfen die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen im Bereich von fließenden natürlichen Gewässern außerhalb geschlossener Ortschaften einer naturschutzrechtlichen Bewilligung.

In der Begründung der bekämpften Entscheidung hat die belangte Behörde auch auf die Bestimmung des § 17 Abs 1 Tiroler Naturschutzgesetz 2005 Bezug genommen, diese Gesetzesregelung lautet wie folgt:

㤠17

Rechtswidrige Vorhaben

(1) Wird ein nach diesem Gesetz, einer Verordnung aufgrund dieses Gesetzes oder einem der in der Anlage zu § 48 Abs. 1 genannten Gesetze bewilligungspflichtiges Vorhaben, ausgenommen Werbeeinrichtungen, ohne naturschutzrechtliche Bewilligung oder entgegen einem in diesen Vorschriften enthaltenen Verbot, ohne dass hiefür eine Ausnahmebewilligung vorliegt, ausgeführt, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde demjenigen, der dies veranlasst hat, oder, wenn dieser nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand festgestellt werden kann, dem Grundeigentümer oder dem sonst über das Grundstück Verfügungsberechtigten mit Bescheid

a)   die weitere Ausführung des Vorhabens oder die Verwendung einer Anlage zu untersagen und

b)   die zur Wiederherstellung des früheren Zustandes erforderlichen Maßnahmen auf seine Kosten aufzutragen; ist die Wiederherstellung des früheren Zustandes nicht möglich oder kann der frühere Zustand nicht oder nur mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand festgestellt werden, so ist dieser zu verpflichten, den geschaffenen Zustand auf seine Kosten so zu ändern, dass den Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 bestmöglich entsprochen wird.

(2)…“

V.       Erwägungen:

1)

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist eine Verpflichtung des Grundeigentümers zur Wiederherstellung des vorigen Zustandes nur dann zulässig, wenn er entweder als Verursacher der eigenmächtigen Neuerung im Sinne des § 138 Abs 1 Wasserrechtsgesetz 1959 angesehen werden kann oder die Voraussetzungen des § 138 Abs 4 Wasserrechtsgesetz 1959 vorliegen (VwGH 25.06.2015, Zahl Ro 2015/07/0007). Die Heranziehbarkeit des Grundeigentümers nach § 138 Abs 4 Wasserrechtsgesetz 1959 ist dabei lediglich eine subsidiäre (VwGH 25.06.2015, Zahl Ro 2015/07/0007), wenn also der Verursacher (§ 138 Abs 1 WRG 1959) zur Beseitigung der eigenmächtigen Neuerung gemäß § 138 Abs 1 Wasserrechtsgesetz 1959 nicht verhalten werden kann (VwGH 23.01.2002, Zahl 2000/07/0023).

Der Ausdruck „Vornahme von Neuerungen“ umfasst nicht nur die unmittelbar der Herstellung einer solchen Neuerung dienenden Maßnahmen, wie etwa Arbeiten an einer Anlage und dergleichen, sondern auch all jene Akte, die erforderlich sind, um die Neuerung zu realisieren, sodass auch derjenige Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 Abs 1 WRG 1959 sein kann, der die Neuerung beauftragt hat oder dem das Verhalten von Personen zuzurechnen ist (zum Beispiel Gehilfen), auf deren Tätigkeit die Neuerung zurückgeht (VwGH 13.12.2007, Zahl 2006/07/0038).

Das „Veranlassen“ im Sinne des § 17 Abs 1 Tiroler Naturschutzgesetz 2005 stellt nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Wien eine Form der Ausführung des Vorhabens dar, die von jedem verwirklicht wird, der aktiv zur Ausführung des Vorhabens beigetragen hat; nicht nur der „primäre“ Auftraggeber ist daher ein möglicher Adressat eines Auftrages gemäß § 17 Abs 1 Tiroler Naturschutzgesetz 2005, sondern jeder, der in diesem Sinne einen Anlass zur Ausführung des Vorhabens gegeben hat (VwGH 29.09.2010, Zahl 2009/10/0051, und vom 11.12.2009, Zahl 2009/10/0214).

Unter „Veranlassen“ im Sinne der Regelungen des Tiroler Naturschutzgesetzes ist somit nicht eine einzige im Vorhinein definierbare Art von Tätigkeiten, sondern innerhalb einer gewissen Bandbreite denkbarer Tätigkeiten eine solche Verhaltensweise zu verstehen, welche eine bewilligungslose Vorhabensausführung bewirkt (VwGH 06.09.1974, Zahl 0221/74).

2)

Vor dem Hintergrund der soeben aufgezeigten Rechtsprechung des Höchstgerichts, wer

- als „Verursacher“ einer eigenmächtigen Neuerung im Sinne des § 138 Abs 1 Wasserrechtsgesetz 1959 und

– als „Veranlasser“ eines ohne entsprechende naturschutzrechtliche Bewilligung ausgeführten Vorhabens gemäß § 17 Abs 1 Tiroler Naturschutzgesetz 2005

zur Wiederherstellung des rechtskonformen Zustandes verpflichtet werden kann, ist für das entscheidende Verwaltungsgericht im Gegenstandsfall klargestellt, dass die lediglich subsidiäre Haftung des Grundeigentümers nach den beiden angesprochenen Rechtsgrundlagen des § 138 WRG 1959 sowie des § 17 Tiroler Naturschutzgesetz 2005 nicht schlagend werden kann, ist doch auf Basis der von der belangten Behörde in der gegenständlichen Verwaltungssache bereits durchgeführten Ermittlungen festzustellen, dass vorrangig in Anspruch zu nehmende „Verursacher“ sowie „Veranlasser“ der verfahrensgegenständlichen (konsenslosen) Gerinneverrohrung des „X-Bachls“ schon eruiert haben werden können.

So steht feststellungsgemäß im Grunde unbestritten fest, dass die streitverfangene Verrohrung von der Unternehmung des EE im Jahr 1996 völlig neu errichtet worden ist. Sachverhaltsgemäß dürfte potentiell wohl auch CC in Anspruch genommen werden können, hat er sich doch maßgeblich um die Ausführung des Wendeplatzes (samt der Gerinneverrohrung) gekümmert bzw diese veranlasst und in diesem Zusammenhang entsprechende Kontakte mit dem Unternehmen des EE gehabt.

Ob auch DD, in deren Interesse als Mitverkäuferin der Bauplätze die Errichtung des Umkehrplatzes (mit der Gerinneverrohrung) gelegen gewesen ist, einen entsprechenden Anteil an der „Verursachung“ bzw an der „Veranlassung“ der konsenslosen Verrohrung gehabt hat, müsste durch vertiefende Ermittlungen noch festgestellt werden.

Gleichermaßen verhält es sich mit der Weggemeinschaft „X-Bühel“. In Ansehung dieser Gemeinschaft müsste geklärt werden, ob diese bei Auftragserteilung an das Unternehmen des EE rechtlich überhaupt bestanden hat, bejahendenfalls, ob eine rechtskonforme Willensbildung in dieser Gemeinschaft in Form einer entsprechenden Beschlussfassung über die Auftragsteilung erfolgt ist, und schließlich, ob diese nach wie vor rechtlich existent ist und daher in die Pflicht genommen werden könnte.

Allenfalls wäre auch die Heranziehbarkeit der einzelnen Eigentümer der mit der Weganlage samt Umkehrplatz erschlossenen Bauplätze zu prüfen.

Im Jahr 2015 hat die belangte Behörde schon zweckentsprechende und auch umfangreiche Ermittlungen zur Eruierung des „Verursachers“ bzw des „Veranlassers“ der strittigen Bachverrohrung vorgenommen, wobei – wie bereits aufgezeigt – durchaus bereits potentiell in Frage kommende „Verursacher“ bzw „Veranlasser“ ermittelt werden konnten.

Nicht nachvollziehbar ist daher die nunmehr von der belangten Behörde vertretene Auffassung, es könne nicht festgestellt werden, wer „Verursacher“ bzw „Veranlasser“ der streitverfangenen Gerinneverrohrung gewesen sei. Diese Auffassung wurde von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid auch nicht näher begründet.

3)

Angesichts der schon vorliegenden Ermittlungsergebnisse hinsichtlich der Fragestellung, wer „Verursacher“ bzw „Veranlasser“ der verfahrensgegenständlichen Verrohrung des „X-Bachls“ gewesen ist, kommt jedenfalls die nur subsidiär gegebene Heranziehbarkeit des Beschwerdeführers als Grundeigentümer des Grundstückes **1 KG Y – wie vorliegend mit dem angefochtenen Bescheid geschehen – nicht in Betracht.

Der bekämpfte Bescheid erweist sich insofern als verfehlt und war er folgerichtig aus dem Rechtsbestand zu beseitigen.

4)

Im weiteren Verfahren wird die belangte Behörde ihre schon begonnenen Ermittlungen bezüglich des „Verursachers“ bzw des „Veranlassers“ der konsenslosen Bachverrohrung zu vertiefen und zum Abschluss zu bringen haben. Auf der Basis ausreichender Ermittlungen wird der Beseitigungsauftrag dann neu zu erteilen sein, wobei allenfalls auch mehrere „Verursacher“ bzw „Veranlasser“ in die Pflicht genommen werden können.

Dabei wird die belangte Behörde zu beachten haben, dass

-   dem Landesumweltanwalt gemäß § 36 Abs 8 Tiroler Naturschutzgesetz 2005 in allen naturschutzrechtlichen Verfahren, mithin auch in einem Wiederherstellungsverfahren nach § 17 Tiroler Naturschutzgesetz 2005, Parteistellung zukommt und

-   dem wasserwirtschaftlichen Planungsorgan gemäß § 55 Abs 5 Wasserrechtsgesetz 1959 vorliegend zumindest ein Anhörungsrecht zusteht.

VI.      zum Absehen von einer mündlichen Rechtsmittelverhandlung:

Im Gegenstandsfall konnte schon deshalb von der Durchführung einer mündlichen Beschwerdeverhandlung Abstand genommen werden, weil bereits aufgrund der Aktenlage feststand, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist (vgl § 24 Abs 2 Z 1 zweiter Fall VwGVG), weil die von der belangten Behörde schon durchgeführten Ermittlungen unzweifelhaft gezeigt haben, dass vorliegend die subsidiäre Haftung des Grundeigentümers nicht in Frage kommt, zumal die bereits von der belangten Behörde vorgenommenen Ermittlungsschritte vorrangig in die Pflicht zu nehmende „Verursacher“ bzw „Veranlasser“ der bewilligungslosen Bachverrohrung hervorgebracht haben.

Mit Blick auf diesen Umstand ließ die mündliche Erörterung der vorliegenden Rechtssache eine weitere Klärung derselben nicht erwarten und standen einem Entfall der Verhandlung weder Artikel 6 Abs 1 EMRK noch Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegen (siehe § 24 Abs 4 VwGVG).

VII.    Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Die in der gegenständlichen Beschwerdesache zu lösenden Rechtsfragen konnten anhand der klaren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Wien einwandfrei einer Beantwortung zugeführt werden.

Dies betrifft etwa die Fragen,

-   wer als „Verursacher“ einer eigenmächtigen Neuerung im Sinne der Bestimmung des § 138 Abs 1 Wasserrechtsgesetz 1959 in Anspruch genommen werden kann und

-   wer als „Veranlasser“ eines ohne entsprechende naturschutzrechtliche Bewilligung ausgeführten Vorhabens gemäß § 17 Abs 1 Tiroler Naturschutzgesetz 2005 in Betracht zu ziehen ist.

An die in der vorliegenden Beschwerdeentscheidung aufgezeigte Judikatur des Höchstgerichts hat sich das erkennende Verwaltungsgericht auch gehalten, sodass eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Gegenstandsfall nicht hervorgekommen ist.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Aicher

(Richter)

Schlagworte

Beseitigungsauftrag; Verursacher; Veranlasser; Miteigentümer

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.26.1546.1

Zuletzt aktualisiert am

19.09.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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