TE Bvwg Erkenntnis 2018/7/24 W134 2196974-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.07.2018
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Entscheidungsdatum

24.07.2018

Norm

BVergG 2006 §141 Abs1
BVergG 2006 §141 Abs2
BVergG 2006 §291
BVergG 2006 §292 Abs1
BVergG 2006 §312
BVergG 2006 §320 Abs1
BVergG 2006 §325 Abs2
BVergG 2006 §96 Abs2
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W134 2196559-2/27E

W134 2196568-2/24E

W134 2196974-2/22E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas GRUBER als Vorsitzender sowie Mag. Franz PACHNER als fachkundiger Laienrichter der Auftraggeberseite und Dr. Christoph WIESINGER als fachkundiger Laienrichter der Auftragnehmerseite im Nachprüfungsverfahren betreffend das Vergabeverfahren "PVA - Psychiatrische stationäre Rehabilitation in den Versorgungszonen Nord, Ost und West" der Auftraggeberinnen Pensionsversicherungsanstalt, Wiener Gebietskrankenkasse, Burgenländische Gebietskrankenkasse, Oberösterreichische

Gebietskrankenkasse, Steiermärkische Gebietskrankenkasse, Salzburger

Gebietskrankenkasse, Tiroler Gebietskrankenkasse, Vorarlberger Gebietskrankenkasse, Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau und Betriebskrankenkasse voestalpine Bahnsysteme, alle vertreten durch die vergebende Stelle Pensionsversicherungsanstalt, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 1021 Wien, diese vertreten durch die Heid Schiefer Rechtsanwälte OG, Landstraßer Hauptstraße 88/2-4, 1030 Wien, aufgrund der Anträge der

Erstantragstellerin Bietergemeinschaft bestehend aus der 1. XXXX und

2. der XXXX , vertreten durch die Breitenfeld Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Marc-Aurel-Straße 6, 1010 Wien, vom 25.05.2018 und der

Zweitantragstellerin Bietergemeinschaft bestehend aus 1. der XXXX ,

2. der XXXX und 3. der XXXX , vertreten durch die Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH, Vienna Twin Tower - Turm A, 20. OG, Wienerbergstraße 11, 1100 Wien, vom 30.05.2018, sowie der

Drittantragstellerin Bietergemeinschaft bestehend aus 1. der XXXX und 2. der XXXX , vertreten durch die Feuchtmüller Stockert Rechtsanwälte GmbH & Co KG, Wiesingerstraße 2, 1010 Wien, vom 25.05.2018,

in den zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtssachen nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 25.06.2018 zu Recht erkannt:

A)

I. Dem Antrag der drei Antragstellerinnen, gerichtet auf die Nichtigerklärung der Aufforderung zur Angebotsabgabe (Ausschreibungsunterlagen 1. Fassung) betreffend Los 2 (Versorgungszone Ost) versendet am 16.05.2018 wird stattgegeben.

Die Aufforderung zur Angebotsabgabe (Ausschreibungsunterlagen 1. Fassung) betreffend Los 2 (Versorgungszone Ost) versendet am 16.05.2018 wird gemäß § 312 BVergG 2006 für nichtig erklärt.

II. Dem Antrag der Zweitantragstellerin "das Bundesverwaltungsgericht möge die gesamte Ausschreibung (Ausschreibungsunterlagen 1. Fassung der Ausschreibung "PVA - Psychiatrische stationäre Rehabilitation in den Versorgungszonen Nord, Ost und West (2. Stufe)") für nichtig erklären" wird teilweise stattgegeben.

Die Aufforderung zur Angebotsabgabe (Ausschreibungsunterlagen 1. Fassung) betreffend Los 1 (Versorgungszone Nord) versendet am 16.05.2018 wird gemäß § 312 BVergG 2006 für nichtig erklärt.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Schreiben vom 25.05.2018, beim BVwG eingelangt am gleichen Tag, begehrte die Erstantragstellerin die Nichtigerklärung der Aufforderung zur Angebotsabgabe (Ausschreibung) zu Los 2 (Versorgungszone Ost) vom 16.05.2018, in eventu die Nichtigerklärung der Punkte 2.3.6, 3.1, 3.3 und 3.4 der Ausschreibungsunterlagen 1. Fassung, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, Akteneinsicht, den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberinnen, die Rückerstattung allenfalls zu viel entrichteter Pauschalgebühren und die Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

Begründend wurde von der Erstantragstellerin im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

Die Auftraggeberinnen hätten ein 2-stufiges Zertifizierungsverfahren mit vorheriger europaweiter Bekanntmachung zum Abschluss von Rahmenverträgen pro Los mit einem oder mehreren zertifizierten Betreiber(n) nach den Bestimmungen zur Vergabe nicht-prioritärer Dienstleistungen durchgeführt. Angefochten sei die rechtswidrige Aufforderung zur Angebotsabgabe (Ausschreibung) in Los 2 (Versorgungszone Ost) vom 16.05.2018. Zur Rechtswidrigkeit der Ausschreibung gab die Erstantragstellerin zusammengefasst folgendes an:

1. Verhältnisfaktor: Die Ausschreibung sehe im Zuschlagssystem gemäß Punkt 2.3.6. und andererseits im Zuschlagskriterium gemäß Punkt 3.3. einen sogenannten "Verhältnisfaktor" vor, der rein abhängig davon, in welchem Bundesland einer Versorgungszone der Standort im Teilnahmeantrag vorgesehen wurde, Auswirkungen darauf habe, ob einem Bieter überhaupt Betten zugeschlagen werden können und ob bzw. wie viele Punkte ein Bieter im Zuschlagskriterium "Verhältnisfaktor" erreichen könne. Entgegen der in der ersten Stufe noch vorgesehenen losweisen Vergabe nach Versorgungszonen wirke sich der Verhältnisfaktor nunmehr dahingehend aus, dass Bieter in der Versorgungszone Ost, die - wie die Erstantragstellerin - einen Standort der Einrichtung außerhalb Wiens angegeben hätten, einerseits nach dem vorgesehenen Zuschlagssystem von Vornherein keine Aussicht auf einen Zuschlag hätten, wenn für Wien ein entsprechendes Angebot tatsächlich abgegeben werde, und andererseits auch im Rahmen der Zuschlagskriterien derart diskriminiert würden, dass es praktisch ausgeschlossen sei, im Zuge der Bestbieterermittlung vor Bietern gereiht zu werden, die ihre Einrichtung in Wien vorgesehen hätten.

2. Zuschlagssystem: Nach dem Verhältnisfaktor in Punkt 3.3 der Ausschreibungsbestimmungen würden bis zur Abdeckung der 117 Betten in Wien, 0 Betten in NÖ und 0 Betten in Bgld Nord, die Betten nur jenen Bieter zugeschlagen werden, die einen Standort in diesem Bundesland vorgesehen haben. Bieter mit einem Standort in einem anderen Bundesland derselben Versorgungszone könnten nur dann zum Zug kommen, wenn der Bedarf in einem Bundesland mit dort situierten Einrichtungen nicht abgedeckt werden könne - dies völlig unabhängig von der Bewertung der Angebote nach den Zuschlagskriterien. Wenn für Wien daher 117 Betten tatsächlich angeboten werden würden, bestehe mit einem anderen Standort in der Versorgungszone Ost von Vornherein keine Aussicht auf einen Zuschlag. Selbst als Bestbieter in der Versorgungszone Ost hätte die Erstantragstellerin in diesem Fall keine Aussicht auf einen Zuschlag.

3. Zuschlagskriterium "Verhältnisfaktor": Zusätzlich zum "Zuschlagssystem" in Punkt 2.3.6 der Ausschreibungsunterlagen würden für den Verhältnisfaktor auch Punkte vergeben werden (40 von insgesamt 140 Punkten). Die Auftraggeberinnen würden den von ihnen selbst festgelegten Verhältnisfaktor bewerten wollen:

"max. Punkte x Verhältnisfaktor des Bundeslands = vom Bieter erreichte Punkte"

Dies wirke sich bei dem für die Versorgungszone Ost vorgesehenen Verhältnisfaktor dahingehend aus, dass die Antragstellerin mit dem vorgesehenen Standort der Einrichtung in Niederösterreich von Vornherein einen Nachteil von 40 Punkten gegenüber Einrichtungen in Wien habe. Dies gelte nicht nur für die Erstantragstellerin, sondern auch für jeden anderen Bieter, der in der Versorgungszone Ost einen Standort der Einrichtung außerhalb Wiens vorgesehen habe.

4. Vergaberechtswidrigkeit des "Verhältnisfaktors": Die Festlegung eines Verhältnisfaktors bzw. eines Zuschlagssystems, das es den Auftraggeberinnen erlaube, bestimmte Bieter unabhängig vom Ergebnis der Bestbieterermittlung bevorzugt zu beauftragen, bzw. bestimmten Bietern nach Maßgabe eines von den Auftraggeberinnen selbst festgelegten Verhältnisfaktors von Vornherein mehr Punkte zu geben, widerspreche den Grundsätzen der Bietergleichheit und der Nicht-Diskriminierung und mache auch einen effektiven Wettbewerb von Vornherein zunichte. Die Zulässigkeit eines solchen "Verhältnisfaktors" würde einem Auftraggeber die Möglichkeit eröffnen, das Ergebnis und den Ausgang eines Vergabeverfahrens beliebig zu steuern. Die von den Auftraggeberinnen gewählte Vorgehensweise, den Bewerbern im Teilnahmeantrag für das weitere Verfahren bindende Angaben in Bezug auf den Standort abzuverlangen und einen solchen standortabhängigen und wettbewerbsrelevanten "Verhältnisfaktor" dann erst in der 2. Stufe festzulegen bzw. den Bietern offenzulegen, sei jedenfalls nicht zulässig. Diese Vorgehensweise sei als intransparent anzusehen und widerspreche dem Grundsatz von Treu und Glauben. Der Verhältnisfaktor des Punktes 3.3 sei für die gegenständliche Versorgungszone Ost mit 100% für Wien und jeweils 0% für die anderen Regionen der Versorgungszone Ost festgelegt worden. Der Wettbewerb werde daher nicht bloß beeinträchtigt oder verzerrt, sondern von Vornherein praktisch ausgeschlossen bzw. vorentschieden. Soweit für Wien 117 Betten tatsächlich angeboten werden würden, bestehe mit einem anderen Standort in der Versorgungszone Ost von Vornherein keine Aussicht auf einen Zuschlag. Gemäß Punkt 4.3.2 der Ausschreibung müsse die Leistungserbringung zwingend im jeweiligen Losgebiet (Versorgungszone) erfolgen. Bewerber, die im Vertrauen auf diese Vorgaben einen Standort der Einrichtung innerhalb der Versorgungszone Ost vorgesehen hätten, würden nunmehr massiv benachteiligt werden, wenn dieser Standort nicht spezifisch innerhalb Wiens liege. Tatsächlich solle eine Vergabe nunmehr vorab bundesländerweise erfolgen (und nur mehr subsidiär - soweit überhaupt ein Restbedarf verbleiben sollte) nach Versorgungszonen. Hierbei handle es sich um ein grundlegendes Abgehen von der Bekanntmachung sowie den Teilnahmebestimmungen. Dies betreffe einerseits die Losaufteilung. Durch den "Verhältnisfaktor" würden gewissermaßen Sub-Lose gebildet werden. Zum anderen betreffe dies aber auch den Auftragsgegenstand selbst. Dieser sei in der ersten Stufe noch mit voraussichtlich rund 117 Betten in der Versorgungszone Ost festgelegt gewesen. Nunmehr belaufe er sich - jedenfalls für die Versorgungszone Ost (ohne Wien) - auf voraussichtlich 0 Betten. Mit dem nunmehrigen Zuschlagssystem würden die Auftraggeberinnen auch vom Bestbieterprinzip abgehen bzw. widerspreche dies dem Bestbieterprinzip. Ob die Antragstellerin oder ein anderer Bieter ohne Standort Wien einen Zuschlag erhalten könne, hänge nicht von der Qualität des eigenen Angebots (und jener der anderen Angebote) ab, sondern rein davon, ob für Wien 117 Betten tatsächlich angeboten werden würden. Derart grundlegende Änderungen in einem laufenden Vergabeverfahren seien auch bei der Vergabe nicht-prioritärer Dienstleistungen jedenfalls nicht zulässig bzw. würden eine Pflicht zur Neuausschreibung begründen.

Zuschlagskriterien müssten jedenfalls angebotsbezogen und nicht-diskriminierend sein. Dies sei in Bezug auf das Zuschlagskriterium "Verhältnisfaktor" nicht der Fall. Dieser sei weder angebotsbezogen noch nicht-diskriminierend. Bewertet werden solle der von den Auftraggeberinnen selbst festgelegte Verhältnisfaktor. Zudem könne das Zuschlagssystem dazu führen, dass der Zuschlag nicht dem technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebot (bzw. dem Angebot mit dem niedrigsten Preis) zu erteilen wäre. Der Verhältnisfaktor und die angefochtene Entscheidung seien daher rechtswidrig.

5. Rehabilitationsplan 2016: Die Auftraggeberinnen würden den bundesländerweisen "Verhältnisfaktor" in den Ausschreibungsunterlagen in Punkt 2.3.6 mit dem Rehabilitationsplan 2016 rechtfertigen wollen. Das sei weder nachvollziehbar noch indiziert. Ein solcher "Verhältnisfaktor" bzw. "Bundesländer-Proporz" sei im Rehabilitationsplan 2016 weder vorgesehen, noch sonst aus diesem ableitbar. Der Rehabilitationsplan 2016 bilde den Bedarf explizit ab nach Versorgungszonen und Rehabilitations-Indikationsgruppen (RIG) - so wie dies die Auftraggeberinnen auch in der ersten Stufe des Vergabeverfahrens selbst noch vorgesehen hätten. Diese Tabellen würden keinen Bedarf abbilden, sondern den IST-Stand. Aus dem Rehabilitationsplan 2016 ergebe sich kein sachlicher Grund für den "Verhältnisfaktor".

Die Erstantragstellerin habe ein Interesse am Vertragsabschluss, es drohe ihr ein Schaden und ihre Rechte würden verletzt.

Mit Schreiben vom 30.05.2018, beim BVwG eingelangt am gleichen Tag, begehrte die Zweitantragstellerin ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten, die in diesem Nachprüfungsantrag dargelegten rechtswidrigen Bestimmungen der Ausschreibung (Ausschreibungsunterlagen 1. Fassung der Ausschreibung "PVA - Psychiatrische stationäre Rehabilitation in den Versorgungszonen Nord, Ost und West (2. Stufe)"), insbesondere Punkt 3.1 iVm 3.3 (Zuschlagskriterium Verhältnisfaktor), Punkt 2.3.6 iVm 3.3 (Zuschlagssystem), Punkt 3.2.1.2 (Kriterium "Verkehrsanbindung Erreichbarkeit, Subkriterium "Erreichbarkeit mit Verkehrsmitteln im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV)" und Subkriterium "Erreichbarkeit mit dem privaten PKW") für nichtig zu erklären, in eventu die gesamte Ausschreibung (Ausschreibungsunterlagen 1. Fassung der Ausschreibung "PVA - Psychiatrische stationäre Rehabilitation in den Versorgungszonen Nord, Ost und West (2. Stufe)") für nichtig zu erklären, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberinnen, und die Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

Begründend wurde von der Zweitantragstellerin im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

Die Auftraggeberinnen hätten ein 2-stufiges Zertifizierungsverfahren mit vorheriger europaweiter Bekanntmachung zum Abschluss von Rahmenverträgen pro Los mit einem oder mehreren zertifizierten Betreiber(n) nach den Bestimmungen zur Vergabe nicht-prioritärer Dienstleistungen durchgeführt. Angefochten seien die Ausschreibungsunterlagen (Ausschreibungsunterlagen 1. Fassung). Zur Rechtswidrigkeit der Ausschreibung gab die Zweitantragstellerin zusammengefasst folgendes an:

1. Rechtswidriges Zuschlagskriterium "Verhältnisfaktor": Die Zuschlagskriterien zur Ermittlung der Bestbieter je Los verstoße gegen die Anforderungen des § 141 BVergG 2006, insbesondere gegen das allgemeine Diskriminierungsverbot und das Gleichbehandlungsgebot. Das Zuschlagskriterium "Verhältnisfaktor" gemäß Punkt 3.1 iVm 3.3 der Ausschreibungsunterlagen führe durch die automatische Zuteilung von Bonuspunkten und damit Vorreihung im Punkteranking in Los 1 und Los 2 zu einer ungerechtfertigten Bevorzugung von Bietern mit Standort in Salzburg und Wien. Eine sachliche Rechtfertigung für diese Bevorzugung bzw. Benachteiligung der Standorte nach Bundesland durch automatische höhere Bewertung von Standorten in Salzburg (mit jedenfalls +7,2 Punkten gegenüber Standorten in Oberösterreich) sowie Standort in Wien (mit jedenfalls +40 Punkten gegenüber Standorten im Burgenland oder Niederösterreich), unabhängig von der qualitativen Bewertung seines Angebots durch die Bewertungskommission und in welcher Region der Versorgungszone und in welcher Entfernung zu schon bestehenden Einrichtungen der angebotene Standort liege, sei nicht zu erkennen. Vor allem da Patienten wohnortunabhängig und versorgungszonenübergreifend zugewiesen werden würden (Punkt 1.3 der Ausschreibungsunterlagen 1. Fassung). Durch Festlegung des Zuschlagskriteriums "Verhältnisfaktor" komme es in sachlich nicht gerechtfertigter Weise zu einer Diskriminierung einzelner zur zweiten Stufe des Verfahrens zugelassener Bewerber. Dieses Kriterium sei weder geeignet, eine Vergleichbarkeit der Angebote zu ermöglichen noch diene es der Ermittlung des technisch und wirtschaftlich besten Angebots. Vielmehr hätten die Auftraggeberinnen ein willkürliches Auswahlelement geschaffen, welches zu einer klaren Bevorzugung einzelner Bieter mit Standorten in Salzburg und Wien führe. Die Standorte (samt Nachweis der Verfügbarkeit des Grundstücks) in der jeweiligen Versorgungszone seien bereits zwingend in der ersten Stufe des Vergabeverfahrens zu fixieren gewesen, ohne dass irgendwelche Vorgaben/Präferenzen für den anzubietenden Standort für die Bewerber erkennbar gewesen wären und sie ihre Bewerbung darauf ausrichten hätten können. Das festgelegte Zuschlagskriterium "Verhältnisfaktor" stelle ein Scheinkriterium mit dem Ziel der nachträglichen Beschränkung der Standorte dar. Es werde unter Verletzung des Verbots der Doppelverwertung der Standort der Einrichtung, welcher bereits in der ersten Stufe des Vergabeverfahrens als Eignungskriterium (Punkt

4.3.2 der Teilnahmeunterlagen: "Die Leistungserbringung muss zwingend im jeweiligen Losgebiet (Versorgungszone) erfolgen.") bei sonstigem Ausscheiden in der Versorgungszone zu liegen hatte, nunmehr auch als Zuschlagskriterium, welches den Auftraggeberinnen in Kenntnis der in der ersten Stufe namhaft gemachten Standorte eine uneingeschränkte Entscheidungsfreiheit einräume, festgelegt.

2. Rechtswidriges Zuschlagssystem: Gemäß dem Zuschlagssystem in Punkt 2.3.6 der Ausschreibung werde der erstgereihte Bieter maximal bis zu dem sich aus der Multiplikation des Bedarfs der Versorgungszone mit dem "Verhältnisfaktor" ergebende Wert in dem Bundesland, in dem der erstgereihte Bieter den Standort seiner Einrichtung habe, und unter Berücksichtigung der zwingenden Mindestgrenze beauftragt. Der sich aus der Multiplikation des Bedarfs der Versorgungszone mit dem Verhältnisfaktor ergebende Wert für Standorte in Oberösterreich liege mit maximal 55 Betten unter der medizinisch sinnvollen zwingenden Mindestgrenze. Ein Bestbieter mit einem geplanten Standort für eine neu zu errichtende Einrichtung in Oberösterreich würde somit faktisch keinen Auftrag für Los 1 Versorgungszone Nord erhalten (obwohl der Bedarf in der Versorgungszone 134 Betten betrage). Dies bedeute, dass letztlich nicht der für das Los 1 ermittelte Bestbieter mit der von ihm angebotenen Bettenzahl zum Zug komme. Dasselbe gelte auch für Los 2:

Auch hier komme letztlich nicht der für das Los 2 Versorgungszone Ost ermittelte Bestbieter mit der von ihm angebotenen Bettenzahl zum Zug (obwohl der Bedarf in der Versorgungszone 117 Betten betrage), sondern könne offenbar ein erstgereihter Bieter mit Standort Burgenland oder Niederösterreich von vornherein keine Betten erhalten. Der Verhältnisfaktor für Burgenland und Niederösterreich betrage null Prozent (0%). Dies bedeute, dass ein Bieter mit Standort in Burgenland oder in Niederösterreich - auch wenn er in Los 2 im Punkteranking erstgereiht und Bestbieter wäre - gar nicht zum Zug kommen würde, da die Multiplikation des Bedarfs der Versorgungszone von 117-mal "Verhältnisfaktor" 0 immer Null betrage. Aufgrund des Verhältnisfaktors von 0% für Standorte im Burgenland, sei eine Beauftragung in Los 2 denkunmöglich. Selbst wenn die Antragstellerin als Bestbieterin ermittelt werden würde, würde sie somit aufgrund der willkürlichen und diskriminierenden Festlegungen weder in Los 1 noch in Los 2 beauftragt werden, während ein Bieter mit Standort in Wien in Los 2 und ein Bieter mit Standort in Salzburg jedenfalls beauftragt werden würde (egal wie schlecht sein Angebot in der Bewertung abgeschnitten und an welcher Stelle er nachgereiht sei). Das in Punkt 2.3.6 vorgesehene Zuschlagssystem widerspreche daher dem Bestbieterprinzip. Beauftragt werde nicht der je Los ermittelte erstgereihte Bieter, dessen Angebot die höchste Punkteanzahl aufweise, mit der von ihm für das Los angebotenen Kapazität bis zum Bedarf der Versorgungszone und mit einer allfälligen Restkapazität der an zweiter Stelle gereihte Bieter, sondern es werde von vorherein entgegen der sich ergebenden Bieterreihung die Zuschlagserteilung für Los 1 auf Bieter mit Standort in Salzburg und für Los 2 auf Bieter mit Standort in Wien (egal, an welcher Stelle diese nachgereiht seien) vorgenommen.

3. Ergebnis: Die Ausschreibung sei diskriminierend und rechtswidrig. De facto würden die Auftraggeberinnen nämlich mit dem von ihr getroffenen Zuschlagskriterium "Verhältnisfaktor" in Punkt 3.3 der Ausschreibungsunterlagen 1. Fassung und dem Zuschlagssystem in Punkt

2.3.6 der Ausschreibungsunterlagen 1. Fassung Standorte in bestimmten Bundesländern (und zwar Oberösterreich bei Los 1 und Niederösterreich und Nordburgenland bei Los 2), nachträglich vom Vergabeverfahren ausschließen - dies trotz Zulassung zur zweiten Stufe des Vergabeverfahrens. Die zur 2. Stufe zugelassenen Bewerber würden von vornherein kein erfolgversprechendes und in einer Beauftragung mündendes Angebot stellen, können, obwohl die Ausschreibung nach Versorgungszonen erfolge und explizit auch diese Bundesländer umfasse und geplante Rehabilitationseinrichtungen zulässig seien.

Die Zweitantragstellerin habe ein Interesse am Vertragsabschluss, es drohe ihr ein Schaden und ihre Rechte würden verletzt.

Mit Schreiben vom 25.05.2018, beim BVwG eingelangt am gleichen Tag, begehrte die Drittantragstellerin ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten, die gesamte Ausschreibung 1. Fassung für nichtig zu erklären, in eventu die Festlegungen in Punkt 3.3 der Ausschreibung

1. Fassung zu Los 2 (Versorgungszone Ost) über den Verhältnisfaktor von 0 % für einen Standort in Niederösterreich und 100 % für einen Standort in Wien sowie die Festlegungen in Punkt 2.3.6. der Ausschreibungsunterlagen 1. Fassung, wonach der Zuschlag maximal bis zur Höhe des "Verhältnisfaktors" des Bundeslandes, in dem der Standort der Einrichtung liegt, für nichtig zu erklären, in eventu einzelne der vorher bezeichneten Festlegungen der Ausschreibung 1. Fassung für nichtig erklären, die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, den Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren durch die Auftraggeberinnen, und die Erlassung einer einstweiligen Verfügung.

Begründend wurde von der Drittantragstellerin im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

Die Auftraggeberinnen hätten ein Vergabeverfahren mit vorheriger europaweiter Bekanntmachung zur Vergabe nicht-prioritärer Dienstleistungen der stationären Rehabilitation in der Zuweisungsindikation "Psychiatrie" in den drei Versorgungszonen (Nord, Ost und West) im Oberschwellenbereich durchgeführt. Angefochten seien die Ausschreibungsunterlagen. Zur Rechtswidrigkeit der Ausschreibung gab die Drittantragstellerin zusammengefasst folgendes an:

1. Rechtswidrigkeit im Zuschlagskriterium "Verhältnisfaktor": Die Festlegung in Punkt 3.3 der Ausschreibungsunterlage 1. Fassung für Los 2 sei unsachlich, weil ein Standort außerhalb des Bundeslandgebietes von Wien auch dann zu 0 Punkten führe, wenn dieser Standort tatsächlich vom Stadtzentrum aus besser zu erreichen sei, als ein anderer Standort im Bundesgebiet von Wien. Damit werde eine nicht notwendige Beschränkung und Ungleichbehandlung geschaffen, welche der Drittantragstellerin einen erheblichen Nachteil gegenüber Konkurrenten mit Standort in Wien (auch wenn dieser am Stadtrand liegen und schwer erreichbar sein würde) auferlege. Es würden somit gleiche oder sogar besser geeignete Standorte in Niederösterreich nur aufgrund einer aus Versorgungssicht willkürlichen Bundeslandgrenze schlechter bewertet werden, was eine massive Bieterungleichbehandlung bedeuten würde. Das Zuschlagskriterium des Punktes 3.3 sei tatsächlich ein Ausschlusskriterium, diene als solches nicht der Ermittlung des Bestbieters und sei somit unzulässig. Durch die Festlegung des Verhältnisfaktors 100 % für den Standort Wien werde bewirkt, dass selbst wenn eine Bieterin mit Standort in Niederösterreich aufgrund der Bewertung der Zuschlagskriterien Bestbieterin wäre, sie durch Multiplikation mit dem Verhältnisfaktor von 0 % nicht für eine Beauftragung (Bettenzuteilung) in Frage kommen würde. Die erreichbare Punkteanzahl für das Zuschlagskriterium Verhältnisfaktor sei somit für die Angebotsreihung und Bewertung völlig irrelevant:

Bieter mit einem den Standort Wien betreffenden Angebot erhielten dieselbe Punkteanzahl, Bieter mit einem einen Standort außerhalb von Wien betreffenden Angebot seien vom Zuschlag (Bettenzuteilung) ausgeschlossen. Im Ergebnis sei die Festlegung des Verhältnisfaktors in Punkt 3.3 rechtswidrig und für nichtig zu erklären. Da ohne dieses Zuschlagskriterium die Ausschreibung einen gänzlich anderen Inhalt bekäme, sei die gesamte Ausschreibung gemäß § 325 Abs 2 BVergG 2006 für nichtig zu erklären. Zum einen würde ein sehr wesentliches Zuschlagskriterium entfallen und damit würden andere Zuschlagskriterien aufgewertet. Zum anderen würde die Berücksichtigung des Fehlens einer stationären Einrichtung im Ballungsraum Wien fehlen.

2. Rechtswidriges "Zuschlagssystem": Die Festlegung des Zuschlagssystems in Punkt 2.3.6 der Ausschreibungsunterlagen sei - zumindest hinsichtlich Los 2 - rechtswidrig und für nichtig zu erklären. Auch für das in Punkt 2.3.6 der Ausschreibungsunterlage 1. Fassung festgelegte Zuschlagssystem sei der in Punkt 3.3 vorgesehene Verhältnisfaktor von 100 % für einen Standort in Wien und die daraus resultierenden 0 % für einen Standort im Nordburgenland oder in Niederösterreich maßgeblich. Die Multiplikation des Bedarfs je Versorgungszone mit dem Verhältnisfaktor bewirke, dass das Zuschlagskriterium Verhältnismäßigkeit beim Los 2 durch die Festlegung des Verhältnisfaktors 100 % für den Standort Wien zu einem Ausschlusskriterium werde. Somit schränke das von der Auftraggeberin vorgesehene Zuschlagssystem die Bettenzuteilung und damit den Bieterkreis auf Unternehmen ein, die einen Standort in Wien anbieten würden. Die Festlegung sei unsachlich, weil ein Standort außerhalb des Bundeslandgebiets von Wien auch dann zu 0 Punkten führe, wenn dieser Standort tatsächlich vom Stadtzentrum aus besser zu erreichen sei, als ein anderer Standort im Bundeslandgebiet von Wien. Die Einschränkung in Punkt 3.3 (iVm Punkt 2.3.6) auf Standorte in Wien stelle eine unzulässige Änderung der Vorgaben aus der ersten Stufe des Vergabeverfahrens dar und verstoße gegen den Transparenzgrundsatz. Da im Ergebnis ohne dieses Zuschlagskriterium die Ausschreibung einen gänzlich anderen Inhalt bekäme, sei die gesamte Ausschreibung gemäß § 325 Abs 2 BVergG 2006 für nichtig zu erklären.

Die Drittantragstellerin habe ein Interesse am Vertragsabschluss, es drohe ihr ein Schaden und ihre Rechte würden verletzt.

Mit Schreiben der Auftraggeberinnen vom 29.05.2018 und 04.06.2018 gaben diese bekannt, dass Auftraggeberinnen die Pensionsversicherungsanstalt, Wiener Gebietskrankenkasse, Burgenländische Gebietskrankenkasse, Oberösterreichische

Gebietskrankenkasse, Steiermärkische Gebietskrankenkasse, Salzburger

Gebietskrankenkasse, Tiroler Gebietskrankenkasse, Vorarlberger Gebietskrankenkasse, Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau und Betriebskrankenkasse voestalpine Bahnsysteme, alle vertreten durch die Pensionsversicherungsanstalt seien. Bei dem gegenständlichen Vergabeverfahren handle es sich um einen Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich, der nach dem Bestbieterprinzip in einem 2-stufigen "Zertifizierungsverfahren" mit EU-weiter Bekanntmachung zum Abschluss von Rahmenverträgen pro Los mit einem oder mehreren zertifizierten Bewerber(n) nach den Regeln für die nicht prioritären Dienstleistungen gem. § 141 BVergG 2006, vergeben werden solle. Die Bekanntmachung in Österreich sei am 27.11.2017 und in der EU am 29.11.2017 erfolgt.

Mit Beschluss vom 05.06.2018, zur Zahl W134 2196559-1/3E, hat das Bundesverwaltungsgericht die von allen Antragstellerinnen beantragte einstweilige Verfügung erlassen.

Mit Schreiben vom 05.06.2018 brachten die Auftraggeberinnen vor, dass die Anträge der Erstantragstellerin bereits aufgrund der Unbestimmtheit der Beschwerdepunkte abzuweisen wären. Gemäß § 141 Abs 1 BVergG sei ein Großteil des BVergG nicht anwendbar. § 96 Abs 2 BVergG sei bei der Vergabe von nicht prioritären Dienstleistungen nicht anwendbar. Die Auftraggeberinnen hätten die Ausschreibung nicht grundlegend geändert. Die Auftraggeberinnen hätten in den Ausschreibungsunterlagen den Inhalt der jeweiligen Zuschlagskriterien und die dazugehörige Bewertungsmethode offengelegt. Sämtliche abgestimmte Planungsergebnisse seien ein in sich geschlossenes sozialrechtliches Planungssystem. Dieses (Gesamt-)System an Planungsvorgaben sei von den Auftraggeberinnen stets in seiner Gesamtheit zwingend zu beachten. Es sei daher nicht isoliert auf den Rehabilitationsplan bzw. die Rehabilitationsevidenz abzustellen. Die Auftraggeberinnen seien verpflichtet das bestehende Versorgungsangebot bzw die versorgungswirksamen Betten in den jeweiligen Bundesländern zu berücksichtigen. Die Auftraggeberinnen hätten eine regional möglichst ausgewogene Verteilung der Versorgungsangebote und ausreichende Rehabilitationskapazitäten innerhalb der Bundesländer zu gewährleisten. Die Auftraggeberinnen hätten die Ausschreibung primär auf den Gesamtbedarf der jeweiligen Versorgungszonen ausgerichtet. Lediglich sekundär werde die bereits bestehende Anzahl an versorgungswirksamen Betten innerhalb des jeweiligen Bundeslandes in Form einer prozentuellen Bewertung berücksichtigt. Die Berücksichtigung eines "Bundesländerproporzes" sei im Hinblick auf die gesundheitspolitische Zielsetzung der "regional möglichst ausgewogenen Verteilung der Versorgungsangebote" erforderlich und sachlich gerechtfertigt. Der Verhältnisfaktor sei in Koordination mit dem Verfasser des Rehabilitationsplans errechnet worden und basiere auf den aktuell von der GÖG erhobenen SOLL-und IST-Zahlen an Betten in der RIG PSY in den einzelnen Bundesländern. Der Verhältnisfaktor entspreche dem tatsächlichen (Bedarfs-)Anteiles jeweiligen Bundeslandes am Gesamtbedarf der jeweiligen Versorgungszone. Im Gegensatz zu den Bundesländern Niederösterreich und Burgenland in denen der "Betten-IST-Stand" deutlich über dem "Betten-SOLL-Stand" liege, bestehe im Bundesland Wien noch kein einziges versorgungswirksames bzw systemisiertes Bett nach "RIG". Es sei daher nicht unsachlich, dass die Punkte des Zuschlagskriteriums "Verhältnisfaktor" in voller Höhe dem Standort Wien zugeordnet werden würden. Es werde, entgegen der Ausführungen der Erstantragstellerin, durch das Zuschlagskriterium "Verhältnisfaktor" kein Sub-Los gebildet. Ausschreibungsgegenstand sei der Gesamtbedarf der jeweiligen Versorgungszone.

Mit Schreiben vom 20.06.2018 brachte die Drittantragstellerin vor, dass die Beschwerdepunkte entgegen den Ausführungen der Auftraggeberinnen sehr wohl die gesetzlichen Anforderungen erfüllen würden. In den Teilnahmeunterlagen finde sich kein Anhaltspunkt zur Einschränkung auf das Bundesgebiet Wien, es werde vielmehr auf die gesamte Versorgungszone Ost abgestellt. Die mit dem Zuschlagskriterium Verhältnisfaktor verbundene faktische Einschränkung auf Wien, sei für die Bildung des Bieterkreises höchst relevant und hätte deshalb in der zweiten Stufe des Vergabeverfahrens nicht nachträglich eingefügt werden dürfen. Das Ziel der "regionen- und sektorenübergreifenden Planung" zeige das eine regionale Beschränkung auf die Bundesländergrenzen von Wien bei der bundesländerübergreifenden Versorgungszone Ost nicht zulässig sei. Dadurch würde das Ziel einer regionenübergreifenden Planung konterkariert werden. Die Versorgungssituation von Wien könne auch mit einer stationären Rehabilitationseinrichtung knapp außerhalb der Bundeslandgrenzen sichergestellt werden. Vorgaben zur überregionalen Planung könnten nicht aus dem RSG gewonnen werden und umgekehrt könne die Existenz des RSG auch nicht als Rechtfertigung für regionale Planungsvorgaben herangezogen werden. Die von den Auftraggeberinnen zitierte Passage aus dem RSG Niederösterreich 2010 sei nicht mehr gültig und widerspreche der geltenden Rechtslage des G-ZG 2017 und des § 84a ASVG, welche einen Fokus der Planungsregelungen auf die regionen- und sektorenübergreifende Planung enthalten würde. Es gebe keine sachliche Rechtfertigung für die Einschränkung der stationären Rehabilitation auf das Bundeslandgebiet von Wien. Der ÖSG, der Rehabilitationsplan und das RSG-Monitoring würden klar zwischen ambulanter und stationärer Rehabilitation unterscheiden. Bei der ausschreibungsgegenständlichen stationären Rehabilitation sei für die Versorgungsplanung eindeutig auf die Ebene der Versorgungszone, im gegenständlichen Fall somit auf Wien, Niederösterreich und das Nordburgenland abzustellen und somit keine Einschränkung bei der Planung auf "tiefere Ebenen" wie zB Bundesländer zulässig. Aus dem Zuschlagssystem ergebe sich eine faktische Einschränkung auf Wien, welche unsachlich sei und den Bieterkreis stark einschränke. Das Zuschlagssystem sei daher rechtswidrig. Das Zuschlagskriterium "Verhältnisfaktor" umfasse 40 von 140 möglichen Bewertungspunkten und stelle somit eine massive Bevorzugung von Bietern mit Standorten im Bundeslandgebiet von Wien dar. Dieses Kriterium finde in den Planungsregelungen des Gesundheits-Zielsteuerungsgesetzes keine sachliche Rechtfertigung. Die Versorgungssituation von Wien könne auch mit einer stationären Rehabilitationseinrichtung knapp außerhalb der Bundeslandgrenzen sichergestellt werden.

Mit Schreiben vom 20.06.2018 führte die Zweitantragstellerin aus, dass sowohl der Österreichische Strukturplan Gesundheit (ÖSG) als auch der Rehabilitationsplan das Bundesgebiet in die vier Versorgungszonen Nord, Ost, West und Süd und nicht in Bundesländer untergliedere. Für den stationären Bereich seien die Versorgungszonen maßgeblich. Der "Verhältnisfaktor" sei sachlich nicht gerechtfertigt. Das Zuschlagssystem führe dazu, dass vom System der losweisen Vergabe nach Versorgungszonen wesentlich abgewichen werde und nicht der Bestbieter beauftragt werde. Die Zweitantragstellerin hätte in dem Wissen, dass der bestgereihte Bieter in der Versorgungszone Ost mit Standort in Wien zum Zuge komme und nur der Restbedarf zwischen den bestgereihten mit Standort im Burgenland und Niederösterreich gesplittet werde, einen anderen Standort und andere Immobilien für die Realisierung ihres Projektes gesucht.

Mit Schreiben vom 20.06.2018 führte die Erstantragstellerin aus, dass der ÖSG 2017 den Bedarf in der stationären Rehabilitation nach Versorgungszonen und Indikationsgruppen (RIG) und nicht nach Bundesländern abbilde. Der Verhältnisfaktor würde zu einer primär bundesländerweisen Vergabe führen. Durch den Verhältnisfaktor werde unzulässig in die Zuständigkeit der Sanitätsbehörden eingegriffen. Es sei nicht zulässig, dass die Auftraggeberinnen mit vergaberechtlichen "Lenkungsmaßnahmen" in öffentlich-rechtliche Planungsinstrumente des Gesundheits-Zielsteuerungsgesetzes oder einen standortbezogenen Bedarf eingreife. Das Zuschlagskriterium "Verhältnisfaktor" sei diskriminierend und würde eine Ungleichbehandlung der Bieter herbeiführen. Das Zuschlagskriterium sei daher vergaberechtswidrig. Das Zuschlagssystem sei erst offengelegt worden, nachdem den Bietern bereits bindende Angaben in Bezug auf den Standort abverlangt worden seien. Bestritten werde, dass die Erstantragstellerin nicht in der Lage gewesen wäre, einen Teilnahmeantrag mit einem Standort in Wien abzugeben. Durch das Zuschlagssystem bestehe kein Wettbewerb mehr zwischen jenen Bietern, die einen Standort in Wien vorgesehen hätten und jenen Bietern, die einen Standort in der Versorgungszone Ost außerhalb Wiens vorgesehen hätten. Es handle sich dabei um eine grundlegende Änderung gegenüber der Bekanntmachung und den Teilnahmebestimmungen, die eine losweise Vergabe nach Versorgungszonen vorgesehen hätten.

Am 25.06.2018 fand ihm BVwG darüber eine mündliche Verhandlung statt. Das Verhandlungsprotokoll lautet auszugsweise wie folgt:

"[...]

XXXX : Beschafft werden Leistungen der stationären Rehabilitation in der Indikation Psychiatrie (PSY) in 3 Losen und zwar im Los Nord (Salzburg und Oberösterreich), Ost (Wien, Niederösterreich und nördliches Burgenland) und West (Tirol und Vorarlberg). Gesucht werden maximal 3 Rahmenvertragspartner je Los für die Vergabe von Aufträgen in den jeweiligen Losen für zunächst 3 Jahre und der Möglichkeit zur unbefristeten Verlängerung. Insgesamt werden in allen 3 Losen 339 Betten ausgeschrieben, die sich folgendermaßen verteilen: Los 1 (Nord) 134 Betten, Los 2 (Ost) 117 Betten und Los 3 (West) 88 Betten. Diese Bettenanzahl resultiert aus einer Zusammenschau des aktuellen Ist-Standes der vorhandenen Betten in den 3 Losen (Rehaevidenz zum 01.03.2018) mit dem gemäß Rehaplan 2016 festgeschriebenen Bedarf bis 2020. Die konkrete Verteilung der in den jeweiligen Losen - auch auf Bundesländerebene - erforderlichen Betten ergibt sich in Zusammenschau des Ist-Zustandes gemäß Rehaplan 2016 (Auflistung der einzelnen Einrichtungen in Tabelle 1a des Rehaplans 2016) bzw. aktualisiert durch die Rehaevidenz zum 01.03.2018 und den Soll-Zahlen des Rehaplans für 2020.

Diskutiert wird mit den Parteien der Inhalt der Beilage ./B und die Herleitung der dort genannten Zahlen aus der Rehaevidenz der GÖG und dem Rehaplan 2016 sowie der Beilage ./A.

Die Parteien bestätigen, dass die 2. Spalte der Beilage ./B überschrieben mit Soll Rehaevidenz 01.03.2018, die 3. Spalte überschrieben mit Bedarf Rehaplan und die 4. Spalte überschrieben

mit Rehaevidenz Stand 01.03.2018 ... unstrittig sind.

VR: Können Sie die Tabelle in Beilage ./B ohne den rechten 3 weißen Spalten nachvollziehen?

Alle 3 Parteien bejahen dies.

XXXX : Die Einteilung der im jeweiligen Los auf Bundesländer runtergebrochenen Bettenanzahl der Beilage ./B (siehe die vorletzte weiße Spalte "Differenz exklusive BB" (bedeutet Differenz exklusive Betriebsbewilligung, also systemwirksame Betten)) ergibt sich aus der vorletzten Spalte in Beilage ./A ("Diff. Exklusive BB). Vor diesem Hintergrund sind daher sowohl in der Beilage ./A als auch in der Beilage ./B bundesweit 271 Betten erforderlich (unter Ausklammerung der 68 "deutschen Betten"). Die Übereinstimmung des Zahlenwerks der GÖG einerseits (Beilage ./A) und der PVA andererseits (Beilage ./B) ist auch auf Bundesländerebene ersichtlich: So sind in beiden Aufstellungen für das Los Nord in Salzburg 43 Betten und in Oberösterreich 30 Betten erforderlich. Desgleichen sind gemäß beiden Aufstellungen in Tirol 28 Betten und in Vorarlberg 67 Betten erforderlich (Los West). Auch im Los Ost herrscht Übereinstimmung zwischen diesen beiden in Rede stehenden Aufstellungen im Hinblick auf Burgenland, nämlich mit übereinstimmend 50 Betten. Die Abweichung des Zahlenwerks im Bundesland Wien (322 Betten in Beilage ./B kontra 281 Betten in Beilage ./A) geht auf einen Berechnungsfehler der GÖG in Beilage ./A zurück, wonach die in der drittletzten Spalte von rechts ("Ist [RE, exklusive BB]") angeführte Zahl von 41 Betten in Wahrheit mit 0 anzusetzen gewesen wäre, da irrtümlicherweise die 41 Betten bloß betriebsbewilligt, aber noch nicht versorgungswirksam sind. In Niederösterreich sehen wir auch einen Unterschied von 41 Betten zwischen Beilage ./B und Beilage ./A. In der Beilage ./B ist ein Überschuss von 131 Betten ausgewiesen, in der Beilage ./A hingegen nur ein Überschuss von 90 Betten. Dies wurde von der GÖG mit E-Mail vom 07.03.2018 aufgeklärt, es handelte sich um einen Übertragungsfehler. Die Zahlengleichheit der Differenzen bei Wien und Niederösterreich ist rein zufällig. Ich übergebe diesbezüglich ein E-Mail von XXXX vom 07.03.2018 an den Senat. Ich lege bezüglich der korrigierten Zahlen der GÖG die korrigierte Beilage ./A vor.

XXXX teilt an alle Parteien die korrigierte Beilage ./A aus.

XXXX : Aus dieser korrigierten Beilage ./A ist nunmehr ersichtlich, dass die angeführten Zahlen für Wien (-322) bzw. Niederösterreich (131) mit den von der PVA zur Ermittlung des Verhältnisfaktors angeführten Zahlen in Beilage ./B übereinstimmen. Der Verhältnisfaktor entspricht dem tatsächlichen Bedarf des jeweiligen Bundeslandes am Gesamtbedarf der jeweiligen Versorgungszone. Vor diesem Hintergrund ist klar, dass im Bundesland Wien mit einer derartig eklatanten Unterdeckung von -322 Betten und dem Bundesland Niederösterreich mit einem Überschuss von 131 Betten, dem Bundesland Burgenland mit einem Überschuss von 50 Betten der Bedarfsfaktor in der Versorgungszone Ost jedenfalls zu 100 % auf das Bundesland Wien ausfallen muss.

[...]

XXXX : Unverständlich an der Vorgangweise der Auftraggeberin ist vor allem, dass der Verhältnisfaktor bzw. das Zuschlagssystem in der ersten Stufe den Bewerbern nicht offengelegt wurden. Auf Basis der Teilnahmebedingungen und der Bekanntmachung durften die Bewerber davon ausgehen, dass die Vergabe losweise nach Versorgungszonen erfolgt. Davon wurde nunmehr in der zweiten Stufe abgegangen, indem man den "Verhältnisfaktor" eingeführt hat. In der Versorgungszone Ost ist dieser so angesetzt, dass mit einem Standort außerhalb Wiens praktisch keine Aussicht auf einen Zuschlag besteht. Selbst wenn sämtliche Angebote mit einem Standort außerhalb Wiens besser bewertet würden, als ein Angebot mit einem Standort in Wien, würde nach dem Zuschlagssystem das Angebot für Wien zum Zug kommen. Hätte die Antragstellerin bzw. deren Mitglieder den Verhältnisfaktor bereits im Zuge der ersten Stufe gekannt, wäre der Teilnahmeantrag jedenfalls anders, nämlich mit einem Standort Wien gestellt worden. Diese Vorgehensweise verstößt gegen den Transparenzgrundsatz. Weiters verstößt diese Vorgehensweise gegen § 2 Z. 20 lit. d sublit. aa BVergG, weil nach diesem Zuschlagssystem nicht zwangsläufig das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot zum Zug kommt. Die genannte Bestimmung ist gemäß § 141 BVergG auch bei der Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen anzuwenden. Es liegt daher auch ein Verstoß gegen das Bestangebotsprinzip vor. Weiters verstößt das Zuschlagskriterium Verhältnisfaktor gegen den Grundsatz der Bietergleichbehandlung, weil bestimmten Bietern von vorneherein eine bestimmte Punktanzahl zugeschrieben wird. Für andere Bieter jedoch von vorneherein ausgeschlossen ist in diesem Zuschlagskriterium Punkte zu erreichen. Diese Bieter können aufgrund der Festlegung, dass die in der ersten Stufe angegebenen Standorte bindend sind, ihr Angebot nicht so gestalten, dass sie im Zuschlagskriterium Verhältnisfaktor Punkte erreichen können.

XXXX : Das Vorbringen der Erstantragstellerin ist in mehrerer Hinsicht verfehlt. Zum einen ist es zu keinem Wechsel der Spielregeln zwischen der ersten und zweiten Stufe des Vergabeverfahrens gekommen, da die Auftraggeberin in der zweiten Stufe die Vorgaben der ersten Stufe lediglich fortgeschrieben und konkretisiert hat. In diesem Zusammenhang hat sich die Auftraggeberin ganz konkret dafür entschlossen, die Vergabe nicht auf Ebene von Bundesländern herunterzubrechen, sondern ist beim ursprünglich konzipierten System der ersten Stufe, nämlich der Vergabe auf Ebene von Versorgungszonen als Losgröße geblieben. Vor diesem Hintergrund ist es daher möglich, dass Bieter mit Standorten in Niederösterreich dann zum Zug kommen, wenn in Wien bzw. Burgenland kein Angebot, kein geeignetes Angebot, kein zuschlagsfähiges Angebot oder kein Angebot mit ausreichender Bettenanzahl abgegeben wird. Zum anderen sind die ins Treffen geführten Verstöße gegen das Gebot der Bietergleichbehandlung bzw. des Transparenzgrundsatzes verfehlt, da die Auftraggeberin die Vorgehensweise zur Ermittlung des Zuschlagsempfängers in transparenter und objektiv nachvollziehbarer Vorgehensweise in den Ausschreibungsunterlagen offengelegt hat. Die Bieter können daher auf Grundlage des Zuschlagssystems ihre Positionierung im vergaberechtlichen Wettbewerb nachvollziehbar ermitteln. Auch der Vorhalt eines Verstoßes gegen das Bestangebotsprinzip geht ins Leere, da nach gefestigter Judikatur des EuGH ein Zuschlagssystem auch dann vergabekonform ist, wenn gegebenenfalls nur ein Bieter die Höchstzahl in diesem System erlangen kann bzw. alle Zuschlagskriterien in diesem System abdecken kann. Vorausgesetzt wird, dass ein solches Kriterium sachlich gerechtfertigt ist, was im Zusammenhang mit dem hier gegenständlichen Verhältnisfaktor aufgrund der für die Auftraggeberin gemäß § 84 a ASVG verbindlichen Planungsgrundlagen (ÖSG, Rehaplan 2016, RSG) jedenfalls gegeben ist. Nur der Vollständigkeit halber wird darauf verwiesen, dass die Erstantragstellerin einerseits in der ersten Verfahrensstufe ausdrücklich eingeladen wurde, mehrere Teilnahmeanträge mit jeweils unterschiedlichen Standorten zu stellen und sich andererseits auch nicht gegen das in der zweiten Verfahrensstufe ebenfalls im Bestbieterkatalog enthaltene Zuschlagskriterium der "Erreichbarkeit" ausgesprochen hat, das nach den Ausführungen der Erstantragstellerin aus ihrer Sicht ebenfalls bieterungleichbehandelnd und intransparent sein müsste, da es - mit den Worten der Erstantragstellerin - in der Angebotsstellung aufgrund des gegebenen Standortes "angebotsunbeeinflussbar" sein müsste.

XXXX : Ich verweise auf die Entscheidung BVA vom 15.03.2012 Zahl N-0006-BVA/12/2012-29. Das BVA hat darin ausgesprochen, dass aufgrund der Grundsätze des § 141 Abs. 2 BVergG ein Auftraggeber auch im nicht prioritären Bereich eine Ausschreibung nicht exzessiv bzw. über Gebühr ändern darf. Das ist der Fall bei einer Beeinflussung des Kreises der Bewerber oder der Bieter. Im konkreten Fall wurde der Shortlisting-Modus geändert. Zu einer Abänderung des Lossystems im laufenden Verfahren verweise ich auf die Entscheidung BVA 24.01.2013 N/0113-BVA/12/2012-27. Auch darin ist bestätigt unter Verweis auf das Vorjudikat, dass bei aller Freiheit des Auftraggebers eine Abänderung des Lossystems unzulässig ist. Der springende Punkt hier ist, dass anders als bei Concordiabus es nicht nur einen Bieter gibt, der das Kriterium erfüllen kann, sondern alle Bieter wären in der Lage gewesen, ebenfalls einen Standort in Wien anzubieten. Rechtswidrig ist, dass in Kenntnis aller angebotenen Standorte und der zugehörigen Bettenkapazitäten nunmehr nachträglich die Beauftragung nach Bundesländern erfolgt.

XXXX : In Hinblick auf die erste zitierte Entscheidung des BVA vom 15.03.2012 ist festzuhalten, dass diese Entscheidung zu einem Sachverhalt ergangen ist, in dem der Auftraggeber 64 Berichtigungen und Ergänzungen zu seiner ursprünglichen Ausschreibungsunterlage bekannt gemacht hat. Dieser Fall ist zum gegenständlichen Fall in keinster Weise einschlägig. Die zweite Entscheidung des BVA vom 24.01.2013 geht ebenfalls im Sachverhalt von anderen Tatbestandsvoraussetzungen aus, nämlich von einer Abänderung des Lossystems. Die Lose wurden im streitgegenständlichen Sachverhalt gerade nicht verändert und verbleiben weiterhin wie dargestellt auf Ebene der Versorgungszonen. Darüber hinaus wird zum Vorbringen der Zweitantragstellerin, dass das Lossystem in der zweiten Stufe geändert wurde auf § 28 Abs 4 BVergG 2018 verwiesen, wonach es ausdrücklich zulässig ist, dass bei einer losweisen Vergabe die Höchstzahl an Losen, die einem Bestbieter zugeschlagen wird (Losbeschränkung für den Zuschlagsempfänger) erst in den Ausschreibungsunterlagen der zweiten Stufe bekanntzugeben ist. Diese Norm gilt für den grundsätzlich strenger geregelten Bereich von prioritären (in den Worten des BVergG 2018: nicht-besondere) Dienstleistungen und muss im Umkehrschluss daher jedenfalls auch den Spielraum für nichtprioritäre (in den Worten des BVergG 2018: besondere) Dienstleistungen bilden.

XXXX : Geändert wurde die Loseinteilung selbst. Ausgeschrieben war die Vergabe von 117 Betten an den Bestbieter für das Los 2, VZ Ost, und 134 Betten im Los 1, VZ Nord. Gemäß Zuschlagssystem der Stufe 2 beauftragt wird aber nun 79 Betten in Salzburg, 55 Betten in Oberösterreich, 117 Betten in Wien und nur ein Restbedarf in Niederösterreich und Burgenland zu je 50%. Das ist eine komplett andere Ausschreibung als bekannt gemacht und in der ersten Stufe Gegenstand der Bewerbung war.

XXXX : Zunächst schließe ich mich den Ausführungen der anderen Antragssteller an. Die Vergabegrundsätze insbesondere das Diskriminierungsverbot und der Gleichbehandlungsgrundsatz verbieten die Festlegung von Bestimmungen, die die Teilnahme eines Unternehmers ohne sachliche Rechtfertigung unnotwendig erschweren und damit den freien Wettbewerb ungerechtfertigt behindern. Je stärker eine Festlegung den Wettbewerb einschränkt und einzelne Bieter benachteiligt, desto besser und gewichtiger muss die sachliche Rechtfertigung für diese Festlegung sein. In diesem Sinne gibt es nach der Judikatur des EuGH sogar Fälle, in denen der Bietermarkt auf einen Unternehmer eingeschränkt wird, wenn zwingende Gründe eine solche Vorgehensweise rechtfertigen. Die Vorgehensweise des Auftraggebers führt im konkreten Fall zu einer immensen Einschränkung des Bieterkreises von vermutlich vier auf einen Bieter, mit Chance auf Legung eines erfolgreichen Angebotes. Die Frage ist daher, hat der Auftraggeber eine entsprechend starke sachliche Rechtfertigung, die ihn zu so einer Vorgehensweise zwingt. Der Auftraggeber begründet seine Vorgehensweise mit einem starken Bedarf in Wien und wirft damit Bedarf und Versorgung dieses Bedarfs in einen Topf. Das G-ZG, der ÖSG, der Rehaplan unterscheiden grundsätzlich zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Im Bereich der ambulanten Versorgung wird der Bedarf (hier in Wien) mit Versorgung auf Bundeslandebene gewährleistet. Im hier relevanten stationären Bereich stellen alle genannten Rechtsgrundlagen auf die VZ ab. Diese Differenzierung hat einen guten Grund: Ambulante Versorgung erfordert regelmäßige Anwesenheit (jeweils mit Anreise) der Patienten, stationäre Behandlung bedeutet, der Patient aus Wien reist einmal an und drei bis sechs Wochen später wieder zurück. Der Bedarf in Wien lässt sich somit- wie in allen Rechtsgrundlagen vorgesehen- auch durch Einrichtungen außerhalb der Bundeslandgrenze im Ballungsraum Wien decken. Verweis auf Stellungnahme der Auftraggeberin vom 05.06.2018 zum Nachprüfungsantrag der zweiten Antragstellerin Punkt 9 Seite 22 unten und Seite 23 oben. "...das System der losweisen Vergabe (hat) keinen Einfluss auf die Zuweisungspraxis und eine Zuweisung (ist) auch weiterhin VZ übergreifend und wohnortunabhängig möglich, da sich die einzelnen Lose lediglich auf den Standort der Einrichtung und nicht auf den Wohnort der zuzuweisenden Patienten beziehen." Verweis auf Schreiben der PVA vom 23.09.2017 betreffend Bewilligung einer stationären Anstalt in Niederösterreich. Der Auftraggeber nimmt in dem vorgelegten Schreiben auf einen Bedarfsprüfungsantrag der dritten Antragstellerin Bezug. Diese Bedarfsprüfung bezog sich auf 1. eine stationäre Einrichtung und 2. ein Ambulatorium. Der Auftraggeber selbst bestätigt darin den Bedarf in Niederösterreich als Teil der VZ Ost und geht erst in Punkt 2. Ambulatorium auf die Bundeslandgrenzen ein.

Obwohl alles für eine Versorgung auf Versorgungszonenebene spricht, stellt der Auftraggeber nun aus der heute vorgelegten Beilage ./A, die erst nach Abschluss der ersten Stufe erstellt wurde (01.03.2018) auf Bundeslandgrenzen ab. Da es dafür keine sachliche Rechtfertigung gibt, schon gar keine Rechtfertigung, die eine solche Einengung zulassen könnte, drängt sich der Verdacht auf, dass ein bestimmtes Ergebnis hergestellt werden soll.

XXXX : Die Auftraggeberin ist vor dem Hintergrund ihrer gesetzlichen Verpflichtungen bei der Gestaltung von Vergabeverfahren (siehe den Beschluss des BVwG vom 02.02.2018) verpflichtet, sämtliche Planungsgrundlagen (explizit angeführt: "ÖSG, Rehabilitationsplan 2016 und RSG") einzuhalten. Diese Verpflichtung ist auch den Bietern im gegenständlichen Vergabeverfahren bekannt und ist daher davon auszugehen, dass die Auftraggeberin zur Einhaltung dieser Pflichten auch im gegenständlichen Vergabeverfahren angehalten ist. Insbesondere aus der Existenz der RSG, die ausweislich auch Anwendung im Bereich der stationären Rehabilitation finden, ist die Auftraggeberin letztlich zur Berücksichtigung von offenen Bedarfszahlen je Bundesland aufgerufen. Auch diese Planungsgrundlage ist öffentlich einsichtig und spannt den Bogen zum ebenfalls öffentlich einsichtigen Rehabilitationsplan 2016 (mit aktuellem Stand nach der jeweiligen Rehaevidenz). Die Bieter mussten vor dem Hintergrund dieser Rechtslage damit rechnen, dass der Verpflichtung zur Berücksichtigung regionaler Aspekte letztlich nur durch das Abstellen auf Bundesländerzahlen als ein für die Bewertung mitrelevanter Faktor entsprochen werden kann. Zum vorgelegten Schreiben der Auftraggeberin vom 23.02.2017 wird verwiesen, dass unter Punkt 1 kein standortbezogener Bedarf angesprochen, sondern gesetzeskonform auf den Bedarf gemäß "Rehabilitationsplan 2016 in der VZ Ost mit dem Planungshorizont 2020" abgestellt wird. Das gegenständliche Schreiben erging und ergeht in ähnlicher Form an eine Reihe von Antragstellern und verweist daher systemkonform auf die Ebene von Versorgungszonen (und nicht individuellen Standorten).

VR: Warum konnte oder wollte der Auftraggeber nicht bereits in der ersten Stufe die Tatsache bekannt geben, dass er im Los 2 prioritär auf einen Standort in Wien abstellen will?

XXXX : Dazu ist zunächst aus vergaberechtlicher Sicht darauf zu verweisen, dass der Auftraggeber nach aktueller Rechtslage (und soweit absehbar unter BVergG 2018) nicht einmal im Fall der strenger geregelten prioritären Dienstleistungen verpflichtet ist, sein Zuschlagssystem bereits in den Unterlagen zur ersten Stufe offenzulegen. Dies ist soweit absehbar auch durchgängige Praxis in Österreich, nicht zuletzt vor dem verwaltungsökonomischen Hintergrund, dass die Zeit, die Bewerber zur Erstellung von Teilnahmeanträgen in der ersten Stufe benötigen, vom Auftraggeber dafür genutzt wird, seine Unterlagen für die zweite Stufe - quasi parallel und zeiteffizient - voranzutreiben, auszudiskutieren und letztlich verbindlich festzuschreiben. Darüber hinaus ist die Auftraggeberin - wie schon mehrmals ausgeführt - nicht vom grundsätzlichen System der losweisen Vergabe nach Versorgungszonen abgegangen. Und letztlich ging die Auftraggeberin davon aus, dass allen marktkundigen und seit Jahren bzw. Jahrzehnten tätigen Bewerbern die konkreten Planungsinstrumente, an welche sich die Auftraggeberin zu halten hat, bekannt sind und vor diesem Hintergrund mit der bestbieterrelevanten Gewichtung auch (aber nicht nur!) von standortbezogenen Eigenschaften rechnen mussten. Es kann daher von keinem Überraschungseffekt gesprochen werden, zumal die Auftraggeberin gerade durch die Möglichkeit der Abgabe von einer Vielzahl von Teilnahmeanträgen mit unterschiedlichen Standorten in der VZ zu erkennen gegeben hat, dass die Standortnähe dieser Einrichtungen in der zweiten Stufe von Relevanz sein wird.

[...]

XXXX : Ich verweise auf die Schriftsätze, dass die Rechtsgrundlagen richtig sind, es sich aus jenen aber ein völlig anderer Inhalt ableiten lässt. Für die stationäre Behandlung kommt es nach allen Rechtsgrundlagen auf die VZ und nicht auf die Bundeslandgrenzen an.

[...]

VR: Was ist das Ziel dieses Vergabeverfahrens?

XXXX : Das Ziel des gegenständlichen Vergabeverfahrens ist es unter Einhaltung der gesetzlichen Rahmenbedingungen insbesondere § 84 a ASVG und der darin genannten abgestimmten Planungsgrundlagen der gesetzlichen Verpflichtung zum Abschluss von Versorgungsleistungen im Bereich der psychiatrischen stationären Rehabilitation insbesondere unter Berücksichtigung regionaler Gesichtspunkte nachzukommen. Die Auftraggeberin ist ausweislich der Präambel des Rehabilitationsplanes 2016 verpflichtet, Über- und Unterdeckungen der regionalen Versorgung im Rahmen der von ihr durchgeführten Vergabeverfahren soweit möglich auszugleichen. Vor dem Hintergrund der gesetzlichen Zielsetzung wurde das konkrete Vergabeverfahren so gestaltet, dass die Abdeckung des Gesamtbedarfes an 339 Betten jedenfalls gewährleistet ist. Konkret auf den Bedarf in Wien bezogen bedeutet das, dass im theoretischen Vergleich mit einer bloß auf das Bundesland Wien als Los bezogenen Ausschreibung, mit der gegenständlichen Ausschreibung die höchstmögliche Versorgungssicherheit (durch gegebenenfalls Versorgung durch Standorte in Niederösterreich oder Burgenland) gewährleistet wurde.

XXXX : Die Zweitanstragstellerin plant seit 2014 eine Sonderkrankenanstalt für psychiatrische Rehabilitation. Wo sie dieses Projekt errichtet, ist grundsätzlich egal und hätten wir selbstverständlich für jeden Standort angeboten. Dass für Wien keine Angebote zu befürchten wären, ist daher eine reine Schutzbehauptung.

Die Erst und Drittantragstellerin schließen sich den Ausführungen der Zweitantragstellerin an."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Sachverhalt (schlüssiges Beweismittel)

Die Auftraggeberinnen die Pensionsversicherungsanstalt, Wiener Gebietskrankenkasse, Burgenländische Gebietskrankenkasse, Oberösterreichische Gebietskrankenkasse, Steiermärkische

Gebietskrankenkasse, Salzburger Gebietskrankenkasse, Tiroler

Gebietskrankenkasse, Vorarlberger Gebietskrankenkasse, Sozialversicherungsanstalt der Bauern, Versicherungsanstalt für Eisenbahnen und Bergbau und Betriebskrankenkasse voestalpine Bahnsysteme, alle vertreten durch die Pensionsversicherungsanstalt haben einen Dienstleistungsauftrag im Oberschwellenbereich, zum Abschluss von Rahmenverträgen pro Los mit einem oder mehreren zertifizierten Bewerber(n), der nach dem Bestbieterprinzip in einem 2-stufigen "Zertifizierungsverfahren" mit EU-weiter Bekanntmachung nach den Regeln für die nicht prioritären Dienstleistungen gem. § 141 BVergG 2006 vergeben werden soll, ausgeschrieben. Die Bekanntmachung in Österreich und in der EU ist am 27.11.2017 erfolgt. Der geschätzte Auftragswert beträgt bei jedem Los mehrere Millionen Euro. (Schreiben der Auftraggeberin vom 29.05.2018)

Punkt 1.4 der Teilnahmeunterlagen lautet auszugsweise:

"Ausschreibungsgegenstand

Gegenstand der Ausschreibung ist die Erbringung von Leistungen der stationären Rehabilitation in der Indikation PSY für Versicherte und deren anspruchsberechtigten Angehörigen (kurz Versicherte) in folgenden Losen:

-

Los 1: VZ Nord (Salzburg, Oberösterreich)

-

Los 2: VZ Ost (Nordburgenland, Niederösterreich, Wien)

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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