RS Vfgh 2017/3/14 G346/2016 ua

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Veröffentlicht am 14.03.2017
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Index

20/06 Konsumentenschutz

Norm

B-VG Art7 Abs1 / Gesetz
B-VG Art18 Abs1
B-VG Art140 Abs1 Z1 litd
B-VG Art140 Abs1 / Präjudizialität
KSchG §29 Abs1, §30 Abs1
UWG §25 Abs3 bis Abs7
StGG Art2, Art5

Leitsatz

Keine Gleichheitswidrigkeit der Regelungen betreffend die Veröffentlichung des Urteils über eine Verbandsklage; Bestimmungen im öffentlichen Interesse des Konsumentenschutzes gelegen, zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich gerechtfertigt; kein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot

Rechtssatz

Abweisung des - zulässigen - Parteiantrags auf Aufhebung der Wendung ", 25 Abs3 bis 7" in §30 Abs1 KSchG (KonsumentenschutzG) und des §25 UWG (BG gegen den unlauteren Wettbewerb 1984).

Der VfGH hat keinen Zweifel, dass das Gericht im Ausgangsverfahren die Wendung ", 25 Abs3 bis 7" in §30 Abs1 KSchG anzuwenden hat. Da der Hauptantrag insoweit zulässig ist, erübrigt sich ein Eingehen auf den auf §29 Abs1 KSchG bezogenen Eventualantrag. Da §30 Abs1 KSchG von §25 UWG nicht offenkundig trennbar ist, ist der Hauptantrag auch hinsichtlich des §25 UWG zulässig.

Unzulässigkeit des Antrags, soweit er sich auf die Wendung ", §25 Abs3 bis 7" in §85a Abs5 AMG, die Wendung ", §25 Abs3 bis 7" in §113 Abs3 LFG, die Wendung "und 20 bis 28" in §25 Abs1 VNG und die Wendung ", §25 Abs3 bis 7" in §460 Abs1 UGB bezieht, mangels Präjudizialität dieser Bestimmungen.

Der Umstand, dass eine Bestimmung im Falle der Aufhebung einer anderen Bestimmung ins Leere geht, vermag einen untrennbaren Zusammenhang zwischen diesen Bestimmungen nicht zu begründen, soweit die verweisende Bestimmung keinen sprachlich unverständlichen Torso darstellt. Letzteres ist bei den eben erwähnten Bestimmungen des ArzneimittelG, des LuftfahrtG, des VermarktungsnormenG und des Unternehmensgesetzbuches, die alle auf §25 UWG verweisen, nicht der Fall.

Der Zweck der Verbandsklage ist, die Verwendung unlauterer Vertragsklauseln möglichst von vornherein zu verhindern. Die Veröffentlichung des Urteils über eine Verbandsklage soll dazu dienen, die beteiligten Verkehrskreise über unzulässige Geschäftsbedingungen und gesetzwidrige Verhaltensweisen zu informieren und sie so vor Nachteilen zu schützen. Die Befugnis zur Veröffentlichung des Urteils auf Grund einer Verbandsklage gemäß §30 KSchG iVm §25 Abs3 UWG effektuiert insofern den Zweck der Verbandsklage. Eine Bestrafung des Unternehmers ist hingegen nicht Zweck der Verbandsklage.

Die angefochtenen Bestimmungen dienen dem Konsumentenschutz und liegen somit im öffentlichen Interesse. Sie sind zur Zielerreichung geeignet, adäquat und auch sonst sachlich gerechtfertigt.

Die Verpflichtung eines verurteilten Unternehmers zur Tragung der Kosten für die Veröffentlichung eines Urteilsspruchs über eine Verbandsklage steht regelmäßig in unmittelbarem Konnex mit dem rechtskräftigen Urteil über seinen Verstoß gegen die Verpflichtungen nach §28 und §28a KSchG.

Das Gericht hat auch zu beurteilen, ob der klagsberechtigte Verband im Fall des Obsiegens ein berechtigtes Interesse an der Urteilsveröffentlichung hat. Ob dies der Fall ist, ist vom Gericht nach den Umständen des Einzelfalls zu prüfen. Das Gericht hat im Urteil auch die Art der Veröffentlichung zu bestimmen.

Da in den angefochtenen Bestimmungen eine angemessene Abwägung zwischen den Interessen des (verurteilten) Unternehmers und den Interessen der Gesamtheit der Verbraucher, über die Gesetz- bzw Sittenwidrigkeit bestimmter Geschäftsbedingungen oder -praktiken informiert zu werden, angeordnet ist, verstoßen die angefochtenen Regelungen nicht gegen den Gleichheitssatz.

Eine Verletzung des Eigentumsrechts scheidet aus den im Zusammenhang mit dem Gleichheitssatz dargestellten Erwägungen von vornherein aus.

Dem Gesetzgeber kann nicht entgegengetreten werden, wenn er grundsätzlich die Veröffentlichung in einem "Medium" (§1 Abs1 Z1 MedienG) als taugliches Mittel zur Information der allgemeinen Öffentlichkeit bzw der beteiligten Verkehrskreise über das Ergebnis eines Verbandsklageprozesses ansieht.

Kein Verstoß gegen das Bestimmtheitsgebot des Art18 B-VG.

Die Bestimmungen des §30 Abs1 KSchG iVm §25 UWG ermöglichen es dem Gericht, die Art der Veröffentlichung unter Bedachtnahme auf den Veröffentlichungszweck zu bestimmen und dabei den Interessen dessen, dem das Recht auf Urteilsveröffentlichung zugesprochen wird, und dem Interesse der beteiligten Verkehrskreise an der Aufklärung ausgewogen Rechnung zu tragen. Durch die Verpflichtung des Gerichtes, die Art der Veröffentlichung möglichst genau vorherzubestimmen, ist außerdem sichergestellt, dass die von der unterlegenen Partei zu tragenden Kosten der Veröffentlichung das von der Befugnis gedeckte Kostenausmaß nicht überschreiten.

Soweit die antragstellende Gesellschaft meint, die angefochtenen Bestimmungen verstießen auch gegen das Recht auf unternehmerische Freiheit gemäß Art16 GRC und gegen die Berufsausübungsfreiheit gemäß Art18 StGG, bleibt die antragstellende Gesellschaft jegliche nähere Darlegung der Bedenken schuldig, sodass darauf nicht weiter einzugehen ist.

Entscheidungstexte

  • G346/2016 ua
    Entscheidungstext VfGH Erkenntnis 14.03.2017 G346/2016 ua

Schlagworte

Konsumentenschutz, Wettbewerb unlauterer, Verbandsklagen, Zivilprozess, Determinierungsgebot, VfGH / Präjudizialität

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2017:G346.2016

Zuletzt aktualisiert am

05.09.2018
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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