TE Vwgh Erkenntnis 1999/12/15 99/12/0154

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Veröffentlicht am 15.12.1999
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein;
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
40/01 Verwaltungsverfahren;
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz;

Norm

AVG §1;
AVG §58 Abs2;
BDG 1979 §75 Abs3 idF 1990/447;
B-VG Art130 Abs2;
B-VG Art18 Abs1;
B-VG Art7 Abs1;
VwGG §63 Abs1;
VwRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Germ, Dr. Höß, Dr. Riedinger und Dr. Waldstätten als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Ogris, über die Beschwerde des M in H, vertreten durch Dr. Walter Riedl, Dr. Peter Ringhofer, Dr. Martin Riedl und Dr. Georg Riedl, Rechtsanwälte in Wien I, Franz Josefs-Kai 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 15. April 1999, Zl. 116.490/1-A/99, betreffend Anrechnung der Karenzurlaubszeit (§ 75 Abs. 3 BDG 1979 in der Fassung vor der 1. BDG-Novelle 1997), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht als Amtsrat in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Seine Dienststelle vor der Gewährung des hier relevanten Karenzurlaubes (KU) ab 1. September 1995 war die regionale Geschäftsstelle L. des Arbeitsmarktservice Niederösterreich (im Folgenden AMS/NÖ), wo er als Abteilungsleiter der Abteilung "Service Versicherungsleistungen" tätig war. Seit 1. Jänner 1998 ist er - nach der vorzeitigen Beendigung dieses KU - dem Amt des AMS Österreich/Bundesgeschäftsstelle als Sachbearbeiter in der Abteilung "Arbeitslosenversicherung" zur Dienstleistung zugeteilt.

Die Gewährung des KU an den Beschwerdeführer geht auf seinen Antrag vom 6. Juni 1995 zurück; er begründete sein Ansuchen im Wesentlichen damit, es ergebe sich für ihn "nun doch die Möglichkeit, bei der Niederösterreichischen Gebietskrankenkasse" (NÖ GKK) tätig zu sein, da "nach Klärung der Gesetzeslage die Abgabe von Agenden der Leistungseinheiten des Arbeitsmarktservice nun doch an die KV-Träger erfolgt." Die Übernahme bestimmter, derzeit vom AMS besorgter Aufgaben (Karenzurlaubsgeld, Sondernotstandshilfe, Teilzeitbeihilfe, Wiedereinstellungsbeihilfe) solle bis spätestens 1. Juli 1997 erfolgen. Um die Vorbereitungsarbeiten rechtzeitig beginnen zu können, ersuche er um die Gewährung eines KU für die Zeit vom 1. September 1995 bis 30. April 1998. Da für die Übernahme der Aufgaben durch die NÖ GKK öffentliches Interesse gegeben sein dürfte, ersuche er auch um die Anrechung dieser Zeit nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 für die Vorrückung und den Ruhegenuss.

Dieses Ansuchen legte das Amt des AMS/NÖ (Dienstbehörde 1. Instanz) befürwortend der belangten Behörde vor und bemerkte ergänzend, die Tätigkeit des Beschwerdeführers bei der NÖ GKK diene in hohem Maße den Interessen des AMS NÖ, da er die Übernahme der abzugebenden Agenden vorbereiten und auf diese Weise verhindern solle, dass in der Vorbereitungsphase mehrere Bedienstete des AMS jeweils im Einzelfall als Auskunftspersonen punktuell für die NÖ GKK zur Verfügung stehen müssten.

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid vom 23. August 1995 gewährte das AMS/NÖ dem Beschwerdeführer den KU in der beantragten Dauer; im Abschnitt "Sonstige Mitteilungen" wies die Behörde darauf hin, dass bezüglich der Berücksichtigung der Zeit des KU für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhingen, nach Entscheidung durch die belangte Behörde gesondert abgesprochen werde.

In der Zwischenzeit war die belangte Behörde mit Schreiben vom 19. Juli 1995 unter Hinweis auf die Bedeutung der Tätigkeit des Beschwerdeführers bei der Vorbereitung der Übernahme bestimmter Aufgaben des AMS durch die NÖ GKK und den Entlastungseffekt für das AMS (im Zuge des Aufgabenüberganges müssten weniger Bedienstete des AMS als Auskunftspersonen zur Verfügung stehen) an das (damals zuständige) Bundeskanzleramt (BKA) mit dem Ersuchen herangetreten, der Anrechnung der beabsichtigten Erteilung des KU an den Beschwerdeführer gemäß § 75 Abs. 3 BDG 1979 zuzustimmen.

Mit Schreiben vom 28. August 1995 lehnte es das BKA ab, einer derartigen Verfügung zuzustimmen. Fehle es an einer der beiden Voraussetzungen nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 (Maßgeblichkeit/Überwiegen anderer als privater Interessen für die Gewährung des KU; Vorliegen berücksichtigungswürdiger Gründe), komme diese Ausnahmebestimmung nicht zum Tragen. Für die Auslegung des unbestimmten Gesetzesbegriffes "öffentliche Interessen" seien in erster Linie die Bestimmungen des Dienstrechtes maßgebend. Der Übergang von "Agenden der Leistungseinheiten" möge an sich im Interesse des Bundes gelegen sein. Für die Art der Durchführung dieser Übergabe durch die Gewährung eines KU an einen bestimmten Bediensteten könne jedoch weder ein (überwiegendes) öffentliches Interesse aus den Zielsetzungen der dienstrechtlichen Vorschriften ermittelt werden noch lägen die geforderten berücksichtigungswürdigen Gründe vor.

Diese Stellungnahme wurde dem Beschwerdeführer zur Kennntis gebracht. Eine bescheidförmige Absprache nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 erfolgte jedoch nicht.

In der Folge genehmigte die Dienstbehörde 1. Instanz über Ansuchen des Beschwerdeführers die vorzeitige Beendigung seines KU mit Ablauf des 31. Dezember 1997 (Bescheid vom 9. Dezember 1997). Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer auf sein Ansuchen mit Weisung der belangten Behörde vom 12. Dezember 1997 dem Amt des AMS Österreich/Bundesgeschäftsstelle zunächst für die Dauer von sechs Monaten, später auf Dauer zur Dienstleistung zugeteilt.

Mit Schreiben vom 22. Jänner 1998 trat die belangte Behörde neuerlich an das (nunmehr) zuständige Bundesministerium für Finanzen mit dem Ansuchen auf Zustimmung zu einer Verfügung nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 für den (verkürzten) KU des Beschwerdeführers heran. Nach Darstellung seines Aufgabenbereiches bei der NÖ GKK hob die belangte Behörde die Bedeutung seiner Tätigkeit für den Übergang bestimmter Agenden auf die GKK (ab 1. Juli 1997; Karenzurlaubsgeld, Teilzeitbeihilfe und Wiedereinstellungsbeihilfe) hervor; ohne Unterstützung des in der Materie eingearbeiteten Beschwerdeführers wäre die Übernahme dieser Aufgaben durch die GKK nur schwer möglich gewesen. Die gesetzeskonforme und reibungslose Vollziehung der der GKK übertragenen Agenden liege im zentralen öffentlichen Interesse.

Dazu stellte das Bundesministerium für Finanzen mit Schreiben vom 30. Jänner 1998 fest, dass es sich in der gegenständlichen Angelegenheit um eine "res iudicata" handle, seit der ab 1. Juli 1997 geltenden Rechtslage keine Mitwrkung des Bundesministers für Finanzen mehr möglich sei und somit eine Berücksichtigung des beantragten Zeitraumes für von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängige Rechte nicht in Betracht komme.

Nachdem der Beschwerdeführer am 16. März 1998 die bescheidförmige Absprache über die Anrechnung nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 für die Dauer seines (verkürzten) KU verlangte hatte, wies die belangte Behörde diesen Antrag mit Bescheid vom 19. Mai 1998 ab. In der Begründung führte sie im Wesentlichen aus, der Antrag des Beschwerdeführers sei auf Grund der (alten) Rechtslage vor der ersten BDG-Novelle 1997 zu beurteilen. Nach Auffassung der belangten Behörde seien die Voraussetzungen für die Anrechung der KU-Zeiten gegeben. Durch den KU sei zum einen sichergestellt worden, dass der NÖ GKK " vorort" ein exklusiver Ansprechpartner für die an die Gebietskrankenkassen übergehenden Agenden zur Verfügung gestanden sei. Das AMS NÖ habe seine Personalkapazität besser dem Vollzug der künftig bei ihm verbleibenden Aufgaben widmen können, weil es nicht zu ständigen Anfragen der NÖ GKK gekommen sei. Die Tätigkeit des Beschwerdeführers bei der NÖ GKK sei von größter Bedeutung für den gesetzeskonformen und reibungslosen Übergang gewesen. Die Ausführungen des BKA im Schreiben vom 28. August 1995 seien nicht nachvollziehbar. Seine abstrakten Ausführungen zum Rechtsbegriff des öffentlichen Interesses seien ohne konkretes Eingehen auf den vorliegenden Sachverhalt erfolgt; in unrichtiger Würdigung des (konkreten) Sachverhaltes sei das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 verneint worden. Die Stellungnahme des Bundesministers für Finanzen vom 30. Jänner 1998 sei, was die Berufung auf "res iudicata" betreffe, nicht nachvollziehbar (wird näher ausgeführt).

Mit Erkenntnis vom 7. Oktober 1998, 98/12/0172, hob der Verwaltungsgerichtshof auf Grund der vom Beschwerdeführer erhobenen Beschwerde diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes auf. In seiner Begründung stellte er zunächst klar, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf Grund der Übergangsregelung in § 241a BDG 1979 nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 in der Fassung vor der ersten BDG-Novelle 1997, BGBl. I Nr. 61, (im Folgenden als aF bezeichnet) zu beurteilen ist und dass über diesen erstmals durch den Bescheid der belangten Behörde vom 19. Mai 1998 förmlich abgesprochen wurde. Der neuerlichen Befassung der Behörde (nunmehr Bundesministerium für Finanzen), deren Zustimmung zur Anrechnung nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 aF erforderlich ist, durch die belangte Behörde (Schreiben vom 22. Jänner 1998) stehe res iudicata nicht entgegen. Auf die ausführliche Begründung im genannten Erkenntnis zur Lösung dieser Fragen, die im vorliegenden Beschwerdefall (fortgesetztes Verfahren) keine Rolle (mehr) spielen, wird hingewiesen.

Unter dem Gesichtspunkt des § 75 Abs. 3 BDG 1979 aF wies der Verwaltungsgerichtshof im obgenannten Erkenntnis darauf hin, das BKA sei in seiner Stellungnahme vom 28. August 1995 bei der Verneinung der ersten Tatbestandsvoraussetzung (Maßgeblichkeit/Überwiegen anderer als privater Interessen für die Gewährung des KU) von einem zu engen Begriffsverständnis des Komplementärbegriffes " öffentliches Interesse" ausgegangen. Aus den mangels einer näheren Begründung in dem den KU gewährenden Bescheid der Dienstbehörde erster Instanz maßgebenden sonstigen Unterlagen (insbesondere dem Antrag des Beschwerdeführers vom 6. Juni 1995 und dessen Befürwortung durch die Dienstbehörde erster Instanz) gehe hinreichend hervor, dass neben dem zweifellos gegebenen privaten Interesse des Beschwerdeführers an einer Beschäftigung bei der NÖ GKK offenkundig gewichtige andere Gründe außerhalb seiner privaten Interessenssphäre vorgelegen und diese für die Gewährung des KU ausschlaggebend gewesen seien. Solche seien zunächst in der Sicherstellung des reibungslosen Überganges staatlicher Aufgaben an Dritte durch die Ermöglichung des Einsatzes eines bisher mit dieser Materie betrauten Beamten beim Dritten zu sehen; dass der Beschwerdeführer bei der NÖ GKK nicht überwiegend mit der Vorbereitung der Übernahme dieser von der GKK zu übernehmenden Aufgaben beschäftigt gewesen sei, sei nicht festgestellt worden. Es könne keinem Zweifel unterliegen, dass im Falle der Übertragung der Besorgung öffentlicher Aufgaben an Dritte die sich entlastende Gebietskörperschaft dafür Vorsorge zu treffen habe, dass der Vollzug dieser übertragenen Aufgaben auch in Zukunft sichergestellt sei. Dies finde in der Rechtsordnung etwa darin seinen Ausdruck, dass bei umfangreichen Ausgliederungen öffentlicher Aufgaben wie z.B. im Post- und Telekombereich (vgl. dazu das Poststrukturgesetz) die bisher in diesen Bereichen tätigen öffentlichen Bediensteten kraft Gesetzes dem neuen Rechtsträger auf Dauer (gleichsam in Form einer Arbeitskräfteüberlassung) zur Dienstleistung zugewiesen werden würden. Bei quantitativ geringfügigeren Aufgabenübertragungen, die vom übernehmenden Rechtsträger im Großen und Ganzen mit seiner eigenen Organisation (allenfalls unter erhöhtem Mittel- und Personaleinsatz) besorgt werden könnten, erscheine gerade die Ermöglichung der befristeten Zurverfügungstellung von öffentlich Bediensteten, die in diesem Bereich bisher tätig gewesen seien, durch Gewährung eines Karenzurlaubes ein taugliches Mittel, diesen reibungslosen Aufgabenübergang sicherzustellen. Dazu komme die verbundene Entlastung des die Aufgaben abgebenden Rechtsträgers, während der Übergangsphase nicht durch eine Vielzahl möglicherweise auch unkoordinierter Auskunftsverlangen über Gebühr in Anspruch genommen zu werden.

Was das Vorliegen berücksichtigungswürdiger Gründe im Sinne des § 75 Abs. 3 BDG 1979 aF betreffe, sei darauf hinzuweisen, dass dieser unbestimmte Gesetzesbegriff nicht bloß aus der Warte der Interessen des Dienstgebers zu beurteilen sei, und auch berücksichtigungswürdige Gründe in der Sphäre des Beamten für die Nachsicht bestimmend sein könnten. Auch in dieser Beziehung gehe die Stellungnahme des BKA offenkundig von einer zu engen Sichtweise aus.

Im fortgesetzten Verfahren trat die belangte Behörde unter Hinweis auf dieses Erkenntnis neuerlich an das Bundesministerium für Finanzen mit dem Ersuchen um Zustimmung nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 heran.

Mit Schreiben vom 26. Februar 1999 teilte das Bundesministerium für Finanzen der belangten Behörde mit, es stimme einer Verfügung nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 aF zugunsten des Beschwerdeführers "auch mit Rücksicht auf das Erkenntnis des VwGH, Zl. 98/12/0172-7" nicht zu. Da der Beschwerdeführer in seinem Schreiben vom 6. Juni 1995 u.a. ausgeführt habe, dass sich nach Klärung der Gesetzeslage bezüglich der Abgabe von Agenden des AMS an die KV-Träger nun für den Bediensteten die Möglichkeit ergebe, in der Organisation der NÖ GKK tätig zu werden, müsse "nach neuerlicher Prüfung" festgestellt werden, dass für den KU-Zweck nicht (Hervorhebungen im Original) die Interessen des Dienstgebers Bund, sondern die des Beschwerdeführers überwiegen würden und der KU somit überwiegend seiner privaten Interessenssphäre zuzuordnen sei. Dies werde auch dadurch bestätigt, dass er selbst als Dienstnehmer, und nicht der Dienstgeber Bund, noch nicht beurteilen könne, ob die Tätigkeit bei der NÖ GKK den Vorstellungen des Beschwerdeführers entspreche, und er sich daher die Rückkehr in seine bisherige Verwendung offenhalte wolle (Hervorhebungen im Original). Darüber hinaus müsse das Überwiegen der privaten Interessen auch deshalb festgestellt werden, weil der Gesetzgeber dem Bediensteten die Möglichkeit zur Entscheidung überlassen habe, entweder Beamter zu bleiben, allerdings ohne "Probezeit auf Karenzurlaubsbasis mit Vollanrechnung", oder als KV-Bediensteter unmittelbar überzuwechseln (Hervorhebungen im Original). Im Ersuchschreiben der belangten Behörde vom 19. Juli 1995 habe diese darauf hingewiesen, dass die Tätigkeit des Beschwerdeführers bei der NÖ GKK auch den Vorteil bringe, dass im Zuge des Aufgabenüberganges weniger Bedienstete des AMS als Auskunftspersonen zur Verfügung stehen müssten. Daraus folge, dass einerseits auch andere Bedienstete des AMS L. von dieser Maßnahme betroffen gewesen seien und diese weiterhin (Hervorhebung vom Original), also auch nach einer eventuellen Karenzierung des Beschwerdeführers, Auskünfte zu erteilen gehabt hätten, und der Beschwerdeführer seine Auskunftstätigkeiten auch von seiner Dienststelle ausgehend habe tätigen können. Damit seien eindeutig private Gründe des Beamten für den KU im Vordergrund gestanden, weshalb die Zustimmung nicht erteilt werden könne. Die im Zusammenhang mit der Übertragung der Besorgung öffentlicher Aufgaben auf Dritte getroffene Feststellung des Verwaltungsgerichtshofes (Pflicht der übertragenden Gebietskörperschaft, einen reibungslosen Vollzug der übertragenen Aufgaben auch in Zukunft sicherzustellen; Karenzierung bisher einschlägig verwendeter öffentlich Bediensteter und deren befristete Zurverfügungstellung bei Aufgabeübertragungen geringeren Umfanges als taugliches Mittel zur Sicherstellung eines reibungslosen Aufgabenüberganges) könne unter Berücksichtigung der sich im Beschwerdefall gegebenen Sachlage für eine "Vollanrechnung" eines gewährten KU nicht von ausschlaggebender Bedeutung sein. Dies gerade deshalb, weil "andernfalls der Gesetzgeber in Ansehung als nicht der privaten Interessenssphäre eines Bediensteten zuzuordnenden Karenzurlaubes, für diese Ausgliederung eine entsprechende Bestimmung erlassen hätte können." Im Beschwerdefall habe es der Gesetzgeber auch dem Dienstgeber (Hervorhebung im Original) übertragen, darüber zu entscheiden, welche die geeignetere Maßnahme für die Durchführung der mit der Ausgliederung verbundenen Aufgaben sei. Die belangte Behörde habe sich ursprünglich für die Gewährung eines KU entschieden und die diesbezügliche Zustimmung zu einer Verfügung für ein "Vollanrechnung" beantragt. Da die erforderliche Zustimmung nicht erteilt worden sei, sei der KU auf Antrag des Beschwerdeführers vorzeitig beendet und eine Dienstzuteilung verfügt worden. Damit sei offensichtlich die Meinung des Bundesministeriums für Finanzen, dass im Beschwerdefall nicht andere als private Interessen vorlägen, von der belangten Behörde nicht gänzlich ausgeschlossen und gleichzeitig auch den vom Verwaltungsgerichthof dargelegten Ausführungen bezüglich berücksichtigungswürdiger Gründe, auch zugunsten des Beschwerdeführers (Vermeidung gravierender finanzieller Nachteile), Rechnung getragen worden. Daraus sei ersichtlich, dass offensichtlich bei der Gewährung des KU in erster Linie auch berücksichtigungswürdige Gründe des Bediensteten im Vordergrund gestanden und andere als private Interessen nicht von überwiegender Bedeutung gewesen seien, zumal "die übertragenen Aufgaben in weiterer Folge mittels Dienstzuteilung" des Beschwerdeführers hätten erledigt werden können.

Die belangte Behörde gab dem Beschwerdeführer Gelegenheit, sich zu dieser Stellungnahme zu äußern. In Form einer "Anmerkung zu Erlass des BM für Finanzen" teilte der Beschwerdeführer am 17. März 1999 mit, die Beendigung seiner Tätigkeit bei der NÖ GKK sei deshalb erfolgt, weil die für die Übernahme der von ihm betreuten Agenden erforderlichen Voraussetzungen aus der Sicht des AMS abgeschlossen gewesen seien. Seine weitere Tätigkeit bei der NÖ GKK sei nicht mehr unbedingt erforderlich gewesen. Außerdem sei beim AMS/Bundesgeschäftsstelle im Bereich der Arbeitslosenversicherung mit 1. Jänner 1998 eine Planstelle frei gewesen; er habe diese Möglichkeit nutzen wollen. Sein Aufgabenbereich bei der AMS/Bundesgeschäftsstelle sei ein anderer als bei der NÖ GKK. Er sei u.a. im Rahmen des Beschwerdeverfahrens tätig und betreue mit anderen Kollegen/innen die Zusammenarbeit des AMS mit dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und den Pensionsversicherungsträgern. Die Ansicht, dass auch andere Bedienstete des AMS L von der NÖ GKK kontaktiert worden seien, sei falsch. Das Projekt "Karenzgeld" sei von der NÖ GKK für Gesamtösterreich durchgeführt worden. Seine Mitarbeit im Projekt habe darin bestanden, als Vertreter des AMS für alle Bundesländer der Fachabteilung Arbeitslosenversicherung sein fachliches Wissen einzubringen. Er sei im Wesentlichen die exklusive Ansprechperson für die GKK bei Anfragen gewesen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 15. April 1999 wies die belangte Behörde neuerlich den Antrag des Beschwerdeführers vom 16. März 1998 betreffend Nachsicht von den Folgen des ihm für die Zeit vom 1. September 1995 bis zum 31. Dezember 1997 gewährten KU gemäß § 75 Abs. 2 und 3 BDG 1979 in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 61/1997 ab. Nach Darstellung der im Beschwerdefall maßgebenden Rechtslage und des Verwaltungsgeschehens setzte sich die belangte Behörde kritisch mit der letzten Stellungnahme des Bundesministeriums für Finanzen vom 26. Februar 1999 auseinander. Vorab stellte sie die Tätigkeit des Beschwerdeführers bei der NÖ GKK dar (Vorbereitungs- und Umsetzungsarbeiten, die durch die Übertragung der Zuständigkeit zur Auszahlung von Karenz/Urlaubsgeld, Teilzeitbeihilfe und Wiedereinstellungsbeihilfe vom AMS auf die GKK angefallen seien; Beteiligung an der Entwicklung eines EDV-Programmes zur Administration der von den GKK übernommenen Aufgaben; Überwachung des Echtbetriebes in Bezug auf Programmfehler bzw. auf Anwenderfehler; laufende Schulung von bis zu vier Mitarbeiter/innen der GKK pro Bundesland und Kontaktperson des AMS für Anfragen der GKK; Entwicklung und Gestaltung der erforderlichen Formulare, Vordrucke, Bescheide und Informationsbroschüren sowie der Ermittlung des Kostenersatzes). Es sei bemerkenswert, dass das Bundesminsterium für Finanzen das Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes als "nicht ausschlaggebend" bezeichne und die ihm bekannten Ergebnisse der von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungen schlicht und einfach ignoriere bzw. durch eigene "Folgerungen" ersetze. Es "verunmögliche" der belangten Behörde, ihrer sie nach § 63 Abs. 1 VwGG treffenden Verpflichtung nachzukommen. In der Sache selbst sei zu bemerken, dass das Bundesministerium für Finanzen im Widerspruch zu den ihm bekannten Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens feststelle, der KU sei überwiegend der privaten Interessenssphäre des Beschwerdeführers zuzuordnen. Der Verwaltungsgerichtshof habe jedoch schon in seinem bindenden Vorerkenntnis bestätigt, dass Gründe außerhalb der privaten Interessenssphäre des Beschwerdeführers (Sicherstellung des reibungslosen Überganges bislang vom AMS besorgter Aufgaben auf die GKK sowie die Entlastung des AMS durch seine Tätigkeit, insbesondere Auskunfterteilung, vor Ort) ausschlaggebend für den dem Beschwerdeführer gewährten KU gewesen seien. Der Hinweis in der Stellungnahme, dass das Überwiegen der privaten Interessen auch deshalb festgestellt werden müsse, "... weil der Gesetzgeber dem Bediensteten die Entscheidung überließ, entweder Beamter zu bleiben, allerdings ohne 'Probezeit' auf Karenzurlaubsbasis mit 'Vollanrechnung' oder als KV-Bediensteter unmittelbar überzuwechseln ...", sei für die belangte Behörde weder sprachlich noch rational nachvollziehbar. Die Feststellungen betreffend die Auskunftserteilung durch andere Bedienstete des AMS L sowie die Möglichkeit der Erteilung solcher durch den Beschwerdeführer von seiner (alten) Dienststelle, widersprächen den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens. Tatsächlich sei der Beschwerdeführer im Wesentlichen exklusiver Ansprechpartner des AMS für die GKK in Fragen der an sie übergehenden Agenden gewesen. Abgesehen davon, dass die Auskunftserteilung nur einen Teil seiner umfangreichen Aufgaben bei der NÖ GKK ausgemacht habe, hätten seine übrigen Aufgaben wie z.B. Mitarbeit bei der Entwicklung eines EDV-Programmes zur Administration der von den GKK zu übernehmenden Aufgaben, die Überwachung des EDV-Echtbetriebes oder die Schulung von Mitarbeitern/innen der GKK nicht von seiner damaligen Dienststelle in L aus erledigt werden können. Dass nur die Schaffung eines Individualgesetzes für den Beschwerdeführer ("lex M.") zu einer Beurteilung führen könne, der ihm gewährte KU liege im öffentlichen Interesse, finde im Gesetz keine Deckung. Das BDG 1979 übertrage die Entscheidung, ob im Beschwerdefall überwiegendes öffentliches Interesse (und berücksichtigungswürdige Gründe) vorlägen, der obersten Dienstbehörde des Beamten und nicht der Initiative des Gesetzgebers. Die Annahmen des Bundesministeriums für Finanzen zum Grund für die vorzeitige Beendigung des KU des Beschwerdeführers stünden im Widerspruch zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens. Tatsächlich habe der Beschwerdeführer seinen KU deshalb vorzeitig beendet, weil die für die Übernahme der von ihm betreuten Bereiche erforderlichen Voraussetzungen bereits früher gegeben gewesen seien. Die sich aus der Stellungnahme vom 26. Februar 1999 ergebende Ansicht des Bundesministeriums für Finanzen, der Beschwerdeführer verrichte in der Bundesgeschäftsstelle des AMS dieselbe Tätigkeit wie zur Zeit seines KU bei der NÖ GKK, sei unrichtig. Der jetzige Aufgabenbereich des Beschwerdeführers (Behandlung von Beschwerden und Zusammenarbeit mit dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und den Trägern der Pensionsversicherung) sei ein anderer. Zum wiederholten Male sei festzuhalten, dass nach Ansicht der belangten Behörde und nach dem bindenden Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes alle Voraussetzungen für eine Verfügung nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 aF vorlägen. Die erneute Weigerung des Bundesministeriums für Finanzen, dieser Verfügung zuzustimmen, lasse es aber nicht zu, eine Nachsicht von den Folgen des KU auszusprechen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird. Der Beschwerdeführer hebt hervor, dass die belangte Behörde die Sach- und Rechtslage in der Bescheidbegründung völlig zutreffend dargestellt habe. Die Voraussetzungen für die Anrechung der KU-Zeiten seien im Beschwerdefall in geradezu exemplarischer Weise erfüllt worden. Die evidente Fehlhaltung des Bundesministeriums für Finanzen trete in einer kaum noch fassbaren Weise unverhüllt zu Tage.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und teilte in ihrer beigelegten Stellungnahme mit, sie schließe sich den Ausführungen des Beschwerdeführers an.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Wie bereits im Vorerkenntnis vom 7. Oktober 1998, 98/12/0172, auf das zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen wird, dargelegt wurde, ist im Beschwerdefall der Antrag des Beschwerdeführers auf (eine über das Ausmaß einer allfälligen gesetzlichen Berücksichtigung hinausgehende, zu verfügende) Anrechung seiner KU-Zeit auf Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, nach der Übergangsbestimmung des § 241a BDG 1979 in der Fassung der ersten BDG-Novelle 1997, BGBl. I Nr. 61, an Hand des § 75 BDG 1979 in der (alten) Fassung vor dieser Novelle zu prüfen.

§ 75 BDG 1979, BGBl. Nr. 333 (Abs. 3 in der Fassung der BDG-Novelle 1990, BGBl. Nr. 447), lautet auszugsweise:

"(1) Dem Beamten kann auf sein Ansuchen ein Urlaub unter Entfall der Bezüge (Karenzurlaub) gewährt werden, sofern nicht zwingende dienstliche Gründe entgegenstehen.

(2) Die Zeit des Karenzurlaubes ist für Rechte, die von der Dauer des Dienstverhältnisses abhängen, nicht zu berücksichtigen, soweit in den Besoldungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist.

(3) Sind für die Gewährung eines Karenzurlaubes andere als private Interessen des Beamten maßgebend und liegen berücksichtigungswürdige Gründe vor, so kann die zuständige Zentralstelle mit Zustimmung des Bundesministers für Finanzen verfügen, dass die gemäß Abs. 2 mit der Gewährung des Karenzurlaubes verbundenen Folgen nicht oder nicht im vollen Umfang eintreten.

..."

Im Beschwerdefall spielt ferner die Bestimmung des § 63 Abs. 1 VwGG eine Rolle. Danach sind die Verwaltungsbehörden verpflichtet, wenn der Verwaltungsgerichtshof einer Beschwerde gemäß Art. 131 B-VG stattgegeben hat, in dem betreffenden Fall mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofes entsprechenden Rechtszustand herzustellen.

Vorab ist darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Entscheidung, die eine Behörde als Dienstbehörde im Einvernehmen (mit Zustimmung) einer anderen Behörde (im Folgenden zustimmungsberechtigte Stelle) zu treffen hat, nur der Dienstbehörde zuzurechnen ist. Die erforderliche Zustimmung einer anderen Stelle stellt für die betreffende Entscheidung der Dienstbehörde lediglich ein Tatbestandserfordernis dar (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1999, 97/12/0289, 0290 und die dort genannte Vorjudikatur).Wird das nach dem Gesetz erforderliche Einvernehmen (die erforderliche Zustimmung) nicht erteilt, kann die Dienstbehörde die zustimmungspflichtige Maßnahme nicht rechtmäßig verfügen.

Im Beschwerdefall ist die Zustimmung des Bundesministeriums für Finanzen nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 aF nur für die Gewährung einer Nachsicht von den Folgen des KU erforderlich, d.h. also nur für den Fall einer aus der Sicht des Beamten positiven Entscheidung. Wird diese Zustimmung nicht erteilt, dann ist die zuständige Dienstbehörde nach dem Gesetz verpflichtet, die Nachsicht nicht zu gewähren. Ein in dieser Angelegenheit (im Regelfall) vom Beamten gestellter Antrag ist mit Bescheid abzuweisen, wobei die Versagung näher zu begründen ist. Der bloße Hinweis auf die Nichterteilung der erforderlichen Zustimmung reicht hiefür nach ständiger Rechtsprechung nicht aus.

Daraus ergeben sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes - soweit dies aus dem Blickwinkel des Beschwerdefalles von Bedeutung ist - für die Vorgangsweise der zustimmungsberechtigten Stelle folgende Schlußfolgerungen:

1. Auch für die Entscheidung der zustimmungsberechtigten Stelle, ob sie die Zustimmung erteilt oder nicht, gilt das Gesetz. Die Erteilung oder Nichterteilung der Zustimmung hat sich daher an den jeweils in Betracht kommenden gesetzlichen Vorschriften zu orientieren. Eine andere Betrachtung würde ein im Gesetz vorgesehenes Zustimmungserfordernis unter dem Gesichtspunkt des Art. 18 Abs. 1 B-VG mangels Berechenbarkeit und Vorhersehbarkeit, nach welchen Kriterien vorzugehen ist, als verfassungswidrig erscheinen lassen.

Im Beschwerdefall bedeutet dies, dass die zustimmungsberechtigte Stelle - insofern besteht kein Unterschied zur Dienstbehörde - ihren Willensentschluss jedenfalls an Hand der in § 75 Abs. 3 BDG 1979 aF vorgegebenen Tatbestandsvoraussetzungen (siehe dazu unten) zu treffen hat. Zweck des Zustimmungserfordernisses im Dienst- und Besoldungsrecht ist die Sicherstellung eines bundesweiten, ressortübergreifenden einheitlichen Vollzugsstandards und damit auch Gleichbehandlung (in rechtlicher Hinsicht) aller Bundesbeamter.

2. Daraus und aus der sich für die Dienstbehörde bzw. den Beamten ergebenden Folge der Versagung der Zustimmung für die weitere Vorgangsweise ist abzuleiten, dass auch die zustimmungsberechtigte Stelle die Bindungswirkung eines im betreffenden Fall bereits ergangenen aufhebenden Vorerkentnisses des Verwaltungsgerichtshofes nach § 63 Abs. 1 VwGG bei ihrem neuerlichen Willensentschluss, ob die Zustimmung zu erteilen ist oder nicht, zu beachten hat. Dem steht auch der Wortlaut des § 63 Abs. 1 VwGG nicht entgegen, der von der Verpflichtung der Verwaltungsbehörden spricht und keinesfalls bloß auf die den Ersatzbescheid oder eine sonstige (unmittelbar dem Beschwerdeführer gegenüber wirksame) Folgemaßnahme erlassende Behörde abstellt.

3. Schließlich ist daraus weiters abzuleiten, dass die zustimmungsberechtigte Stelle - jedenfalls im Fall der Versagung ihrer Zustimmung - verpflichtet ist, der Dienstbehörde hinreichend ihre rechtlichen Erwägungen bekanntzugeben, die für ihren Willensentschluss maßgebend sind. Nur eine entsprechende Begründung der Versagung der Zustimmung ermöglicht es der Dienstbehörde zu beurteilen, ob sie sich weiter um die Zustimmung zu bemühen hat, weil die Versagung ihrer Auffassung nach auf einem unvollständigen bzw. mangelhaftem (der allenfalls unter Mitwirkung des Beamten zu ergänzen wäre) Sachverhalt oder auf verfehlten rechtlichen Überlegungen beruht oder ob sie unter Berufung auf die Argumente der zustimmungsberechtigten Stelle (allenfalls ergänzt um eigene Überlegungen) eine negative Entscheidung (hier: Abweisung des Antrages auf Nachsicht nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 aF) zu treffen hat.

Im Beschwerdefall ist daher zu prüfen, ob die vom Bundesminister für Finanzen in seiner Stellungnahme vom 26. Februar 1999 auf dem Boden des § 75 Abs. 3 BDG 1979 aF vorgebrachten Überlegungen - entgegen der Auffassung der belangten Behörde und des Beschwerdeführers - geeignet sind, die Versagung der Anrechnung nach der genannten Bestimmung zu tragen. Dabei ist auch - auf dem Boden der oben dargelegten Rechtslage - das in der Sache ergangene Vorerkenntnis vom 7. Oktober 1998, 98/12/0172, zu beachten.

Wie im genannten Vorerkenntnis bereits ausgeführt, sieht § 75 Abs. 3 BDG 1979 aF eine im freien Ermessen liegende Entscheidung der obersten Dienstbehörde vor, wobei der Gesetzgeber der Behörde Ermessen nur betreffend des Ausmaßes der Nachsicht eingeräumt hat (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 24. September 1997, 97/12/0178). Die Ermessensübung ist allerdings an zwei - in rechtlicher Gebundenheit zu beurteilende - Voraussetzungen geknüpft, nämlich

1. dass für die Gewährung des KU andere als private Interessen des Beamten maßgebend (überwiegend) sind und

2. berücksichtigungswürdige Gründe für die Nachsichtsgewährung vorliegen.

Fehlt auch nur eine der beiden Tatbestandsvoraussetzungen, ist die Nachsicht von den Rechtsfolgen nach § 75 Abs. 2 BDG 1979 aF nicht zu gewähren. Anders gewendet: Nur wenn beide genannten Tatbestandsvoraussetzungen nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 aF erfüllt sind, kann es überhaupt zu einer (rechtlich zulässigen) Ermessensübung kommen.

Die Stellungnahme des Bundesministers für Finanzen vom 26. Februar 1999, die dem angefochtenen Bescheid letztlich zugrunde liegt (auch wenn die belangte Behörde die dort vertretenen Auffassungen nicht teilt), stützt die neuerliche Versagung der Zustimmung im Ergebnis nunmehr ausschließlich darauf, dass die erste Tatbestandsvoraussetzung nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 aF (Maßgeblichkeit/Überwiegen anderer als privaten Interessen des Beamten für die Gewährung des KU) nicht gegeben ist, d.h. also, dass die Anrechnung zwingend zu versagen ist.

Wie dem Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. Oktober 1998 zu entnehmen ist, lässt sich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofes aus dem für die Beurteilung des Vorliegens der ersten Tatbestandsvoraussetzung im Beschwerdefall maßgebenden Schriftverkehr vor Gewährung des KU hinreichend entnehmen, dass neben dem zweifellos auch gegebenen privaten Interesse des Beschwerdeführers an einer Beschäftigung bei der NÖ GKK offenkundig gewichtige andere Gründe außerhalb seiner privaten Interessenssphäre vorlagen und diese für die Gewährung des KU ausschlaggebend waren. Diese wurden aus der Sicherstellung des reibungslosen Überganges bislang vom AMS besorgter Aufgaben auf die GKK sowie der Entlastung des die Aufgabe abgebenden Rechtsträgers während der Übergangsphase durch die Tätigkeit des Beschwerdeführers bei der NÖ GKK, insbesondere in Bezug auf die Inanspruchnahme durch eine Vielzahl möglicherweise unkoordinierter Auskunftsverlangen abgeleitet. Ausdrücklich wurde hervorgehoben, dass bei quantitativ geringfügigen Aufgabenübertragungen, die vom übernehmenden Rechtsträger im Großen und Ganzen mit seiner eigenen Organisation besorgt werden könnten, gerade die Karenzierung für eine zeitlich befristetete Zurverfügungstellung eines öffentlich Bediensteten, der in diesem Bereich bisher tätig gewesen sei, ein taugliches Mittel zur Erfüllung dieser (anderen als privaten Interessen dienenden) Zielsetzung der Sicherstellung des reibungslosen Aufgabenübergangs sei. Dem Vorerkenntnis lässt sich auch entnehmen, dass dies ein tragendes Begründungselement für die Aufhebung war, liegt doch darin die Begründung dafür, dass die früher zustimmungsberechtigte Stelle (BKA) bei der Auslegung des ersten Tatbestandselementes von einer zu engen Sicht ausgegangen ist.

Dazu steht die Rechtsauffassung der zustimmungsberechtigten Stelle im offenkundigen Widerspruch, wenn sie meint, dies treffe nicht zu, weil es der Gesetzgeber aus Anlass der hier maßgebenden Aufgabenausgliederung unterlassen habe, eine spezielle Regelung zu treffen, von der die zustimmungsberechtigte Stelle offenbar annimmt, dass nur dadurch ein anderes als privates Interesse hinreichend zum Ausdruck gebracht werde. Zutreffend hat die belangte Behörde in diesem Zusammenhang im angefochtenen Bescheid darauf hingewiesen, dass diese Entscheidung bei der im Beschwerdefall gegebenen Rechtslage von der obersten Dienstbehörde des betroffenen Beamten im Verfahren nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 aF zu beurteilen ist und nicht von der Schaffung eines Maßnahmegesetzes ("lex M") abhängt. Diese Auffassung liegt auch dem Vorerkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zugrunde.

Dies wirkt sich aber notwendig auf die Lösung der Frage, ob der KU aus anderen als privaten Interessen gewährt wurde, aus. Denn bei der Prüfung dieser Frage sind die privaten Interessen des Beamten den sonstigen Interessen, die für dessen Gewährung bedeutsam waren, gegenüberzustellen und danach festzustellen, welche der beiden Interessenslagen überwiegt. Wird auf Grund einer unrichtigen Rechtsauffassung ein den sonstigen Interessen zuzuordnender Sachverhalt diesem Bereich nicht zugerechnet, ist die nachfolgende Bewertung, welche Interessenslage überwiegt, von vornherein fehlerhaft.

Davon abgesehen, trifft auch die Auffassung der belangten Behörde zu, dass die von der zustimmungsberechtigten Stelle in diesem Zusammenhang getroffenen Feststellungen und Schlussfolgerungen mit den bisherigen Ermittlungsergebnissen nicht übereinstimmen oder auf einer einseitigen, nicht nachvollziehbaren Einschätzung beruhen.

Die von der zustimmungsberechtigten Stelle gezogene Schlussfolgerung, schon aus der Wendung im Schreiben des Beschwerdeführers vom 6. Juni 1995, es ergebe sich nun für ihn die Möglichkeit, in der Organisation der NÖ GKK tätig zu werden, sei abzuleiten, der Zweck der KU sei überwiegend der privaten Interessensphäre des Beschwerdeführers zuzuordnen, lässt völlig unbeachtet, dass der Beschwerdeführer selbst in diesem Zusammenhang auf die Klärung der Gesetzeslage (Abgabe von Aufgaben aus dem AMS-Bereich an die GKK) und damit auf das Vorhandensein auch anderer als privater Interessen für die von ihm beantragte Karenzierung hingewiesen hat. Ohne Abwägung mit diesen anderen Interessen kann eine derartige Feststellung nicht rechtmäßig getroffen werden. Dies gilt auch für den aus dem in diesem Schreiben zum Ausdruck gebrachten Wunsch des Beschwerdeführers auf Offenhalten einer Rückkehrmöglichkeit gezogenen Rückschluss. Neuerlich ist darauf hinzuweisen, dass in der Regel mit jedem Karenzierungsgesuch auch private Interessen des Beamten verbunden sind, was sich auch daraus ergibt, dass ein KU nur über Antrag des Beamten gewährt werden darf (in diesem Sinne bereits das hg. Erkenntnis vom 26. Mai 1999, 97/12/0289, 0290).

Das Argument der zustimmungsberechtigten Stelle, das Überwiegen der privaten Interessen müsse auch deshalb "festgestellt" werden, weil der Gesetzgeber dem Beamten (offenbar ist gemeint: in der Situation des Beschwerdeführers) eine Wahlmöglichkeit zwischen Beibehaltung dieses Status mit Karenzierung ohne Vollanrechnung der Karenzzeit im öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis oder Wechsel des Dienstes, d. h. Austritt aus dem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis und Begründung eines privatrechtlichen Dienstverhältnisses zu einem anderen Dienstgeber, eingeräumt habe, geht völlig daran vorbei, dass der Beamte, der sich für die Karenzierung entschieden hat und dem ein KU auch über seinen Antrag hin gewährt wurde, bei Vorliegen der beiden Voraussetzungen nach § 75 Abs. 3 BDG 1979 ein Recht auf Anrechnung des KU und hinsichtlich des Ausmaßes der Anrechnung ein Recht auf gesetzeskonforme Ermessensübung hat (vgl. dazu näher das hg. Erkenntnis vom 24. September 1997, 97/12/0178).

Der aus dem Ersuchschreiben der belangten Behörde vom 19. Juli 1995 von der zustimmungsberechtigten Stelle gezogene Schluss, dass auch nach der Karenzierung weiterhin Bedienstete des AMS L Auskünfte erteilen hätten müssen bzw. der Beschwerdeführer von seiner früheren Dienststelle (in L.) aus der GKK NÖ hätte Auskünfte erteilen können, lässt sich nicht nachvollziehen bzw. steht mit den ihr mitgeteilten Ergebnissen in Widerspruch (vgl. in diesem Zusammenhang insbesondere die Mitteilung des Aufgabenbereiches des Beschwerdeführers in der NÖ GKK im Schreiben der belangten Behörde an die zustimmungsberechtigte Stelle vom 22. Jänner 1998, die weitgehend mit der im angefochtenen Bescheid oben wiedergegebenen Darstellung übereinstimmt).

Dies gilt auch für die aus der (vorzeitigen) Beendigung des KU gezogenen Rückschlüsse der zustimmungsbedürftigen Stelle, wobei dahingestellt bleiben kann, ob daraus überhaupt etwas für die auf den Zeitpunkt der Gewährung des KU vorzunehmende Prüfung der ersten Tatbestandsvoraussetzung abgeleitet werden kann.

Aus den obgenannten Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich veranlasst, mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass ein gehäuftes Verkennen der Rechtslage der für die zustimmungsberechtigte Stelle verantwortlich handelnden Organwalter, das der Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall auch im zweiten Rechtsgang wiederum feststellen musste und das eher den Eindruck eines Beharrens auf einem "Justamentstandpunkt" als eines um einen rechtstaatlichen Vollzug bemühten Handelns erweckt, das der Zielsetzung eines einheitlichen Vollzuges dienende Zustimmungsrecht einer ressortfremden Zentralstelle ernsthaft in Frage stellt und im Interesse des sein Recht suchenden Beamten nicht hingenommen werden kann. Davon abgesehen entstehen dadurch für den Rechtsträger Bund vermeidbare Mehrkosten, die in den dem obsiegenden Beschwerdeführer nach dem VwGG zuerkannten Verfahrenskosten (im Beschwerdefall aus dem ersten und zweiten Rechtsgang zusammen in der Höhe von S 30.000,--) nur einen unvollkommenen Ausdruck finden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 1 Z. 1 und 2 und 49 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 15. Dezember 1999

Schlagworte

Zustimmungserfordernis Einvernehmenserfordernis Ermessen Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1999:1999120154.X00

Im RIS seit

11.07.2001

Zuletzt aktualisiert am

24.11.2008
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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